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Die Pulp Magazines – Amerika im Bann der Kurzgeschichte - 5. Pulps im Netz

PulpsDie Pulp Magazines
Amerika im Bann der Kurzgeschichte (Teil 5)

Wenn man in Deutschland bekennt, dass man »Pulp fiction« liebt, wird man sofort als Tarantino-Fan betrachtet. Dabei ist sein berühmter Filmtitel einfach eine Hommage an eine Literaturform, die nahezu ein halbes Jahrhundert die USA beherrschte und hier fast unbekannt ist. Von 1896 bis 1955 gab es sie allerorten, die grellbunten Hefte. Manche deutsche Leser glauben, es handle sich dabei um eine Art amerikanische Variante des Groschenhefts.


Doch die Ähnlichkeit ist gering.

5. Pulps im Netz
Erst in letzter Zeit wird die Pulp-Fan-Community sichtbar im Netz aktiv. Es gibt einige extrem umtriebige Sammler und Fans, die dafür kämpfen, Pulps als Scans im Internet kostenlos zur Verfügung zu stellen. Einer der Leitsterne dieser Bewegung ist die wunderbare Holländerin Saskia van de Kruisweg, die die großen Sammler weltweit zusammenhält und ihre Arbeit koordiniert. Zur Zeit organisiert sie ein fast schon historisch zu nennendes Projekt - die möglichst vollständige Erfassung und Digitalisierung des Weird-Tales-Magazins. Dazu werden nicht nur weltweit Sammler herangezogen, sondern auch auf Spendenbasis ebay-Hefte ersteigert und gescannt. So sind inzwischen 140 von 279 Ausgaben digital aufbereitet worden. Fast jede Woche kommt ein Exemplar dazu. Geplant sind weitere Großprojekte, etwa eine vollständige Erfassung des All-Story-Magazines von Munsey (hier erschienen u.a. Tarzan und Zorro zum erstenmal.)

Die meisten so geretteten Pulps werden im Internet-Archive der Öffentlickeit nach und nach zugänglich gemacht. Dieses relativ junge Digi-Projekt bringt es immerhin schon auf knapp 5000 Hefte. (Wobei man aber anmerken muß, dass die Zahl durch viele Nicht-Pulps in die Höhe getrieben wird; hier finden sich auch zahlreiche Slicks, getippte Fan-Hefte und SF-Magazine aus den späten 50er bis 70er Jahren.)

Einen interessanten Querschnitt durch 50 Jahre Pulps für all diejenigen, die sich (nur) einen Überblick verschaffen wollen, bietet die Seite Pulpmags.org. Hier gibt es nicht nur über 300 Hefte zum Blättern oder downloaden, sondern auch viele Hintergrund-Infos, Fotos, Statistiken, Aufsätze und Links. Und nicht nur das – die Seite liefert auch weiterführende Informationen zu verwandten Magazin-Formen: Dime-Novels, Comics, Slicks. Allesamt mit Beispiel-Exemplaren! Außerdem finden sich hier einige sehr rare Erotik-Pulps der Frühzeit. -

Zwei unermüdliche Pulp-Blogger sind Larry Estep und John Locke, die gnadenlos seit der Jahrtausendwende jeden Samstag drei bis vier lizenzfreie Pulp-Storys im Neusatz posten!


Inzwischen haben sie eine ganze Menge Helfer, und ihr Geschichten-Archiv hat die 1000er-Grenze schon längst überschritten. Hier dominieren Krimi-Stories.

Spannend ist eine umfangreiches e-book-Angebot mit Geschichten des Pulp-Verlags Popular Publications. Das ist ein Ableger einer amerikanischen Seite, die sich auf die Restaurierung alter Radiosendungen spezialisiert hat.

Diese Ebooks (erhältlich in pdf, epub oder kindle-format) sind nicht umsonst, kosten aber auch nicht die Welt. Hier finden sich neben unendlich vielen Einzelgeschichten für einen Dollar auch Unmengen von Sammelbänden mit Horror-Geschichten der Shudder-Pulps und vor allem den Hero-Pulps. Erwähnenswert sind die komplett vorhandenen ungekürzten Texte von The Spider und Catpain Future. Bemerkenswert ist auch die umfangreiche Sammlung von raren Flug- und Luft-Pulps.

