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Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Die Braut des Parasiten

Eine »unheimliche« Mischung: Dämonenkiller – Die TaschenbücherDie Braut des Parasiten

Der kommerzielle Erfolg der Marke "Dämonenkiller" muss in der Tat beträchtlich gewesen. Nicht nur wurde die Serie bereits nach 17 Heften aus dem Vampir-Horror-Roman ausgekoppelt, um sich fortan allein auf dem Markt zu behaupten.

Innerhalb kürzester Zeit wurde die Serie auch auf wöchentliche Erscheinungsweise umgestellt. Zeitgleich brachte man im März 1975 eine Taschenbuchreihe auf den Markt.


Eine »unheimliche« Mischung: Dämonenkiller – Werwolf im MondlichtDie Braut des Parasiten
von Charles W. Runyon
Dämonenkiller Taschenbuch Nr. 4
Juni 1975

Der Roman:
Amerika. Mitte der 70er. Bei einem Familienausflug in ein Grenzfort erwischt die elfjährige Anne ihren Vater bei einem Quickie mit der Fremdenführerin. Allerdings versteht sie nicht so richtig, was sie da gesehen hat. Kurz zuvor ist sie im Keller auf ein amöbenhaftes schwarzes Ding gestoßen, das ihr Angst gemacht hat. Plötzlich erscheint ihr auch die nackte Frau kurz wie dieses Ding.

Am nächsten Tag ist der Vater tot. Anne kommt zu den Großeltern aufs Land. Ein unheimlicher Hunger überfällt sie; Anne stellt fest, dass sie auf unnatürliche Weise wächst. Beim Baden im See überrascht sie ein Fremder, der nur ein Bein und eine Armprothese hat – wie sich später herausstellt, ist David in Vietnam auf eine Mine getreten. Außerdem hat er die Stimme verloren, nur noch eine obendrein angeschlagene Niere und eine Lebenserwartung von wenigen Jahren.

Innerhalb weniger Wochen verwandelt sich Anne in eine junge Frau. Sie versteht nicht, was da mit ihr passiert. Als ihre überforderten Großeltern sie wegschicken wollen, reißt sie einfach aus. Ein Trucker nimmt die dem Aussehen nach nun scheinbare Zwanzigjährige mit. Sie hat Sex mit ihm, am übernächsten Tag bricht er bei der Fahrt tot zusammen und verursacht einen schrecklichen Unfall. Anne kann unbemerkt entkommen. Getrieben von Hunger und der Gier nach Sex fallen ihr weitere Autofahrer zum Opfer, mit denen sie schläft. Sie landet in einem Diner, das von Ned und Wilma geführt wird. Beide sind Alkoholiker, Wilma war früher Prostituierte. Sie stellen Anne als Bedienung ein. Anne wird aber weiter von ihren Trieben beherrscht. Sie schläft mit beiden. Am Ende verliert Wilma den Verstand, erschießt zuerst den bereits dahinsiechenden Ned, dann sich selbst. Wieder kann sich Anne dadurchtun.

Mittlerweile wird sie von dem Veteranen David verfolgt. Er hat sich zusammengereimt, dass mit dem Mädchen etwas Unnatürliches geschehen ist. Und er sieht darin eine Chance für sich, wie er sein Leben retten kann. Er verfolgt sie quer durch das Land. Anne hat unter anderen sieben jungen Soldaten getötet, die sie zu einer "Party" in eine Absteige mitnahmen. Einer von ihnen hat sie mit einem Bajonett erstochen, nachdem seine Kameraden starben. Aber Anne überlebt ohne Folgen. David sieht sich bestätigt. Er will mehr über das Ding erfahren, das Anne beherrscht.

Schließlich stöbert er Anne in einem Stripklub auf. Sie ernährt sich von Junkies und Straßenpennern, die sie vögelt, wird dabei von dem alten Clubbesitzer ausgehalten, der besessen von ihr ist. In der Zwischenzeit hat David herausgefunden, dass die vorige Wirtin des Parasiten im Irrenhaus gelandet ist. Er will Anne mitnehmen, aber dazu kommt es nicht. Der Clubbesitzer lässt ihn zusammenschlagen und verschleppt Anne auf ein Schiff.

Auf dem Schiff lernt Anne den Yogi Bari kennen, der als Kellner arbeitet. Er bringt ihr bei, mit dem Ding in ihr Kontakt aufzunehmen. Alles endet mit Mord; gestrandet auf dem Ozean übernimmt der Parasit Anne völlig. Wochen später wacht sie auf und entdeckt, dass sie sich von den Toten ernährt hat. Sie sprengt das Schiff.

