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... Lukas Trabert über Aufmerksamskeitsökonomie, kostenlose eBooks, schenken und kaufen

Lukas Trabert... Lukas Trabert ...
... über Aufmerksamskeitsökonomie, kostenlose eBooks, schenken und kaufen

Kurz vor Weihnachten meldete Buchmarkt.de, das der Verlag Josef Knecht (Teil der Freiburger Herder-Gruppe), seine Kirchen-Krimis und historischen Romane kostenlos als eBook anbietet. Auch Boersenblatt.net, das Online-Magazin des Börsenverein des Deutschen Buchhandel brachte die Meldung. Das eBook also als kostenloses Marketinginstrument, wie schon bei VPH mit dem Fantasyroman "Die magische Klinge" von Nils van Doren, war natürlich Anlass genug, einmal beim Verlag Josef Knecht nach Details nachzuhaken und wie man es dort und bei  der Herder-Gruppe insgesamt mit dem eBook hält.

Lukas Trabert, Geschäftsführer des Verlag Josef Knecht stand uns in dieser Hinsicht Rede und Antwort.
 
Zauberspiegel: Die Kirchenkrimis und historischen Romane des Verlages Josef Knecht werden als kostenloses eBook angeboten. Damit sollen Ihre Titel einem breiten Publikum zugängig gemacht und vorgestellt werden. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Lukas Trabert: In dieser Entscheidung sind wir der Grundidee der Aufmerksamkeitsökonomie gefolgt. Demnach zielt dieses Angebot darauf ab, zusätzliche Aufmerksamkeit für unsere Romane zu schaffen. Wir sprechen neue Leser und Leserinnen an, die so erstmals von den Büchern erfahren. Da zur Zeit praktisch niemand einen umfangreichen Roman am Bildschirm oder auf einem Lesegerät lesen wird, dient das Angebot dem Kennenlernen und Hineinschnuppern. Wir sind überzeugt, dass wir dadurch kein Buch weniger verkaufen, ganz im Gegenteil.
Auf die Idee sind ja auch schon andere gekommen: Autoren wie Paulo Coelho oder Cory Doctorow haben ihre Bücher bereits als kostenlose eBooks angeboten.


Zauberspiegel: Werden wir als Interessenten uns für die eBooks registrieren müssen oder gibt es Einschränkungen anderer Art in diesem Angebot?
Lukas Trabert: Auf der Knecht-Homepage gibt es die Bücher ohne Registrierung. Im HerderShop24.de ist eine Registrierung notwendig.

Zauberspiegel: Dieses Angebot führt natürlich zu folgender Überlegung: Ist das ein Modellversuch für die komplette Verlagsgruppe Herder?
Lukas Trabert: Nein, unsere eBook Strategie nimmt Rücksicht auf die Vielfältigkeit unseres Programms. eBooks der Verlage Herder und Kreuz sind seit der Frankfurter Buchmesse 2008 im HerderShop24.de zu kaufen. Die Preise betragen zwischen 1,19 € und 70% des Ladenpreises eines gedruckten Buches. Aber auch in diesem Bereich gibt es Aktionen: Während der Buchmesse und für zwei weitere Wochen haben wir das eBook „Ich träume deutsch“ von Nilgün Tasman für 0 € zum Download angeboten.

Zauberspiegel: Wie beurteilen Sie generell die Entwicklung des eBooks? Ist der – noch – hohe Preis für die Hardware (eben der Reader) das größte Hindernis für eine größere Verbreitung dieser Publikationsform?
Lukas Trabert: Auf absehbare Zeit wird es hier unterschiedliche Entwicklungen für verschiedene Genres geben. Während Nachschlagewerke, Bücher mit vielen kurzen Texten zu konkreten Fragen (z.B. Kochbücher oder Ratgeber) oder wissenschaftliche Literatur immer mehr im Internet gelesen werden, wird es für andere Genres – Romane und Sachbücher, Kunstbücher und Geschenkbücher etc. – noch lange dauern, bis das eBook eine weite Verbreitung findet.
Das hat verschiedene Gründe: Ältere Leserinnen und Leser haben einfach andere Gewohnheiten. Noch gibt es viele wichtige Bücher nicht als eBook, und auch die hohen Preise für eBook-Reader sind ein Hindernis. Zudem noch unklar ist, welcher technische Standard sich durchsetzen wird. Von den heutigen Jugendlichen werden sicherlich nicht wenige eBooks lesen, manche vielleicht auch auf dem Handy, aber japanische Verhältnisse wird es gleichwohl nicht so schnell in Deutschland geben. Folgewirkungen für die Buchverlage wird haben, was im Bereich der Zeitungen und Zeitschriften kommen wird, und hier ist in Richtung individuell akzentuierter Tageszeitung, die morgens auf mein Lesegerät eingespielt wird, einiges denkbar. Solche Angebote könnten in zehn Jahren schon einen gewissen Marktanteil haben.


