Ghul? Cool! - Ein Blick in die Vergangenheit zum Zweiten
Ghul? Cool!
Ein Blick in die Vergangenheit zum Zweiten
Keine Ahnung damals, was ein Ghul eigentlich war. Klang aber jedenfalls ziemlich cool. Die Begegnung mit dem »Ghul«, vielmehr mit den »Ghulen« hatte ich kurze Zeit nach meinem Golem-Taschenbuch von Heyne.
hieß der Roman und stammte aus meiner absoluten Lieblingsserie Vampir Horror Roman. Die Nr. 150 war es. Das Titelbild zeigte eine sehr schaurige Szene mit 2 sich tatsächlich in einer Art unheimlichem Tanz wiegenden Friedhofsszene. Sehr realistisch gemalt, obgleich die 2 Figuren – hätte sie jemand anders als der Meister so gemalt (nein, ich meine nicht Lutohin) – eher lächerlich wirkten.
Meine Welt damals war übrigens sehr, sehr überschaubar: Außer Horror gab es damals nur noch Weltkrieg (egal welcher) und Modellbau. Und natürlich, wenn es das Taschengeld erlaubte, aus Eichetti-Eistörtchen. Kennt die noch jemand?
Alles, was Horror betraf, war automatisch vorrangig. Meine magischen Wörter waren somit meistens auch im Horror beheimatet.
Alles, was Weltkrieg war, war ebenfalls wichtig. Aber natürlich lange nicht so wichtig wie Horror.
Modellbau hingegen war schon auf dem absteigenden Ast. War bereits nicht mehr soooo wichtig (Man wurde ja schließlich älter, nicht?), aber immer noch wichtiger als Schule, Manieren, Ehrlichkeit, Freundschaft und dergleichen.
BTW: Mädchen wurden langsam sukzessive auch wichtiger und wichtiger…
Meine erste Erfahrung mit Modellbau und gleichzeitig auch mit Weltkrieg machte ich übrigens als etwa 7 oder 8-jähriger.
Mein großer Bruder schenkte mir seinerzeit zum Nikolaustag (der gleichzeitig auch mein Namenstag war) eine Packung Spielzeugsoldaten.
Eine kleine Schachtel war es, mit einem sehr bunten Bild auf dem Deckel. Blaugrau gekleidete Männer mit seltsam spitzen Helmen darstellend. Schießend.
Völlig unverständliches Zeug (WW1 und Germans) stand da noch geschrieben, für mich als etwa 10–jährigen ohnehin schwer zu lesen!
„Erster Weltkrieg“ sagte mein großer Bruder schulmeisternd, als er meinen fragenden Blick wahrnahm.
Weltkrieg? Was war das denn? Da konnte ich mir ja gar nichts darunter vorstellen...
Ein Erster auch noch? Hmmm, dann gab´s ja wohl noch einen zweiten, einen dritten, einen vierten und so weiter....
Äonen später, als 12-jähriger wusste ich dann allerdings dass es lediglich zwei gegeben hatte. Und schon die waren zuviel gewesen.
(Weltkriegs-Ghul wäre auch eine schöne Kombination aus 2 magischen Wörtern).
Die Figurenpackung stammte von der englischen Firma Airfix und diese erzielen heute bei Sammlern (z.B. in der Bucht) sehr gute Preise.
Aber zurück zu den Ghulen (ich bevorzuge tatsächlich diese Schreibweise und lehne das englische Ghoul ab).
Selten hat mich eine Gattung Ungeheuer so sehr erschreckt wie die Ghuls, und ebenso stark hat mich Leons Roman gefesselt. Obwohl es mich im zarten Alter von 12 Jahren schon ganz schön in Entsetzen versetzte. Sosehr, dass ich nachts nicht recht einschlafen konnte und jedesmal erschreckt hochfuhr, wenn der rötliche Schein von Auto-Rücklichtern in mein Zimmer fiel.
