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Interview mit Marco Theiss

Interview mit Marco Theiss

Im Frühling 2024 erscheint mit dem Roman „Mathematik des Bleis“ in der Reihe „Western Legenden“ im Blitz Verlag der erste Western von Autor Marco Theiss. Das ist ein guter Anlass, ihm ein paar Fragen zu stellen.

Zauberspiegel: Hallo Marco. Kannst du den Lesern des Zauberspiegels etwas über deine Person erzählen?

Ich bin 39 Jahre alt und lebe, liebe, leide, arbeite und feiere seit 19 Jahren im schönen Köln. Nach etwas, das ich höchsten als das „Experiment Studium“ bezeichnen würde, habe ich angefangen in verschiedenen Jobs bei Film und Fernsehen zu arbeiten und parallel (häufig in Nachtarbeit) Drehbücher für kleine bis mittelgroße Horror- und Actionfilme zu schreiben, bis ich gemerkt habe, dass der Körper ein Limit für ein Leben mit drei Stunden Schlaf pro Tag hat. Ausgerechnet die Corona-Pandemie half mir dann, alles auf eine Karte zu setzen und mich voll und ganz auf das Schreiben zu konzentrieren. Und da die Kinos geschlossen waren und Filme nicht mehr produziert wurden, hab ichs mal mit Büchern versucht. Im Gegensatz zum Studium ein Experiment, das geglückt ist.

Zauberspiegel: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Eigentlich gar nicht. Irgendwie ist es immer eher zu mir gekommen. Während der Schulzeit war ich zwar oft ein Einzelgänger, der mit Block und Stift in einer Ecke saß, dafür war ich aber beim Vorlesen der Hausaufgaben sehr beliebt, wenn es um kreatives Schreiben ging. Da haben sich dann gerne mal meine Mitschüler gemeldet und gefragt, ob ich meine Hausaufgaben vorlesen darf, weil sie wussten, dass die Stunde danach vorbei ist.

Zauberspiegel: Gibt es Autoren, die dich in deinem Schaffen beeinflussen?

Ganz klar Stephen King. Mit seiner Kurzgeschichtensammlung „Nachtschicht“ hat für mich das Lesen außerhalb schulischer Zwänge angefangen und auch wenn ich heute öfter mal das Gefühl habe, der Mann sollte vielleicht eins, zwei Bücher weniger im Jahr schreiben und nur das eine wirklich gute veröffentlichen, lande ich doch immer wieder in seinen kleinen Städten und ihrem schleichenden Grauen.

Zauberspiegel: Du hast ja bereits einige Bücher geschrieben. Gibt es bestimmte Genres, in denen sich deine Geschichten bewegen?

Am meisten Spaß macht es mir, Horrorgeschichten zu erzählen. Dabei sind mir Atmosphäre und spannende Figuren wichtiger als die pure Freude an Gemetzel und Blut (was aber nicht heißt, dass das nicht auch in meinen Büchern vorkommt, aber eben nie nur).

Zauberspiegel: Mit „Mathematik des Bleis“ ist dein erster Western beim Blitz Verlag erschienen. Wie kam es zur Entscheidung, einen Roman in diesem Genre zu verfassen?

Als Kind habe ich Western immer geliebt. In meiner frühen Zeit als Drehbuchautor habe ich mehrere Western-Drehbücher geschrieben mit dem Wissen, dass es fast unmöglich sein wird, dass diese jemals verfilmt werden würden. 2022 bin ich auf einem Roadtrip durch die USA im legendären Westernstädtchen Tombstone in Arizona gelandet. Als wäre ich durch ein Portal direkt in den Wilden Westen gegangen. Die alte Liebe zum Genre war sofort wieder geweckt. Als ich dann auch noch von mehreren Einwohnern hörte, dass etwa 70% der Touristen, die Tombstone besuchen, aus Deutschland kommen, habe ich ein Publikum gewittert und gab der Sache eine Chance.

Zauberspiegel: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Blitz Verlag?

Ich hatte mich bereits vorher mit dem Blitz Verlag auseinandergesetzt und ihnen einen meiner Horrorstoffe angeboten. Der wurde damals zwar abgelehnt, aber irgendwas hatte ihnen an meiner Arbeit wohl trotzdem gefallen, denn man sagte mir, dass ich mich in Zukunft gern jederzeit melden solle, wenn ich etwas Neues hätte. Seitdem hatte ich den Verlag auf dem Schirm. Bei Western kommt dann natürlich noch dazu, dass die Auswahl an passenden Verlagen im Krimi-Land Deutschland nicht besonders groß ist. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass man mich diesmal beim Verlag haben wollte.

Zauberspiegel: Es gibt historische Western. Andere Autoren legen Wert auf korrekte Beschreibungen von Waffen und Gegenständen einer Epoche. Wieder andere wollen einfach nur eine gute Geschichte erzählen. Wo würdest du dich da einordnen?

