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Heyne Science Fiction Classics 53 - von Isaac Asimov herausgegebene Anthologien

Heyne Science Fiction ClassicsDie Heyne Science Fiction Classics
Folge 53:
von Isaac Asimov herausgegebene Anthologien

Von den sechziger bis Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts erschienen als Subreihe der Heyne Science-Fiction-Taschenbücher mehr als hundert Titel unter dem Logo „Heyne Science Fiction Classics“. Diese Romane und Kurzgeschichten werden in der vorliegenden Artikelreihe vorgestellt und daraufhin untersucht, ob die Bezeichnung als Klassiker gerechtfertigt ist.

Heyne Science Fiction ClassicsOhne Zweifel zählt der amerikanische Herausgeber und Autor von SF-Literatur sowie Fach- und Sachbüchern Professor Isaac Asimov (1920 – 1992) zur absoluten Spitzengruppe in der SF-Geschichte. Mit seinen Robotergeschichten und der Foundation-Trilogie um ein zerbrechendes und wiederauferstehendes Galaktisches Imperium hat er Weltruhm erlangt. Asimov verband diese beiden Hauptwerke in späteren Jahren zu einem mehr oder weniger einheitlichen literarischen Universum. Er war ein Vielschreiber, dessen Werk wahrscheinlich sogar für ihn selbst irgendwann unüberschaubar wurde. Neben den Hunderten Werken, die Asimov selbst verfasste, gab er auch eine riesige Anzahl von Anthologien heraus, meist in Zusammenarbeit mit jeweils einem oder zwei weiteren Herausgebern. Ich habe den nicht nur leisen Verdacht, dass Asimov für viele dieser Anthologien nur seinen Namen hergab und die Hauptarbeit bei seinen Co-Herausgebern lag. Der Name Asimov auf dem Buchdeckel hatte ohne Zweifel verkaufsfördernde Aspekte, und so war eine solche Konstellation von Vorteil für alle Beteiligten, außer unter Umständen für Konsumenten, die sich mehr Asimov im Buch erwartet hatten. Nun ist aber genug lamentiert, denn Asimov hat erwiesenermaßen bei etlichen dieser Anthologien mit seiner unnachahmlichen Art Vorwörter und/oder Zwischentexte mit Informationen über die Autoren und das jeweilige Werk beigesteuert. Manchmal riefen allerdings seine witzig gemeinten Bemerkungen eher Gähnen hervor. Wenn Sie jetzt meinen, ich mag Asimov nicht, dann täuschen Sie sich. Er zählt durchaus zu meinen Lieblingsautoren, aber gelegentlich hat er des Guten zu viel getan.

Heyne Science Fiction ClassicsIm Heyne-Verlag kamen in der SF-Reihe eine Menge dieser Anthologien in deutschen Ausgaben heraus, viele davon mit dem Übertitel Isaac Asimov präsentiert. Die ersten beiden unter diesen sind zwei zusammengehörende Bände mit den Titeln Science Fiction Erzählungen des 19. Jahrhunderts und Fantasy-Erzählungen des 19. Jahrhunderts, welche in Zusammenarbeit mit Charles G. Waugh und Martin H. Greenberg entstanden und in einheitlicher Aufmachung erschienen sind. Der erstere Titel ist natürlich auch unter der Betrachtungsweise als Heyne Science Fiction Classics interessant, obwohl das Buch eine andere Aufmachung hatte. Davon lassen uns wir aber nicht aufhalten und blicken hinein, das – genauso interessante – Werk mit Fantasy-Storys lassen wir aber außen vor. Im Vorwort zum ersten Werk liefert Asimov eine bemerkenswerte Definition, ab welcher Zeit man von Science Fiction sprechen kann:

Mit der Zeit führte die sprunghafte Entwicklung in der Technologie dazu, daß der Fortschritt innerhalb eines Menschenlebens deutlich sichtbar wurde. Der einzelne Mensch wurde sich dessen bewußt, daß die Welt sich veränderte und daß es menschlicher Geist und menschliche Erfindungsgabe war, die den Fortschritt vorantrieben.

Jetzt war es möglich, über eine Welt zu schreiben, die sich ständig veränderte, Vorhersagen zu wagen, mögliche zukünftige Entwicklungen überzeugend zu beschreiben, selbst wenn diese Veränderungen noch nicht stattgefunden hatten, aber stattfinden können, hinzu kam noch, inwieweit solche Veränderungen das menschliche Leben berühren.

Von diesem Zeitpunkt an können wir Science Fiction als den Zweig der Literatur definieren, der sich mit der Reaktion des Menschen auf die Veränderungen von Naturwissenschaft und Technik beschäftigt, wobei man nicht außer acht lassen darf, daß die betreffenden Veränderungen sich vernünftigerweise danach richten sollen, was wir von der Wissenschaft, der Technik und den Menschen wissen.

Nach dieser modernen Definition (jedenfalls meiner modernen Definition) konnte vor dem neunzehnten Jahrhundert keine echte Science Fiction geschrieben werden, weil erst mit dem Aufkommen der Industriellen Revolution während der letzten Jahrzehnte des achtzehnten Jahrhunderts der technische Fortschritt sich so beschleunigte, daß er innerhalb eines Menschenlebens wahrgenommen werden konnte, jedenfalls in den Ländern, in denen diese Revolution stattfand.

