Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

The Tale of five books (5) - Geheimauftrag Andromeda

The Tale of five booksThe Tale of five Books (5)
Geheimauftrag Andromeda

Im Folgenden unternehme ich den Versuch, einige  SF-Leihbücher aus den  fünfziger und sechziger Jahren zu rezensieren. Ich habe mich  dabei auf fünf Stück festgelegt, die ich aus meinem Fundus nach Belieben wähle. Also nach dem Zufallsprinzip. Dabei werde ich, wie bei Rezensionen üblich, kurz den Inhalt erklären und dann  feststellen, ob das Buch auch heute noch lesens- bzw- beurteilenswerte SF darstellt.

Ich werde nicht über Leih-Buchverlage oder Autorenpseudonyme referieren, sondern die Bücher als das nehmen, was sie sind. Es wird also immanent der reine Band  und sein geschriebener Inhalt bewertet.

Geheimauftrag AndromedaGeheimauftrag Andromeda
(Dark Adromeda)
von A.J. Merak (John Stephen Glasby, 1928-2011)

Erscheinungsjahr/original: 1954
Deutschland: 1957
Übersetzer: Walter Ernsting
Titelbild: Jan Groenmeyer
B.Winterbach K.G. Menden/Sauerland
Bewin-Verlag

A. J. MERAK
[eines der vielen Pseudonyme des britischen Vielschreibers John Stephen Glasby (1928-2011) · alias J. L. Powers · alias M. K. Robertson ]

GEHEIMAUFTRAG ANDROMEDA
Nachdrucke: 1958: "TERRA Utopische Romane" Heft # 12: "In geheimer Mission" · Arthur Moewig Verlag, München · NA (gekürzt) · 63 S. · Titelbild und eine Innenillustration: Johnny Bruck.

Zum Klappentext:

Dieser Zukunftsroman ist das, was die Amerikaner eine SPACE OPERA nennen, damit bezeichnet man einen spannungsgeladenen, erregenden Zukunftsroman, der nicht ganz ohne das wichtige Element SCIENCE FICTION ist.
Die Handlung von GEHEIMAUFTRAG ANDROMEDA führt uns in eine weit vor uns liegende Zukunft. Schon längst haben die ersten Raketen unser Sonnensystem durchforscht und stoßen weiter vor in die unendlichen Räume der Milchstraße. Und dann - als logische Folge dieser Entwicklung - dringen sie zum nächsten Milchstraßensystem vor: zum Sternnebel Andromeda. Dort hat die Entwicklung der Intelligenzbewohner verblüffende Parallelen mit unserer eigenen. Selbst charakterlich gibt es kaum Unterschiede.
Und somit ist es nicht verwunderlich, wenn nach fast 500 Jahren friedlichen Nebeneinanderlebens die Gefahr eines gewaltigen, interstellaren Krieges akut wird, der die winzige Erde und ihre Verbündeten in anderen Sonnensystemen vernichtend treffen würde.
Da entsteht die rote Akte mit der Aufschrift: GEHEIMAUFTRAG ANDROMEDA. Agenten und Spione werden zu dem fernen Sternsystem gesandt - und man hört niemals mehr etwas von ihnen. Bis - sozusagen in letzter Sekunde ein Mann den Auftrag erhält, der nicht nur zu kämpfen, sondern auch zu denken versteht. Captain Blair, der gewiegte Agent, verläßt die heimatliche Erde, um durch die Weite des Weltraums zu dem 800 000 Lichtjahre entfernten Andromedanebel zu eilen. Die restlose Ueberwindung von Raum und Zeit im Hyperspace (eine uns heute noch unbekannte Dimension) läßt ihn die Strecke in zwölf Wochen überbrücken.
Und dann ist er allein in einer feindlichen Welt. Nur seine eigene Initiative und sein fast unglaubliches Glück helfen ihm, den Gefahren zu begegnen, die von der ersten Sekunde seines Aufenthaltes an auf ihn eindringen. Die Kette seiner Abenteuer reißt nicht ab und man wird dieses Buch kaum aus der Hand legen können, ehe man nicht genau weiß, ob Captain Blair sein Wagnis mit dem Leben bezahlen muß, wie alle anderen Agenten vor ihm, oder ob es ihm etwa doch gelingt, seinen Kopf - und damit die Erde - zu retten.
GEHEIMAUFTRAG ANDROMEDA - ein Roman voller Spannung und Abenteuer
GEHEIMAUFTRAG ANDROMEDA - ein Meisterwerk des englischen Autors A. J. Merak!
Impressum: © by Bewin-Verlag GmbH Menden · Englischer Originaltitel: Dark Andromeda · Übersetzt von: Walter Ernsting · Alle Rechte durch: Hamilton & Co. London · Gesamtherstellung: W. Riedel KG. Menden.

