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Auf phantastischen Pfaden - Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi

Karl Mays magischer OrientAuf phantastischen Pfaden ...
... mit Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi

In der neuen Reihe »Karl Mays magischer Orient« gibt es nicht nur die Romane »Im Banne des Mächtigen« und »Der Fluch des Skipetaren« aus der Feder von Alexander Röder. Erhältlich ist seit letztem Herbst außerdem auch eine Anthologie mit den Figuren aus der Welt Karl Mays. In den 23 Kurzgeschichten werden im Zeichen des Phantastischen bekannte Schauplätze aus vollkommen neuer Perspektive präsentiert.


AntaresÜber den Herausgeber
Kein geringerer als Thomas Le Blanc zeichnet dabei als Herausgeber. Le Blanc dürfte den meisten Zauberspiegellesern als Gründer der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar ein Begriff sein. Ältere SF-Leser haben den 1951 geborenen Lehrer und Autor aber ganz sicher auch noch als Herausgeber der Sternenanthologien bei Goldmann in Erinnerung. Zwischen 1980 und 1985 erschienen dort 10 Bände, jeweils benannt nach bekannten Sternen, Planeten, Monden oder Kometen.

  • Antares 1980
  • Betageuze 1981
  • Canopos 1981
  • Deneb 1982
  • Eros 1982
  • Formalhaut 1983
  • Ganymed 1983
  • Halley 1984
  • Io 1985
  • Jupiter 1985

Beiträge dazu lieferten viele hochkarätige Autoren. Dazu zählten beispielsweise Wolfgang Hohlbein, Karl-Ulrich Burgdorf, Robert Feldhoff, Herbert W. Franke, Reinmar Cunis, Iny Lorentz (Iny Klocke u. Elmar Wohlrath), Kai Riedemann, Winfried Czech, Rainer Erler, Horst Pukallus, Falk-Ingo Klee, Gerhard Maximovic, Heinz J. Galle, Jörg Weigand, Uwe Anton, Hendrik P. Linckens, Roland Rosenbauer, Hans-Joachim Alpers, William Voltz, Thomas Ziegler, Jesco von Puttkamer, Ronald M. Hahn, Jürgen vom Scheidt und Martin Eisele (heute Baresch).

Einige der damals beteiligten Autoren sind auch in der neuen Anthologie vertreten. Dazu gehören Jörg Weigand, Kai Riedemann, Karl-Ulrich Burgdorf und natürlich Le Blanc selbst. Insgesamt sind es 20 Autoren, die 23 Beiträge abgeliefert haben. 10 davon spielen im Osmanischen Reich, 13 im Wilden Westen.

"Wir haben deshalb einige moderne deutsche Autoren gebeten, Karl Mays literarisches Universum nicht bloß um neue Abenteuer, sondern um neue phantastische Abenteuer zu bereichern."

(Thomas Le Blanc, Vorwort, S.7)

Thomas Le BlancThomas Le Blanc hat eine bunte Palette von Autoren für seinen Band gewonnen. Etliche davon haben Anknüpfungpunkte zu Phantastik, SF und in einigen Fällen sogar zu Perry Rhodan. Dazu gehört auch Tanja Kinkel, die den Perry Rhodan Lesern aus Band 2757 "Das Sorgenkind" bekannt sein dürfte. Die meisten Leser freilich kennen sie eher durch ihre historischen Romane.

Auch Rainer Schorm hat eine Verbindung zu Perry Rhodan. Seit 2014 schreibt er für Perry-Rhodan-Neo. Unter dem Pseudonym Regina Shadow hat er außerdem seit 2008 etwa ein Dutzend Mystery-Romane für die Kelter-Reihen Irrlicht und Gaslicht veröffentlicht. Aber auch als Verfasser von Kurzgeschichten hat er sich einen Namen gemacht. Monika Niehaus ist Verfasserin von mehr als einem Dutzend Beiträgen im Perry-Rhodan-Journal. Ansonsten hat sie auch etliche medizinische Fachbücher bzw. Ratgeber verfasst.

Auf phantastischen PfadenDie Geschichten
A) Orient
Da ich unlängst auch die Romane von Alexander Röder gelesen habe, interessierten mich naturgemäß vor allem die Geschichten, die mit Hadschi Halef Omar und Kara Ben Nemsi im Osmanischen Reich spielen.

