... Bastian Brinkmann über (Selbst-)verlegen, Bücherbauen und Schreiben
... Bastian Brinkmann ...
... über (Selbst-)verlegen, Bücherbauen und Schreiben
: Ich habe zum Glück niemanden töten müssen, aber Interviews sind einer der wenigen Wege, mit denen ich mich anfreunden kann, um der Welt da draußen mal „Hallo“ zu sagen. Außerdem lese ich Interviews sehr gerne und mittlerweile das ein oder andere selbst gegeben zu haben, fühlt sich auf eine äußerst positive Art ziemlich surreal an.
Was Marketing und Public Relations angeht: Ich will in Ruhe meine Bücher schreiben. Wenn ich was fertig habe, schreibe ich ein paar Webseiten an, ob sie Lust haben, das Buch vorzustellen und dann geht’s auch schon weiter mit dem nächsten Buch.
Soziale Medien wie Twitter, Facebook etc. nutze ich überhaupt nicht.
: Ja, das ist so das, was einem quasi jeder erzählt. Mir ist es aber wichtiger, was mir Spaß macht und womit ich mich identifizieren kann. Und Social Media und der ganze Kram gehören definitiv nicht dazu (Cons sind 'n anderes Thema).
Ich lese natürlich alles zu dem Thema, was mir in die Finger kommt. Aber Entscheidungen treffe ich nie wegen „Hey, das könnte dir mehr Leser/Traffic/whatever bringen“, sondern immer nur wegen „Hey, das könnte Spaß machen“.
Oh ja. Text und Cover zu erstellen - sprich: die gesamte Buchproduktion -, macht mir großen Spaß. Ein Buch zu „erschaffen“ ist einfach eine großartige Sache. :
Was die Kalkulation betrifft, kann man das wohl kaum mit 'nem „richtigen“ Verlag vergleichen: Verlage müssen die Zusammenarbeit vieler Leute an vielen Projekten und die dazugehörigen Zahlen managen. Ich muss lediglich dafür sorgen, dass meine Story als fertiges Buch in die Shops kommt. Zu kalkulieren gibt es da nicht viel.
Ich komme mir eher vor wie so'n Buchbauer, der in seiner heimeligen Werkstatt hockt und in aller Ruhe an seinem nächsten Buch schreinert. Wir vergleichen quasi Gordon Gekko mit Meister Eder.
Der Preis ist immer so 'ne Sache: Was Print betrifft, da sind die Preise von den verschiedenen Anbietern klar vorgegeben. Da pack ich noch ein oder zwei Euro drauf, bis die Zahl gut aussieht, und gut is'. :
Bei eBooks ist die Sache ungleich schwieriger: Nach dem Schreiben sind die virtuellen Druckkosten eines eBooks von der Seitenzahl unabhängig – abgesehen von einer geringen Downloadgebühr je nach Dateigröße. Da darf/muss dann jeder selbst entscheiden, auf welches Preismodell er sich festlegen will.
Ich habe mich vorerst für 2/3 des Preises der Printausgabe entschieden, nachdem ich irgendwo mal gelesen habe, dass dies ein von Lesern als fair empfundener Preis ist. Das kann sich aber jederzeit wieder ändern.
Am Anfang steht die Begeisterung, eine eigene Welt zu erschaffen. Das ist der Ausgangspunkt des Ganzen: Sich auszutoben, das zu schreiben, was in einem drinsteckt, was einem einfach liegt, eine Geschichte so intensiv mitzuerleben, wie man es durch bloßes Lesen nie könnte. :
Dann dieser Wunsch, das Ganze in Papier zu „gießen“, ihm eine äußere Form zu geben.
Und ganz am Schluss ist da noch diese ganz besondere Neugier: Wie weit kann ich es mit meinem Zeugs bringen - sowohl in finanzieller als auch lesertechnischer Hinsicht?
