... Wolfhart Luther über Gründgens, Verleger und Grundsatzfragen
: ...sondern habe während seines Generalintendanten-Daseins meine Prüfung gemacht. Die verantworteten Otto Gries und Peter Esser als Vorstand der "Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen". Mit Gustav Gründgens trafen sich neben meinem Schwiegervater Paul Maletzki (Senior vom Düsseldorfer Schauspielhaus) und mir eine ganze Reihe von Schauspielern wie Hans Müller-Westernhagen (Vater von Entertainer Müller-Westernhagen) und andere Kollegen.
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: Gründgens hatte aus meiner Sicht überhaupt keine Marotten oder Starallüren.
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: Von Patriarchen bei Lübbe und Pabel keine Spur. Beide waren angenehme Verlegerpersönlichkeiten, Pabel vielleicht ein wenig mehr Drucktechniker.
Als ich mit Pabel verhandelte, wünschte er sich, dass ich das Rauchen einstelle. Ich hatte es zwar bereit zweimal versucht... Aber ich stimmte zu für den Fall, dass er mir Zeit liesse. Mit unserer Besprechung zum Ende der Zusammenarbeit erfüllte ich seinen Wunsch. Noch heute bin ich ihm dankbar! Meine Chancen, die geplanten 108 Jahre zu erreichen und damit vielleicht mit Joopi Heesters gleichzuziehen bzw. ihn zu übertreffen, sind stark gestiegen. Nochmals vielen Dank, Erich Pabel!
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: In Leitender Position arbeitete ich mit beiden Verlegern problemlos zusammen. Man tauschte sich aus, legte sich fest und hatte freie Hand. Beide amüsierten und freuten sich, wenn ich zuschlug und die Aktionen Erfolg zeigten. Lübbe hatte die angenehme Art, sich öfter mit Schecks zu revanchieren, Pabel zahlte gleich schon mehr (ich fing ja auch "Fertiger" an).
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: George Nader war freundlich, zuvorkommend und benahm sich über die Drehzeiten hinweg wie ein Kumpel. Schließlich war auch ich mal Schauspieler, habe sogar einen Film gemacht und kam auch meine erste Frau Hannelore Maletzki als Schauspielerin gut mit ihm aus, wenn wir zusammen Promotion machten. Und das war ja für den Film, aber vor allem für uns als Bastei-Verlag sehr wichtig.
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: Nader hat sich sehr gut in die Jerry-Cotton-Rolle hineingefunden. Er spielte sie so, wie wir es gemeinsam mit dem Regisseur abgesprochen haben. Vor allem musste das Zusammenspiel mit Heinz Weiss als Phil Decker klappen, der eine sehr starke Persönlichkeit ist und darstellte.
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: Privat waren wir mit George Nader so häufig zusammen, dass man sich wie in einer Familie fühlte.
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: Homosexuelle bei den Schauspielern gab es genug, so dass man auch Witze machte ohne zu beleidigen. Wir hatten im Dritten Reich ja noch den Paragraph 175 (der später gestrichen wurde). Bei den Amis hatte Nader es nicht so leicht.
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: Mit Richard Münch hatte ich während der Cotton-Verfilmungen durchgehend Kontakt, auch schriftlich.
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: Von Heinz Weiss haben alle am Set geschwärmt, weil er ein fantastischer Mensch ist. Ihm und den anderen Prominenten, z.B. Helmut Förnbacher, bin ich stets gern begegnet.
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: Über Heinz Werner Höber haben Sie soviel Material, und trotzdem: Ich habe einmal für gewisse Zeit Höber mit van Buggenum auf die Insel Texel geschickt. Dort sollte er in Ruhe schreiben. Aber das Alkoholproblem konnte auch der vorsichtige van Buggenum nicht so ohne Weiteres in den Griff kriegen. Der Aufenthalt war dann nicht so lang wie gedacht...
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: Autoren der Heftszene habe ich selbst reihenweise noch im Außendienst kontaktiert, wie z,B. Hans Peter Weissfeld, Irma Siegl, und den guten alten Hans Ernst in Kolbermoor.
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: Rolf Kalmuczak war der beste Lektor von Jerry Cotton und der beste Autor, den man sich wünschen konnte. Seine Manuskripte konnte man eigentlich sofort in die Setzerei geben. Ein grossartiger Mensch, ein toller Mitarbeiter!
