Tokyo Decadence

Cover zu Tokyo DecadenceTokyo Decadence
(Topazu)
mit Miho Nikaido, Sayoko Amano, Temmei Kano, Kan Mikami, Masahiko Shimada, Yayoi Kusama, Chie Sema
Regie: Ryu Murakami
Drehbuch: Ryu Murakami
Kamera: Tadashi Aoki
Musik: Ryuichi Sakamoto
Keine Jugendfreigabe
Japan / 1992

Die junge Edelprostituierte Ai hat sich auf Sadomasochismus spezialisiert. Sie bedient jeden Wunsch Ihrer Kunden und beobachtet, was die Männer dabei ihr und sich selbst zufügen. Dabei hofft sie auf ihrer Reise durch die perversen Triebe stets noch auf die große Liebe, die sie vor Jahren traf. Eine Wahrsagerin hat ihr vorhergesagt, dass sie ihren Geliebten eines Tages treffen wird. Dies hilft Ali, auch die größte Demütigung über sich ergehen zu lassen. Schließlich muss sie jedoch erkennen, dass der eingeschlagene Weg immer tiefer in einen Sumpf aus Drogen und Abhängigkeit führt.

Ich hatte im Vorfeld schon sehr viel über diesen Film gehört, umso gespannter war ich, als ich die DVD nun endlich in den Händen hielt. Und nach der Sichtung des Filmes muß ich zugeben, das Tokyo Decadence teilweise wirklich ziemlich harter Tobak ist. Es handelt sich hier definitiv um viel mehr als einen normalen Erotikfilm, vielmehr bekommt der Zuschauer ein erstklassig inszeniertes Drama präsentiert, das einen sehr tiefen Einblick in das Seelenleben einer jungen Edel-Prostituierten gewährt. Hierbei stellt gerade Miho Nikaido den Charakter der 22-jährigen Ai so glänzend dar, das man vom dargebotenen Schauspiel einfach nur absolut fasziniert ist. Auch wenn sie ihren Freiern eigentlich jeden Wunsch erfüllt, auch wenn sie noch so ausgefallen und manchmal wirklich pervers sind, so merkt man doch an ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Körperhaltung, das sie mit ihrem Beruf alles andere als glücklich ist.

Von Beginn an wird einem bewust, das sie eigentlich etwas ganz anderes sucht, nämlich ihre große Liebe. Dabei lässt sie sich demütigen und erniedrigen, wo es nur geht, so das einen das Gefühl überkommt, das sie sich durch diese Dinge lediglich selbst betäuben und abstumpfen will. Denn das sie keinerlei Freude an ihrem Job hat, merkt man eigentlich in jeder Passage des Films, wobei ihre seelische Zerrissenheit ganz hervorragend herausgearbeitet wird. Als Zuschauer leidet man irgendwie mit der jungen Frau mit, denn die erzählte Geschichte entwickelt eine ungeheuer starke Intensität, die sich fast zwangsläufig auf einen selbst überträgt. Und trotz der teilweise extremen Sex-Praktiken, die man hier zu sehen bekommt, spürt man auch die stark vorhandene und sehr kindliche Naivität, die noch bei Ai vorherrscht. Es berührt einen tief, wenn man auf der einen Seite ihren Job betrachtet und andererseits den Schmerz in ihren Augen sehen kann. Ganz unwillkürlich stellt sich die Frage, warum eine junge Frau sich selbst so entwürdigen und innerlich zerstören kann.

Tokyo Decadence ist sicherlich alles andere als ein Mainstream-Film, der Zuschauer wird hier in eine bizzare Welt der Perversion geführt, die auf manch einen eventuell sehr verstörend und schockierend wirken kann, aber auch eine ungeheure Faszination ausstrahlt, der man sich schwerlich entziehen kann. Es ist der besondere Reiz von Dingen, die für viele immer noch ein absolutes Tabu-Thema sind, über das man lediglich hinter vorgehaltender Hand sprechen kann, da es bei den meisten Leuten eher auf Unverständniss trifft und als nicht normal bezeichnet wird. Das liegt in erster Linie an den hier praktizierten Sexual-Techniken, die doch sehr gewöhnungsbedürftig sind.

Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist dieser Film auf seine Art ein kleines Meisterwerk, das einen sehr eindringlichen und ungeheuer intensiven Einblick in eine bizzare Welt gestattet. Das wird durch die vorhandene und sehr gute Kamera-Arbeit noch zusätzlich verstärkt, denn die gezeigten Bilder hinterlassen doch einen sehr nachhaltigen Eindruck beim Betrachter, der auf jeden Fall im Gedächtnis hängenbleibt. Und dann sind da noch die ausgezeichneten Darsteller, die dem Ganzen durch ihr ausdrucksstarkes und überzeugendes Schauspiel einen sehr authentischen Touch verleihen, so das man sich ziemlich problemlos in die Szenerie einfühlen kann. Ich bin durchaus der Meinung, das gerade in einem Film mit einer solchen Thematik gute Schauspieler erforderlich sind, denn so etwas kann nicht jeder spielen. Und wenn es dann wie hier gelingt, dem Betrachter ein so authentisches Gefühl zu vermitteln, zeigt das eigentlich nur, das hier Akteure agieren, die etwas von ihrem handwerk verstehen.

Fazit: Tokyo Decadence ist ein erschreckend intensives Sex-Drama, das unter die Haut geht und seine Spuren hinterlässt. Der Einblick in eine bizzare Welt fällt sehr intensiv aus und ganz sicher nicht jedermanns Geschmack. Auf der anderen Seite strahlt dieses Werk eine ungeheure Faszination des Unbekannten aus und regt die Fantasie des Zuschauers an. Es liegt ein gewisser Reiz des Verbotenen über diesem Film, der seine Wirkung keinesfalls verfehlt. Mir persönlich hat Ryu Murakamis Werk jedenfalls sehr gut gefallen und ich kann den Film bedenkenlos weiterempfehlen. Allerdings sollte man vorher wissen, auf was man sich hier einlässt.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

PhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicBackgroundImpressum

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.