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»Dorian Hunter« revisited - Teil 6 Jekyll meets Hyde

»Dorian Hunter« revisited»Dorian Hunter« revisited
Teil 6 - Jekyll meets Hyde

Im September 2018 wurde die legendäre Dämonenkiller - Serie im Bastei - Verlag unter dem Namen Dorian Hunter neu gestartet. Die ersten 50 Bände sind erschienen und ein Ende ist nicht in Sicht. In dieser Artikelserie werfe ich einen kritischen Blick auf die alten Romane im neuen Gewand und begleite den “Dämonenkiller” auf seinem Weg in jene Gefilde, die bislang nur in Buchform erreicht wurden…

Das Monster von Greenfield“Das Monster von Greenfield”
Dorian Hunter Band 56
von Ernst Vlcek
(EV: DK 55 / 09.09.75)
Auf dem Weg nach London wird Dorian Hunter zufällig Zeuge, wie ein junger Mann von ein paar Jugendlichen bedroht wird. Nachdem er die Angreifer verscheucht hat, stellt sich der Gerettete als Mike Hyde vor und behauptet, die Behandlung verdient zu haben. Ein paar Tage später wird Hunter in einem Restaurant von einem seltsam aussehenden, aggressiven Kerl angesprochen und aufgefordert, sich nicht in Mikes Angelegenheiten zu mischen, weil er unter seinem alleinigen Schutz stünde. Da der Kerl gleich mit dem Mord an einem Mädchen seiner Forderung Ausdruck verleiht und zudem auf Dorians Gemme reagiert, schaltet der Dämonenkiller sich nun natürlich erst recht in die Angelegenheit ein. Es kommt zu weiteren Morden, von denen Mike behauptet, er hätte sie begangen, während Hunter längst überzeugt ist, dass es eine Verbindung zwischen ihm und dem Mann geben muss, der sich Mr. Hyde nennt. Mit Sullivans Hilfe gelingt es ihm, mehr über Mikes Vorgeschichte herauszufinden. So erfährt er, dass Mike und Mr. Hyde eigentlich Michael und Edward heißen und als siamesische Zwillinge zur Welt kamen. Der Dämon Lord Marbuel tötete die Eltern, ließ die Zwillinge trennen, nahm Edward zu sich und erzog ihn im Sinne der schwarzen Magie. Mike dagegen wusste zwar nichts von seinem Zwilling, stand aber sein ganzes Leben lang in einer mentalen Verbindung mit ihm, weshalb er glaubte, die von Edward verübten Morde selbst begangen zu haben. Am Ende gelingt es Hunter, Edward in eine Falle zu locken, wo er es prompt mit den wütenden, mit Fackeln bewehrten Dorfbewohnern zu tun bekommt, die ihn für Mike halten, und schließlich in den Flammen umkommt.


Bei diesem Roman, der zwischen die beiden Mumien - Bände geschoben wurde, um vor allem Davenport übermäßigen Terminstress zu ersparen, handelt es sich um eine durchaus gelungene Jekyll & Hyde - Variante, deren Ausgang nicht wirklich vorhersehbar ist, was einen Großteil der Spannung ausmacht.

Die Schilderungen in der Ichform aus Sicht des bösen “Mr. Hyde” lockern das Ganze immer wieder auf, wobei das ständige aggressive Gekeife Edwards allerdings mitunter etwas die Nerven des Lesers strapaziert, zumal er mit seinen Hasstiraden stellenweise auch eher lächerlich als bedrohlich wirkt.

Dass er Hunter bei seinen Morden immer um eine Nasenlänge voraus ist und diese in Abwesenheit Mikes geschehen, ist zwar nicht immer logisch nachvollziehbar aber natürlich beabsichtigt, damit der Leser möglichst lange an die Jekyll und Hyde - Lösung glaubt, auch wenn es immer wieder Hinweise gibt, die etwas anderes vermuten lassen.

