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... Jessica Schreier über das Schreiben, außergewöhnliche Geschichten und aktuelle SF-Serien

Jessica Schreier … Jessica Schreier …
… über das Schreiben, außergewöhnliche Geschichten und  aktuelle SF-Serien

Jessica Schreier wurde 1981 geboren und schreibt seit ihrer Kindheit Geschichten. Auf ihrer im Jahre 1998 online gestellten Netzseite jesiversum.de veröffentlicht sie ihre Star Wars-Fanfiction-Serie „Neubeginn“ sowie zahlreiche Erzählungen. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Artikel zu SF- und Mystery-TV-Serien wie z.B. das umfangreiche Serientagebuch zu LOST.

Weitere Artikel verfasste sie für das Star Trek-Portal Trekzone.

In ihrem Weblog Jesiversum.blogspot.com schreibt sie Reviews zu aktuell gestarteten SF-TV-Serien wie Terra Nova und setzt sich mit dem SF-Film aus unterschiedlichen Perspektiven auseinander.

Jessica Schreier Zauberspiegel: Du schreibst seit Deinem 12. Lebensjahr Geschichten und veröffentlichst zahlreiche davon auf Deiner Netzseite www.jesiversum.de. Die Schwerpunkte Deiner Arbeiten liegen im Bereich SF, Fantasy und Märchen. Was reizt Dich an diesen Genres?
Jessica Schreier: Ich bin mit SF aufgewachsen, vor allem „Star Trek“, aber ich bin kein Technikfreak. Raumschiffe starten und landen bei mir ohne viel Trara, und ich habe auch nicht das Bedürfnis, zu erklären, wie Roboter funktionieren. Ich mag den phantastischen Überbau, weil es dort noch Helden gibt, es darf episch sein, und letztendlich kann fast alles in SF als Metapher für ganz alltägliche Probleme verstanden werden.

Zauberspiegel: Die von Dir entwickelten Geschichten werden oft von außergewöhnlichen Ideen und Protagonisten getragen, wie z.B. Deine mehrteilige Serie „Detektelfe Arwel“, ein Detektivbüro mit Elfen als Experten für außergewöhnliche Fälle. Wie kamst Du auf die Idee zu dieser Serie?
Jessica Schreier: Mit vierzehn oder fünfzehn fing ich an, für meine Eltern jedes Jahr zu Weihnachten ein Märchen zu schreiben, und in einem davon spielte Arwel eine kleine Nebenrolle als genervte Assistentin des Weihnachtsmannes. Alle, die die Geschichte lasen, waren begeistert von ihr, deshalb wollte ich ihr unbedingt ein eigenes Abenteuer widmen. Dass sie ausgerechnet Detektivin wurde, hängt allerdings mit meiner Abneigung für Krimis zusammen, so absurd das klingen mag. Ich wollte das Genre auf die Schippe nehmen und übliche Klischees ad absurdum führen.

Zauberspiegel: Seit 11 Jahren schreibst Du an einer Star Wars-Fanfiction-Serie mit dem Titel Star Wars – Neubeginn, die kurz vom dem Finale steht. Welche Idee liegt dieser Serie im Vergleich zu den Kinofilmen zugrunde? Was ist für Dich das Besondere am Star Wars-Universum?
Jessica Schreier: Ich sollte vielleicht vorausschicken, dass ich die Albernheit der alten Filme sehr viel lieber mag als die Ernsthaftigkeit der neuen. Diesen Tonfall versuche ich immer zu treffen, wenn ich in diesem Universum schreibe, es sind klassische Abenteuer, ich unterscheide nur nicht so streng zwischen Gut und Böse wie George Lucas. Und da mich die Jedi und ihre Geschichte immer schon am meisten fasziniert haben, war es irgendwie naheliegend über die Jedi-Akademie zu schreiben.

Zauberspiegel: Hast Du ein festes Konzept beim Schreiben Deiner Geschichten?
Jessica Schreier: Über die Jahre bin ich eine hingebungsvolle Planerin geworden, ja. Als ich mit dem Schreiben anfing, hab ich praktisch gar nicht geplant und einfach drauflos geschrieben. Manchmal führt das zu interessanten Ergebnissen, aber gerade bei längeren Geschichten oder Serien ist das tödlich. Raum für Nebenhandlungen und Absurditäten muss aber bleiben, das ist mir wichtig.

Zauberspiegel: Was bedeutet der eigentliche Prozess des Schreibens für Dich?
Jessica Schreier: Arbeit. Und Freude. Aber hauptsächlich Arbeit. Es gibt natürlich Projekte, bei denen ich sofort mittendrin bin und zehn Seiten am Stück runterschreibe, weil es sich so anfühlt, als würde ich das wirklich erleben.
Aber 90 Prozent sind Arbeit, um von einem Punkt zu einem anderen zu kommen, Zusammenhänge logisch darzulegen oder Figuren lebensnah zu beschreiben. Was nicht heißt, dass mir das keinen Spaß macht.