(Zitiert aus: Isaac Asimov: Vorwort zu: Science Fiction Erzählungen des 19. Jahrhunderts. München1983, Heyne SF 4022, S. 11f)

Jetzt darf ich mich ausnahmsweise im Vergleich dazu selbst zitieren:

Noch schlüssiger erscheint allerdings, nicht ein bestimmtes Werk anzusetzen, sondern etwa das ausgehende 18. Jahrhundert. Denn mit der Erfindung der Dampfmaschine als Startpunkt für die industrielle Revolution, dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, der französischen Revolution und der Erklärung der Menschenrechte ist der Beginn der heutigen „wissenschaftlich-humanistischen Zivilisaion“ anzusetzen. Seither lassen sich „wissenschaftliche Fiktion“ und sonstige phantastische Literatur deutlich unterscheiden, da das Verständnis für SF von einem aufgeklärten Weltbild ausgehen muss, sonst wäre alles Phantastische nur mit Magie oder religiösen Vorstellungen zu erklären.

(Zitiert aus: Heinrich Stöllner: Die Zukunft von gestern. Lüneburg 2019, Dieter von Reeken, S. 12f)

Die Begründung ist zwar etwas unterschiedlich, der Schluss, der daraus gezogen wird, ergibt aber bemerkenswerter Weise dss gleiche Ergebnis. Auch Asimov hat mit Sicherheit Brian W. Aldiss gelesen, der in seinem Buch zur SF-Literaturgeschichte Million Year Spree bzw. in der Neuausgabe Billion Year Spree Mary Shelleys Frankenstein, welcher 1818 erschien, als Gründungsroman des Genres vorstellte. Folgerichtig wurde das 19. Jahrhundert als das erste der Science Fiction vorgestellt. Der Name Science Fiction stammt vom Briten William Wilsen, der ihn erstmals 1851 im Buch A Little Earnest Book Upon a Great Old Subject verwendete. Für utopische Literatur wurde der Name aber noch lange nicht wirklich vewendet. Die Romane des SF-Klassikers Jules Verne wurden unter der Bezeichnung „voyages imaginaires“ bekannt, die seines englischen Kollegen H. G. Wells unter „scientific romances“, was Science Fiction bereits recht nahekam. Populär wurde die Bezeichnung erst durch Hugo Gernsback, der für sein Magazin Astounding Stories „Scientifiction“ verwendete. Gernsback verlor 1929 die Kontrolle über das Magazin, gründete das Konkurrenzblatt Wonder Stories und verwendete dann dafür Science Fiction, eine Bezeichnung, welche sich trotz aller Mängel durchgesetzt hat. Im deutschen Sprachraum wurde lange „Zukunftsroman“, „utopischer Roman“, „utopisch-technischer“ Roman verwendet, bis sich auch hier die englische Bezeichnung mehr oder weniger durchsetzte. In der DDR verwendete man das gleichermaßen sperrige „wissenschaftliche Phantastik“.

Hier ein Überblick über die im Buch vorgestellten Geschichten aus dem ersten Jahrhundert der Science Fiction:

E. T. A. Hoffmann: Der Sandmann: Der Student Nathaniel hat ein Kindheitstrauma mit ins Erwachsenenleben genommen. Es ist der Sandmann, der Kindern die Augen ausreißt, falls sie nicht zu Bett gehen wollen. Hintergrund ist ein Vorfall, als Nathaniels Vater bei alchimistischen Experimenten mit dem Advokaten Coppelius ums Leben gekommen ist. In der kindlichen Fantasie Nathaniels vermischte sich dessen Gestalt mit dem des Sandmanns. Nun ist Nathaniel mit dem italienischen Wetterglashändler Coppola ein Mann begegnet, der wie Coppelius aussieht. Professor Spalanzati, dem Nathaniel davon erzählt, behauptet aber, dass Coppola wirklich sein Landsmann ist, wie unschwer aus seinem italienischen Dialekt erkennbar ist. Nathaniel schreibt die Geschichte seinem Freund Lothar, dessen Schwester Clara ist, Nathaniels Liebe. Doch diese Zuneigung wird auf eine furchtbare Probe gestellt, denn Nathaniel kann mittels eines Fernglases, das er vom hartnäckigen Coppola kauft, in die Wohnung Spalanzatis hineinsehen, wo sich dessen Tochter Olimpia aufhält. Er wird zu eine Gesellschaft eingeladen, bei der Olimpia erstmals öffentlich vorgestellt wird. Die junge Frau wirkt seltsam steif und sagt immer nur „Ach, ach“, doch Nathaniel entbrennt trotzdem in Liebe zu ihr. Clara hat er praktisch vergessen. Als er bei Spalanzati vorsprechen und um Olimpias Hand anhalten will, gerät er in einen Zweikampf zwischen diesem und Coppola um Olimpia, welche sich als Holzpuppe herausstellt. Das hat Nathaniel in seiner Verliebheit komplett ignoriert. Olimpia hat statt Augen nur zwei schwarze Höhlen. Der Uhrmacher flüchtet mit der Puppe, Nathaniel dreht durch und erwürgt Spalanzati beinahe. Spalanzati wird wegen Betrugs der Universität verwiesen. Nach schwerer Krankheit genesen wendet sich Nathaniel wieder seiner geliebten Clara zu. Die beiden steigen zusammen mit ihrem Bruder Lothar auf den Ratsturm, Nathaniel schaut durch sein Fernglas nach unten zu den Menschen und entdeckt die auf ihn zuschreitende Olimpia. Er wird wieder wahnsinnig und versucht, Clara über das Geländer in die Tiefe zu schleudern. Lothar kann sie ihm in letzter Sekunde entreißen, doch der innerlich zerrissene Nathaniel stürzt sich selbst in die Tiefe. Unten steht lachend der Advokat Coppelius.

