Eine Legende wird vierzig Jahre alt - Die Dämonenkiller-Chronik 1
Eine Legende wird 40 Jahre alt
Die Dämonenkiller-Chronik (1. Teil)
Auch wenn ich ein Fossil als Dämonenkiller-Fan bin, war ich nicht bei der Entstehungsgeschichte der DK-Serie dabei und deshalb lasse ich Kurt Luif und Ernst Vlcek zu Wort kommen.
Auf der Leserkontaktseite von Dämonenkiller Nr. 19 schrieb Kurt Luif anonym Folgendes:
Wie entstand die Serie Der Dämonen-Killer?
Es war im Herbst 1972. Ernst Vlcek und Neal Davenport saßen in einem Restaurant, aßen Steaks und tranken Bier. Dabei kam auch die Sprache auf die neue Vampir-Serie.
Davenport versuchte Vlcek zu überreden, doch dabei mitzumachen. Vlcek hatte früher schon einige Horror-Storys geschrieben, und der Gedanke Horrorromane zu schreiben, reizte ihn natürlich. Doch seine anderen Verpflichtungen ließen ihm einfach keine Zeit dazu. Davenport schlug ihm nun vor, wenigstens Exposés zu schreiben, nach denen andere Autoren dann die Romane ausarbeiten könnten.
Ernst Vlcek ließ sich diesen Vorschlag einige Tage durch den Kopf gehen und schrieb dann an die Vampir-Redaktion, ob sie an Exposés interessiert sei. Sie war. Er bekam den Auftrag, ein Exposé auszuarbeiten, und, sollte es gefallen, dann auch den Roman zu schreiben.
Vlcek überlegte einige Zeit - und dann hatte er es. Dorian Hunter war geboren. Er stellte ihm acht Dämonenbrüder zur Seite, die in den Folgebänden getötet werden sollten. Er schrieb das Exposé für IM ZEICHEN DES BÖSEN, das von der Redaktion begeistert aufgenommen wurde. Es wurde vereinbart, dass der Dämonenkiller monatlich erscheinen und Vlcek weitere Exposés ausarbeiten sollte.
Es war Vlcek nicht möglich, monatlich einen Roman zu schreiben, deshalb schlug er Neal Davenport als zweiten Autor vor.
Vlcek traf sich mit Davenport, um über die Charakterisierung der Hauptperson und den Background der Serie zu sprechen. Da beide annähernd gleiche Vorstellungen von Dorian Hunter hatten, war es nicht schwer. Hunter sollte keinesfalls als strahlender, furchtloser Superheld dargestellt werden. Eher als durchschnittlicher Mann, der ohne sein Wollen in unheimliche Geschehnisse gerät und mit den Aufgaben wächst. Ein Mensch, der Fehler und Schwächen hat — und der auch ruhig Angst haben darf.
Ernst Vlcek arbeitete die nächsten drei Exposés aus. Dann wurden die ersten vier Romane geschrieben.
Seither hat Vlcek für alle Dämonenkiller die Exposés geschrieben. Er erfindet das Grundthema und skizziert die Handlung.
So weit Kurt Luif. Als im April 1983 die Dämonenkiller-Neuauflage startete, schrieb Ernst Vlcek auf der Leserkontaktseite von DK-Nr. 1 Folgendes:
An dieser Stelle möchten wir zuerst einmal über die Entstehung und den Werdegang der DÄMONENKILLER-Serie berichten. Wenn wir unsere Grusel-Serie nicht ohne Stolz als den „modernen Klassiker des Horrors" bezeichnen, dann hat das schon seine Berechtigung.
Es war vor über zehn Jahren, genauer: im Oktober 1972, daß unser damaliger Cheflektor, Kurt Bernhardt, mich bat, für die damals gerade gestartete VAMPIR-Reihe einen Roman zu schreiben. Ich reichte ein Exposé ein und fügte leichtsinnigerweise den Nachsatz hinzu: „Dieser Roman schreit förmlich nach einer Fortsetzung." Kurt Bernhardt überhörte den Schrei nicht und beauftragte mich, die Fortsetzungen zu verfassen. Da es meine Zeit nicht erlaubte, alle Romane selbst zu schreiben, zog ich Neal Davenport hinzu, der damals neben Hugh Walker der Hauptautor von VAMPIR war.