Ob man das Ganze wirtschaftlich betreiben kann (oder mehr)? Ich zweifle keine Sekunde daran. Es gibt halt nur einen Weg, das herauszufinden.
Der Drum-herum-Aufwand – von der Rohfassung zum fertigen Buch im Shop - ist schon gewaltig und darf nicht unterschätzt werden. Der Weg, bis man sein eigenes Buch in Händen hält, ist schon enorm. Wer das schafft, der meint es wirklich ernst. :
Trotzdem wird das Schreiben nie zur Nebensache: Im Kopf hockt man immer irgendwie in seiner Welt, macht sich Gedanken, was als Nächstes passiert usw. Da staut sich dann so einiges an kreativer Energie an, die es kaum erwarten kann, hinausgelassen zu werden.
Ich glaube da nicht wirklich dran. Wird mit Sicherheit Leute geben, die damit liebäugeln, aber für mich ist das keine Option. Den Gedanken, dass Autoren bei Verlagen grundsätzlich am besten aufgehoben sind, halte ich für ein Gerücht. :
Insgeheim bin ich übrigens Verlagsautor: Ich veröffentliche über meinen eigenen Verlag, die GORGONEION Press.
Es gibt alle möglichen Gründe, warum man Selfpublisher wird. Da werden mit Sicherheit auch 'n paar gefrustete Autoren dabei sein, die keinen anderen Weg mehr sehen. Und auch nonkonforme Autoren werden darunter sein - ich kenne da zufällig jemanden. :
Für mich ist der typische Selfpublisher eher so jemand, der immer schon gerne das geschrieben hat, woran sein Herz hing. Jemand, der nie darauf gekommen wäre, sein Zeugs an einen Verlag zu schicken und der dann irgendwann von diesem ominösen „Selfpublishing“ hört. Viele, die heute im stillen Kämmerlein vor sich hinschreiben, wissen noch gar nicht, dass sie in ein paar Jahren Selfpublisher sein werden.
Ein weiterer Löwenanteil werden Leute sein, die es einfach mal ausprobieren wollen. Die Spaß daran finden und die dann einfach am Ball bleiben. Das sind für mich so die typischen Selfpublisher.
Ach ja: Und natürlich auch noch die Verlagsautoren, die nach vielen Jahren ihre Verlage verlassen, weil sie ihre Zukunft im Selfpublishing sehen. So etwas gibt es auch.
Nein, als Selfpublisher kommt man in der Regel nicht mal in die Deko. Es sei denn, man hat persönliche Kontakte oder geht selber in den Buchhandlungen Hände schütteln. Aber es gibt Print-on-Demand-Anbieter, die dafür sorgen, dass ein Buch auch über den Buchhandel bestellbar ist. :
Was die Konditionen betrifft: Entscheidet man sich für den Amazon zugehörigen Dienstleister CreateSpace, sind die Bücher zwar günstiger als bei anderen Anbietern, allerdings sind diese in der Regel nicht über den Buchhandel bestellbar.
Entscheidet man sich hingegen für einen Anbieter, der dafür sorgt, dass die Bücher auch über den Buchhandel bestellbar sind, werden die Bücher wiederum teurer. Auch hier muss jeder sehen, was sich für ihn am meisten lohnt und womit er sich am wohlsten fühlt.
Nein, daran glaube ich absolut nicht. Es gibt mit Sicherheit gewisse Verschiebungen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwann mal am Bahnhof keine Bücher aus großen Verlagen mehr zu kaufen geben wird. :
Ganz im Gegenteil lese ich immer wieder, dass die Big 5 trotz aller Unkenrufe von Jahr zu Jahr immer dickere Zahlen schreiben. Gleichzeitig geht es den Verlags-Autoren von Jahr zu Jahr immer schlechter. Also irgendwas müssen die Verlage verdammt richtig und die Autoren verdammt falsch machen - ich habe da so eine böse Ahnung ...