Zauberspiegel: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des eBooks in der Zukunft? Wird das elektronische Buch das gedruckte Buch verdrängen? Wird es Synergien geben, z. B. durch dem gedruckten Buch beigefügte CDs oder anderer Speichermedien mit eBooks? Denken Sie, irgendwann werden Sie entweder das kostenlose Buch oder das Buch gegen eine geringe Schutzgebühr per Print on Demand zum eBook anbieten? Wie wird der Verlag Josef Knecht im Besonderen (??) das eBook in der Zukunft handhaben und wie die Herder Verlagsgruppe im Speziellen (??) und – Ihrer Meinung nach – die gesamte Verlagsbranche in Deutschland?
Lukas Trabert: Wir werden bis auf weiteres vor allem gedruckte Bücher anbieten. Das eBook ist dazu eine Ergänzung. Mischformen gibt es schon lange: Der Verlag Herder bietet schon seit vielen Jahren gedruckte Bücher mit CDs an, wo man Inhalte in elektronischer Form finden kann. Ein Beispiel aus dem neusten Programm ist Herders Neues Bibellexikon.
Print on Demand (PoD) wird eine Rolle bei nicht mehr lieferbaren Titeln spielen. Es ist eine alternative Art – neben eBooks – nicht mehr verfügbare Bücher, deren Nachdruck sich nicht rechnet, wieder zugänglich zu machen. PoD ist auch interessant für Bücher, die sonst sehr kleine Auflagen hätten. Diese Titel kann man als eBook + PoD anbieten.
Das kostenlose Buch oder das Buch gegen eine geringe Schutzgebühr per Print on Demand zum eBook ist wirtschaftlich nicht gut vorstellbar. Wovon sollten die Verlage dann leben? Wenn eBooks wesentlich günstiger sind als gedruckte Bücher und insgesamt in Zukunft noch weniger gelesen wird als heute, sehen wir nicht, wie die jetzige Verlagsvielfalt, für die ja gerade die vielen kleinen Verlage entscheidend sind, auch nur annähernd erhalten werden kann. Zudem werden ja viele Bücher verschenkt. Gerade im Hinblick auf das Schenken bietet das eBook längst nicht die gleichen Möglichkeiten wie das gedruckte Buch. Das gilt auch für die sinnliche Seite. Als einzelnes Ding, mit dem ich umgehe, als Gegenstand, der eine eigene Geschichte hat, die mit meiner Geschichte zusammenhängt, ist das bisherige besondere Buch (natürlich nicht alle, die man im Regal stehen hat, aber doch nicht wenige) von einer Qualität, die herunterladbare Dateien niemals haben werden.
Es ist noch zu früh einzuschätzen, wie die Verlagsbranche in Deutschland auf eBooks reagieren wird. Zur Zeit testen einige Verlage neue Geschäftsmodelle. Wir sind der Meinung, dass man in diesem Bereich verschiedene Möglichkeiten ausprobieren sollte.


Zauberspiegel: Wie wird der Buchhandel der Zukunft aussehen? Wird er noch gebraucht werden oder verlagert sich der Handel mit virtueller Literatur an Bücherzapfsäulen (wie 2008 auf de Buchmesse in Frankfurt zu sehen) oder gar komplett in die virtuellen Welten des Netzes?
Lukas Trabert: Insgesamt wird es in fünf oder zehn Jahren sicherlich weniger Buchhandlungen geben als jetzt. Kleinere Buchhandlungen wird es weiterhin geben, wenn sie besondere Kompetenz und persönliche Beratung bieten, verknüpft mit anregender Atmosphäre. Große Buchhandlungen werden zunehmend zu Media-Kaufhäusern werden. Wenn man von Deutschland nach Westen oder nach Osten blickt, sieht man sowohl in Frankreich als auch in Polen große Kaufhäuser mit Büchern, Musik, Filmen, Multimedia und Videospielen. Hier kauft man nicht nur Bücher, es sind auch Kulturzentren: Man kann Tickets für Veranstaltungen kaufen, wechselnde Veranstaltungen an Ort und Stelle besuchen, Bücher und Zeitungen bei einer Tasse Kaffee lesen. Und neben dem Bierzapfhahn gibt es dort in Zukunft vielleicht auch eine Bücherzapfsäule.

Zauberspiegel: Die Musikindustrie setzt auf unausgereifte DRM-(=Digital Rights Management-)Systeme zum Schutz vor Musikpiraten. Diese Systeme sind durch die Bank derart unausgereift, dass sie dem legalen Nutzer mehr Ärger und Frust einbringen, als dem illegalen Nutzer. Wie wird die Verlagsbranche diese Klippen mit der illegalen Nutzung durch – nennen wir sie mal – ‚Lesepiraten’ umschiffen?
Lukas Trabert: Wir verzichten bewusst auf DRM. Es gibt alternative Schutzmaßnahmen: digitales Wasserzeichen, aber auch attraktive Preisgestaltung. Die meisten Kunden werden lieber ein eBook in einem Onlineshop kaufen, wenn es günstig ist, als ein eBook aus einer illegalen Quelle zu beziehen.

Zauberspiegel: Wir bedanken mich für das Interview.

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