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... Herbert Fiedler über sein Buch "Ausgelöscht" und Liebesheiraten im Hochadel des 18. Jahrhunderts

... Herbert Fiedler über sein Buch "Ausgelöscht" und Ehen im Hochadel des 18. Jahrhunderts

In seinem aktuellen Buch "Ausgelöscht" bearbeitet Herbert Fiedler einen historischen Kriminalfall aus dem 18. Jahrhundert. Es geht um die Inhaftierung und jahrelange Festsetzung der Fürstin Auguste Elisabeth von Thurn und Taxis.

Aus historischen Unterlagen in Archiven entspinnt Herbert Fiedler einen spannenden, mit vielen Fakten unterfütterten Roman über eine wichtige Familie.

 Zauberspiegel: Hallo Herr Fiedler, wir sind durch Ihr Buch "Ausgelöscht!" über den Kriminalfall der Fürstin Auguste Elisabeth von Thurn und Taxis in Kontakt gekommen. Wer sind Sie? Was machen Sie, wenn Sie keine historischen Kriminalfälle bearbeiten?
Herbert Fiedler: Hallo Frau von Allwörden, das Schreiben liegt mir im Blut: Ich bin gelernter Journalist, habe lange als Redakteur bei diversen Tageszeitungen und Magazinen gearbeitert, speziell als Polizei- und Gerichtsberichterstatter, dann als Texter, Kreativdirektor und zuletzt Geschäftsführer bei einer Werbeagentur. Die letzten drei Jahre war ich in erster Linie mit dem Recherchieren und Schreiben der Bücher beschäftigt.

Zauberspiegel: Sie haben ja bereits ein Buch über die Mutter der Fürstin von Thurn und Taxis geschrieben. Wie kommt es, dass Sie sich so für das Schicksal dieser beiden Frauen interessieren, zuletzt der Tochter, einer geborenen Prinzessin zu Württemberg und Teck?
Herbert Fiedler: Am Anfang waren es gar nicht die beiden Frauen, für die ich mich interessiert habe, sondern Schloss Taxis im schwäbischen Dischingen, das dort in einer bezaubernd ursprünglichen Landschaft steht. Ich habe mich gefragt, warum die Fürsten von Thurn und Taxis, die doch bis heute in Regensburg beheimatet sind, hier in der Grenzregion zwischen Württemberg und Bayern ein derart herrschaftliches Anwesen errichtet haben. Aber schon in den ersten knappen Beschreibungen ist mir ein Satz aufgefallen, der da lautet: Der vierte Fürst von Thurn und Taxis, Karl Anselm von Thurn und Taxis, verbannte nach mehreren angeblichen Attentaten auf seine Person seine erste Ehefrau, Prinzessin Auguste von Württemberg, 1776 unter strengem Hausarrest nach Schloss Trugenhofen... Das hat mein Interesse und meine Recherchen dann in eine ganz neue Richtung gelenkt.

Zauberspiegel: Als was würden Sie Ihr Buch bezeichnen, wenn man es in ein Genre packen wollte? Es ist kein historischer Roman, dazu ist er zu wenig fiktional und zu intensiv mit historischen Quellen unterfüttert.
Herbert Fiedler: Doch, ich würde das Buch unter "historischer Krimi" einordnen, mit stark realem Bezug: "historical true crime"! Denn die Details - die Protokolle der Mademoiselle Vola, die ganzen Vorwürfe gegen die Fürstin, die unter den Ausschlag gebenden Botschaftern beim Reichstag ganz gezielt verbreitet wurden, die Inquisition der Fürstin durch den Hofkaplan Riedmüller - sind so unglaublich fantastisch konstruiert, dass sie sich kein Krimi-Autor besser ausdenken könnte!

Zauberspiegel: Wie haben Sie Zugang zu dieser Fülle an Quellen erhalten und wie arbeiten Sie damit? Es ist sicherlich eine Unmenge an Arbeit damit verbunden.
Herbert Fiedler: Primär habe ich als Quellen die diversen Bücher benutzt, die von den Historikeren in der Vergangenheit und in der Gegenwart über die beiden Häuser Thurn und Taxis und Württemberg verfaßt worden sind. Allerdings habe ich mich nicht darauf beschränkt nur diese Informationen zu verarbeiten, sondern ich habe dann unmittelbar in den betroffenen Archiven geforscht und in den originalen Dokumenten nach Informationen gesucht. So ergibt ein Schritt den anderen, bis sich ein vollständiges Bild der Materie ergibt. Eine Herausforderung waren die oft kaum leserlichen oder so unverständlich formulierten Handschriften. Erst nach mehrmaligem Lesen konnte ich diese entziffern, den Sinn erfassen und interpretieren.