Die Geschichte erwarb zusätzliche Popularität, als sie zu einer wichtigen Motivquelle für Jacques Offenbach Oper Hoffmanns Erzählungen wurde, in der die Puppe Olimpia wieder auftritt, der arme Nathaniel aber durch Hoffmann selbst ersetzt wird.

Mary Wollstonecraft Shelley: Der sterbliche Unsterbliche: Ein junger Student wird Schüler bei dem berühmten Alchemisten Cornelius Agrippa. Er möchte es eigentlich nicht, tut es aber wegen der jungen Berta, die er liebt, um endlich zu etwas Geld zu kommen. Cornelius ist dabei, einen Zaubertrank gegen die Liebe zu mischen. Der Student, den Eifersucht gegen Berta gepackt hat, weil sie mit einem anderen Mann ausgeritten ist, nimmt von der Mischung und lässt den Rest fallen. Der Student verlässt Cornelius, aber das Elixier hat nicht die gewünschte Wirkung. Der Student hat Mut und Fröhlichkeit gewonnen, und so erringt er endlich Berta. Nach fünf Jahren wird der Student ans Bett des sterbenden Agrippas gerufen. Dieser erzählt ihm, dass er das Elixier endlich ein zweites Mal zusammenbrauen konnte. Es ist in Wirklichkeit das Elixier der Unsterblichkeit, aber zu spät für Cornelius, der verscheidet, ohne es zu sich nehmen zu können. So vebringt der Junge seine Tage an der Seite Bertas, und im Unterschied zu ihr verändert er sich nicht. Die Leute beginnen zu munkeln, ob er es mit dem Teufel zu tun habe, und so sind die beiden letztendlich gezwungen, heimlich fortzugehen und sich im Ausland niederzulassen. Schließlich stirbt Berta, die immer eifersüchtig auf ihren jungen Mann war und alles tat, um selbst als jünger auszusehen. Der Mann lebt viele Jahre allein, sich nach dem Tode sehnend, doch niemals sterbend, ein sterblicher Unsterblicher, denn er könnte sehr wohl durch Gewalteinwirkung ums Leben kommen. Drei Jahrhunderte, nachdem er das fatale Getränk nahm, geht er auf eine Expedition, die kein anderer Mensch ertragen könnte, um seine Unsterblichkeit auf die Probe zu stellen. Ob er zurückgekehrt ist? Niemand weiß es.

Edgar Allan Poe: Im Strudel des Mahlstroms: Im Nordmeer, vor der Küste Norwegens, existiert ein Mahlstrom, der sich in einem bestimmten Stadium der Gezeiten öffnet. Der Strudel ist mörderisch, mehr als eine Meile im Durchmesser. Er verschlingt alles, was in seinen Bann gerät, schleudert es auf den Meeresboden und spuckt es zerschmettert wieder aus. Ein alter Fischer erzählt, wie er in den Bann des Studels geriet. Er war mit seinen beiden Brüdern auf dem Meer, als sie durch einen fürchterlichen Sturm zum Strudel geweht wurden. Einer der drei wird bald über Bord geschleudert, die beiden anderen kämpfen gegen die Anziehungskraft des Mahlstroms, bis dieser das Boot zu verschlingen beginnt. Doch siehe – Gegenstände einer bestimmten Form, die sich bereits ebenfalls im Abgrund befinden, werden nicht weiter nach unten gezogen, sondern wandern sogar nach oben. So gelingt es dem einen Bruder, sich auf ein Fass zu retten, welches vom Strudel wieder ausgespuckt wird, während der andere samt dem Boot rettungslos nach unten gezogen wird. Das Haar des Überlebenden ist aber über Nacht weiß geworden.

Edgar Allan Poe (1809 – 1849) war ein Schriftsteller, der mit seinen Geschichten Ruhm als Klassiker der Kriminal-, der unheimlichen und der utopischen Literatur erworben hat. Die SF-Elemente der vorgestellten Geschichte sind allerdings sehr gering, da hätte es bessere Beispiele gegeben.

