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Eine bewährte Mischung - »Zwielicht 14«

Zwielicht 13Eine bewährte Mischung
»Zwielicht 14«

Mittlerweile liegt die vierzehnte Ausgabe von Deutschlands Horromagazin vor. Die beiden Herausgeber Michael Schmidt und Achim Hilfebrand setzen darauf, dass es so etwas wie Zwielicht kein zweites Mal auf dem Markt gibt.

Und sie haben Recht damit! werfen wir doch einfach einen Blick auf den vielfältigen Inhalt mit Kurzgeschichten und Artikeln.

Zwielicht 14Ina Elbracht "Escape Room"
Diese Geschichte spielt im Youtuber-Milieu. Judy und Red sind mit Filmen über "Lost Places" auf der Jagd nach immer höheren Zugriffszahlen. Sie treten immer nur mit Masken als Hase und Fuchs auf. Diesmal führt ihr Weg sie nach Polen. Dort gibt es ein uraltes verfallenes Jagdschloss. Als Kameramann haben sie den Polen Janusz angeheuert. Die ganze Aktion läuft unter strenger Geheimhaltung ab. Und die Location scheint ein richtiger Glückstreffer zu sein. Zum Schloss gehört auch noch eine Kapelle. Und diese hat eine unterirdische Krypta.

Eine erfrischende Story voller unerwarteter Einfälle.

Julia Annina Jorges "Puppenspiele"
Ein Mann erwacht und stellt fest, dass er zu einer Schaufensterpuppe geworden ist. Er kann sich nur noch dunkel an einen Autounfall erinnern, ist aber ansonsten zu einer passiven Beobachterolle verdammt. Im Laufe der Jahre ziehen die Zuschauer und Jahreszeiten an ihm vorbei. Als er dabei ist verrückt zu werden, taucht plötzlich eine merkwürdige Mischung von Spinne und Fliege im Schaufenster auf. Und dann steht auf einmal sein eigener Körper vor der Scheibe.

Julia Annina Jorges verbindet mehrere Motive zu einer Geschichte mit überraschenden Wendungen.

Michael Siefener "Die Fabrik"
Zoltan Zardek lebt in einer Stadt, die er eigentlich gar nicht kennt. Der menschenscheue Eigenbrötler ist tags in seiner Wohnung und arbeitet in der Nacht als Nachtwächter. So kann er zwischenmenschlichen Kontakten fast völlig aus dem Weg gehen. Eines Nachts findet er eine blaue Blume, die in einer Mauerfuge wächst. Als er sie pflückt verwelt sie jedoch rasch. Fortan achtet er genau auf die Mauer und sucht nach weiteren Blumen. Tatsächlich wachsen etliche davon hinter der Mauer. Neugierig geworden erkundet er nach und nach das Gelände der stillgelegten Fabrik.

Eine typische Siefenerstory. Ein einsamer Mann wird durch eine unerwartete Begegnung aus seinem monotonen Alltag gerissen.

Karin Reddemann "Weh Mutterherz"
Was tun, wenn die alte Mutter sich bester Gesundheit erfreut und einfach nicht mit dem Erbe rausrücken will? Wenn man dann auch noch eine junge Geliebte hat, die gerne Geld ausgibt ... Das ist die Situation von Bengt-Jörn. Er kommt zu dem Schluss Mutter muss weg und lässt sich von historischen Beispielen inspirieren.

Eine Geschichte in Karin Reddemanns unvergleichlichem Stil.

Christian Weis "Dantes Infernalis"
Der abgebrannte Musiker Ellias hat endlich wieder einen Job. Er soll bei der Gruppe Dante-Tec. als Ersatzmann für den kurzfristig ausgefallenen Bassisten einspringen. Die Gruppe hat ein eigenes Studio, dass durch Dantes Werk inspiriert ist.

Ganz grosses Kino! Und wieder etwas für die Musikfreunde. Eine posthum veröffentlichet Geschichte.

Thomas Kodnar "Lover's Limb"
Irgendwo im Süden. Ein Urlauberpäarchen macht sich auf eine Wanderung. Es geht bergauf durch einen angeblich verwunschenen Wald. Zuerst verlieren die beiden die Orientierung, dann ist die Frau plötzlich allein. Sie folgt einer Melodie und findet einen geheimnisvollen Flötenspieler.

Eine surrealistische Geschichte. Eine Welt zwischen Traum und Wirklichkeit.

Harald A. Weissen "Wolf ... wer?"
In Zürich taucht plötzlich ein Werwolf auf. Allerdings kein Mensch, der sich bei Vollmond in einen Wolf verwandelt, sondern ein Wolf, der sich in einen Menschen verwandelt. Eine gefährliche Bestie ist er aber auch. Eine Journalistin recherchiert und interviewt Zeugen, Polizisten, Ärzte, Tierpfleger und Menschen auf der Straße.

Die Geschichte besticht durch den kaleidoskopartigen Erzählstil.

Holger Vos "Skullcity"
Dorian und Sybil leben in ihrer gemütlichen volldigitalisierten Wohnung. Dorian beschäftigt sich heimlich mit dem Tod, genauer er sieht Videos, die Moment des Todes zeigen. Eines Tages erhält er eine Email: "Töte sie oder du wirst sterben". Als er nicht daran denkt, fällt das Netz aus. Die beiden sind in ihrer Wohnung gefangen.