Ich bin erst heute über diesen Artikel von 2014 gestoßen (falls für die Leser interessant – ist halt auf Englisch aus dem ›Guardian‹
Selfpublishing heißt ja nicht automatisch, dass die Bücher nicht lektoriert sind. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt, kann man jeden Schritt von externen Leuten erledigen lassen. Wird auch von vielen so gemacht. Je nachdem, wie man die Sache aufzieht, unterscheiden sich Verlage und Selfpublisher in ihrem Arbeitsablauf gar nicht so sehr voneinander. :
Ich selber bin völlig lektoratsblind. Ich könnte niemals ein Buch oder einen Text lektorieren. Darüber hinaus bin ich absolut unfähig, mein eigenes Werk zu beurteilen. Zum Glück habe ich dafür meine Testleser (die „Gorgonauten“ - Dank sei den Göttern!).
Was ich über meine eigene Texte denke, behalte ich lieber für mich.
Ohne Amazon gäbe es das Selfpublishing in dieser Form nicht, von daher kann man Amazons Verdienst gar nicht hoch genug einschätzen: Das Wagnis, eReading-Technologie wirklich „durchzuboxen“ (eine Technologie, die schon Jahre vorher bereits gescheitert ist), kann gar nicht hoch genug gewürdigt werden. :
Was die Zukunft angeht: Amazon ist nicht Mutter Teresa. Es ist natürlich toll, dass Amazon einem als Autor so viele Freiheiten lässt, andererseits wartet man irgendwie immer darauf, dass Amazon irgendwas ganz Großes, Tolles, Neues erfindet und alle plötzlich nur noch für umme schreiben dürfen (Kindle Unlimited scheint einige englischsprachige Autoren wirklich getroffen zu haben).
Von daher wird es in erster Linie eine Frage der Konkurrenz zu Amazon sein, wie sich Amazon entwickeln wird. Und so lange es immer wieder Mitbewerber mit neuen Ideen gibt, wird auch Amazon dieses befürchtete „Nur noch wir verdienen daran“ kaum umsetzen können.
Man sollte aber auch nicht unterschlagen, dass es auch für Selfpublisher möglich ist, in den klassischen Buchhandel zu gelangen: Vielleicht nicht direkt auf die Ladenfläche, aber dem Leser seine Bücher über das Bestellsystem zugänglich zu machen, ist kein Problem mehr.
Ich glaube, dass wir noch immer ganz am Anfang einer absoluten Revolution stehen: Selfpublishing und traditionelle Verlage werden sich in ihren eigenen Welten nebeneinander einpendeln, sich weiterentwickeln und gegenseitig befruchten. Aufgrund der bloßen Option des Selbstveröffentlichens haben Autoren, die bei Verlagen anklopfen, so etwas wie ein ständiges Ass im Ärmel, und das Papierbuch wird niemals verschwinden. Diese Unterscheidung zwischen selbst veröffentlichtem Buch und traditionell veröffentlichtem Buch wird immer weniger ein Thema sein. :
Immer mehr Menschen werden den Weg zum Schreiben und Veröffentlichen finden, Leser haben die Auswahl aus noch mehr Geschichten, noch mehr Abwechslung, noch mehr Andersartigkeit (schon mal von „Fart Fiction“ gehört?) und irgendwann fließen Milch und Honig aus unseren Readern.
Ich sehe das alles absolut positiv.
Möglichst viele möglichst gute Bücher schreiben und veröffentlichen. :
Meine nächste Veröffentlichung steht an – der erste Band einer Serie -, ich werde meine Webseite, mein Wiki und meine Welt „Achaia“ weiter pflegen und den ganzen Kram machen, so lange ich Spaß daran habe.
Was ein Selbstverleger tun kann, um populär zu werden? Berühmt anfangen. Wer berühmt ist, hat als Autor den entscheidenden Vorteil.
Ich bin dafür allerdings wohl der falsche Ansprechpartner: Berühmt zu werden wäre meine schlimmster Albtraum.
Zurück ins Funkhaus. Bis dann. :
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