Nathaniel Hawthorne: Rapaccinis Tochter: Der Student Giovanni Guasconti zieht nach Padu, um dort seine Studien durchzuführen. Er nimmt Quartier, aus seinem Zimmer kann er in einen Garten sehen, in dem seltsame Pflanzen gedeihen. Es ist der Garten Rapaccinis, des berühmten Arztes. Giovanni beobachtet auch Beatrice, die hübsche Tochter Rapaccinis, die sich oft im Garten aufhält. Er verliebt sich in das Mädchen. Beatrice umgibt ein Geheimnis. Wenn sie Insekten anhaucht, sinken sie tot zu Boden. Rapaccini hat in seinem Garten verschiedenste giftige Pflanzen gezüchtet und Beatrice an diese Gifte so gewöhnt, dass sie selbst Gift verströmt. Nachdem Giovannis häufigen Kontakt mit Beatrice hat, wird auch sein Atem kontaminiert. Professor Baglioni, ein Rivale Rapaccinis, den Giovanni konsultiert, gibt ihm ein Gegengift. Im Vertrauen darauf, dass das ein Heiltrank ist, lässt Giovanni Beatrice als erste trinken. Doch das Gift hatte bereits für Beatrice das Leben bedeutet, so bringt ihr das Gegengift den Tod.

Edward Page Mitchell: Die Uhr, die rückwärts ging: Tante Gertrud hat eine Standuhr, die nie aufgezogen wird. Die beiden jungen Cousins, ihre Neffen, beobachten sie, wie sie sich an der Uhr zu schaffen macht, worauf sich die Zeiger rückwärts bewegen. Als die Uhr wieder stehenbleibt, stirbt die Tante und vermacht ihren Neffen die Uhr und Geld für ein Studium an der Leidener Universität. Die beiden jungen Männer reisen von Maine nach Holland und finden sich bald auch sprachlich zurecht, denn das Holländisch kommt ihnen wie ein Dialekt des Englischen vor. Im Geschichtsunterricht hören sie von der Belagerung Leidens durch die Spanier im Unabhängigkeitskrieg, in dem ein Unbekannter der Held bei der erfolgreichen Verteidigung der Stadt war. Professor Van Stopp besucht die beiden Studenten und beobachtet die Uhr, welche sie aus Amerika mitgenommen haben. Es entspinnt sich eine Debatte über das Wesen der Zeit. Warum sollte die Uhr nicht rückwärts gehen und auch die Zeit umkehren können? Als Van Stopp, der Gertrud eigentümlich ähnlich sieht, die Uhr rückwärts dreht, werden die Cousins in der Zeit genau zum Punkt der Belagerung Leidens zurückgeworfen. Sie treffen dort auf den Uhrmacher Jan Lipperdam, ein Alter Ego von Professor Stopp. Harry wird zum Mann, dem die Holländer den Sieg verdanken. Während sein Cousin in seine Gegenwart zurückkehrt, bleibt er in der Vergangenheit zurück, denn er hat dort seine Gefährtin Gertruid gefunden.

Robert Duncan Milne: In die Sonne: Ein Komet nähert sich der Sonne. Die Wissenschaft diskutiert darüber, was die Folgen sein können, falls er tatsächlich in das Zentralgestirn stürzt. Die Folgen sind katastrophal für die Erde! Eine Feuerwalze wälzt sich über die Kontinente, Depeschen warnen westlich gelegene Gebiete vor dem Untergang. San Francisco hat noch eine Galgenfrist, London ist bereits verbrannt. Zwei Männer versuchen, dem Inferno auf der Erde zu entkommen, indem sie mit einem Fesselballon in die Lüfte steigen. Dort ist zwar die Temperatur niedriger als unten auf den Boden, steigt aber auch auf wahnsinnige sechzig Grad. Und die Luft ist schon so dünn, höher dürfen sie nicht mehr, sie würden ersticken. Dann wird der Ballon von einem Orkan erfasst und mit unverstellbarer Wucht durch die Lüfte geschleudert. Der eine Passagier stürzt in den Abgrund, und der Ballon mit dem zweiten Mann wird nach unten geblasen, der brennenden Erde entgegen...

Frank R. Stockton: Die Erzählung von der negativen Schwerkraft: Ein Forscher entdeckt, wie man die Schwerkraft vermindert oder sogar ganz aufheben kann. Nachdem seine Frau Angst hat, dass er wegen der wirtschaftlichen Auswertung seiner Erfindung keine Zeit mehr für sie hat, verzichtet er darauf. Stattdessen reisen die beiden durch Europa und ersteigen zusammen die höchsten Berge, was durch die Apparatur zur Schwerkraftverminderung erleichtert wird. Der Vater der künftigen Schwiegertochter löst aber die Verlobung der Kinder, weil ein auf den Bergen herumhüpfender Schwiegervater gesellschaftlich unmöglich ist. Nachdem sich die beiden Väter zufällig treffen, eröffnet der Forscher Mr. Gilbert, seinem Widerpart, welche Erfindung er getätigt hat. Nachdem dieser überzeugt worden ist, dass der Forscher kein Verrückter ist, steht der Verbindung der beiden Jungen nichts mehr im Wege. Die Erfindung bleibt aber bis zum Ableben des Forschers geheim, sie wird erst als Teil seines Erbes dem Sohn zur allfälligen Auswertung übergeben.