Doch sie stirbt nicht. Nach einer unbestimmten Zeit im Meer landet sie mit Gedächtnislücken in Mexiko am Strand. Wieder sterben Männer. Aber mittlerweile ist Anne mit dem Ding in ihr verschmolzen; sie will seinen männlichen Gegenpart suchen und sich mit ihm paaren.

Tatsächlich findet sie ihn. Aber der männliche Parasit steckt nun in David. Der Veteran hat ihn mühsam aufgespürt und dafür gesorgt, dass er den Wirt wechselt. Jetzt ist David wieder ein vitaler, so gut wie unsterblicher Mann. Anne und er paaren sich und beschließen, zusammenzubleiben.

Bewertung:
Die Nummer 4 der DK-Reihe ist ein lupenreiner Horrorroman, der ursprünglich eine Kurzgeschichte im "Magazine of Fantasy&Science Fiction" war. In Deutschland sind unter Charles W. Runyon lediglich zwei SF-Kurzgeschichten und dieser Roman erschienen, allerdings gab es noch ein paar seiner Krimis bei Heyne und Pabel unter Charles Runyon. Tatsächlich hat Charles Runyon (Jahrgang 1928) seit 1958 22 Romane und mindestens so viele Kurzgeschichten veröffentlicht; zusätzlich zu seinen Krimis, die Anfang der 60er bei der damals renommierten Reihe Gold Medal erschienen, schrieb er hauptsächlich SF und wie so viele andere Autoren seiner Zeit ein paar Softpornos. Auch Ellery Queen-Romane entstammen seiner Schreibmaschine.

"Die Braut des Parasiten" ist von der schlichten Dämonenhatz vergleichbarer Kiosk-Horrorromane so weit entfernt, wie das nur möglich ist. Zwar geht es trotz des Themas Sex in der Erzählweise verglichen mit dem heutigen Standard nicht übermäßig explizit zu, dafür ist es eine unerfreuliche Geschichte mit einer starken Atmosphäre, die von einer finsteren Weltsicht durchdrungen ist.

Das fängt schon bei der Ausgangssituation an. Die Idee, dass der Parasit Besitz von einer Elfjährigen ergreift, die er dann mit dem Körper einer Zwanzigjährigen ausstattet, um sich ernähren zu können, erscheint heute nicht mehr machbar. Zweifellos hat das etwas Sleaziges, das die Darstellung von Annes Odyssee über die abgelegenen Highways Amerikas noch unterstützt. Auch wenn Anne beziehungsweise ihr Parasit mit seiner Ausstrahlung jeden Mann rumkriegen, um mittels Sex seine Lebensenergie zu stehlen, werden so gut wie alle Figuren als schäbige, triebgesteuerte Egoisten dargestellt, die es gar nicht erwarten können, dem offenbar mittellosen und hilflosen jungen Mädchen, das sich anbietet, an die Wäsche zu gehen. Dabei enthält sich der Autor aber jeglichem Voyeurismus; trotz diverser Sex-Szenen gibt es keine Darstellung von Bettakrobatik. Dabei ist aber nicht nur Annes parasitäre Existenz völlig freudlos und allein von Trieben bestimmt. Ob es nun Annes Vater ist, der auf einem Familienausflug (!) mal eben eine Fremde vögelt, weil sich die Gelegenheit ergibt, oder der stinkreiche, alte Stripklubbesitzer, der das Mädchen aus Eifersucht auf ein Schiff verschleppt, im Grunde sind beide gleich, obwohl sie am jeweils anderen Spektrum der Gesellschaft stehen. So etwas kann nur von einem Autor stammen, der zu dieser Zeit offenbar völlig von der Gesellschaft und Amerika desillusioniert war. "Ich weiß genau, wann sich meine Vorlieben änderten. 1967 wurde mein jüngerer Bruder ermordet, und in den ganzen Mist spielte die Idiotie des Vietnamkrieges und der Verfall unseres Justizsystems hinein. Am Ende konnte der Mörder den Gerichtssaal mit einem dummen Grinsen als freier Mann verlassen. Das hatte viel zu viel Ähnlichkeit mit den Krimis, die ich bis dahin geschrieben hatte, und obwohl ich an vielen derartigen Projekten arbeitete, hatte ich einfach ein mieses Gefühl, noch einmal etwas zu schreiben, wo der Killer die ganze Zeit der Held ist.".

Positive Figuren gibt es hier eigentlich keine. Der kriegsversehrte David erregt zwar das Mitleid des Lesers, sieht Anne aber nur als das heimliche Objekt seiner Begierde oder als Mittel zum Zweck, sein Leben zu verlängern. Er hat nicht das geringste Problem mit der Vorstellung, dass andere sterben müssen, damit er leben kann. Für Annes Vater ist der Seitensprung nicht der Erste, die Großeltern wollen das ihnen unheimliche Kind so schnell wie möglich loswerden, die Mutter lässt einen Schwindler ins Bett, der ihr Versicherungsgeld durchbringt. Der Einzige, der Anne hilft, ist der als Schiffskellner arbeitende Bari, der als Yogi allem Fleischlichen entrückt ist. Und der trotzdem mit seinem Leben dafür bezahlt.