Auffallend ist die Erzähltechnik. Die Geschichte wird praktisch vom Ende her erzählt.

Vincent Voss "Die dicksten Kartoffeln"
Bauer Hain ist seit einigen Monaten spurlos verschwunden, kam von einer Treckerdemo nicht mehr zurück. Sein Freund und Nachbar Theo hilft Hains Frau Katja auf dem Hof. Dabei entdeckt er das Geheimnis von Theos überdurchschnittlichen Ernten.

Eine Geschichte mit aktuellen Bezügen. Das Ende bleibt mehrdeutig. ;-)

Algernon Blackwood "Skeleton Lake"
Eine düstere Geschichte um eine Jagdgesellschaft in der Wildnis.

Blackwood besticht mit seinen Landschaftsschilderungen und der distanzierten und doch mitreissenden Erzähltechnik.

Michael Tillmann "Dark Tourism - Endstufe"
Die alleinstehende Beth hat sich für einen Urlaub an unheimlichen Orten in England entschieden. Leider gehören außer ihr nur noch vier Paare zur Reisegruppe, so dass sie sich ihrer Einsamkeit richtig bewußt wird. Höhepunkt des Trips wird ein Gasthaus mit drei Spukzimmern. Die Räume werden ausgelost und Beth zieht den Hauptgewinn.

Eine schöne Einführung in den Dark Tourism und ein überraschendes Ende.

Sascha Dinse "Mel"
Ein Musiker hat merkwürdige Träume. Und immer häufiger das Gefühl, sein Leben mit Nichtigkeiten zu vergeuden. Da begegnet er eines Tages der rothaarigen Mel. Sein Freund und Bandkollege Oliver warnt ihn, dass Rothaarige keine Seele haben. Umsonst. Fortan ist er der Frau verfallen und lässt sich auf ihre esoterischen Spiele ein.

Ein Hauch von Lovecraft durchweht die Geschichte.

Harry Harrison Kroll "Altweibersommer"
Auf der Jagd nach der ganz besonderen Spinne gerät William Thompson an das leerstehende Haus eines verrückten Spinnensammlers. Dort findet er einen geheimen Keller.

Die von Matthias Käther übersetzte Geschichte stammt aus dem Jahr 1924 und überzeugt auch heute noch!

Jesse Franklin Bone "Einfuhrverbot für Horgels"
Warum gibt es ein strenges Einfuhrverbot für Horgels? Die Geschichte der ersten Landung auf der Venus liefert die Erklärung. Und eine Katze spielt eine wichtige Rolle!

Eine weitere Perle aus der goldenen Zeit der SF. Sie stammt aus dem Jahr 1957 und wurde ebenfalls von Matthias Käther übersetzt.

Die Artikel
Achim Hildebrand "Legenden des Kannibalismus: Die Bean-Familie"
Der Autor schlägt ein weiteres Kapitel seiner Kannibalismusreihe auf. Diesmal geht es nach Schottland. Dort soll im späten 14. Jahrhundert die Bean-Familie mehr als 25 Jahre lang Menschen ermordet und anschließend verzehrt haben. In einem schwer zugänglichen Höhlenversteck entging sie lange Zeit dem Arm des Gesetzes. Wieviel von dieser Legende ist Glaubwürdig? Wieviel lässt sich aus seriösen Quellen belegen? Hildebrand liefert Antworten.

Karin Reddemann "Baby Jane, der große Böse und ein Eispickel im Gesicht"
Wieder streift die Autorin viele Themen. Die Palette reicht von der Analyse eines Hollywoodfilms, über einen Mörder bis hin zur Geschichte der Lobotomie. Karin Reddeman weiß mit düsteren Themen zu unterhalten!

"Vincent Preis 2019"
Diese Aufstellung enthält alle Platzierungen der Endrunde in allen Kategorien.

"Horror 2019"
Enthält alle Einträge aus dem Blog des Vincent Preises. Eine Fundgrube für alle Freunde des Genres, die lange Sucherei ersparen kann.

"Autoreninfos"
Hier erfährt man mehr über alle Autoren des Bandes. Vorbildlich!

Meine Gedanken
Achim Hildebrand und Michael Schmidt setzen wieder auf die inzwischen bewährte Mischung aus neuen deutschsprachigen Geschichten und Übersetzungen älterer angloamerikanischer Stories. Sie geben Raum für experimentelle Stories, aber auch für hochmoderne Geschichten und für klassisch aufgemachte Stories. Bekannte Autoren stehen neben Newcomern.

Im ganzen Band gibt es keine einzige Story, die mich nicht überzeugt hat. Hildebrand und Schmidt haben wieder ein glückliches Händchen bei der Zusammenstellung bewiesen. Die von Matthias Käther übersetzten Storys amerikanischer Magazinge scheinen sich zum festen Bestandteil des Magazins zu entwickeln. Von der mir bisher unbekannten Ina Elbracht würde ich gerne mehr lesen. Das Gleiche gilt natürlich auch für die anderen Autoren!

Mich hat Zwielicht 14 rundum überzeugt. Absolut empfehlenswert!

Zwielicht 14
Achim Hildebrand/Michael Schmidt (Hrsg.)
Cover: Björn Ian Craig
2020
291 Seiten
ISBN: 9798656035484
Euro 12.-

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