Guy de Maupassant: Der Horla: Ein Mann beginnt, sich nicht mehr wohl zu fühlen. Er fühlt sich krank und hat seltsame Träume. Er hat den Eindruck, dass sich jemand in seinem Schlaf auf ihn legt und ihm den Hals zudrückt. Eine Reise zum Mont Saint-Michel bringt kurzfristige Besserung, aber zuhause geht der Spuk wieder los. Nach der Nacht ist die Karaffe Wasser und Milch ausgetrunken, feste Nahrung bleibt aber unangetastet. Hat er selbst getrunken oder ist eine unsichtbare Wesenheit im Haus? Ergreift jemand Besitz von seiner Seele? Er liest eine Nachricht in der Zeitung, dass in Brasilien eine seltsame Krankheit ausgebrochen ist. Die Opfer fühlen sich von unsichtbaren Mächten verfolgt, die ihnen gleich einem Vampir die Lebenskraft aussaugen – genau wie bei ihm! Er hat doch ein brasilianisches Schiff die Seine herauffahren sehen, hat sich … der Horla … vom Schiff aus ihn als Opfer erkoren? Wie kann er ihn töten? Er merkt, dass der Horla um ihn herumschleicht, springt hinaus, versperrt die Tür und fackelt das Haus ab. Gerettet, der Horla ist tot! Doch sein lichtdurchlässiger Körper kann durch Feuer nicht getötet werden! Dann gibt es nur mehr einen Ausweg – sich selbst zu töten.

Die Geschichte kann als Gespenstergeschichte oder als Begegnung mit einer fremden Wesenheit gelesen werden. Außerdem ist Autobiographisches zu vermuten, denn de Maupassant litt jahrelang unter schlimmen Kopfschmerzen, die möglicherweise von einer Syphilis stammten, wurde in ein Pflegeheim eingewiesen und verfiel in geistige Umnachtung, an der er erst dreiundvierzigjährig verstarb.

J. H. Rosny ainé: Die Xipehux: Tausend Jahre vor der Entstehung Babylons entdecken die Pjehu-Nomaden auf ihrer Wanderung seltsame, kegel-, quader- und zylinderartige Formen, die sich in einem großen Kreis gruppieren. Auf dem Körper bedindet sich ein hell strahlender Stern. Als sich die Menschen nähern, werden sie von den Formen angegriffen, viele der Menschen sterben durch die Strahlen, die von den Formen ausgesandt werden. Priester meinen, es handle sich um Götter, denen man huldigen müsste, und man unternimmt eine Wallfahrt zu ihnen. Doch wehe, wer dem unsichtbaren Bannkreis zu nahe kommt, wird massakriert. Die Menschen machen eine Umzäunung mit Pfählen um das Gebiet der Formen, damit sich niemand mehr der Todesgefahr aussetzt. Aber das nützt nur eine Weile, denn die unheimlichen Kegel vergrößern ihr Gebiet, sie dringen immer weiter vor und beschränken den Lebensraum der Menschen. Bakhun, ein tapferer, weiser Mann, schafft es, die Kegelformen zu beobachten und herauszufinden, wo ihre Achillesferse ist, denn mit normalen Waffen können sie nicht getötet werden. Er findet heraus, dass die Xipehux, wie er sie nennt, Lebewesen sind, die eine eigene Gesellschaftsordnung haben. Sie haben auch eine Art Sprache, indem sie unterschiedlich Lichtzeichen auf die Oberfläche des Angesprochenen richten. Endlich kommt er auf die Schwachstelle der Xipehuz, Wenn man den Stern trifft, der sich auf der Oberfläche der Wesen befindet, sterben sie. Mit diesem Wissen geht Bekhun zu seinem Volk zurück. Er sammelt ein riesiges Heer an, ein gigantischer Krieg entbrennt. 140000 Menschen kämpfen gegen die kleine Schar von etwa 4000 Xipehuz. Die Xipehux sind aber schwer an ihrer empfindlichen Stelle zu treffen. Die Menschen erleiden riesige Verluste, zehn Menschen sterben auf einen der Formen. Doch die Menschen lernen und ein immer größeres Gebiet wird gesäubert. Schließlich ist der letzte der Unheimlichen getötet, die Erde gehört wieder den Menschen. Bakhun bedauert die Xipehuz und fragt sich, warum der Alleinzige solche eine Metzelei zugelassen hat.