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: Neben Günther schrieben rund neunzehn Autoren an Kommissar X. Da war Günther der Beste, aber als Mensch habe ich ihn nicht gekannt. Da muss ich passen.
: Den Vergleich Romane Frau zu Mann kann ich leider nicht präzise für die ganze Zeit ziehen. Die Gewichtung änderte auch innerhalb der Jahre bei den drei Stationen. Zum Beispiel stieg der Anteil Männer bei Bastei mit dem Erfolg von Jerry Cotton; das kann sich in späteren Jahren aber wieder geändert haben.
Bei Pabel (1968-1969) war der Typ Roman für den Mann absatzstärker, bei Erber-Luther von Anfang an der Typ Roman für den Mann.
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: Warum die Serie oft über die Reihen mit Einzelromanen triumphierte, war neben der höheren Auflage mit dem breiteren Angebot im Handel und damit dem stärkeren Eindruck beim Kaufinteressenten die Tatsache, dass über die Helden gesprochen wurde. Die Romane für die Frau waren zwar auch hervorragend aufgemacht, verschwanden aber schnell in der Einkaufstasche, wurden gelesen, konnten aber kein Dauerthema werden.
: Die Jahrzehnte des Heftromans gingen mit den Achtzigern zu Ende. Kein Wunder, die Fortsetzung fanden die Interessenten in den Fernsehprogrammen. Von Jahr zu Jahr boomten die Telenovelas auf den einzelnen Sendern immer stärker. Heute sind es pro Tag bereits vier verschiedene Rote Rosen für die Frau und Notruf Hafenkante für den Mann. Nur der Spezialist Horror konnte sich etwas halten. Aber wer soll jetzt noch Heftromane kaufen, wenn man die Fünfzigminuten-TV-Geschichten nicht nur zu Hause, sondern auch auf Handys am Strand oder auf der Parkbank sehen kann.
: Die Phasenauslieferung bot sich anfangs an, weil wir die Remittenden als Zweit-auslieferung verkaufen mussten. Dafür boten sich das ausgeklammerte Berlin und das Saargebiet, vor allem auch Österreich an. Wir betrieben das Geschäft noch bis zum Ende.
: Gegenüber dem Leihbuch punktete der Heftroman, weil er dünner und leichter war, sauberer und - wenn überhaupt - kaum teurer war. Man brauchte nicht immer mit dem Paket in der Tasche zum gleichen Laden zu laufen.
: Der Erfolg des Heftromans in den Sechzigern war das Ergebnis der Verlagsvertreter im Aussendienst, denn nur die Produktion allein brachte nichts. Das Grosso, die Babus und der Einzelhandel waren der Segen.
: Mehr als 100000 verkaufte Auflagen in den Sechzigern: von Jerry Cotton, sonst unbekannt.
: Bei den Sitzungen mit den Konrrenzverlagen verlief alles in gutem Einvernehmen. Starke Rivalität ja, aber nicht in Aneinandersetzungen, wenn man sich austauschte. Krach: keinen.
Die Themen bei Treffen mit den Konkurrenzverlagen waren zum Beispiel:
- Lieferprobleme im In- und Ausland
- Abstimmungen wg. verschiedener Grossisten im gleichen Auslieferungsgebiet.
- Verhaltensweise unterschiedlicher Art bei Differenzen mit Abnehmern diverser Kategorrien. Autorenverhalten wg. Gagenforderungen oder Pleiten.
- Copyright-Probleme und deren Abstimmung sowie Umschreibung alter Romane durch Auswechslung der Namen innerhalb einer Story (aus Alt mach Neu), was schon mal bei schwachgewordenen Autoren vorgekommen ist.
Kommentare
Zum Beispiel Jürgen Dünsing der sowohl Leihbücher wie auch Heftromane schrieb, und vor 2 oder 3 Jahren sein 50 jähriges Schriftsteller Jubiläum feiern konnte.
Joopie Heesters IST Raucher, und zwar seit über 90 Jahren. Will Herr Luther also so alt werden wie Joopie muss er wieder anfangen (mit dem Rauchen natürlich !).
Und Jüergen Duensin steht auf der "To-Do"-Liste. Wie auch so manch anderer...
Ansonsten, interessantes Interview. Immer toll sowas zu lesen.