»Tony Ballard« revisited - Teil 39 - Versuch einer Wertung
»Tony Ballard« revisited
Teil 39 - Versuch einer Wertung
Genau achtunddreißig mal habe ich die Tony Ballard - Serie nun einer näheren Betrachtung unterzogen. Habe einen Blick zurück in die Vergangenheit geworfen. In eine Zeit, in der ich noch jung und neugierig auf alles war, was so in Heft- und Buchform auf dem großen Basar der Phantastik erschien.
Schon in der Einleitung habe ich ja erwähnt, dass ich immer gern den ersten Band einer Serie gekauft und gelesen habe, und da gab es in den frühen Achtzigern ja durchaus viele Gelegenheiten, auch wenn viele Serien die zur Anfangszeit der Ballard - Serie auf den Markt kamen, sehr schnell wieder gehen mussten, während Tony und sein großer Bruder blieben.
Tatsächlich habe ich die Ballard - Serie dann schon nach dem Band 7 “Satans Bogenschütze” vorerst ruhen lassen. Es war mir einfach zu wenig passiert, man konnte noch keinen roten Faden erkennen und natürlich konnte man nicht alle Serien kaufen und lesen. Und es gab einfach bessere Serien zu der Zeit. Da war einmal natürlich der wieder aufgelegte “Dämonenkiller” und später gab es dann noch den “Hexer“, der vor allem sprachlich aber auch inhaltlich einfach ein paar Klassen besser war als Ballard. Doch der Hexer hielt sich - vielleicht gerade deshalb - nicht sehr lange auf dem Markt und die einschneidenden Änderungen bei den neuen Dämonenkiller - Romanen vergraulten mich sehr schnell aus der Serie. Sinclair war zu dem Zeitpunkt schon lange kein Thema mehr, Zamorra noch unentdecktes Land, also kehrte man irgendwann zur Ballard - Serie zurück um mal zu schauen, was sich so getan hatte. Und es hatte sich so einiges getan. Zumindest inhaltlich. Sprachlich war alles beim Alten geblieben, aber ich lernte dennoch irgendwann, diesen einfachen, flotten Schreibstil zu schätzen und sogar zu lieben.
Es war einfaches Lesefutter für zwischendurch, nicht mehr aber auch nicht weniger. Man wollte wissen, wie es weitergeht, mit der Handlung, mit den Figuren mit den vielen großen und kleinen Themen und über diverse Schwächen sah man hinweg.
Nach der Einstellung wurde ich dann Jahre später auf die im Zaubermond erschienenen Bücher aufmerksam, doch nach dem durchaus ansprechenden ersten Band kam hier schnell die Ernüchterung. Das war zwar immer noch unverkennbar Tony Ballard aber was die Themen und Inhalte betraf, gab es nach Band 1 doch eher wenig Neues zu entdecken. Abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass Morland, was seinen Hang zu drastischen Szenen betraf, nun keine Rücksicht mehr auf den Jugendschutz nehmen musste - was aber stellenweise eher aufgesetzt und konstruiert wirkte und nicht mehr so recht zur Ur-Serie passen wollte.
Wieder etwa zehn Jahre später habe ich dann in dieser Artikel - Serie versucht, mit meinen heutigen Ansprüchen und Lesegewohnheiten einen Blick auf die Anfangszeit der Serie zu werfen. Das Ergebnis fiel zum Teil ernüchternd aus. Ich konnte den damals 12 oder 13jährigen Jungen verstehen, der nach Band 7 keine Lust mehr hatte, weiter zu lesen. Wäre dieser Junge allerdings am Ball geblieben, anstatt so schnell aufzugeben (etwas, was der später Erwachsene auch in anderen Bereichen immer noch gern tut) hätte er miterleben können, wie die Serie sich langsam aber sicher zu einem eigenen kleinen, bunten Kosmos entwickelte, in dem es vor exotischen und interessanten Figuren und großangelegten, durchaus komplexen Themen nur so wimmelte.
Allerdings hätte er, um das erleben zu können, recht lange am Ball bleiben müssen, denn auch wenn bis zum Erscheinen der 50er - Trilogie einige gute und wichtige Romane erschienen (etwa Band 12 “Der Silbermann”) so überwogen doch die oft eher durchschnittlichen Einzelromane - wobei man bei dieser Beurteilung natürlich erwähnen muss, dass sie damals wie heute rein subjektiver Natur ist. Schaut man sich jedoch die alten Leserseiten an, so gab es da nicht nur für die Mehrteiler sondern auch für die meisten Einzelromane mehr Lob, als Kritik. Wobei man sich dann wiederum fragen muss, wie die Leser von damals das heute sehen würden. Und genau das war nämlich das für mich größte Manko an der Serie: Die Mehrteiler, seien es nun Trilogien oder längere Zyklen, bildeten ganz eindeutig die Höhe- und Glanzpunkte der Serie, was im Grunde ja auch nachvollziehbar ist und sicher so gewollt war.