Den Roman habe ich mittlerweile schon ca. 10-12 mal gelesen, und er fasziniert mich immer noch. Genauso wo das Thema Ghule, die ja eigentlich abstoßende und niedere Kreaturen der Dämonenwelt waren. Ganz im Gegensatz zu den angeblich erotisierenden Vampiren und den animalisch kräftigen Werwölfen.
Leider waren diese ekligen, verwesendes Menschenfleichs verzehrenden Gestalten damals nicht sehr häufig im Roman vertreten.
In der VHR-Serie gaben sie sich zu meiner Freude dann noch ein Stelldichein in Earl Warrens ganz tollem Roman Massaker in der U-Bahn (was für ein Titel). Überflüssig zu erwähnen, dass ich diesen Roman ebenfalls schon mehrere Male gelesen habe…
Ein Ghul tauchte auch noch ganz kurz in Pat A. Briscos Erzählung Der Wolfsmensch auf, erschienen als Heyne Taschenbuch.
Das war´s dann aber auch schon. Die Bastei-Serien ignorierte ich damals wie heute, obwohl es dort ebenfalls Ghul-Romane gab, allerdings mit der englischen Schreibweise.
Auch in der von mir immer noch geschätzten Dämonenkiller-Serie wühlten und schmatzten sie sich durch Friedhöfe. Sehr gekonnt in Szene gesetzt ist da eine Sequenz aus Derek Chess´ letztem Roman für die Serie, Das Spukschloß.
Mittlerweile bin ich vom nägelkauenden Jungleser zum (in Würde?) gealterten Sammler geworden, und greife mir meine Lieblinge alle paar Jahre aus den Kartons um sie wieder mal zu lesen.
Modellbau betreibe ich übrigens auch immer noch, und der erste Weltkrieg, nunja, der ist ein ganz wichtiger Teil meiner Freizeit geworden: als Reenactor bin ich seit mehreren Jahren in der Rolle eines Königlich Bayerischen Infanteristen der Jahre 1914-1918 aktiv (BTW: Das Airfix-Deckelbild weicht von von der damals getragenen Uniform schon sehr stark ab) und war auch schon für Filmprojekte als Komparse, bzw. Darsteller tätig. Mein nächster Termin ist dann Ostern 2016; da geht´s nach Frankreich für eine Doku über die Schlacht von Verdun.
Vielleicht schlabbert mir da ja ein französischer Ghul über den Weg, genüsslich an einem menschlichen Unterarm kauend, dazu ein verschimmeltes Baguette.
Ich werde euch darüber berichten
Wer übrigens alte Airfix-Figurenpackungen besitzt und diese unbedingt loswerden möchte, der wende sich gerne an den Verfasser dieses Beitrags.
Kommentare
Die Minisoldaten habe ich auch geliebt. Mein erstes Paket war die amerikanische Artillerie aus dem ersten Weltkrieg, mit Kanonen und Pferdegespann. Eigentlich konnte ich mich für alle Epochen begeistern. Waterloo, Bürgerkrieg, Fremdenlegion und die antiken Armeen. Zusätzlich gab es Bausätze oder man bastelte (auf dem Dachboden) mit Freunden eigene Dioramen. Draußen ging es auch schon mal, im wahrsten Sinne des Wortes, heiß her. Zuerst wurden aus Sand Festungen gebaut und Männchen und Gerät aufgebaut, dann wurde mit Steinen geworfen. Wer getroffen war, wurde von der Platte genommen. Hier boten sich dann auch die Panzer aus einem Guss ( die aus der Schachtel mit krummen Rohren) von Airfix an. Heiß wurde es, wenn man mit Verdünnung Brände legte oder von Silvester ein paar Böller übrig waren. Mit 1/32 konnte ich nicht soviel anfangen. Bei einem Bürgerfest (gegen Krieg und so) musste ich mal mit ansehen, wie Modelle in einem riesigen Karton gesammelt wurden und man anschließend darauf herumtrampelte. Ich hätte fast geheult. In meinem Regal habe ich immer noch einen Katalog von damals (17.Ausgabe 1980) in dem ich ab und an mal blättere. Alles in Allem eine schöne Zeit. Danke für diesen Artikel.