Zauberspiegel: Wie schon gesagt, verwenden Sie eine Fülle an historischen Unterlagen, unter anderem auch einen Vertrag zwischen den Eheleuten aus dem August 1774. Dieser Versöhnungsvertrag soll die Wogen zwischen den beiden Seiten glätten und ein gedeihliches Zusammenleben wieder möglich machen. Gab es solche Verträge häufig in Adelshäusern jener Zeit?
Herbert Fiedler: Ein Versöhnungsvertrag wie dieser ist sicherlich nicht alltäglich! Ansonsten waren in erster Linie Eheverträge durchaus üblich und auch notwendig. Liebesheiraten waren eher selten, in der Regel wurden Eheschließungen arrangiert und hatten handfeste dynastische oder territoriale Zielsetzungen. Also wurde in einem Ehevertrag genau geregelt, welche Pflichten die Ehegatten hatten, welche Mitgift die Ehefrauen einbrachte, welchen Unterhalt der Ehemann zu leisten hatte und was mit dem Erbe nach dem Tod des einen oder des anderen Ehegatten zu geschehen hatte.

Zauberspiegel: Im Falle der Fürstin Auguste Elisabeth von Thurn und Taxis deuten Sie ja deutlich an, dass diese eher ein Opfer als eine Täterin war. Es macht auf mich den Eindruck, als sollte auf diesem Weg vor allem eine unliebsame, störende Ehefrau und Schwester aus dem Weg geschafft werden. Liege ich da richtig?
Herbert Fiedler: Durchaus! Trotz Ehevertrag verweigerte Auguste Elisabeth aus Angst vor einer neuen, problematischen Schwangerschaft ihrem Ehegatten den Beischlaf und die Auseinandersetzungen zwischen den beiden hatten ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Außerdem hatte Auguste Elisabeth wohl ernsthaft vor, sich von ihrem Gatten zu trennen.

Zauberspiegel: Nachdem Sie über die beiden Frauen, Mutter und Tochter geschrieben haben, würden Sie sagen, dass es gängige Praxis war, sich auf diese Art und Weise einer unliebsamen Ehefrau zu entledigen, oder ist das eher eine Ausnahme? Wie wurde das denn in anderen Ehen gehandhabt, Liebesheiraten und lange glückliche Ehen waren im (Hoch-)Adel ja nicht wirklich die Regel?
Herbert Fiedler: Wie schon gesagt: Liebesheiraten waren eher selten. Trotzdem gibt es genügend Beispiele, dass sich auch arrangierte Ehen über die Jahre glücklich entwickelten. Doch das Gegenteil war oft genug der Fall und dann waren es wohl doch in erster Linie die Frauen, die den Kürzeren zogen. Ein Beispiel dafür findet sich in meinem Buch "So bittersüß, so abgrundtief...": Prinzessin Sophie Dorothea von Ahlden war die ungeliebte Ehefrau des für seine Mätressenwirtschaft berüchtigten Herzogs Georg Ludwig von Hannover, Großmutter von König Friedrich dem Großen. Man hat der unglücklichen Frau eine Liaison mit einem Oberst der herzoglichen Leibwache vorgeworfen, Graf Philipp von Königsmark. Dieser wurde in einer dunklen Nacht ermordet und Sophie Dorthea von ihrem Gatten über 30 lange Jahre bis zu ihrem Tod im Jahr 1726 auf Schloss Ahlden in der Lüneburger Heide in Gefangenschaft gehalten.

Zauberspiegel: Haben Sie schon ein neues Projekt, an dem Sie arbeiten, und wenn ja, welchem?
Herbert Fiedler: Es gibt mehrere Projekte. Das am weitesten gediehene ist diesmal ein Kriminalroman, der in der Gegenwart spielt. Auch dieser hat einige starke reale Bezüge, ist aber im Wesentlichen reine Fiktion.

Zauberspiegel: Was wollten Sie in Zusammenhang mit Ihrem Buch über die Fürstin Auguste Elisabeth von Thurn und Taxis unbedingt noch gefragt werden, was ich nicht gefragt habe?
Herbert Fiedler: Alle weiteren Fragen beantwortet sicherlich das Buch. Und ich würde mich freuen, wenn es eine breite Leserschaft findet, die beim Lesen die selbe Spannung empfindet, wie ich während meiner Recherchen und während des Schreibens.

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