Das Gesicht der Wahrheit

Das Gesicht der WahrheitDas Gesicht der Wahrheit
(Freedomland)
mit Samuel L. Jackson, Julianne Moore, Edie Falco, Ron Eldard, William Forsythe, Aunjanue Ellis, Anthony Mackie, La Tanya Richardson, Clarke Peters, Peter Friedman, Domenick Lombardozzi, Aasif Mandvi, Philip Bosco, Fly Williams III, Portia
Regie: Joe Roth
Drehbuch: Richard Price
Kamera: Anastas N. Michos
Musik: James Newton Howard
FSK 16
USA / 2006

Mitten in der Nacht stolpert die völlig verstörte Brenda in die Notaufnahme des Dempsy Medical Center in New Jersey. Der herbeigerufen Polizei erzählt sie, dass ein Schwarzer sie aus ihrem Wagen gezerrt habe und davongefahren sei - mit ihrem kleinen Sohn, der auf der Rückbank schlief. Police Detective Lorenzo Council beginnt, in dem Fall zu ermitteln. Auch die Aktivistin einer Organisation, die vermisste Kinder aufspürt, beteiligt sich in einem Wettlauf gegen die Zeit an der verzweifelten Suche nach dem entführten Jungen...

Als der Täter in einer der heruntergekommenen Siedlungen am Stadtrand vermutet wird, in der überwiegend Farbige wohnen, spitzt sich die Lage zwischen den Einwohnern und der überwiegend weißen Polizei gefährlich zu. Es kommt zu wütenden Protesten. Doch ist der Täter tatsächlich hier zu suchen? Detective Council hat Zweifel, ob die Mutter wirklich die Wahrheit sagt. Oder verschweigt sie etwas, das zu schrecklich wäre, um es auszusprechen?
 
Warum dieses Thriller-Drama fast ausschließlich mittelmäßige Kritiken erhält, ist eigentlich nicht so ganz nachvollziehen, bekommt man doch eine zugegebenermaßen äusserst klischeebehaftete, aber jederzeit spannende und interessante Geschichte präsentiert, die zudem noch mit sehr guten Darstellern besetzt ist. Und gerade diese Darsteller sind es anscheinend, die manch Einem wohl nicht so zugesagt haben, weil sie angeblich eine eher mittelmäßige Kostprobe ihres Könnens zur Schau stellen. Dabei sind es doch insbesondere die beiden Hauptcharaktere Samuel L. Jackson und Julianne Moore, die diesem Film ihren Stempel aufdrücken und durch ihr ausdrucksstarkes Schauspiel dazu beitragen, das sich hier eine ganz eigene Dynamik entwickelt, die den Betrachter unweigerlich in ihren Bann zieht. Jackson als Prototyp des klischeebehafteten schwarzen Polizisten, der als Vermittler und Schlichter bei den drohenden Rassen-Unruhen dient und diese Rolle mit Bravour meistert und Julianne Moore als aphatisch und verwirrt scheinende Mutter des verschwundenen Kindes, die man getrost als Auslöser für die aufkommenden Unruhen ansehen kann.

Nun bemerkt man im Laufe der Geschichte ziemlich eindeutig, das Regisseur Joe Roth wohl das Ansinnen hatte, die Rassen-Thematik in den Vordergrund zu stellen, gerät doch der eigentliche "Entführungsfall" immer mehr in den Hintergrund und nimmt phasenweise sogar den Stellenwert eines eher nebensächlich erzählten Nebenerzählstrangs ein. So ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, das man schon nach kurzer Zeit ahnen kann, in welche Richtung die Geschichte weiterläuft. Ich persönlich sehe das aber keinesfalls als Schwäche des Drehbuchs an, da die sogenannte "Entführung" in meinen Augen lediglich dazu dient, die eigentliche Thematik des Films herauszuarbeiten und das gelingt auf sehr beeindruckende Art und Weise.

Die Vorgehensweise der Polizei gegen die schwarzen Einwohner einer Wohnsiedlung und die damit verbundenen Vorurteile werden nämlich auf eine äusserst schonungslose Art dargestellt, die einen nicht unberührt lässt. Und auch, wenn hier sämtliche Klischees bedient werden, geht von diesen Passagen des Films auch ein hohes Maß an Authenzität aus und verdeutlicht einmal mehr, das auch in der heutigen Zeit noch längst nicht alle Menschen gleich behandelt werden. Besonders gelungen ist vor allem die stetig ansteigende Bedrohlichkeit der Situation, wirkt zu Beginn trotz aufkommender Wut noch alles weitgehend unter Kontrolle, so steigert sich die Ablehnung zwischen Polizei und den schwarzen Bewohnern immer weiter, aus Wut wird teilweise purer Hass, so das die Szenerie zum Ende hin auch eskaliert, das Schlimmste aber unter großen Mühen gerade noch verhindert werden kann.

Im Endeffekt hat man es eigentlich größtenteils vielmehr mit einem Rassen-Drama als mit einem Entführungs-Thriller zu tun, doch ganz egal, von welcher Seite aus man dieses Werk betrachtet, strahlt es auf jeden Fall eine ungeheure Faszination auf den Zuschauer aus und entwickelt dabei eine sehr starke Intensität, die allein schon in der Thematik der Geschichte begründet ist. Von Langewile oder schlechten Schauspielern ist man hier meilenweit entfernt, ein sehr hoch angesiedelter Spannungsbogen und eine mehr als gelungene Atmosphäre sorgen dafür, das man fast zwangsläufig mitfiebert und sich gern der Faszination des Geschehens hingibt.

Fazit: Trotz vieler eher bescheidener Kritiken handelt es sich bei "Das Gesicht der Wahrheit" meiner Meinung nach um einen Film, der es vorzüglich versteht, einen Entführungs-Thriller mit einem Rassen-Drama zu kombiniern. Erstklassige Darsteller tragen Sorge dafür, das die erzählte Geschichte ihre volle Intensität entfalten kann, die dem Betrachter stellenweise richtiggehend unter die Haut kriecht und ihm so ein richtig gelungenes Filmerlebnis beschert. Ein Film, der bedenkenlos zu empfehlen ist.

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