Die schlechte Nachricht: Diese ebook-Produktion wird wohl nicht fortgesetzt. Seit letztem Sommer sind keine mehr erschienen – was bedauerlich ist, denn die Edition Texte eines Magazins wie „Horror Stories“ war grade erst gestartet. Der Verlag hat auch alle ebook bei Amazon zurückgezogen und den Direktlink auf der Seite entfernt. Hoffen wir, dass wenigstens der Back-Katalog erhalten bleibt...

Umso umtriebiger und produktiver ist dafür der Verlag Wildside Press, von jeher der wichtigste Verlag, was Reprint und Neusatz von Pulp-Texten betrifft. Der Verlag wird betreut vom Pulp-Experten und Autoren Darrell Schweitzer und hat seit einigen Jahren eine ebook-Seite. Die sogenannten „Mega-Packs“ sind Anthologien, vorrangig aus Pulp-Geschichten bestehend. Die ebooks kosten alle etwa einen Dollar. Hier finden sich grade für SF-Fans tolle Sammlungen. Wem die Bezahlung über paypal zu umständlich ist – die Megapacks finden sich auch alle bei Amazon. Dort sind sie sogar oft preiswerter und kosten nur 60 cent.

E-book-Texte ganz umsonst für die, die erst mal reinschnuppern wollen, finden sich in der kleinen, aber feinen virtuellen Bibliothek eines australischen Fans: Freeread.com.

Hier gibt es nicht ausschließlich Pulp-Material, aber eine Menge schöne Pulp-Texte. Besonders empfehlenswert: Die Horror- und SF-Stories von Arthur Leo Zagat. Und das sonst recht vernachlässigte Genre Western ist hier auch vetreten mit Geschichten des klassischen Western-Pulp-Writers Max Brandt. Und – es finden sich riesige Mengen an Stories von Lovecraft und Howard – fast alles, was die beiden zu Lebzeiten veröffentlicht haben!

Eine gute Gelegenheit, sich mal die Vorläufer anzuschauen, die Dime-novels, bietet die Seite der Northern Illinois University. http://dimenovels.lib.niu.edu/series

Besonders groß ist die Auswahl an Nick-Carter-Heften. Seit letztem Jahr sind auch alle Hefte als pdf lownloadbar. Wer Cover-Fan-ist, kann auch nur die Cover der Hefte issoliert als jpg downloaden.


A propos Cover: Wer sich für die reißerischen Cover interessiert, dem sei zu guter Letzt die ständig wachsende Seite Philsp.com empfohlen.

Diese völlig wahnsinnigen Betreiber planen nicht nur, alle je erschienenen Pulp-Hefte zu listen, sondern auch das dazugehörige Cover aufzutreiben! Das vorläufige Ergebnis ist schon sehr beeindruckend.

Kommentare  

#1 matthias 2016-02-28 12:11
Danke für den Link zu den Covern (Wow!)
#2 Andreas Decker 2016-02-28 14:48
Das ist eine schöne Liste. Alles drauf.

Eine kleine Ergänzung aus eigener Erfahrung.
Archive.org ist m.E. teilweise etwas suspekt, was die Rechtefreiheit angeht, dort bekommt man auch Comics von zb Warren Vampirella oder Eerie, wo das mit der Public Domain zumindest zweifelhaft ist.

Aber wer mal wirklich obskure uralte Fernserien sehen will oder TV-Werbung aus den 50ern, Sherlock Holmes und Flash Gordon, das findet sich da auch. Gruselfilme gibt es ebenfalls.Und wer echten Horror sehen will, dem seien die Fox News empfohlen. ;-)

Sehr schöne Neuveröffentlichungen auf dem Gebiet Pulp-Horror und SF, Crime etc, gibt es übrigens bei Ramblehouse.com von John Pelan. Von Zagat allein gibt es drei Zusammenstellungen.

Dort gibt es die Hardcoverausgabe oder das Trade. Auch Ebooks. Keine Ahnung, wie die das finanzieren. Da sind über 100 Titel lieferbar. Das ist übrigens eine schöne Verlagsseite. Die ausgezeichneten Einführungen zu den Büchern gibt es gratis zu lesen.
#3 Matzekaether 2016-02-28 17:14
Sehr schön, wunderbare Ergänzung. Danke!

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