Derrick und seine Fälle: Folge 202 - Störungen in der Lust zu leben
Folge 202
Störungen in der Lust zu leben
Natürlich bestreitet sie dies, sonst wäre der Fall schnell geklärt. Und der Mörder ist ein ehemaliger Liebhaber der Frau, der nun die alte Beziehung nicht ganz uneigennützig wieder auffrischen will. Doch der Dame gefällt dies und somit ist der Mörder am Ziel. Er hat sich damit das Schweigen der Dame erkauft. Der Rest des Krimis ist gewohnter Mist. Die Dame schweigt bis zur Selbstaufgabe und Erniedrigung, nur um den Schein zu wahren.
Das ganze nennt Reinecker dann "Störungen in der Lust zu leben". Der Titel schon allein macht den Fall uninteressant. Da hilft auch das Finale nichts mehr, bei dem in alter Derrick-Manier mal wieder durch die Tür geschossen wird. Sehen wir immer wieder gern.
Derrick und Klein ermitteln in träger Weise und kommen der Lösung kein Stückchen näher. Der spätere Tatort-Kommissar Richy Müller ist hier mit seiner großen Nase die Idealbesetzung für einen Gangster mit Rowdytum.
Keine besonders starke Folge, eher unterer Durchschnitt.
Darsteller: Horst Tappert (Stephan Derrick), Fritz Wepper (Inspektor Klein), Richy Müller, Liane Hielscher, Katja Ambeger, Horst Sachtleben, Hannes Kaetner und andere
Stab: Musik: Eberhard Schoener Titelmusik: Les Humphries, Regie: Theodor Grädler, Produzent: Helmut Ringelmann. Eine Produktion der Telenova Film- und Fernsehproduktion im Auftrag von ZDF, ORF, SRG. Erstsendung: 09.08.1991
(1) ZDF
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Kommentare
Möglich. Wie gesagt, Goslar und Haugk haben gesagt, dass kein Drehbuch unbearbeitet verfilmt wurde (bei "Reineckerland" und dem Zwaenepoels "gutem Wahrheitsfinder" steht das) , auch Ringelmann habe da auch Bearbeitungen vorgenommen. Allerdings habe Ringelmann manchmal Tappert vorgeschickt, wenn es darum ging, ein Drehbuch von Reinecker abzulehnen, er solle sagen, weil Reinecker da sehr schnell verschnupft war ob dieser Ablehnung. Und ein Drehbuch wurde ja von Tappert und Ringelmann abgelehnt. Die berühmt-berüchtigte DOKTOR TRAUT-Folge.
Das letzte Drehbuch wurde nicht verfilmt, weil es ein heikles Thema haben sollte: das KZ Auschwitz sollte eine Rolle spielen. Reinecker wollte junge Leute ansprechen, mit einer Art Gedenken an die Gräultaten unserer jüngeren Vergangenheit. Dieses Thema war den Fernsehmachern damals zu heikel. Das war der hauptsächliche Grund für die Ablehnung. Reinecker hatte das bereits beim Schreiben vorausgesehen. Trotzdem hat er es versucht, weil es ihm wichtig war. Und in der Tat, man hätte garantiert über dieses Finale geredet. Der Ersatz, der für die letzte Folge aufgelegt wurde, war dagegen äußerst fad. Ein guter Ausstieg war diese Folge nach dieser langen Zeit leider nicht.
Das Mahnen, wie Verbrechen entstehen und unter welchen Voraussetzungen sie geschehen können, bis in die Verderbtheit einzelner Familien hinein, das aufzuschlüsseln war überhaupt sein Anliegen in seinen Drehbüchern. Weil er der Meinung war, dass die schrecklichen Zeiten, von denen niemand mehr etwas wissen wollte, jederzeit wiederkehren können. Weil die Grausamkeiten und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer (was auch in dieser Folge thematisiert wurde) tief in der bürgerlichen Gesellschaft verankert sind. Wer weiß, ob Horst Tappert wegen seiner eigenen Vergangenheit, über die er anders als Reinecker nie gesprochen hat, das heikle KZ-Thema schon aus eigenen Interesse heraus ablehnen musste.
Man kann über Reineckers Geschichten natürlich denken was man will, aber letztendlich waren es diese Geschichten, welche der Derrick-Serie zu ihrem ungewöhnlichen internationalen Erfolg verholfen haben. Das hat die Menschen bewegt, und das tun sie sogar heute noch. Da kann meiner Meinung nach keine andere TV-Serie auch nur ansatzweise mithalten. Und der heutige Mist schon gar nicht.
Wer trotzdem bei Reineckers Drehbüchern einen gewöhnlichen Krimi erwartet, mit viel Peng-Peng und Spannung, also einen Krimi, den man ohnehin sehr schnell wieder vergißt, weil er austauschbar bleibt, ist beim Kommissar oder beim Derrick sicherlich nicht gerade perfekt aufgehoben.