Allerdings gab es bei den Einzelromanen nicht wirklich viele solcher Höhepunkte. Vor allem in seinen bunten Fantasy - Welten schien der Autor regelrecht aufzublühen und tobte sich aus, während die reinen Horror - Themen oft eher schwach gerieten. Ein uns allen bekannter Herausgeber eines ebenso bekannten Fanzines meinte in einer Rezension sogar, die Tony Ballard - Serie sei oft “das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt war” (es darf nun gerätselt werden, wer das wohl war…). Zwar gab es auch mal einen Versuch, eine Prise SF in die Serie zu bringen, aber das passte dann nun so gar nicht zum Ballard - Kosmos (obwohl die meisten Leser auch diesen Abschnitt lobten und mehr wollten).
Abschließend kann man sagen, dass die Serie auch heute noch mit Abstrichen lesbar ist, wenn man vor allem die sprachlichen Ansprüche nicht zu hoch ansetzt. Morland selbst hat seine Serie geliebt (und liebt sie sicher immer noch, da er sie ja noch fortsetzt) und den Entschluss, sie mit Band 200 einzustellen natürlich irgendwann bereut.
Und eines muss man dem Tony dann auch lassen. Er war und ist mit Sicherheit einer der beliebtesten und sympathischsten Helden des Genres. Zwar trank er nur unwesentlich weniger, als sein Kollege Dorian Hunter, aber was seinen Verzicht auf nikotinhaltige Sargnägel betraf, war er seiner Zeit weit voraus…
Wenn ich mir nun, wie immer am Ende meiner “Revisited” - Artikelserien die Frage stelle, ob ich die Serie auch heute noch freiwillig lesen würde, müsste ich wohl verneinen.
Würde man mich allerdings fragen, ob ich an einer Fortsetzung nach heutigen Maßstäben mit neuen Co - Autoren oder gar einer Art “Tony Ballard NEO” Interesse hätte, wäre ich sicherlich nicht abgeneigt. Doch dazu wird es wohl nicht kommen…
Kommentare
Wenn ich mich recht erinnere, dann war es der "Roxane-Zyklus", der fünf Bände umfasste, der mir aber klar machte, dass Morland eine Änderung vollzogen hatte. Er hatte erkannt, dass das phantastische Genre auch eine Spielwiese sein kann. Er fabulierte, dass es eine Freude war und so bezeichnete ich ihn später gerne als "Macabros-light", denn ihm fehlte immer ein wenig der schlüssige Zusammenhang.
Was die sprachliche Seite betrifft. Das mag wohl stimmen, aber er ist, wie auch Brent oder der damalige Sinclair, ein Kind seiner Zeit. Heute fällt es mir zuweilen schwer, Hefte jener Zeit, die ich wirklich gemocht habe, noch zu lesen, ob das nun Morland, Shocker, Dark oder selbst Hohlbein ist. Die Zeit verändert die Sprache. Deshalb würde ich aber nie auf die Idee kommen, die alten Dinger zu verdammen. Es war eine schöne Zeit.
Horst hat ja vor längerer Zeit mal einen Rückblick auf die Larry Brent - Serie begonnen, aber leider nicht fortgesetzt. Würde mich auch reizen, aber ich will mich mal nicht zu weit aus dem Fenster lehnen...
Was die Sprache angeht, finde ich schon, dass es aus dieser Zeit anspruchsvolleres gab, aber es stimmt natürlich, dass die Sprache sich verändert, weshalb es aber auch Spaß machen kann, die alten Sachen zu lesen. Zumindest eine Zeitlang...
Wirklich aufgefallen ist mir diese Serie erst, als ich bei der Romantruhe oder bei Zaubermond wieder darauf gestoßen bin. Gelesen habe ich aber auch von dem Zeitpunkt an bisher noch keinen der Romane, auch wenn ich durchaus nicht wenige Cover als recht gelungen ansah und mich natürlich ab und an etwas lockten.
Gerade aus diesen Gründen fand ich hier die Artikelreihe durchaus sehr interessant. Schließlich will man ja dann doch etwas über eine Serie wissen, auch wenn man sie nie selbst gelesen hatte (im Grunde macht das ja sogar die Artikel noch interessanter).
Danke für den umfangreichen Überblick, hat spaß gemacht zu lesen.
Ein neues Projekt könnte evtl. Anfang nächsten Jahres starten