Dies war die eigentliche Geburtsstunde des DÄMONENKILLERS. Es dauerte dann aber noch bis Juli 1973, bis genügend Material vorrätig war und der vorliegende Band 1 IM ZEICHEN DES BÖSEN als VAMPIR 23 erscheinen konnte. Die weiteren Bände folgten in vierwöchentlichem Abstand ebenfalls innerhalb der VAMPIR-Reihe. Das ging in diesem Rhythmus so bis Band 17 DAS DÄMONENAUGE, der als VAMPIR Nr. 87 herauskam.
In den Anfängen hatten wir alle nicht damit gerechnet, daß der DÄMONENKILLER so erfolgreich werden könnte und die Leser uns mit einer Briefflut bestürmen würden. Wir sollten doch mehr und noch mehr über Dorian Hunter und seine DÄMONENKILLER-Crew berichten. In einem Brief vom 26. 10. 1972 hat mir Kurt Bernhardt zwar geschrieben: „Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn ich Sie nicht mit dem DÄMONENKILLER berühmt mache!" Aber als jahrelanger Mitarbeiter kannte ich solche Aussprüche unseres Cheflektors, mit denen er uns köderte.
Aber er hat tatsächlich den Teufel heraufbeschworen und dem DÄMONENKILLER zu solcher Popularität verholfen, daß man darangehen mußte, ihn zu einer eigenständigen Serie zu machen und weiter auszubauen. So erschien im Oktober 1974 Band 18 DAS FEST AUF DEM TEUFELSHÜGEL als erster Band der eigenständigen DÄMONENKILLER-Serie. Und das gleich vierzehntäglich und schon mit dem bekannten Schriftzug, der zu einem Markenzeichen für gepflegten Horror werden sollte und den wir auch bei der Neuauflage übernommen haben.
Bald zeigte es sich, daß wir auch mit dem 14-Tage-Rhythmus dem Lesebedürfnis der DÄMONENKILLER-Fans nicht nachkamen und eigentlich gar nicht anders konnten, als auf wöchentliches Erscheinen umzustellen. Das war im März 1975 und geschah mit Band 28 WERWOLF IN DER NACHT. Inzwischen war zu Paul Wolf und Neal Davenport auch noch Earl Warren gestoßen.
Wie die Urversion vom Dämonenkiller-Exposé Nr. 1 aussah, konnte man auf der LKS von DK-Zweitausgabe Nummer 160 lesen:
Am 15.01.1986 schrieb Ernst Vlcek an Kurt Luif:
„Lieber Kurtl, anbei die Fotokopie des handschriftlichen Urtextes, den ich abfaßte, nachdem Herr Bernhardt mich seinerzeit anrief, und mich aufforderte, für die VAMPIR-Reihe einen Roman zu schreiben, der gleichzeitig die Möglichkeit für weitere Fortsetzungen bieten sollte.
Daraus ist schließlich die DK-Serie geworden.
Manche Einzelheiten aus diesem Text sind überaus amüsant, so etwa, daß Dorian Hunter in dieser spontanen Minuten-Fassung den Namen Fred Dandor trug... oder daß die Schloßherrin letztlich einer klassischen Hexenverbrennung zum Opfer fallen sollte... und daß Dorians Brüder als Hexensöhne bezeichnet werden.
Selbst verblüfft hat mich andererseits aber die Tatsache, daß ich mich bei der Ausführung des Romans so stark an den Urtext gehalten habe und daß im großen und ganzen letztlich alles genau so abgelaufen ist bezeichnenderweise auch die Fortsetzung dieses Bandes, in der es ja vordergründig um die Rache von Dorians Brüdern ging und zwar von beiden Seiten, nämlich Dorian vs. Dämonensprosse & umgekehrt.
