Preston/Child: Cemetery Dance
Zu diesen gehört auch die Romanserie um den exzentrischen FBI-Agenten Aloysius Pendergast aus der Feder des amerikanischen Autorenduos Douglas Preston und Lincoln Child. Der neuste Teil der Serie »Cemetery Dance«, zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen.
Zu Anfang
präsentiert sich »Cemetery Dance« noch in Hochform. Das Buch
startet mit einem echten Knaller, steigen die Autoren doch damit ein,
dass sie Bill Smithback, einen der Stammcharaktere der
Pendergast-Romane, ins Jenseits befördern. Allzu lange hält der
aufregende Beginn allerdings nicht vor, und schon nach wenigen
Kapiteln stellt sich Ernüchterung ein.
Doch eins nach dem anderen. »Cemetery Dance« beginnt, wie gesagt, mit der Ermordung Bill Smithbacks. Er und seine Frau Nora werden in ihrer Wohnung von einem Nachbarn brutal mit einem Messer attackiert. Bill verblutet an Ort und Stelle, Nora kommt gerade so mit dem Leben davon.
Was zunächst wie ein glasklarer Fall aussieht es gibt Zeugen, die den heimtückischen Angriff beobachtet haben, und zudem registrierten Sicherheitskameras den Täter beim Verlassen des Gebäudes , erweist sich schnell als unbegreifliches Mysterium: Der vermeintliche Mörder war zum Zeitpunkt der Tat nämlich schon seit zehn Tagen tot!
Lieutenant Vincent D'Agosta, der die Ermittlungen leitet, steht vor einem Rätsel. Ein Glück, dass sein alter Freund, Special Agent Pendergast, ihm zur Hand geht. Gemeinsam machen sich die beiden Männer daran, Licht ins Dunkel zu bringen. Erste Hinweise führen Sie auf die Spur eines unheimlichen Kultes, dessen Heimstatt im Herzen von Manhattan liegt und der sich finsteren Praktiken verschrieben hat: Obeah und Voodoo ...
Brutale Morde, mysteriöse Riten, unheimliche Gegenspieler auch in ihrem neusten Pendergast-Roman greifen Preston und Child auf den bewährten Mix zurück, der die Bücher der Reihe auszeichnet. »Cemetery Dance« ist eine Mischung aus Wissenschafts-, Spannungs- und Mysterythriller und verfügt im Grunde über die besten Voraussetzungen, dem Leser spannungsvolle Lektüre zu bieten. Dass dem letztendlich leider nur bedingt der Fall ist, liegt daran, dass sich das Konzept der Serie langsam totzulaufen beginnt und, was man leider festhalten muss, auch ein wenig an der Ideenlosigkeit der Autoren.
Fangen wir mit dem Konzept an. Die Romane der Pendergast-Reihe laufen im Grunde immer nach demselben Muster ab. Irgendwo auf der Welt geschieht ein grausamer Mord, dessen Umstände schlichtweg unerklärlich sind. Special Agent Pendergast eilt herbei und macht sich mit diversen Sidekicks an die Arbeit, um die mysteriöse Tat aufzuklären. Während sie an der Arbeit sind, geschehen weitere Morde, meist noch brutaler als der erste, und einige der Helden geraten in höchste Lebensgefahr. Kurz bevor der aktuelle Gegenspieler Pendergasts dann seine finsteren Absichten vollenden kann, kommt dem FBI-Agenten die Erleuchtung, was hier eigentlich genau gespielt wird, und in einem actionreichen Showdown durchkreuzt er die Pläne des Schurken. Schlussendlich werden dann die scheinbar übernatürlichen Vorfälle erläutert, die die Handlung überhaupt erst ausgelöst haben, und es wird gezeigt, dass es stets eine rationale Erklärung für sie gibt.
Dieses Konzept findet auch in »Cemetery Dance« Anwendung. Für sich genommen ist das zwar schon ein wenig ermüdend (etwas mehr Abwechslung würde wirklich nicht schaden), doch an sich nicht weiter tragisch. Was dagegen wirklich für Ernüchterung sorgt, sind die sonstigen altbekannten Elemente, die sich in Massen in dem Roman finden. Die Autoren, so hat man das Gefühl, haben ihr Pulver verschossen; originelle Einfälle sucht man in dem Buch (weitestgehend) vergeblich.
Pendergast handelt mal wieder auf eigene Faust und im Grunde gegen den Rest der Welt. Seine Umwelt besteht, mit Ausnahme seiner Sidekicks, einmal mehr fast ausschließlich aus Figuren, die arrogant, strohdumm und Pendergast gegenüber feindlich eingestellt sind. Der Gegenspieler wiederum, der einzig andere, intelligente Charakter, ist überaus gewieft und hat bis zum Finale stets die Oberhand. Und was die Sidekicks, insbesondere D'Agosta angeht: Diese haben noch immer mit den gleichen Problemen zu kämpfen, mit denen sie sich seit ihrem ersten Auftritt herumschlagen mussten.
Ein weiteres Handicap der Romans liegt in seiner Story begründet. Wer sich auf einen spannenden Krimi voll düsterer Rituale und Voodoo-Magie freut, der wird mit einem langen Gesicht zurückbleiben. Kultische Riten spielen in dem Buch nämlich nur eine Nebenrolle. Es geht vielmehr um den Kampf der Bewohner New Yorks gegen eine (wenig überzeugend ausgearbeitete) Sekte, die von ihrem Grund und Boden vertrieben werden soll. Das ist ganz nett in Szene gesetzt, sorgt aber nicht für besonders viel Aufregung, insbesondere dann nicht, wenn man sich auf einen deutlich düstereren Roman gefreut hat.
Bezüglich der Protagonisten kann ich eigentlich nur erwähnen, was ich zuvor bereits gesagt habe: Die altbekannten Recken haben sich nicht im Mindesten fortentwickelt, die neu hinzukommenden Personen sind allesamt reichlich blass und zeichnen sich im Grunde nur durch ihre Blödheit aus, die sie ganz offen an den Tag legen.
Was »Cemetery Dance« daran hindert, vollkommen im Mittelmaß zu versinken, ist
So oder so ändert das aber nichts daran, dass der neue Roman von Preston und Child es bei weitem nicht mit seinen Vorgängern aufnehmen kann. »Cemetery Dance« ist ein mittelmäßiger Abklatsch früherer Erzählungen des Autorenduos, ein Werk, dem es an originellen Ideen ebenso fehlt sowie an einer wirklich mitreißenden Story.
Hat sich die Serie um Special Agent Pendergast totgelaufen? Bei der Lektüre von »Cemetery Dance« hat man zumindest da Gefühl, dass dem so ist. Preston und Child sollten der Reihe schleunigst eine Frischzellenkur verpassen, andernfalls sehe ich schwarz für die kommenden Romane um den eigenwilligen FBI-Agenten.
Noch ein Hinweis für alle, die die deutschsprachigen Ausgaben der Preston/Child-Romane bevorzugen: Im Januar 2010 erscheint »Cemetery Dance« unter dem Titel »Cult Spiel der Toten« in deutscher Erstausgabe bei Droemer-Knaur.