Kuzneski, Chris: The Prophecy
Bevor der Brieftext entschlüsselt werden kann, fällt Ashley einem heimtückischen Anschlag zum Opfer. Ehe sie sich versehen, befinden sich Payne und Jones wieder einmal mitten im Geschehen. Eine unbekannte Macht setzt alles daran, den mysteriösen Brief in die Finger zu bekommen und alle, die ihn gesehen haben, zu eliminieren. Um zu überleben, bleibt Payne und Jones nur eine Möglichkeit: Sie müssen herausfinden, was die codierte Botschaft besagt. Eine mörderische Jagd nimmt ihren Lauf eine Jagd um das Erbe des vermeintlichen Propheten Nostradamus ...
Zunächst einmal: Die Lektüre von »The Prophecy«setzt die Kenntnis der vorangegangenen Romane von Kuzneski nicht zwangsläufig voraus. Wann immer auf vergangene Geschehnisse angespielt wird (was nur sehr selten der Fall ist), werden diese knapp und verständlich erläutert. Wer den Roman aber in seiner Gänze auskosten will neben Payne und Jones haben verschiedene andere Protagonisten aus früheren Romanen mehr oder weniger ausgiebige Gastauftritte sollte zunächst die ersten drei Bände der Reihe gelesen haben.
Damit zum Buch an sich. »The Prophecy« ist zwar ein gut geschriebener, hinreichend spannender Roman. Vergleicht man ihn allerdings mit den anderen Werken Kuzneskis, stellt man schnell fest, dass er diesen bei Weitem nicht das Wasser reichen kann.
Im Grunde lebt »The Prophecy« von dem, was schon die Vorgängerbände ausgemacht hat. Aufhänger der Story ist einmal mehr ein geheimnisvolles Rätsel, das alle Beteiligten auf die Spur eines Mysteriums aus dunkler Vergangenheit bringt. Kaum versuchen die Helden das Rätsel zu lösen, heftet sich schon eine dunkle Schattenmacht an ihre Fersen und setzt alle Hebel in Bewegung, sie an der Komplettierung ihrer Mission zu hindern. Ein zugegebenermaßen altbewährtes Rezept, aber eines, das auch beim x-ten Mal noch faszinierend ist wie eh und je.
Kuzneskis Romane haben darüber hinaus den Vorteil, dass nicht nur das Grundgerüst der Story an sich zu gefallen weiß. »The Prophecy« ist gut geschrieben und reich an sympathischen, wenn auch etwas simpel charakterisierten Protagonisten. Das, kombiniert mit Rätseln, die eines Dan Browns durchaus würdig sind, einer Menge historischer Hintergründe und einiger rasanter Actionszenen, und voilá, schon hat man einen spannenden Roman vor sich, der sich beinahe von alleine liest.
Was die Lesefreude diesmal etwas trübt, ist der Umfang des Werks. Zugegeben, mit knapp 550 eher groß geschriebenen Seiten wirkt das Buch alles andere als besonders lang. Dieser Eindruck relativiert sich aber recht schnell, wenn man in die Lektüre einsteigt.
Die Story von »The Prophecy« ist reichlich dünn geraten. Kuzneski hätte die Geschichte mühelos auf der Hälfte der Seiten erzählen können. Was er aber, wie man sieht, nicht getan hat. Ob es nun ellenlange belanglose Kabbeleien zwischen Payne und Jones sind, unnötig viele Hintergrundinformationen zu Nebensächlichkeiten oder Dialogszenen, in denen die Gesprächspartner ewig lang um den heißen Brei herumreden: »The Prophecy« ist vollgestopft mit überflüssigem Füllmaterial. Nicht, dass dadurch so etwas wie Langeweile aufkommt. Die Reibereien der beiden Hauptfiguren sind durchaus witzig, der historische Background interessant und die Handlung als solche angenehm zu lesen. Das ändert aber nichts daran, dass einem die Erzählung recht schnell als unnötig in die Länge gezogen vorkommt.
Weitere Abstriche sind bezüglich des Plots notwendig. Der Titel des Buchs lässt erahnen, dass sich die Geschichte um eine geheimnisvolle Prophezeiung von Nostradamus dreht. Tja, von wegen! Die vermeintliche Weissagung als solche ist erst auf den letzten Seiten von Bedeutung. Zuvor schlagen sich Payne, Jones und Co lang und breit mit Rätseln herum, die sie überhaupt erst auf die Spur der Prophezeiung bringen. Was schade ist, vermittelt der Titel doch eine wesentlich aufregendere Erzählung, als man sie letzten Endes geboten bekommt.
In keinem seiner vorherigen Romane ist Kuzneski so sehr auf den Spuren von Dan Brown bzw. Robert Langdon gewandelt wie in diesem. Leider kommt »The Prophecy« nicht im Entferntesten an Werke wie »Sakrileg« oder »Das verlorene Symbol« heran. Von daher kann man nur hoffen, dass sich Kuzneski in kommenden Romanen wieder auf seine alten Stärken besinnt und Payne und Jones mehr tun lässt als bloß über viele Kapitel hinweg Codes zu knacken, was sich schlussendlich nämlich als wenig aufregende Angelegenheit erweist.
»The Prophecy« ist der erste Roman um Payne und Jones, der nicht abgeschlossen ist, sondern den Leser mit einem offenen Ende zurücklässt. Im Allgemeinen habe ich nicht gegen Cliffhanger, diesmal allerdings stört er mich durchaus ein wenig. Nachdem der Roman allzu sehr in die Länge gezogen wurde, hätte man sich zumindest einen runden Abschluss gewünscht. Stattdessen bleibt man, insbesondere in Bezug auf die mysteriöse Prophezeiung, weitestgehend im Dunkeln und muss auf die Fortsetzung warten, was nach 550 Seiten mit allzu viel Füllmaterial doch ziemlich ärgerlich ist.
Trotz seiner Mängel ist »The Prophecy« alles in allem ein guter Roman geworden. Dass er eine ordentliche Straffung vertragen hätte und es qualitätsmäßig nicht mit den vorherigen Romanen Kuzneskis aufnehmen kann, lässt sich allerdings nicht verleugnen. Fans der Reihe dürfte die Lektüre daher, obwohl sie sich im Großen und Ganzen als sehr unterhaltsam gestaltet, mit einem leicht faden Nachgeschmack zurücklassen.
Hoffen wir, dass Kuzneski in der Fortsetzung zu alter Stärke zurückfindet!