Edward Bellamy: Wer immer dies erreicht: Ein Schiffsreisender überlebt im Indischen Ozean den Schiffbruch und wird an ein Eiland angeschwemmt, das von Menschen bewohnt wird, die Gedanken lesen können und deswegen die Sprache abgelegt haben. Es handelt sich um Nachkommen von Persern, welche vor Jahrhunderten hierher verschlagen wurden. Der Reisende wird von einem Dolmetscher, welcher als einer von wenigen sprechen kann, in die hiesigen Verhältnisse eingeführt. Aufgrund des füreinander offenen Geistes hat sich eine Zivilisation entwickelt, die der sogenannten entwickelten – westlichen – Welt weit überlegen ist. Die Bewohner sind ethisch-moralisch viel höher entwickelt. Der Reisende verliebt sich in eine Einheimische, und die beiden werden ein Paar mit einer Beziehung, die viel tiefer ist als die zwischen normalen sprechenden Menschen im Rest der Welt. Bei einem Versuch, auf eine benachbarte Insel des Archipels überzusetzen, wird der Reisende abgetrieben und von seiner Frau getrennt. Er wird von einem amerikanischen Schiff aufgelesen, aber die Überfahrt wird der Gebrochene nicht überleben.

Arthur Conan Doyle: Das große Keinplatz-Experiment: Professor von Baumgarten ist ein Psychologe, der sich mit den Beziehungen zwischen dem Geist und dem Körper befasst. Er will mit Experimenten herausfinden, ob es möglich ist, dass die Seele vom Körper getrennt und wieder zurückgeholt werden kann. Als Versuchsobjekt stellt sich ihm der junge Fritz von Hartmann zur Verfügung, unter der Bedingung, dass ihm der Professor seine Tochter Elise zur Frau gibt. Das große Experiment wird vor Publikum durchgeführt, und es scheint, dass es misslungen ist. Doch es hat funktioniert, aber der Professor und sein Student haben den Geist ausgetauscht. Für die Öffentlichkeit sieht es so aus, dass sich der Professor mehr als unanständig auffführt, während der Student besonnen die Situation beruhigt. Es dauert eine Weile, bis die beiden begreifen, dass sie im falschen Körper sind. Bis dahin haben sie durch unerwartetes Verhalten bei einer Reihe von Mitmenschen Kopfschütteln erzeugt, besonders der im Körper des Professor befindliche Student, der sich mit anderen Studenten vollaufen lässt. Die Rettung besteht darin, das Experiment zu wiederholen, was funktioniert. Von Baumgarten muss sich Vorhaltungen wegen seines ungebührlichen Verhaltens machen lassen und sein Bericht wird von den Wissenschaftskollegen als unglaubhaft zurückgewiesen. Doch Fritz gewinnt endlich seine geliebte Elise.

Herbert George Wells: In der Tiefe: Mit einer neu entwickelten Tauchkugel wagt sich der Forscher Elstead in bisher unerreichte Abgründe des Meeres. Er will die Wahnsinnstiefe von 5 Meilen erreichen. Nach einer halben Stunde soll ihn die Automatik wieder nach oben holen. Doch es dauert viel länger, erst nach zwölf Stunden schießt die Kugel wieder empor, als man den Tiefseeforscher bereits fast aufgegeben hatte. Er erzählt eine seltsame Geschichte, denn er hat eine Zivilisation von intelligenten Wesen entdeckt, die sich auf dem Meeresboden befindet. Die Meereswesen hielten ihn für einen Gott, schleppten die Tauchkugel in ihre Stadt und beteten ihn in einer stundenlangen Zeremonie an. Sein Glück war, dass das Tau, an dem die Kugel hing, durchscheuerte und als die Kugel frei wurde, den Verehrern nach oben entschwebte. Nachdem sich Elstead erholt hat und nach seinen Angaben ein zweites, verbessertes Modell des Tauchgeräts gebaut worden ist, wagt er sich erneut in die Tiefe. Doch er kehrt nie wieder zurück. Eine weitere Tauchfahrt ist geplant, um sein Schicksal zu ergründen.

Grant Allen: Die Katastrophe im Themsetal: Ein englischer Urlauber ist mit dem Fahrrad einige Tage unterwegs. Er trifft einen Amerikaner, mit dem er über die Möglichkeit diskutiert, dass es auch in England zu Erdspaltenausbrüchen kommen könnte. So etwas erscheint hier äußerst unwahrscheinlich, aber in anderen Gegenden der Erde kommen solche Katastrophen nach wie vor vor. Es ist kaum glaublich, aber am nächsten Tag sieht sich der Urlauber einer riesigen Flammenwand gegenüber, die sich auf ihn zubewegt und sich durch das Themsetal nach unten wälzt. Das Unwahrscheinliche ist gerade hier eingetroffen! Der Urlauber radelt verzweifelt Richtung London, um seine Familie zu retten und andere Menschen vor der Katastrophe zu warnen. Aber seinen im Vorbeifahren gerufenen Warnungen wird kein Glauben geschenkt, die Leute halten ihn für einen Verrückten. Letztens erkennt er, dass er es zu seinem Heim nicht mehr schaffen wird. Seine Hoffnung ist nur, dass seine Familie den Großvater besucht hat, der weiter oben in den Hügeln wohnt. Tatsächlich entdeckt er seine Familie unbeschadet, und alle können sich auf höherliegendes Gebiet flüchten. Die Katastrophe hat aber das ganze Themasetal vernichtet und mit Lava ausgefüllt. Auch London ist mit seinen Millionen Einwohnern untergegangen. Das britische Volk aber hat die Katastrophe überstanden und arbeitet sich mit der neuen Hauptstadt Manchester wieder empor.

