Memento

MementoMemento

Leonard Shelby jagt den Vergewaltiger und Mörder seiner Frau. Eine quälende Detektivarbeit. Denn Shelby verliert den Verstand. Buchstäblich. Alle 15 Minuten wird sein Kurzzeitgedächtnis komplett gelöscht und wieder auf Null gestellt.

Um nicht jedes Mal wieder von vorne beginnen zu müssen, hat der gepeinigte Mann alle bisherigen Beweise und Indizien in Form von Tätowierungen und Polaroidfotos festgehalten. Nie kann Shelby sicher sein, ob die Personen, die er trifft, ein ehrliches Spiel mit ihm spielen. Nie weiß er, ob er seine Tattoos oder Bilder auch tatsächlich richtig deutet.

Und doch kann Leonard nicht aufhören mit seiner Suche - auch wenn es bedeutet, dass er dabei Geheimnisse über sich selbst aufdecken könnte, die ihn in seinen Grundfesten erschüttern werden.


Wenn man "Memento" lediglich als überdurchschnittlich guten Film bezeichnen würde, dann würde man Christopher Nolans Meisterwerk damit nicht annähernd gerecht werden. Kommt es doch viel zu selten vor, dass man auf eine Geschichte trifft, in der auch wirklich alles perfekt aufeinander abgestimmt ist, so dass man letztendlich mit einem in allen Belangen hochklassigen und niveauvollen Filmerlebnis konfrontiert wird, an dem man sich regelrecht berauschen kann. Allein schon wegen seiner außergewöhnlichen Erzählstruktur ist "Memento" als etwas ganz Besonderes anzusehen, beginnt die Geschichte doch praktisch mit dem Ende und führt den Zuschauer dann rückwärts immer weiter auf die Spur des Mörders. Dabei werden einem immer häppchenweise kleinere Puzzle-Teilchen serviert, die sich erst ganz am Ende des Films zu einem großen Ganzen zusammenfügen und eine Wahrheit offenbaren, die man wirklich nicht vorhersehen konnte und die zudem auch noch sehr tragische Züge erkennen lässt, die allerdings absolut perfekt in das rätselhafte Szenario hineinpassen.

Der Zuschauer bekommt es hier mit einem äußerst intelligent inszenierten Film zu tun, der in erster Linie durch die vorhandene Innovation und seine erstklassigen Darsteller zu überzeugen weiß, die ihre Charaktere absolut glaubhaft und authentisch darstellen, wobei man Guy Pearce in der Rolle des Leonard Shelby ganz besonders hervorheben muss. Scheint er doch mit der Rolle des Mannes ohne Kurzzeitgedächtnis regelrecht zu verschmelzen, so dass man gar nicht auf die Idee kommt, dass es sich hier lediglich um eine Rolle handelt. Vielmehr entsteht immer mehr der Eindruck, dass man es wirklich mit einem Mann zu tun hat, den das Schicksal hart bestraft hat, wodurch es einem selbst viel leichter fällt, sich in die gegebene Situation hineinzudenken. Und das muss man auch wirklich tun, damit sich die volle Wirkung und Faszination dieser sehr außergewöhnlichen Geschichte vollends entfalten kann, denn wenn man sich der ungewohnten Erzählweise nicht öffnet und sich auf die Ereignisse einlässt, dann wird man nie die Genialität verspüren, die hier ganz eindeutig vom Geschehen ausgeht. Und deshalb handelt es sich hier auch keinesfalls um einen Film, den man sich mal so nebenbei anschauen sollte, denn "Memento" fordert von der ersten Minute an die volle Aufmerksamkeit und Konzentration des Betrachters, da schon die kleinste Unaufmerksamkeit jederzeit dafür sorgen könnte, dass man den roten Faden aus den Augen verliert, der sich durch die Story zieht.

