Gross, Andrew: The Dark Tide

Andrew Gross - The Dark TideThe Dark Tide
von Andrew Gross
Harper Fiction
Erschienen: 2008 (USA)
422 Seiten, ca. 7,00 €
ISBN: 978-0-06-114343-4
(Buch in englischer Sprache; auf Deutsch unter dem Titel »Treu und Glauben«, ISBN 978-3-596-17431-7, bei Fischer erschienen)
Harper

»The Dark Tide« ist der Auftaktroman einer Thriller-Reihe aus der Feder des amerikanischen Bestsellerautors Andrew Gross. Hauptperson der Serie ist Ty Hauck, ein Polizist mit komplizierter Vergangenheit aus der Nähe von New York. Sein erster Einsatz führt in tief in die unübersichtliche und gefährliche Welt der internationalen Wirtschaftskriminalität.


Es ist ein rabenschwarzer Tag für New York. Mitten im morgendlichen Berufsverkehr zünden Terroristen mehrere Bomben in einer U-Bahn-Station. Was folgt, ist ein Chaos aus Angst, Tod und Panik, über das die Sicherheitskräfte kaum Herr werden. Im Grunde wird jeder verfügbare Mann an der Stelle des Anschlags gebraucht. Doch es gibt noch weitere Tragödien, die ebenfalls die Aufmerksamkeit der Polizei erfordern.

Das bekommt auch Ty Hauck zu spüren, als er kurz nach dem Bombenanschlag nicht zu diesem, sondern an einen Unfallort in Greenwich gerufen wird. Das Opfer: ein junger Mann, der beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst und getötet wurde. Der Fahrer des Wagens ist flüchtig. Hauck stellt erste Ermittlungen an, doch jede seiner wenigen Spuren verläuft im Sande.

Die New Yorkerin Karen Friedman hat mit völlig anderen Problemen zu kämpfen. Ihr Mann Charlie befindet sich unter den Opfern des Bombenabschlags. Die Tragödie ist jedoch nur der Anfang einer Kette von Ereignissen, durch die Karens Leben mehr und mehr aus den Fugen gerät. Wenige Wochen nach Charlies Ableben erscheinen zwei undurchsichtige Anwälte im Haus der Friedmans und beschuldigen den Verstorbenen, in seiner Zeit als Fonds-Manager erhebliche Geldbeträge veruntreut zu haben. Kurz darauf wird Sam, Karens Tochter, von einem Unbekannten angegriffen und bedroht. Und als wäre das nicht schon genug, steht Karen eine folgenschwere Entdeckung bevor, die ihre Weltsicht ins Wanken bringt und die Frage aufkommen lässt, wer genau der Mann eigentlich war, mit dem sie lange Jahre gewesen ist.

Im Lauf seiner Ermittlungen bezüglich der Fahrerflucht stößt Hauck auf den Namen Charlie Friedman. So kommt es, dass sich sein Lebensweg mit dem von Karen trifft. Fest entschlossen, ihr jeweiliges Rätsel zu lösen, graben die beiden in der Vergangenheit – und werden unversehens in einen Strudel aus mörderischer Habgier und eiskalter Täuschung hineingezogen …

Solide Thrillerkost, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Treffender als mit diesem kurzen Statement kann ich meinen Eindruck von »The Dark Tide« nicht zusammenfassen. Der Auftakt der Reihe um Ty Hauck ist ein kurzweiliges Stück Spannungsliteratur mit ordentlichem Tempo und einem durchdachten Plot, weiß dem Genre allerdings in keinster Weise irgendwelche Überraschungen oder unerwarteten Wendungen abzutrotzen.

Ein paar Worte mehr möchte ich aber dennoch über das Buch verlieren.

Zunächst einmal: Wer Gross‘ vorherigen Thriller »The Blue Zone« (auf Deutsch unter dem Titel »Blut und Lüge« erschienen) gelesen hat, der wird verblüffende Parallelen zwischen den Romanen erkennen. Der Autor bedient sich in beiden Werken nicht selten ähnlicher, mitunter haargenau der gleichen Motive, angefangen bei der Beschreibung seiner Protagonisten bis hin zur Idee, dass sich ein Mensch von einem Tag auf den anderen geradezu in Luft auflösen muss, weil er Mist gebaut hat und ihm nun finstere Gesellen auf den Fersen sind.

Dass Autoren immer mal wieder ähnliche Ideen in ihren Büchern verarbeiten, ist ebenso bekannt wie nachvollziehbar. Dass dies aber in zwei aufeinanderfolgenden Werken und mit einer solchen Deutlichkeit wie im Falle von besagten Romanen geschieht, ist doch reichlich erstaunlich. Und irgendwie auch ein wenig enttäuschend.

Davon einmal abgesehen, ist »The Dark Tide« ein grundsolider Wirtschaftsthriller, der Freunde durchdachter Spannungsromane einige Stunden angenehm unterhält. Ob man das Buch guten Gewissens als spannend umschreiben kann, darüber lässt sich allerdings streiten. Gewiss, die Story an sich ist interessant, der Leser will durchweg am Ball bleiben und hat nie das Gefühl, sich zu langweilen. Zudem hat das Buch auch vereinzelt Momente, in denen Gross kurzzeitig an der Spannungsschraube dreht.

Letzten Endes ändert das aber nichts daran, dass ich »The Dark Tide« eher als „angenehm anregend“ denn als „spannend“ umschreiben würde. Es fehlt dem Buch schlichtweg an etwas, das es in irgendeiner Art und Weise zu etwas Besonderem machen würde.

So sind etwa die Protagonisten zwar lebendig gezeichnet, erscheinen in ihrem Wesen jedoch arg stereotyp. Hauck, Karen, aber auch die meisten sonstigen Figuren wirken, als seien sie dem Standardrepertoire für Charaktere in Spannungsromanen entsprungen. Wirklich markante Züge gehen ihnen vollkommen ab.

Ähnliches gilt für die Story des Buchs. Gelegentlich hat sie zwar so ihre starken Momente. Die meiste Zeit über aber schreitet die Handlung ohne Überraschung völlig geradlinig bis zum ziemlich vorhersehbaren Ende voran. Gut zu lesen ist das Ganze, keine Frage. Interessant genug, dass man dran bleibt, in jedem Fall. Atemlos an den Seiten wird allerdings niemand kleben, der hin und wieder einen Thriller zur Hand nimmt. Dafür bleibt Gross bekannten Mustern des Genres einfach zu sehr verhaftet.

Noch einmal: »The Dark Tide« ist solide Thrillerkost, nicht mehr und nicht weniger. Ein wahrhaft gelungener Auftakt zu einer Reihe sieht anders aus – ein misslungener allerdings auch. Mich jedenfalls hat das Buch ausreichend gut unterhalten, um mir auch den Folgeband zuzulegen. In diesem hoffe ich aber dennoch auf eine Steigerung. Luft genug nach oben ist allemal.

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