Die Idee mit den im Haus angebrachten Lautsprechern am Ende, welche Edward glauben lassen sollen, Hunter befände sich im Gebäude, erscheint dann aber eher wie ein Griff aus der billigen Trickkiste, als nach einer Methode, derer sich ein Dämonenkiller bedienen würde.
Dennoch kann der Roman im Großen und Ganzen überzeugen und bietet während der Wartezeit auf den zweiten Teil des Mumien - Doppelbandes spannende, kurzweilige Unterhaltung. Nicht mehr aber auch nicht sehr viel weniger.

Als nette Anekdote am Rande wird hier von Vlcek ausgesagt, dass Hunter bei seinem Einsatz in Frankreich, bei dem er notgedrungen viel Wein trinken musste, auf den Geschmack gekommen ist. Immerhin konnte nun niemand mehr meckern, wenn ein Hans Kneifel den Dämonenkiller mal etwas anderes trinken ließ, als Bourbon…

Ebenfalls sehr schön in den Roman eingebaut hat Vlcek hier das Ägypten - Abenteuer Cocos. Während sie zu Anfang noch mit Hunter gemeinsam unterwegs ist, trennen sie sich, als die Meldung von der vermissten Susan Baxter hereinkommt, weil Hunter sich anstatt sie zu begleiten doch lieber um seinen Schützling Mike kümmert. Da hat der gute Ernst diesen Einzelroman sehr schön mit dem ersten Teil des Doppelbandes verknüpft, mit dessen Fortsetzung wir uns beim nächsten Mal näher befassen werden…
Kleine Zitate - Grosser Meister
Qual der Wahl…
Ich verstehe mich ganz ausgezeichnet aufs Foltern und habe schon einige Möglichkeiten ausgeknobelt, unter denen ich nur zu wählen brauche.
(DH 56)

Kein Sinn für Schönheit…
“Die Augen!”, rief Mr. Hyde fast schwärmerisch. “Diese grünlichen Kleinode haben mir zuviel gesehen. Ich werde sie ausbrennen!”
(DH Band 56)

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Kommentare  

#1 Robert Martschinke 2020-10-29 15:16
Bei früheren Stories hatte ich in der Tat gelegentlich den Eindruck, Dorian hangele sich mehr oder weniger von Whiskyflasche zu Whiskyflasche. Dass mittlerweile ein "Morgenkognak" (p. 23) offenbar obligatorisch ist, markiert in dieser Hinsicht höchstens einen neuen Tiefpunkt.
Was den "Trick" mit den Lautsprechern im Finale angeht: Das mehr oder weniger Innovative an den Geister- und Dämonenkillern der 70er (Hunter, Sinclair, Ballard, Zamorra) war ja, traditionellen Spuk nicht nur mit den tradierten Mitteln, sondern modernen technischen Errungenschaften zu bekämpfen. (Ein Vorläufer war hier sicher Oscar Wildes Canterville-Gespenst, dessen Blutfleck keinen mehr schockt. - Man hat ja Fleckensalz.) Insofern passt der Gimmick mit den Lautsprechern - auch wenn er aus heutiger Sicht altbacken erscheinen mag - schon ins Konzept.
#2 Cartwing 2020-10-29 16:31
Zitat:
Insofern passt der Gimmick mit den Lautsprechern - auch wenn er aus heutiger Sicht altbacken erscheinen mag - schon ins Konzept.
In einem Krimi vielleicht, aber zur Vorgehensweise eines Dorian Hunter passt es meiner Meinung nach nicht. Zumal er einfach davon ausgeht, dass der Gegner auf einen simplen technischen Trick hereinfällt.
#3 Max 2020-10-29 20:58
Sorry, ich will nicht klugscheißern ... aber weil ich Robert L. Stevenson wirklich gern mag:

suchen: "Jeckyl"
ersetzen: "Jekyll"

... wäre schön ... danke. ;-)

Harantor sagt: Es ist geschehen
#4 Cartwing 2020-10-29 21:39
Jeckyl ist schon richtig...
wenn man einen Artikel über ein holländisches Musikprojekt schreiben will... :-*
Keine Ahnung, wie ich da gelandet bin...
#5 Robert Martschinke 2020-10-30 23:33
Schön wäre hier vielleicht noch eine dritte Meinung zum Thema Lautsprecher (s. o.) ...

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