C. J. Cutcliffe Hyne: Die Echse: Ein Höhlenforscher dringt auf einer seiner Expeditionen unter der Erde in unerforschtes Gebiet vor. Er entdeckt den Kadaver eines toten Sauriers und tritt gegen den Körper des Tieres, das zu neuem Leben erwacht und den Menschen als willkommene Beute ansieht. Nach einer wilden Verfolgungsjagt rettet sich der Forscher wieder an die Oberfläche. Den Menschen im Dorf fällt der extreme Verwesungsgeruch, den er mit sich bringt, äußerst unangenehm auf. Von Höhlenabenteuern hat der Forscher jedenfalls genug.

Jack London: Tausend Tode: Ein junger Mann wird ertrunken aus dem Wasser gezogen und mittels einer neuen Apparatur wieder zum Leben erweckt. Der Retter ist in Wirklichkeit der Vater des Ertrunkenen, ein Wissenschaftler, der sich seit Jahren damit beschäftigt hat, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Er verwendet seinen Sohn als Versuchskaninchen und setzt ihn tausend Tode aus, nach denen er ihn immer wieder zu neuem Leben erweckt. Schließlich gelingt es dem Sohn, eine desintegrierende Kraft zu entdecken, die den Zusammenhang der Moleküle aufhebt. Er setzt seinen Peiniger der Kraft aus, worauf sich der Vater in Luft auflöst und der so oft Gequälte frei ist.

Die Geschichten sind natürlich für heutige Augen in unterschiedlichem Ausmaß lesbar. Interessant sind auf jeden Fall die Ideen, die hinter den Erzählungen stecken. Bemerkenswert ist auch, dass die Herausgeber von Amerika über den großen Teich blickten und nicht nur Erzählungen von englischsprachigen Autoren aufnahmen, sondern mit E. T. A. Hoffmann einen Deutschen sowie mit Guy de Maupassant und J. H. Rosny ainé auch zwei Franzosen.

Heyne Science Fiction ClassicsDie zweite Anthologie, welche wir heute betrachten, ist die 1989 in der allgemeinen SF-Reihe (die Heyne Science Fiction Classics waren zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte) erschienene Science Fiction aus den Goldenen Jahren. Das ist der sechste Band aus der Anthologienreihe Isaac Asimov Presents the Great SF-Stories. Diese Reihe, welche in Zusammenarbeit mit Martin H. Greenberg entstand, erreichte im amerikanischen Original immerhin 25 Bände. Die ersten 5 Bände, welche die besten Kurzgeschichten der Jahre 1939 – 1943 präsentierten, erschienen auch auf Deutsch, und zwar zwischen 1980 und 1982 in der Reihe Playboy SF des Moewig-Verlages. Der zeitliche Beginn der Reihe ist nicht ganz zufällig gewählt. Denn in diesem Jahr begann der Zweite Weltkrieg, und kann man dieses Jahr auch als Startpunkt für das Goldene Zeitalter der Science Fiction ansehen, also nicht das Jahr 1944, wie der deutsche Untertitel der Heyne-Anthologie möglicherweise suggerieren könnte. Die Geschichten sind jedenfalls so interessant, dass ich sie gerne zusammen mit den expliziten Titeln der Heyne Science Fiction Classics in dieser Artikelserie vorstelle.

A. E. van Vogt: Ferner Centaurus: Das erste interstellare Raumschiff der Menschheit ist in Richtung Centaurisystem unterwegs. Die kleine Besatzung verbringt die meiste Zeit im Tiefschlaf, um die Jahrhunderte dauernde Reise zu überleben. Pelham, der die Ewigkeitsdroge entwickelt hatte und selbst Besatzungsmitglied war, zählt zu den Opfern seiner eigenen Erfindung und stirbt im Schlaf. Die drei Überlebenden, darunter mit Renfrew der Konstruktuer des Raumschiffes, kommen nach fünfhundert Jahren im Centaurisystem an und werden bereits von Menschen empfangen. Während der Reise des Raumschiffs hat sich die Technik weiterentwickelt, schnellere Raumschiffe wurden gebaut, und das Centaurisystem ist längst von Menschenabkömmlingen besiedelt. Die Fernreisenden werden zwar freundlich empfangen, aber mit gerümpften Nasen, denn sie stinken für die Nachgeborenen. Die Menschheit hat mittlerweile einen anderen Körpergeruch und empfindet die Raumfahrer als Anachronismen. Renfrew kauft ein Raumschiff und fliegt mit seinen Kameraden zurück zum Sonnensystem der Erde. Er führt sie in eine Zeitverwerfung, die sie so zurückwirft, dass sie ein halbes Jahr nach ihrer Abreise von der Erde wieder ankommen. So können sie in fünfzig Jahren, falls sie bis dahin noch leben, ihren ersten Funkspruch aus dem Weltall nach dem Erwachen aus der ersten Schlafperiode von der Erde aus hören.