Zauberspiegel: Gibt es Pläne, Deine Geschichten eines Tages in einem Buch zu veröffentlichen? Ist Dir eine Buch-Veröffentlichung wichtig?
Jessica Schreier: Welcher Autor möchte seine Sachen nicht gern gedruckt sehen? Leider ist das nicht so leicht, als unbekannter Autor hat man bei großen Verlagen eigentlich keine Chance, bei den vielen kleinen wiederum keinen Durchblick. Bei der Detektelfe hab ich mir aber tatsächlich die Veröffentlichung zum Ziel gesetzt, zur Not auch über Book on Demand. Meine beste Freundin wird die Illustrationen dafür machen.

Zauberspiegel: Was sind Deine Inspirationsquellen?
Jessica Schreier: Das ist eine ganz spannende Sache, denn sie sind so vielfältig! Mich hat schon mal die Atmosphäre eines Musikvideos auf die Idee für einen kompletten Roman gebracht. Schlechte Filme sind auch gut, weil das ungenutzte Potenzial meine Fantasie anregt. Aber letzten Endes kann mich alles inspirieren, ein Bild, ein Song, eine Beobachtung, manchmal ein einzelnes Wort. Ich sammle alles und nutzte es oft erst Jahre später.

Zauberspiegel: Gibt es bei Dir bestimmte Arbeitsroutinen? Wie gehst Du vor?
Jessica Schreier: In unserer modernen Zeit wirkt das seltsam, aber ich arbeite immer noch viel mit Papier und Bleistift. Wenn ich bei einer Story feststecke, notiere ich die offenen Fragen und anschließend alles, was mir dazu einfällt. Schreiben und Denken sind dann dasselbe, am Computer wäre das undenkbar. Ich sammle in Notizbüchern Bilder, wie ich mir meine Protagonisten vorstelle, notiere mir Details ihrer Gestik, ihres Auftretens und ihrer Sprache. Erst, wenn ich wirklich mit dem Schreiben anfange, setze ich mich an die Tastatur.

Zauberspiegel: Wie stehst Du generell zum Medium Buch? Glaubst Du, dass das gedruckte Buch weiterhin Zukunft hat? Oder wird sich die digitale Form (eBook) tatsächlich durchsetzen?
Jessica Schreier: Ich weiß, dass eine Menge Leute begeistert sind von den neuen Geräten, und technisch finde ich sie durchaus auch bemerkenswert. Aber wer Bücher wirklich liebt, wird auf das Gefühl eines Leineneinbands, auf das Rascheln von Papier und den Geruch der Jahre zwischen den Buchdeckeln nicht verzichten wollen.

Jessica Schreier Zauberspiegel: Was bedeutet die deutsche Sprache für Dich?
Jessica Schreier: Ich finde es schade, dass sie von den meisten Menschen so gering geachtet wird. Es hat meines Erachtens auch nichts mit Rückständigkeit zu tun, wenn ich bedaure, dass Anglizismen nach und nach deutsche Wörter verdrängen, die sehr viel mehr Bedeutung haben als die bloße Übersetzung. Die deutsche Sprache ist auch nicht hart, wie viele behaupten, sie hat eine ernsthafte Schwere, die sehr poetisch sein kann. Und wer könnte Wörter wie famos oder fabelhaft nicht mögen?

Zauberspiegel:  Ist Dein Leben mehr durch Bücher oder durch Filme / TV-Serien geprägt?
Jessica Schreier: Inzwischen leider mehr durch Serien, das hat aber vor allem damit zu tun, dass ich viel für die Uni lesen musste und kaum Zeit hatte, richtig in einen Roman einzutauchen. Bücher sprechen mich auf einer ganz anderen Ebene an, die sind wie eine Verlängerung meines eigenen Lebens, das geht nicht mal so nebenher.

Zauberspiegel: Du schreibst in Deinem Blog umfangreiche Folgen-Reviews zu aktuellen komplexen TV-Serien wie Doctor Who und Terra Nova, noch bevor sie im deutschen Fernsehen ausgestrahlt werden. Du hast Dich u.a. auch sehr intensiv mit jeder Folge der Serie LOST auseinandergesetzt. Was ist das Besondere an solch komplexen Serien für Dich?
Jessica Schreier: Tatsächlich ihre Nähe zum literarischen Erzählen. Genauso, wie ich es bei einem Buch mag, wenn etwas, was am Anfang erwähnt wurde, fünf Kapitel später wichtig wird, liebe ich es, Details und Verknüpfungen in Serien zu entdecken. Ich möchte herausgefordert werden, mitdenken müssen. Und ich weiß eine gut erzählte Geschichte zu schätzen.

Zauberspiegel: Warum sind Serien wie „LOST“, „Heroes“ und „Fringe“ in Deutschland Deiner Meinung nach nur wenig erfolgreich?
Jessica Schreier: Das ist etwas, was mich tatsächlich auch beschäftigt. Die offensichtlichste Antwort ist die fragwürdige Sendepolitik hierzulande, wo Staffeln mittendrin unterbrochen werden oder im Fernsehprogramm allwöchentlich tiefer in die Nacht rutschen. Das deutsche Publikum ist gewiss nicht dümmer als das amerikanische. Und ich glaube, inzwischen warten viele Leute auch einfach auf die DVD-Veröffentlichung.

