Harvey, Michael: The Fifth Floor
In »The Fifth Floor« kommt Michael Kelly einem düsteren Geheimnis aus dem 20 Jahrhundert auf die Spur. Alles beginnt damit, dass der irisch-stämmige Schnüffler einer alten Freundin helfen möchte. Als er ihren Ehemann observiert, entdeckt er die Leiche eines Historikers, der offensichtlich ermordet wurde. Hat der Mann seiner Klientin etwas mit dieser Tat zu tun, oder ist er, wie Kelly, nur zufällig über die Leiche gestolpert?
Der Privatermittler geht der Sache nach. Dabei stößt er auf eine Spur, die ihn der Entschlüsselungen eines der größten Geheimnisse der Chicagoer Geschichte näher bringen könnte: Wer hat das Große Feuer von 1871 ausgelöst, dem fast die gesamte Stadt zum Opfer fiel? Die Spur erweist nicht nur als brandheiß, sondern auch als höchstgefährlich, führt sie doch direkt ins Rathaus der Millionenstadt. Schon bald gerät Kelly ins Visier der einflussreichen politischen Elite Chicagos
»The Fifth Floor« ist ein Roman, der einem Raymond Chandler sicherlich gefallen hätte. Auf den Charakter des Ich-Erzählers konzentriert, mit einer dunklen, sehr persönlichen und ausgesprochen mysteriösen Handlung versehen, und reich an lebendig beschriebenen, mit Unmengen an Lokalkolorit gefüllten Darstellungen, ist der Roman ein Fest für jeden Freund stimmungsvoller Noir-Romane.
Nun gut, rundum gelungen ist das Buch nicht. Der Plot wirkt in Teilen arg konstruiert; viel zu oft kommen Kelly zufällige Ereignisse und unglaubwürdige Verbindungen zwischen den verschiedenen Handlungssträngen bei der Aufklärung seiner Fälle zur Hilfe. Zudem übertreibt es Harvey ein wenig mit zynischen Untertönen, weshalb der Roman zeitweilig ausgesprochen schwermütig wirkt.
Da sich das Ganze aber sehr gut lesen lässt und Michael Kelly seines ganzen Zynismus zum Trotz eine sehr sympathische, lässige Art an den Tag legt, wie man sie heutzutage nur selten bei Romanhelden antrifft, erweist sich der Roman dennoch als interessante Lektüre. Die Spannungskurve hält sich trotz zu vieler Zufälle konstant auf einem ordentlichen Level, und immer wieder ist die Handlung für die ein oder andere Überraschung gut.
Von daher gilt: Wer Krimis im Noir-Stil mag, nichts gegen ein ziemlich düsteres Gesellschaftsbild einzuwenden hat und bereit ist, über ein paar Schwächen in der Handlung hinwegzusehen, bekommt mit »The Fifth Floor« einen soliden, gut geschriebenen Roman mit starken Charakteren geboten. Nicht unbedingt ein Must-Read, in jedem Falle aber angenehme Abwechslung im sonstigen Angebot an Krimi- und Thrillerliteratur.