Die englische Originalausgabe "Dark Andromeda" ist im Januar 1954 bei Hamilton & Co. in London als Hardcover und gleichzeitig in der Taschenbuch-Reihe des Verlags als Panther-Book # 95 erschienen. Das Titelbild beider Ausgaben wurde von John Richards gestaltet.

Im September 2015 wurde der Roman als eBook in der Gateway Kindle Edition unter dem Autorennamen "John S. Glasby" neu aufgelegt

Der Stil:
Da es sich um eine Übersetzung aus dem Englischen handelt, ist der Stil halbwegs flüssig, ganz gut lesbar, also durchaus tragend, wenn auch die aktiv gesprochene Sprache typisch salopp daherkommt, wie bei Agentenromanen,auch im Weltall, wohl üblich.Also auch heute noch klar lesbar. Die Sprache ist einfach, kommt mit kurzen Sätzen und ohne große Anzahl an SF- Fachbegriffen aus.Der Übersetzer Walter Ernsting hält sich wohl gut  an den Originaltext und transformiert meist korrekt.Er hält sich auch selbst  weitgehend zurück und lässt das Werk hervortreten. -  Aber viele sprachliche Eskapaden, viele Ernstingsche Eigensätze, wie vom Perry her bekannt, treten dennoch auf. Soweit also nicht wirklich akzeptabel.

Mitunter nämlich  sind Begriffe falsch verwendet, etwa „vorenthalten“ anstatt „vorbehalten“.
Zitat:

„Das gewöhnliche Volk lebte in der Unterstadt, wohingegen die oberen Gebiete der Oberschicht vorenthalten waren!“. Ja, wo leben denn nun die besser betuchten Leute? Weder oben noch unten, wie es scheint.

Dann wiederum fallen Sätze mit Mischungen von Singular und Plural auf wie etwa :

„Der Roboter  ergriff einen Schlüssel, die an einer großen Metalltafel hingen.“

Man hätte ja schreiben können: „Der Roboter ergriff einen der Schlüssel, die ...“

 Auch fehlen ab und zu ganze Zeilen, wie sehr oft bei diesen Leihbüchern üblich.Das stört dann doch den Rahmen  des Leseflusses etwas und vermindert die Bewertung, weil man sich den Übersprung dazu denken muss  ...

Ein weiteres negativ anmutendes Beispiel: „So wohltuend auch das Bewusstsein  war, nicht unbewaffnet zu sein, so unangenehm wäre es ihm aber  auch gewesen, sie  jemals gegen diesen Mann an der anderen Seite des Tisches anzuwenden.“

Mit „sie“ ist natürlich eine Waffe gemeint … der Begriff selbst kommt aber als Substantiv  nicht vor.So geht das weiter … Ein klarer Minuspunkt.

