Sigler, Scott: Implantiert

Scott Sigler - ImplantiertImplantiert
(Ancestor)
Von Scott Sigler
Aus dem Amerikanischen von Martin Ruf
640 Seiten; 9,99 €
ISBN: 978-3453434356
Erschienen: Herbst 2010 (D); 2007 (USA)
Heyne Taschenbuch

Gentechnik und die furchtbaren Folgen, die der Versuch des Menschen, Gott zu spielen, haben kann – ein Thema, das schon vielen Horror- bzw. Wissenschaftsthrillern als Grundlage diente. Nicht selten sind die entsprechenden Romane und Filme reichlich abstrus, mitunter gar lächerlich. So manches Mal findet sich darunter allerdings auch ein echtes Juwel. Wie etwa Michael Crichtons »Jurassic Park«, eine Geschichte, die im Buch ebenso zu begeistern weiß wie in der Filmversion. Ein solches Juwel ist auch »Implantiert«, der neuste in Deutschland erschienene Thriller des Amerikaners Scott Sigler.


In »Implantiert« widmet sich Sigler dem Thema Xenotransplantation, also der Verpflanzung tierischer Organe in den menschlichen Körpers. Hintergrund dieses im ersten Moment bizarr anmutenden Konzepts ist die Feststellung, dass immer mehr Menschen eine Organtransplantation benötigen, bei Weitem aber nicht genug Spenderorgane zur Verfügung stehen, um auch nur den dringendsten Bedarf zu decken. Xenotransplantation könnte dieses Problem lösen. Die Sache hat allerdings einen Haken: Tierische Organe werden vom menschlichen Immunsystem gnadenlos angestoßen.

Eines der Unternehmen, das Forschungen hinsichtlich Xenotransplantation betreibt, ist der Pharmakonzern Genada. Unter der Leitung des brillanten, aber egozentrischen Genetikers Claus Rhumkorff arbeitet ein kleines Team von Wissenschaftlern abgeschirmt vom Rest der Welt daran, mit Hilfe der DNA lange ausgestorbener Lebewesen ein Spendertier zu entwickeln, dessen Organe vom menschlichen Immunsystem nicht angegriffen werden. Nach langer Durststecke erzielen die Wissenschaftler endlich einen Durchbruch. Doch bevor die Genetiker in Freudentaumel fallen können, müssen sie feststellen, dass ihre Experimente furchtbar schief gegangen sind und sie ein blutrünstiges Raubtier erschaffen haben, wie es diese Welt noch nicht gesehen hat …

Jedem, der auch nur hin und wieder einen Thriller um genetisch veränderte Tiere und künstlich erschaffene Kreaturen gelesen hat, dürfte klar sein, was nun folgt: In der abgelegenen Forschungsstation beginnt ein blutiger Kampf ums Überleben. Wer von »Implantiert« einen vollkommen neuartigen, ungemein innovativen Thriller erwartet, der sei daher gewarnt: Siglers Roman ist nicht gerade der Inbegriff für Originalität. Der Amerikaner erzählt eine Geschichte, die in vielerlei Hinsicht bekannten Mustern folgt, angefangen vom Aufbau der Story bis hin zur Darstellung einzelner Personen.

Nach solchen Worten mag man sich durchaus fragen, warum man den Roman überhaupt zur Hand nehmen sollte, wenn er doch im Grunde lediglich „Aufgewärmtes“ präsentiert. Meine Antwort hierauf: Man sollte es aus dem gleichen Grund tun, aus dem man sich wieder und wieder Geschichten im Stile von beispielsweise »Romeo und Julia« oder »Der Herr der Ringe« zu Gemüte führt. Man kennt den Storyverlauf – zumindest im Groben – zwar von Beginn an und ahnt, wie die Geschichte ausgehen wird. Doch es kommt eben nicht nur auf die Rahmenhandlung als solche an, sondern auch auf die Art und Weise, wie sie präsentiert wird. Und in dieser Hinsicht stimmt bei »Implantiert« einfach alles.

»Implantiert« ist ein Wissenschaftsthriller mit Horroreinschlag par excellence. Zu Beginn eher ruhig und langsam, ganz auf die lebendig ausgestalteten Charaktere und zeitweilig auch die wissenschaftlichen Hintergründe fokussiert, gewinnt die Story nach und nach immer mehr an Fahrt. Der langsame Auftakt weicht immer mehr einem rasanten Thriller, in dem es, ganz wie man es von Siglers Romanen kennt, bald heftig zur Sache geht. Spätestens in der zweiten Hälfte ist »Implantiert« nichts mehr für empfindliche Naturen. Sigler lässt es ordentlich krachen und dezimiert im „10 kleine Negerlein“-Prinzip seine Darstellerriege, wobei er kein Blatt vor den Mund nimmt und reichlich Blut und andere Körperflüssigkeiten fließen lässt. Der Plot ist geschickt konstruiert und steigert das Spannungslevel kontinuierlich, nicht zuletzt auch dadurch, dass Sigler auf dem Weg zum großen Finale immer wieder kleinere „Zwischen-Höhepunkte“ einbaut und den Puls des Lesers somit abwechselnd be- und entschleunigt, ohne ihn aber jemals zur Ruhe kommen zu lassen.

Sehr angenehm ist einmal mehr der Erzählstil des Autors. Sigler erzählt seine Geschichte abwechselnd aus den verschiedenen Perspektiven seiner Figuren, wobei er die Sprache der einzelnen Passagen immer perfekt auf den jeweiligen Erzähler abstimmt. Dem Leser bereitet es so keine Mühe, sich in die Situation und die Gedankenwelt des jeweils agierenden Protagonisten hineinzuversetzen – selbst dann, wenn die Handlung aus Sicht der Raubtiere geschildert wird.

»Implantiert« ist ein fesselnder Thriller, der zwar über eine formelhafte Rahmenhandlung verfügt, allerdings hervorragend in Szene gesetzt ist und durch eine beständig ansteigende Spannungskurve zu überzeugen weiß. Viel zu selten lese ich Spannungsromane wie diesen, die mich tatsächlich an die Seiten fesseln und regelrecht mit den Figuren mitfiebern lassen. Für Leser von »Jurassic Park«, Matthew Reillys »Der Tempel« oder »Relic« von Douglas Preston und Lincoln Child ist dieses Buch ein absolutes Muss.

Hart, kompromisslos und ungemein packend – so muss Spannungslektüre sein!

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