Man neigt als Rezensent schnell dazu, Dinge in Romane hineinzulesen, die vom Autor nicht beabsichtig waren. Das gilt hier erst recht. Als Runyon diese Geschichte des Sexparasiten schrieb, gab es Dinge wie AIDS natürlich noch nicht. Aus heutiger Sicht ist das trotzdem das Erste, was einem einfällt, wenn man Annes riesige Opferzahl betrachtet. Es erscheint auch verblüffend, wie viele spätere SF-Filme oder Fernsehserien dieses Konzept vorwegnimmt. Fakt ist, dass der Roman aus einer Kurzgeschichte hervorgegangen ist, die im März 1970 erschien. Der Roman kam 1974. David Cronenbergs damals heftig angefeindeter Film "Shivers" (Parasiten-Mörder), der im Kern die gleiche Geschichte erzählt, wurde 1974 produziert und erschien 1975. Ohne die Kurzgeschichte zu kennen, ist das natürlich alles pure Spekulation, aber man fragt sich schon, ob hier nicht jemand inspiriert wurde. Und man fragt sich auch, wieso dieser Roman so unbekannt ist und noch auf seine verdiente Wiederentdeckung wartet.

Mittlerweile ist das Thema sowohl in der SF wie auch beim Horror durchgenudelt, erfreut sich sogar bei Teenygruselserien wie "Lost Girl" oder "Nymphs" großer Beliebtheit. Ein weiter Weg von Runyons schmierigen Absteigen und Highway-Parkplätzen zur Horrorlit des YA-Marktes.  

Das ist ein starker, ernster und humorloser Horrorroman, wie er bei Pabel eigentlich nur vor der Jugendschutzzeit erscheinen konnte. Weder vom Ton noch vom Inhalt passt er zu den vorherigen oder den kommenden Bänden. In vielerlei Hinsicht dürften einige seiner Elemente garantiert über den Horizont des Zielpublikums hinausgegangen sein.

Das DK-Taschenbuch war wirklich eine Wundertüte, im positiven wie im negativen Sinn. Die Übersetzung ist kompetent und dürfte den Originalton gut treffen; allerdings beschleicht einen gelegentlich der Verdacht, dass hier vor allem am Ende etwas auf Länge gekürzt wurde. Einiges liest sich dann doch recht knapp.

Eine »unheimliche« Mischung: Dämonenkiller – Werwolf im MondlichtLife on Mars
Über weite Strecken atmet der Roman förmlich die Atmosphäre der 70er und des amerikanischen Südwesten. Die Szenen der Anhalterin, das Diner, der miese Stripklub in Houston, die Kapitel in Mexiko – sie alle könnten auch einem guten Noir-Krimi der Epoche entsprungen sein.

Das Titelbild
Auch wenn die Ähnlichkeit groß ist, ist das kein Ausschnitt des Bildes auf dem VHR 151. Offensichtlich hat Thole das Motiv mehrere Male benutzt. Die Rosen kauende Dämonenbraut sieht ganz putzig aus, dürfte aber Geschmacksache sein.

Das Original
Soulmate
von Charles W. Runyon
März 1974
159 Seiten
Avon

Quellen:
Interview von Ed Gorman mit Charles W. Runyon auf Mysteryfile.com

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Kommentare  

#1 Toni 2015-04-13 19:52
Ein sehr interessanter Artikel! Mal was anderes, eher Bukowski auf Horror-Trip, scheint mir.
Hatte Kurt Luif beim Ankauf seine Finger im Spiel?
#2 Andreas Decker 2015-04-16 12:43
zitiere Toni:
Ein sehr interessanter Artikel! Mal was anderes, eher Bukowski auf Horror-Trip, scheint mir.
Hatte Kurt Luif beim Ankauf seine Finger im Spiel?



Danke.
Wer weiß? Luif hat ja als Agent gearbeitet. Allerdings ist eher unwahrscheinlich, dass man die Romane vor dem Ankauf genau unter die Lupe genommen hat. Wenn Umfang, Preis und Genre stimmte, dürfte das Teil so gut wie gekauft gewesen sein. Der Inhalt kam da erst an zweiter Stelle. Man muss ja bedenken, dass das im wahrsten Sinne des Wortes Wegwerfliteratur war. Vier Wochen am Kiosk, dann wurden die Reste verramscht.

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