Eindeutig bei den Geschichtenerzählern. Das ist das, was mich an Western selbst immer gepackt und unterhalten hat. Es ist mir zwar wichtig, keine allzu groben Schnitzer im historischen Kontext zu haben, aber wenn mir jemand sagt, dass dieser oder jener Colt aus meinem Buch erst zwei Jahre später zur Standartbewaffnung der berittenen Kavallerie wurde, hat er meine Bücher nicht verstanden. Nichts gegen die Kollegen, die da ein strengeres Korsett anlegen, oder die Leser, die das anspricht, aber ich würde in diesem Fall eher ein Sachbuch zur Hand nehmen.

Zauberspiegel: Wie würdest du deinen Schreibstil beschreiben?

Bildhaft. Da ich ursprünglich vom Film komme (sowohl als Fan als auch beruflich) und erst spät mit dem Lesen und Schreiben von Romanen angefangen habe, war es mir immer wichtig, Bilder vorm inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen. Ich will vermeiden, dass sie auf schwarze Buchstaben auf weißem Grund starren, sondern in die Weite der Prärie oder die Dunkelheit der Höhle, in die ich sie entführe. Oft werde ich dafür gelobt. Manchen ist es aber auch zu langweilig.

Zauberspiegel: Mit William Burton und vor allem Jack Holden führst du zwei Charakterköpfe in deinem Roman ein. Gibt es Vorbilder in der Literatur für die beiden?

Tatsächlich stand das wahre Leben hier Pate. Inspiration für die beiden waren Wyatt Earp und Doc Holliday, sowie ihre unzähligen fiktiven Versionen in Filmen unterschiedlichster Qualität.

Zauberspiegel: War der Roman ein einmaliger Ausflug in den wilden Westen oder planst du weitere?

Das Schreiben von „Die Mathematik des Bleis“ hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Ich habe direkt weitergemacht und bin happy, dass noch in diesem Jahr auch mein zweiter Western „Ein Texaner gegen Chicago“ im Programm des Blitz Verlags erscheint, in dem sich ein alternder Revolverheld während der Prohibition mit der Mafia anlegt. Möglicherweise gibt es in Chicago auch ein Wiedersehen mit einer der Figuren aus „Die Mathematik des Bleis“.

Zauberspiegel: Schreibst du lieber einzelne, abgeschlossene Geschichten oder kannst du dir auch vorstellen, Fortsetzungsgeschichten zu kreieren?

Ich erzähle Geschichten gern zu Ende. Ich bin kein Freund von Cliffhangern oder davon, die nächsten zehn Jahre meines Lebens mit den immer gleichen Figuren zu verbringen. Dafür machen zu viele andere Stimmen in meinem Kopf einfach zu viel Lärm und wollen auch gehört werden. Das heißt allerdings nicht, dass ich nicht über die ein oder andere Fortsetzung nachdenke, aber ich glaube die klassische dauerhafte Reihe wird es von mir nie geben.

Zauberspiegel: Gibt es vielleicht sogar ein Wiedersehen mit Burton und Holden?

Vielleicht … wenn sich keiner von ihnen in der Mathematik des Bleis verrechnet.

Zauberspiegel: Wie gehst du beim Schreiben vor? Strukturierst du einen Roman komplett durch, bevor du beginnst?

Das ist sehr unterschiedlich. Früher hab ich mich mit einer frischen Idee hingesetzt und einfach drauf losgeschrieben. Das hat jahrelang gut für mich funktioniert, vor allem bei Drehbüchern. Da war aber auch noch weniger los in meinem Kopf. Inzwischen jongliere ich meistens mit mehreren Projekten gleichzeitig. Da mach ich vorher lieber ein paar Notizen und einen ungefähren Ablauf, bevor in dem ganzen Chaos eine gute Idee verloren geht.

Zauberspiegel: Planst du noch, Romane in weiteren Genres zu verfassen?

Ich habe eine Liebesgeschichte hier rumliegen. Aber pscht! Nicht weitersagen! ;-) Alles kann, nichts muss. Ich bin selbst gespannt, was die Zukunft noch für mich bereit hält.

Zauberspiegel: Welchen deiner Romane möchtest du den Lesern des Zauberspiegels ganz besonders an Herz legen und warum?

Eine schwierige Frage. „Asche“ ist bisher wohl mein persönlichstes Buch und erzählt eine einzigartige Geschichte, ist aber auch sehr düster und schwermütig. Wer lieber Spaß haben will, der sollte mit mir einen Ausflug nach „DOOWYLLOH“ machen.

Zauberspiegel: Magst du verraten, an was für einem Roman du gerade arbeitest?

Mein Roman „Bobby Jean“ ist gerade im Lektorat und wird voraussichtlich Mitte des Jahres beim dp Verlag erscheinen. Es ist die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die füreinander durch die Hölle gehen würden … und es eines Tages auch müssen. Eine Mischung aus Horror und Psycho-Thriller. Außerdem schreibe ich gerade an einer Gruselgeschichte, in der ich eine zerrüttete Familie auf einen Selbstfindungstrip entlang der alten Route 66 schicke.

Zauberspiegel: Möchtest du den Lesern des Zauberspiegels noch etwas mitteilen?

Ich danke euch allen dafür, dass ihr lest! Solange ihr nicht damit aufhört, hör ich auch nicht auf zu schreiben. Das ist echt wichtig … ich kann nämlich nichts anderes ;-) Will ich aber auch gar nicht.

Wir bedanken uns für die Beantwortung der Fragen.

 

 

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