Zum Inhalt:
 Captain Blair (der nichts mit dem  „Heart-of-the tiger-Blair“ vom späteren Wing-Commander zu tun hat) soll im Auftrag der Erdregierung das Hundertsonnenreich in Andromeda erkunden, denn bisher sind alle Agenten die dort waren oder dort hingeschickt wurden, gekappt und geschnappt worden. Blair, der Spezialist mit Kriegserfahrung, soll‘s jetzt richten. Zwei terranische Flotten warten auf sein Signal zur Unterstützung in den Magellanwolken. Weil man es damals als Astronom oder SF-Autor  nicht besser wusste, ist M 31 auch wieder nur achthunderttausend Lichtjahre entfernt.Das nehmen wir hin, da kann man eben nix machen.Dafür braucht Blair zwölf Wochen durch den raumzeitlosen Hyperspace, (Was sonst?) In Andromedas Hundertsonnenreich gibt es „kontraterrene“ Sonnen, was immer das auch sein soll.Das wird erwähnt aber nicht weiter erklärt.Später stellt sich immerhin heraus, dass Antimaterie gemeint ist. Jedenfalls ist überall im Universum des Romans der Mensch die absolute Gestalt der Phänotypen aller Völker. Selbst ein Siliziumwesen auf dem Planeten Soorn sieht wie ein Mensch aus … und hat einen sehr ähnlichen Stoffwechsel, denn man kann in Echtzeit kommunizieren. In Wirklichkeit würde das wohl anders ablaufen.Hier macht es sich der englische Autor zu einfach, zu simpel, zu primitiv. Aber die Handlung muss ja vorangehen, es ist ein Agentenroman.

Also: vor 500 Jahren hatte Terra Andromeda erreicht und Verträge abgeschlossen, dass sie dort nicht siedeln durften. Daran hielten sie sich und besetzten nur die Magellanwolken, weil diese im Vertrag nicht erwähnt waren. Das Hundertsonnenreich wurde aber erst vor zwanzig Jahren gegründet.Einige Planeten wollten sich nicht anschließen und die Bewohner flohen und griffen die terranischen Stützpunkte in  Magellan an, konnten aber zurückgeschlagen werden.Das Hundertsonnenreich hatte also nur indirekt mit der  Agression zu tun. Aber jetzt haben sie winzig kleine Bomben entwickelt, mit deren einer man einen ganzen Planeten verwüsten oder gar sprengen kann.Warum auch immer … Blair mogelt sich also  durch die Absperrung und landet so auf Soorn. Es gibt nur einen Fernraumhafen für zivile Passagiere, die anderen Häfen sind dem Frachtverkehr und dem Militär vorbehalten. Der Planet wird auch lückenlos von Radar abgedeckt. So will das Hundertsonnenreich terranische Agenten entdecken. Ankommende Personen werden auch genau unter die Lupe genommen, denn Einheimische schmuggeln gern eine Droge mit dem Namen „San“.Auch Blair hält man zunächst für einen solchen Verdächtigen.

Aber er macht die Bekanntschaft eines der hundert Sternenkönige, der inkognito reist. Dieser verrät ihm, dass die Andromedaner selbst den Planeten Soorn bombardieren wollen, um die Tat Terra in die Schuhe zu schieben und so das Volk für den Krieg begeistern zu können, denn die Meinungen im Hundertsonnenreich sind noch unentschieden in dieser Sache.

Blair spielt aber zwei Kontrahenten gegeneinander aus und verlässt den Planeten, ohne dass dieser bombardiert wird. 5g drücken ihn in die Sitze ... warum auch immer. Man fliegt nach Andromeda, aber Andruckabsorber haben die Raketen wohl nicht. Damit ist die erste Episode beinahe beendet.

Danach betritt er einen uranusgroßen Gesteinsplaneten mit drei Sonnen. Dieser müsste nach Newton rund 4g Gravo-Feldstärke an der Oberfläche haben, wenn man die Dichte der Erde zugrunde legt. Der Autor, obwohl selbst wissenschaftlich gebildet, missachtet dies. Alle laufen frei herum, Einheimische und Fremdweltler. Stattdessen schildert er Kneipen und Kaschemmen; dies allerdings ganz lustig und sogar etwas ironisch.