Wenn man dazu in der Lage ist, sich Nolans Meisterwerk wirklich zu öffnen, dann wird man mit einem hochklassigen Filmerlebnis belohnt, das so intelligent ineinander verschachtelt ist, dass auch die grauen Zellen des Zuschauers belebt werden. Durch die ganz besondere Erzählstruktur erscheint das Werk wie eine Art Episodenfilm, denn bekommt man doch immer wieder ungefähr 5-minütige Episoden präsentiert, die einen immer näher an den Anfang der Geschichte bringen, der ja bekannterweise das Ende des Filmes darstellt. Dabei wird jede Episode immer wieder mit s/w-Bildern beendet, in denen zu sehen ist, wie Leonard am Telefon mit einer Person spricht, der er seine Geschichte erzählt, was noch für zusätzliche Spannung sorgt, da die Identität dieser Person bis zum Ende im Dunkeln gehalten wird. Und so fügt sich mit der Zeit ein Teil in das andere und der Zuschauer bekommt einen immer besseren Überblick, bis dann letztendlich die ganze tragische Wahrheit ans Tageslicht kommt und man die Gesamtzusammenhänge erkennen kann. Bis dahin jedoch ist es ein äußerst langer Weg, den man bei der vorhandenen Qualität dieses Filmes allerdings nur zu gern beschreitet, beinhaltet die Geschichte doch einen Spannungsbogen, der fast im Minutentakt immer straffer gezogen wird. Phasenweise wartet man förmlich darauf, dass es zwischendurch einmal zu einer Spannungsentladung kommt, doch Nolan hat es absolut perfekt verstanden, immer noch eine Schippe draufzulegen und dem Betrachter noch nicht einmal die kleinste Atempause zu gönnen. Es ist ganz einfach so, dass man praktisch von der ersten bis zur letzten Minute unter Starkstrom steht; die Story beinhaltet dabei überhaupt keine Längen, denn jede einzelne Einstellung ist interessant und vor allem äußerst wichtig für den weiteren Verlauf des Geschehens.

Trotz der teilweise kaum auszuhaltenen Spannung, die hier vom Geschehen ausgeht, hat Nolan auch eine ordentliche Portion Humor eingebaut, die sich in erster Linie durch genialen Wortwitz äußert. Verantwortlich dafür zeichnet in erster Linie die Figur von Leonard, der ganz einfach sehr selbstironisch mit seiner eigenen Lage umgeht. Dadurch entstehen einige wirklich herrlich schwarzhumorige Dialoge, die dem Zuschauer so manches Mal ein Schmunzeln entlocken können und den Gesamteindruck des Filmes noch einmal zusätzlich aufwerten. Man sieht also ziemlich eindeutig, dass es sich bei "Memento" um einen wirklich sehr außergewöhnlichen Filmgenuss handelt, den man ganz sicher nicht jeden Tag geboten bekommt. Viel zu selten trifft man auf Werke, in denen alles so perfekt aufeinander absgestimmt ist und die einem wirklich keinerlei Anlass für negative Kritik bieten. Christopher Nolan hat hier wirklich ein Werk geschaffen, das vielleicht nicht unbedingt für das breite Mainstream-Publikum geeignet ist, denn nicht jeder wird sich mit der außergewöhnlichen Erzählstruktur anfreunden können. Wer allerdings ein innovatives und hochklassiges Thriller/Drama zu schätzen weiß, der kommt an diesem brillanten Meisterwerk keineswegs vorbei und wird seine helle Freude an diesem intelligenten Kopf-Kino haben.


Fazit:


Außergewöhnlich, intelligent, niveauvoll und innovativ, all diese Bezeichnungen treffen auf "Memento" zu. Hier handelt es sich ganz einfach um einen Film, der selbst den höchsten Ansprüchen gerecht werden kann. Eine herrlich ineinander verschachtelte Geschichte, die zudem noch rückwärts erzählt wird und mit erstklassigen Schauspielern besetzt ist, bietet dem Zuschauer ein hochklassiges Filmerlebnis, das auch einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Selbst nach mehrmaligem Anschauen ist der Film immer wieder interessant und verliert rein gar nichts von seinem Reiz und der Faszination, die von der unglaublich interessanten Geschichte ausgeht, die sich dem Zuschauer hier eröffnet. Ein brillant agierender Guy Pearce bringt einem die Hauptfigur sehr nahe; man kann seine Verzweiflung und Sehnsucht nach Rache förmlich spüren, so dass eine ungeheure Identifikation mit dem Charakter entsteht. Wer noch nicht in den Genuss dieses außergewöhnlichen Filmes gekommen ist, sollte diesen Zustand schnellstens ändern, denn ansonsten verpasst man wirklich einen Film, den man nicht alle Tage zu sehen bekommt.

Memento
(Memento)
mit Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano, Mark Boone Junior, Stephen Tobolowsky, Jorja Fox, Harriet Sansom Harris, Callum Keith Rennie, Larry Holden, Russ Fega, Thomas Lennon, Kimberly Campbell
Regie: Christopher Nolan
Drehbuch: Jonathan Nolan / Christopher Nolan
Kamera: Wally Pfister
Musik: David Julyan
FSK 16
USA / 2000

Vertrieb: Ascot Elite
Sprache / Ton: Deutsch / Englisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch, Englisch, DT Audiokommentar
Bild: 2,35:1 (16:9)
Laufzeit: 108 Minuten
Extras: Anatomie einer Szene, Interview mit Christopher Nolan



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