Lachweg. Spitfire-Modelle und kleine Soldaten. Von den Airfix-Soldaten habe ich auch noch eine Menge. Hauptsächlich die Waterloo-Sets. Als Knirps hatte ich mal in einem Reader's Digest eine zusammengestrichene Version von der Schlacht gelesen, und das hat tiefen Eindruck hinterlassen. (Auch wenn ich nicht wirklich kapiert habe, worum es da ging. Die schulische Geschichtsbildung war eine Katastrophe). Die Waterloo-Soldaten sind getreu angemalt. Hat sich 40 Jahre lang gehalten, die Farbe. Heute würde ich die weißen Bandeliers auf roter Uniform oder die Pelzkragen der Husaren nicht mal mit einer Lupe treffen.
Der Figurenmarkt ist überraschenderweise heute lebendiger als damals. Die Klassiker von Airfix gibt es teilweise immer noch, aber da tummeln sich so viele Firmen mit teils obskuren Sets. Ob Japanische Bauernarmee aus dem Mittelalter oder kaiserliche berittene Arkebusiere aus dem 30jährigen Krieg, kann man alles kaufen. Wen das interessiert, da gibt es das wunderbare Plastic Soldier Review.
Das mit dem WWI-Reenactment ist ja interessant. Wusste ich gar nicht, dass es so etwas gibt. Schreib doch da mal was drüber. Das ist mittlerweile so eine Epoche, über die ich immer mehr lese. Hat mich früher nie interessiert, zumal das Thema in meinem Umfeld nie präsent war. Aber irgendwann hat es Klick gemacht. Habe gerade etwas über Passendale bestellt, um mal wieder etwas darüber zu lesen.
Mit den Ghuls konnte ich nie viel anfangen. Halt Resteverwertung, was soll's. Den Leon habe ich irgendwann mal gelesen, und unvergessen ist natürlich die allererste Zeile vom Dämonenkiller. Trotzdem ist da nie der Funke so richtig übergesprungen.
Bei den Ghuls/Ghouls hatte ich im Heftroman immer das Gefühl, dass man oft nicht so recht wusste, was man mit ihnen machen sollte (kam mir damals besonders bei John Sinclair so vor). Andererseits, ein paar wirklich gute Ideen hätten wohl die Rechtsabteilung in Sachen Jugendschutz späterhin glatt vom Stuhl kippen lassen.
Ich habe zu meinen Gruselromanen immer 2 Kaugummis gekauft, so in der Art von Bazooka-Joe :)
Also Airfix hat nämlich mit Plasty fusioniert, und darum stand dann auf meinen Petras, Freds usw (denn Barbies kamen meiner Mutter nicht ins Haus, die billige Version eigentlich auch nicht, aber die konnte man halt selbst erschwingen) 'Airfix' als Zusatz. Heute wird via Bucht gestreut, dass Plasty und Airfix aus dem Osten waren, um die Preise hochzutreiben. Stimmt aber nicht. Plasty war aus Neulußheim, und vorher hieß es Fiedler und Podey, grundsolide westdeutsche Nachkriegsfirma. 'Plasty' nannten sie es dann Ende der Fünfziger, weil Plastik als 'schick' galt. Obwohl zu der Zeit von ihnen noch Zelluloid verwendet wurde Aber das war lange vor meiner Famile mit der giftig dreinschauenden Petra und ihrem verprügelten Gemahl Fred, der oft von zu Hause floh und sich unter den Schränken unserer Wohnung versteckte (Wer meine Petra gekannt hat, weiß, dass mit der nur so eine 'Ehedarstellung' möglich war. Da konnte einem nur das Blut erstarren bei DEM Blick!)