„Die Unterschiede zwischen den Planeten waren nicht so groß, wie man dachte … Stimmen trinkender Männer drangen überall in den Häfen aus den Kneipentüren!“

„Die meisten Typen tranken und erzählten. Meist von sich selbst. Und wenn nicht, dann eben über sich selbst.“
„Die mit den wachen Augen und den Waffen waren die Spieler.“.

Das ist beinahe schon Lensmen-Ambiente, wenn Kinnison wieder incognito gegen die Zwilniks von Eddore zu Felde zieht.

So geht das dann in der Handlung weiter.

Fazit: Ein durchaus amüsant zu lesender Band, der inhaltlich handlungsmäßig ganz gut als harter Agententhriller im Weltall herüberkommt. Die sprachlichen und naturwissenschaftlichen Zusammenhänge, die man als Wissens-Hintergrund von einem SF-Autor eigentlich erwartet, liegen aber nicht vor.Klare Minuspunkte.

Ironie: der SFCD empfiehlt diesen Roman als gute Space-Opera:

Wörtliches, originales  Zitat:

Der Roman „Geheimauftrag Andromeda“ wurde von der LITERARISCHEN ABTEILUNG des SFCD überprüft und wird den Lesern und Freunden der SCIENCE-FICTION-Literatur als gute SPACE-OPERA empfohlen.

Nun, für die fünfziger Jahre genügte der Qualitätsstandard wohl auch, denn die Lage in D-Land über neue SF war noch nicht so weit, dass sich neben der Begeisterung auch Kritik ausbilden konnte. Man las wohl alles, was kam, denn soviel gab es noch nicht.

Einen Pluspunkt wegen der Ironie und des Humors  in der Handlung, einen für harte Action … aber drei Minuspunkte für schlechte Sciencebehandlung, inhärente Logikfehler und den zu schnoddrigen, einfach gehaltenen Sprachstil.

Gesamtergebnis: nicht – oder nur höchst eingeschränkt empfehlenswert.Zwei von fünf Supernovas.

2019 by Holger Döring

Kommentare  

#1 matthias 2019-12-26 10:09
Wenn ich den Einführungstext richtig verstehe, ist mit dieser fünften Leihbuch-Analyse diese kleine Reihe beendet.
Und das ist schade! Ich hätte hier vom Admin gerne mal die Information, wieviele "Klicks" diese Artikel haben.
Lieber Holger, bitte mache weiter!
#2 Larandil 2019-12-26 20:38
Der Ausdruck "Contraterrene Materie" für Antimaterie war in den 1940ern offenbar noch gesellschaftsfähig. Jack Williamson schrieb zwischen 1942 und 1951 die Geschichten "Collision Orbit", "Seetee Shock" und "Seetee Ship".
Auf deutsch erschien "Seetee Ship" 1966 als "Antimaterie" (Terra-Extra 103) und "Seetee Shock" als "Antimaterie-Bombe" (Terra-Extra 104).
#3 AARN MUNRO 2020-01-02 08:42
zitiere Larandil:
Der Ausdruck "Contraterrene Materie" für Antimaterie war in den 1940ern offenbar noch gesellschaftsfähig. Jack Williamson schrieb zwischen 1942 und 1951 die Geschichten "Collision Orbit", "Seetee Shock" und "Seetee Ship".
Auf deutsch erschien "Seetee Ship" 1966 als "Antimaterie" (Terra-Extra 103) und "Seetee Shock" als "Antimaterie-Bombe" (Terra-Extra 104).


Später erschienen beide auch als Heyne-Taschenbücher.
#4 AARN MUNRO 2020-01-16 10:19
zitiere matthias:
Wenn ich den Einführungstext richtig verstehe, ist mit dieser fünften Leihbuch-Analyse diese kleine Reihe beendet.
Und das ist schade! Ich hätte hier vom Admin gerne mal die Information, wieviele "Klicks" diese Artikel haben.
Lieber Holger, bitte mache weiter!



Gut. Ich werde noch fünf draufsetzen. "A Tale of five more books." ;-)
#5 mx526 2020-01-16 15:37
Danke.
Freue mich schon auf die nächsten

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.