50 Jahre Tatort - Kritik am ARD-Hauptprogramm
50 Jahre Tatort
Kritik am ARD-Hauptprogramm
Ob diese Kritik überhaupt gerechtfertigt ist versuche ich in folgendem zu analysieren.
Am 21.06.20 lief der erste Wunsch-Tatort über den Sender. Die Wahl der Zuschauer fiel auf "Wenn Frauen Austern essen", einem Fall des Münchner Teams Batic und Leitmeyr. Dieser Fall stammt aus dem Jahre 2003 und gilt damit schon als sehr alt im Vergleich mit den Fällen, die man für das Voting ausgesucht hat. Viele Fans verstehen die Wahl nicht und meinen, dass die Münchner durchaus bessere Fälle zu bieten hätten.
Andere monieren die Auswahl insgesamt, so fehlen Tatort-Fälle der Kult-Kommissare Heferkamp, Schimanski und Finke gänzlich. Nicht mal Kressin, Flemming oder Frau Wiegend gibt man eine Chance. Auf die Kritik angesprochen reagierte die ARD etwas verwirrend. "Man wolle den Zuschauern, die mit dem Tatort Erinnerungen verbinden etwas bieten, aber wir möchten kein Tatort-Museum", so ein etwa sinngemäß der Wortlaut auf die Anfrage eines Fans. Übersetzt wäre dies eine Ohrfeige für alle älteren Zuschauer über 50, die sich nur zu gern einen Klassiker wie "Rot- rot -tot" oder "Reifezeugnis" gewünscht hätten. Aber anscheinend rechnet die ARD nicht mehr mit dieser Zielgruppe.
Dabei ist die Kritik vielleicht genauso fehl am Platze wie die Platzierung eines Tatort-Votings überhaupt. Denn das Erste bietet sehr wohl eine Auswahl an klassischen Fällen am Freitagabend während der Sommerpause an. Aber auch geht nicht weiter zurück als bis ins Jahr 1999. Eine Ausnahme bietet der allererste Fall für Schimanski "Duisburg Ruhrort", der sm 04.09. gesendet wird. Dieser aber wirkt nur wie eine Besänftigung der Gemüter.
Braucht es dieses Voting wirklich, wenn man dennoch einen Termin am Freitagbaend anbietet? So kann dieses Voting nur den Charakter einer spielerischen Natur haben, um dem Zuschauer eine Event zu bieten.
Schaut man aber auf die Liste der Wiederholungen, die die ARD auf ihren dritten Programmen liefert, müsste man sich als alternder Tatort-Fan nicht beschweren, sondern sich mit einem Lächeln vom Sonntagabend verabschieden und sich an anderen Tagen eben diesen anderen Programmen zuwenden. So zeigt der NDR am 21.07. den Fall "Strandgut" mit Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf), am 14.7. also eine Woche zuvor läuft "Alles umsonst", ein wahres Highlight und ein Fall für Kommissar Nagel (Diether Krebs). Am 30.06 bietet man im gleichen Sender den Stoever-Fall "Leiche im Keller" mit Manfred Krug. RBB bietet Fälle von Markowitz (Günther Lamprecht) und Bülow (Heinz Drache) aus Berlin. Tiefer in die Mottenkiste greift man mit dem Fall "Schöne Belinda" beim SWF, einem Fall für Kommissar Lutz (Werner Schuhmacher): Gesendet wird das Prachtstück aus dem Jahr 1978 am 12.08.20. Beim gleichen Sender gibt es am 19.08. mit der Folge "Finderlohn" einen Fall für Kommissar Gerber (Heinz Schimmelpfennig).
Das Voting im Ersten ist also in der Tat eher etwas für die jüngere Generation, auch wenn sich die Verantwortlichen etwas ungeschickt ausgedrückt haben. Das Event für Liebhaber älterer Zuschauer findet ganzjährig - und nicht nur diesen Sommer - in den dritten Programmen statt.
Für den Zauberspiegel habe ich vor wenigen Jahren eine Liste der Best Cases Ever erstellt. Selbstredend ist diese Liste nicht das was jedermanns Geschmack trifft und sie erhebt auch keinen Vollständigkeits-Anspruch, aber die ist vielleicht eine Ahnung davon wie ein guter Tatort-Sommer auch im Haupt-Programm der ARD hätte aussehen können - ganz ohne Voting.
Tatort - The best cases ever: Rot-rot-tot
Tatort - The best cases ever- Alles umsonst
Tatort - The best Cases ever: Peggy hat Angst
Tatort - The best Cases ever: Tote Taube in der Beethovenstraße
Tatort - The best Cases ever: Weil sie böse sind
Tatort- The best cases ever: Das Haus im Wald
Tatort- The best cases ever: Das Lederherz
Tatort- The best cases ever: Der Spezialist
Tatort- The best cases ever: Geburtstagsgrüße
Tatort- The best cases ever: Reifezeugnis
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