Lokaltermin Staffel 2 - Beschlossen und verkündet - Durchaus amüsant
Lokaltermin Staffel 2 – Beschlossen und verkündet
Durchaus amüsant
„Beschlossen und verkündet“ war schon eine zentrale Floskel in der ersten Staffel der Serie, durch die der leitende Amtsrichter Schröter (Hans Söhnker) den jeweiligen „Lokaltermin“ einleitete, mit dem neuer Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen gebracht und die oft widersprüchlichen Aussagen der Zeugen aus einem objektiven Blickwinkel beleuchtet werden sollten. Für die dreizehn neuen Folgen der Serie, die erstmals 1975 im ZDF ausgestrahlt wurden, hatte sich Serienautor Werner E. Hintz nun aber von seinem alten Konzept zumindest teilweise verabschiedet. Lokaltermine finden hier lediglich in vier der dreizehn verhandelten Fälle statt. Aber auch in den restlichen neun Folgen spielt sich die Handlung nicht ausschließlich im Gerichtssaal ab. Hier werden die Geschichten dann zumeist mit kurzen Sequenzen an anderen Orten eingeleitet, die schließlich zu den entsprechenden Verhandlungen vor dem Amtsgericht führen. Hintz hat sich hier eines eleganten Stilmittels bedient, um dem Geschehen neue Impulse zu verleihen und sich dennoch nicht allzu weit von der bereits etablierten Erfolgsformel zu entfernen. Die vor dem Gericht verhandelten Straftaten sind abermals überwiegend harmloser Natur, sie handeln weder von Mord noch Totschlag, sondern sind ganz bewusst eher humoristisch angelegt, was durch Thomas Engels schnörkellose Inszenierung (er hat hier von Heinz Schirk übernommen, der die erste Staffel der Serie betreute) und die überaus gewitzten Drehbücher von Werner E. Hintz in vielerlei Hinsicht wirkungsvoll unterstrichen wird. Auch die namhafte Berliner Besetzung ist wieder mit viel Spielfreude bei der Sache und macht das Ergebnis auch heute noch uneingeschränkt sehenswert.
Amtsrichter Schröter und die wechselnden Staatsanwälte (u.a. mehrfach verkörpert von Horst Keitel, Dieter Hufschmidt, Hans Hessling und Robert Dietl) haben sich im Berlin der 1910er Jahre mit ungewöhnlichen Anklagen zu befassen. Da geht es mal um Liebesbriefe, die zur Erpressung genutzt wurden, mal um einen Landarbeiter (Jürgen Janza), der Bauernhöfe angezündet haben soll, mal um einen Friseur (Peer Schmidt), dem das Auffinden einer leeren Brieftasche beinahe zum Verhängnis wird. Andere Episoden beschäftigen sich mit einer nicht anerkannten Vaterschaft, mit den Liebesabenteuern eines Kammerdieners (Theo Lingen), mit spiritistischen Sitzungen, bei denen Teilnehmern Wertgegenstände gestohlen wurden, mit einem Bigamisten, dessen Ehefrauen (Edeltraut Elsner und Ingrid Steeger) sich um sein Erbe streiten, mit einem Duell bei Morgengrauen, einem überfallenen Nachtwächter (Walter Gross), der sich in Widersprüchlichkeiten verstrickt, oder einem dubiosen Geschäft um eine vermeintlich wertvolle Geige, dem ein Tabakladenbesitzer (Kurt Pratsch-Kaufmann) zum Opfer fällt. So unterschiedlich die Fälle auch sein mögen, bieten sie allesamt „durchaus“ amüsante Unterhaltung. „Durchaus“ ist in dieser Serie das Lieblingswort von Amtsrichter Schröter, das dieser bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum Einsatz bringt.
Wie schon in den dreizehn Episoden von „Lokaltermin“ zeichnet sich auch diese Nachfolgeserie durch wunderbar süffisante Dialoge aus, in denen Werner E. Hintz die Befindlichkeiten während des Deutschen Kaiserreiches exakt auf den Punkt zu bringen verstand und beim Publikum für anhaltende Schmunzelstimmung sorgt. Die meisten Zeugen sind in ihren Aussagen dermaßen präzise, dass sie dabei sogar die Akkuratesse des Gerichts selbst übertreffen. Zwar hat man in dieser zweiten Staffel etliche Schauspieler in unterschiedlichen Rollen mehrfach besetzt (Harald Juhnke, Peer Schmidt, Wolfgang Spier, Oscar Sabo, Ingrid Steeger, Friedrich Schoenfelder, Hans Jürgen Diedrich, Kurt Pratsch-Kaufmann), was dem Vergnügen aber keinerlei Abbruch tut, weil es sich hierbei ja um einige der besten deutschen Darsteller jener Zeit handelt. Eine überaus lohnenswerte Ausgrabung, die ein Anschauen auch heute noch lohnt. Die dreizehn jeweils rund 24minütigen Folgen sind auf zwei DVDs verteilt und weisen ein gutes Bild (im Vollbildformat 1,33:1) auf, das bei den On-Location-Aufnahmen jeweils wieder deutlich verwaschener und unschärfer ist. Die Studioszenen aus dem Gerichtssaal indes sind überaus scharf und nicht zu beanstanden. Auch der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) ist gut zu verstehen und entspricht der Entstehungszeit. Extras sind keine mit aufgespielt.