Erfreulicherweise gehört dazu auch die längste Story des Bandes "Die Zedern des Libanon". Alexander Röder himself hat die 35 Seiten umfassende Geschichte verfasst, die zeitlich zwischen den Bänden 1 und 2 von "Karl Mays Magischer Orient" angesiedelt ist. Die Abenteuer in der Wüste sind abgeschlossen und die beiden Freunde auf dem Weg nach Istanbul, wo sie mit Sir David Lindsey verabredet sind. Als sie im Libanon in ein Gasthaus einkehren, wird dieses von Banditen überfallen. Und der Anführer der Schurken ist Raisin, einer der Unterführer von Al-Kadir. Der Angriff kann mit Mühe abgewendet werden, aber Raisin kann entkommen. Kara Ben Nemsi und sein Gefährte starten daraufhin eine Verfolgungsjagd... Für mich ist diese Geschichte eines der Highlights des Bandes!

Eng an den zweiten Band der Reihe angelehnt ist die Geschichte "Allein mit Qendressa" von Thomas Le Blanc. Qendressa ist zweifellos die faszinierendste Figur des zweiten Bandes "Der Fluch des Skipetaren". Weigand gewinnt ihr hier ganz neue Facetten ab.

Ein wenig ratlos lässt mich dagegen Le Blancs zweite sehr kurze Geschichte "Merhamehs Tochter" zurück. Zum einen geht es um eine Invasion von Orks im Orient. Zum anderen ist die Story stilistisch fast wie ein Traktat aus einer religiösen Schrift aufgebaut. Mit einem entsprechenden moralisierenden Fazit.

Sehr ausgefallen ist auch Kai Riedemanns "Durch Wüste und Hades". Hier verschlägt es die Helden ins griechische Totenreich. Entsprechend kommt es zu kämpferischen Begegnungen mit antiken bzw. mythologischen Lebewesen.

Jörg WeigandEher zum Schmunzeln ist Jörg Weigands "Halef in Nöten". Vertrauensvoll bittet der Reisegefährte seinen "Sihdi" um Rat. Hat er sich doch im Traum dazu hinreißen lassen, seiner geliebten Frau Hanneh untreu zu werden.

Monika Niehaus gibt den Gefährten in "Das Auge des Zyklopen" ein verzwicktes Problem aus dem Bereich der Pferdezucht auf. Die eigentliche Frage aber ist, handelt es sich dabei um ein magisches Problem oder nicht?

Friedhelm Schneidewind öffnet in "Senitzas wahre Befreiung" das geheime Tagebuch des Kara Ben Nemsi. In seinem Beitrag liefert er eine Neuinterpretation der aus Karl May, Durch die Wüste, Kap. 4, bekannten Ereignisse um die Befreiung der schönen Senitza. Selbstredend handelt es sich um eine magische Erklärung.

Jacqueline Montemurri schildert in "Das Vermächtnis des Kara" die Begegnung des Reporters Albin Wadenbach mit einem Reisenden. Der merkwürdige Mann begegnet ihm auf einer Nilreise und ist offensichtlich schwer erschüttert.

Sehr kurz ist die Geschichte "Fata Morgana" von Hans-Dieter Furrer, die von einer scheinbaren Fata Morgana berichtet.

Maike Braun schließlich führt den Leser in "Die Weisheit des Hadschi Halef Omar" in die Salzwüste des Schott. Hadschi Halef Omar verunglückt dort tragisch und wird auf wundersame Weise gerettet.

B) Wilder Westen
Der unlängst zu den Feiertagen gesendete neue Dreiteiler über Winnetou dürfte die Aufmerksamkeit verstärkt auf diesen Teil des Werkes von Karl May gelenkt haben. Auch in diesem Teil der Anthologie finden sich wieder sehr unterschiedliche Storys.

Paul Felber greift in seiner sehr kurzen Geschichte "Windigo" ein Thema auf, das in Bezug zum Werk von Algernoon Blackwood steht.

Auch Rainer Schorm hält sich sehr kurz. In "Old Undeath" geht es um einen Scout, der erschossen worden ist.