Vielleicht kannst Du den Urtext für die LKS verwenden.Natürlich kann ich das verwenden. Ja, ich finde es sogar als Verpflichtung, es zu tun. Ich fürchte, daß im Druck diese Fassung nur sehr schlecht zu lesen sein wird. Daher bringe ich den Text sicherheitshalber nochmals:
HEXENSABBAT
Neun Männer aus allen Teilen der Welt treffen sich in einem Nest. Sie haben vorher noch nie voneinander gehört. Aber alle sind sie einem Drang nach hier gefolgt. Fred Dandor ist mit seiner Frau hergekommen. Unheimlicher Ort... Die anderen acht Männer ebenfalls unheimlich. Sie kommen zu einem Schloß; das von einer Frau – unheimlich – bewohnt wird. Sie übernachten dort auf Einladung, weil sie in der Herberge keine Unterkunft bekamen. Am nächsten Tag eröffnet ihnen die Frau, daß sie alle ihre Söhne sind, die sie selbst geboren aber anderen Frauen unterschoben.
Fred Dandor allerdings ist anders als die anderen. Es stellt sich heraus, daß er kein Hexensohn ist.
Frau eröffnet, daß FÜRST DER FINSTERNIS kommt. Nun, da die Söhne sich Basis geschaffen haben, sollen sie ihren Platz im Reich der Finsternis einnehmen.
Fred wird entlarvt, als mißraten erkannt, daß er nicht Hexensohn... Flucht mit seiner Frau. Wie FÜRST kommt, das Schloß in Brand gesetzt... Hexensöhne entkommen... Hexe verbrennt in Schloß... Chaos. Klassische Hexenverbrennung...
Möglichkeit für Fortsetzung: Fred gründet Org. für Hexenverfolgung - Hexensöhne tauchen zur Rache aufVielen Dank, lieber Ernst! Ich hoffe, daß Du noch auf einige solcher 'verschollener Texte' stoßen wirst.
Nun sah ich mir die alten Exposés an. Die Nummer 1 habe ich nie erhalten, denn Ernst schickte mir eine Kopie des Romans. Aber der Arbeitstitel (so geht es aus Exposé Nr. 2 hervor) lautete HEXENBURG. Arbeitstitel für die Nr. 2: DER LEBENDE TOTE oder DER TODESKUSS. 2. Roman der Vampir-Serie DER GROSSINQUISITOR. Ja, das ist richtig. Ursprünglich hatte Ernst diesen Serientitel vorgeschlagen. Erst ab Exposé Nr. 4 findet sich der Zusatz (DER DÄMONEN-KILLER), der schließlich von Herrn Bernhardt und Frau Illfeld akzeptiert wurde. Das lehnte sich an eine Krimiserie an, die, so glaube ich, der MAFIA-KILLER hieß. Ich hatte damals ein Mädchen mit dem hübschen Namen Eva Zamis kennengelernt. Zamis, das war meiner Meinung nach ein toller Name für eine Hexe. Ernst akzeptierte meinen Vorschlag und gab ihr den Vornamen Coco, der mir überhaupt nicht gefiel.
Im Exposé Nr. 2 finde ich folgende Szene:
„Die folgende Liebesnacht mit Coco dezent und ganz im Zeichen magischer Atmosphäre schildern. Coco verführt ihn nicht nur, sondern sie verhext ihn ... einlullender Singsang, ritueller Tanz von Coco - alles mystisch und gespenstisch. Dorian kann sich nicht dagegen wehren.“
Eine Manuskriptkopie ging an Ernst, der mich daraufhin anrief: „Das habe ich mir schon etwas anders vorgestellt", beschwerte er sich empört. „Du schilderst Coco Zamis wie eine billige Hure!"
So weit Kurt Luif.
Schon vor etlichen Jahren bekam ich von Kurt Luif seine Ordner mit den Dämonenkiller-Exposés, und im nächsten Teil meiner DK-Chronik bringe ich mal das DK-Exposé Nummer zwei …
© by Uwe Schnabel 2013
Dämonenkiller-Leserkontaktseiten: DK 19, DKN 01, DKN 160