Zauberspiegel: In Deinem Blog Jesiversum.blogspot.com setzt Du Dich durchaus pointiert mit Themen wie Liebesbeziehungen und Homosexualität in SF-Filmen und –Serien auseinander. Wie wählst Du Deine Themen aus? Kannst Du schon einen Ausblick auf weitere Themen geben?
Jessica Schreier: Kürzlich war ich mit einer Freundin einen Kaffee trinken, und da meinte sie so, sie fände es wirklich merkwürdig, dass in US-Serien ständig gegessen wird. So ungefähr darf man sich den Prozess der Themenfindung bei mir vorstellen. Ich diskutiere wahnsinnig gern mit anderen über Serien, auch über solche, die ich gar nicht schaue. Aber ich plane nicht weit im Voraus, die meisten Artikel entstehen im Verlauf von ein bis maximal drei Wochen.

Zauberspiegel: Welche Bücher, Kinofilme und TV-Serien haben Dich am meisten beeinflusst?
Jessica Schreier: Ich denke, das wichtigste Buch für mich war Nathaniel Hawthornes „Der scharlachrote Buchstabe“, weil Hester Prynne die erste starke Frauenfigur in meinem Leben war. Überhaupt haben mich am meisten die klassischen Romane geprägt, trotz meines SF-Faibles. Douglas Adams darf trotzdem nicht unerwähnt bleiben, sein nüchtern beschriebener Unsinn ist stets eine Inspiration. Filme und Serien spielen da eher eine untergeordnete Rolle, mich interessieren aber seit jeher die unterschiedlichen Erzählweisen.

Zauberspiegel: Du arbeitest seit vielen Jahren beim Star Trek-Portal TrekZone mit. Woraus besteht Deine Mitarbeit?
Jessica Schreier: Manchmal kann ich es selbst kaum glauben, aber ich bin schon seit elf Jahren dabei, ich gehöre tatsächlich zu den ganz alten Hasen dort! So aktiv wie zu Beginn bin ich aber schon lange nicht mehr, ich schreibe nur noch dann Artikel, wenn ich über ein lohnenswertes Thema stolpere. Mir wurde mal gesagt, ich sei erste Wahl bei anspruchsvollen Sachen, aber wahrscheinlich war das nur ein Trick, um meine Eitelkeit zu streicheln. Smile

Zauberspiegel: Du bist auch noch in anderen Bereichen kreativ, so zu sehen in Deiner Bastelecke sowie in der Art Attack Deiner Netzseite www.jesiversum.de. Du kreierst mittels Photoshop Wallpaper und Icons zu Musikern, Schauspielern, Filmen und TV-Serien. Wie kam es dazu?
Jessica Schreier: Design hat mich schon immer fasziniert, und wäre ich nicht schon am Eignungstest gescheitert, hätte ich das sogar studiert. Mir macht diese Arbeit einfach Spaß, ich kann dabei gut abschalten, es ist also ein guter Ausgleich zur Denkarbeit des Schreibens. Das gilt übrigens auch fürs Basteln, da hab ich hinterher etwas in der Hand, wovon ich sagen kann, das hab ich gemacht.

Zauberspiegel: In den letzten Monaten hast Du zum Abschluss Deines Studiums eine umfangreiche Magisterarbeit über Jacques Tatis Film „Playtime“ aus dem Jahr 1967 erstellt. Wieso hast Du dieses sehr spezielle Thema ausgewählt und was fasziniert Dich an Jacques Tati und der von Tati entwickelten und dargestellten Figur des Monsieur Hulot?
Jessica Schreier: Um ehrlich zu sein, ich kannte den Film nicht mal, bis meine Magisterprofessorin ihn mir empfohlen hat. Ich wollte gerne was zur Stadt der Zukunft schreiben, war aber völlig auf SF fixiert. Dabei ist „Playtime“ sehr spannend, weil es keine aus der Luft gegriffene Zukunftsvision ist. Tati hat einfach nur Tendenzen der 1960er-Jahre weitergedacht und überhöht, und was er zeigt, ist heute zum großen Teil Realität geworden. Tati war ein guter Beobachter, er entlarvt die Gesellschaft und die Marotten von Menschen, diese Art von Humor gibt es heute gar nicht mehr.

Zauberspiegel:  Du hast Dein Kunstgeschichtsstudium fast abgeschlossen. Gibt es schon konkrete berufliche Pläne?
Jessica Schreier: Konkret wäre übertrieben, aber ich möchte natürlich etwas machen, wo ich schreiben kann. Die Zeitungen sind leider völlig überlaufen, daher liebäugle ich mit dem Beruf des Werbetexters, das ist auch kreativer. Mal schauen, wohin es mich letztendlich verschlägt.

Zauberspiegel: Vielen Dank für das ausführliche Interview. Ich wünsche Dir für Deine Pläne alles Gute!

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