In Anja Stürzers "Old Onehand" geht es um Werwesen. Ein Besucher trifft im Jahre 1898 Karl May und erfährt, warum dieser seit einiger Zeit auf die Ohrenspitzen erlegter Bären verzichtet.

Karl-Ulrich Burgdorf behandelt in "Der Frevel des Waka-teh" indianische Zauberei. Winnetou und Old Shatterhand stoßen auf mysteriöse Indianerleichen. Was hat der Medizinmann Waka-teh damit zu tun?

Tanja KinkelTanja Kinkel schildert in "Lehrmeister" die Begegnung von zwei Indianerkindern mit einem deutschen Lehrer, der nach der fehlgeschlagenen Revolution von 1848 nach Amerika emigriert ist. Er schließt einen Handel mit Naturgeistern und entscheidet sich, fortan bei den Apachen zu bleiben.

Um eine Wette dreht es sich bei Kai Focke. In "Wetten unter Gentlemen" geht es um Lord Castlepool, der es mit einem verbrecherischen Trapper zu tun bekommt.

Tom Piepenburg hat eine ganz eigene Sicht auf Old Shatterhand. In "Old Shatterhands Security Service" teilt er diese mit dem Leser. Der tapfere Held betätigt sich als Unternehmer und handelt mit Sicherheit.

Gruselig wird es bei Karla Weigand. In "Das Geisterpferd" lehrt sie Bill Bulcher das Fürchten.

Bei Ansgar Schwarzkopf wird es ernst. In "Reservat" greift er das Thema der Ausstellung von ›Menschen fremder Völker‹ auf. In seiner Geschichte begegnet ein junger Karl dort einem alten Indianer.

Kirsten Brox liefert in "Zedernzauber" eine Neuinterpretation des Wettkampfes zwischen Intschu schuna und Old Shatterhand.

In "Unter der Teufelskanzel" ist Old Shatterhand mit einem sächsischen Reporter unterwegs. Gemeinsam wollen sie eine indianische Kultstätte, eben eine Teufelskanzel beobachten. Doch in der Geschichte von Kai Riedemann kommt es dann ganz anders.

Nach Sachsen führt "Durchs wilde Ernstthal" von Jacqueline Montemurri. Auf der Flucht vor der Polizei sucht ein junger Mann eine abgelegene Höhle auf. Dort beginnt er vom Wilden Westen zu träumen.

Holger Marks berichtet von Old Death und führt den Leser in den amerikanischen Bürgerkrieg. In "Begegnung mit einem Scout" schildert er eine unwahrscheinliche Rettungsmission.

Fazit
Wie man anhand der Kurzbeschreibungen sehen kann, gibt es in der Anthologie eine breite Spanne an unterschiedlichen Geschichten. Mal taucht Karl May leibhaftig in den Stories auf, mal werden bekannte Episoden aus seinem Werk neu interpretiert, mal bekannte Figuren in neue Abenteuer geschickt. Einige Geschichten sind erstaunlich, andere laden zum Schmunzeln ein, andere wieder haben eine ernsthafte Botschaft. Die Zweiteilung des Bandes in die Bereiche Orient und Wilder Westen lässt Raum für Spekulationen offen. Plant der Verlag vielleicht eine weitere Reihe "Karl Mays magischer Westen"?

Mir hat der Band gut gefallen. Freunde der Kurzgeschichte haben hier die Möglichkeit, Karl Mays Magischen Orient kennenzulernen. Aber auch Karl-May-Freunde kommen ganz sicher auf ihre Kosten, werden doch neben Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar, Winnetou und Old Shatterhand weitere altbekannte Figuren wie Omar Ben Sadek, Sam Hawkens, Intschu schuna und Lord Castlepool eingesetzt.

Auf phantastischen PfadenAuf phantastischen Pfaden
Thomas Le Blanc (Hrsg.)
Illustration: Elif Siebenpfeiffer
256 Seiten
ISBN 978-3-7802-2599-3
Euro 12,99
Karl-May-Verlag 2016

auch als E-Book erhältlich

Kommentare  

#1 Rüdiger 2017-01-22 22:04
Teilweise sind ganz nette Sachen dabei. - An original Karl May kommt das alles halt nicht heran ...

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