Cleve Cartmill: In letzter Sekunde: Der Geheimagent Ybor dringt in das Gebiet von Sixa vor. Er muss die Atombombe unschädlich machen, welche der Wissenschaftler Dr. Sitruc entwickelt hat. Die Bombe könnte nicht nur den Krieg zwischen Sixa und Seilla entscheiden, sondern den ganzen Planeten Cathor in die Luft blasen. Die Aktion gelingt in letzter Sekunde.

Die Geschichte ist eine Anmerkung wert. Agenten des amerikanischen Geheimdienst klopften beim Autor und bei John W. Campbell jr. an, dem Herausgeber von Astounding Stories, dem Magazin, in dem die Geschichte im März 1944 erschien. Cartmill hatte in der Geschichte technische Details über die Bombenkonstruktion erwähnt, welche die Geheimdienstler Verdacht schöpfen ließen, ob etwas vom tatsächlich existierenden Manhattan-Projekt nach außen gesickert wäre. Es waren allerdings durchaus frei zugängliche Informationen, die Cartmill verwendet hatte. Viele der Namen in der Geschichte sind Anagramme, so ist Sixa leicht als Axis (=Achse) und Seilla als Allies (=Alliierte) identifizierbar.

Leigh Brackett: Der Schleier von Astellar: Das ist die Geschichte von Jay Goat, dem Psychovampir, der zum Verräter an zwei Völkern wurde. Goat wurde von Außerirdischen entführt, welche aus einem fremden Universum in das Sonnensystem eingedrungen sind und sich auf dem Asteroiden Astellar niedergelassen haben. Sie haben Jay umgeformt und zu einem der ihren gemacht. So kann er mit psychischen Kräften Menschen die Lebenskraft aussaugen und damit sein eigenes Leben verlängern. Er ist auf dem Mars und begegnet dem jungen Paar Brad und Virgie. Die junge Frau erinnert ihn an seine verstorbene Liebe Missy. Jay geht an Bord des Raumschiffes "Queen of Jupiter", welches sich zu den neuen Jupiterkolonien aufmacht, kapert es und führt es in den Schleier von Astellar. Dort beginnen die Einwohner begierig, den Opfern wie Schlachtvieh das Leben zu entreißen. Virgie samt Baby und Mann sind unter den Passagieren des Raumschiffes. Jay entdeckt, dass Virgie eine Nachfahrin von Missy und somit von ihm selbst ist, denn sie hat ein Medaillon an der Brust hängen, das gleiche, dessen zweites Exemplar auch er besitzt. Er dreht durch und vernichtet Astellar, mit ihm alle Angehörigen seines neuen Volkes und seine Geliebte Shirina, die mit ihm die Weiten der Galaxis durchstreifte. Aber die "Queen of Jupiter" und viele der Kolonisten sind gerettet und können ihre Reise fortsetzen. Jay aber geht dem Tod entgegen, denn die Geräte, welche die Lebenskraft aus den Menschen gezogen haben, sind mit dem Untergang Astellars auch vernichtet.

Eine Anmerkung sei noch gemacht: Die Erzählung gehört im weitesten Sinn zum abenteuerlich-romantischen Geschichtenzyklus um den sterbenden Mars um die Helden Eric John Stark und Matt Carse. Sie beginnt in der Stadt Jekkara, welche in auch im erwähnten Zyklus einige Male Schauplatz ist.

Fritz Leiber: Geistige Gesundheit: Carrsbury, der frühere Generalsekretär der Welt, lässt Phy rufen, den Arzt. Er hält ihn für geisteskrank, aber in Wirklichkeit sitzt er selbst im Irrenhaus, weil er längst unfähig ist, sich an die Gesellschaft rings um ihn anzupassen. Phy ist froh, Carrsbury endlich loszuweden, denn durch den andauernden Kontakt mit dem Kranken, um ihn bei Laune zu halten, macht er sich langsam Sorgen um seine eigene geistige Gesundheit.

John R. Pierce: Unveränderlich: Der alte Wissenschaftler Homer Green erhält Besuch. Es ist ein junger Forscher, der sich Aufschlüsse über seine Arbeiten erhofft. Green hat einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt, indem er entdeckte, wie man Gewebe komplett regenerieren kann. Er hat sich selbst zum Versuchsobjekt gemacht und lebt jetzt seit über 200 Jahren unverändert. Die Begegnung mit dem Studenten entschwindet gleich aus seinem Gedächtnis, denn sein unveränderbares Gehirn springt wieder zum Zeitpunkt zurück, als er den Selbstversuch machte.

Clifford D. Simak: Die Stadt: Die Erfindung der Atommotors bedeutet das Ende der Städte . Die Menschen ziehen hinaus aufs Land, denn sie sind nicht mehr von zentralen Infrastrukturen abhängig. Bürgermeister Webster wehrt sich gegen die Entwicklung, aber die Häuser, welche er von Bestzern räumen lassen und abfackeln wollte, sind verkauft, der Stadtrat aufgelöst. Die Überreste der Stadt werden in eine Gedenkstätte umgebaut.

Die Erzählung ist die erste eines Serials von acht Geschichten, welche mit verbindenden Texten zum Episodenroman City vereinigt wurden (auf Deutsch unter anderem als: Als es noch Menschen gab), welcher 1953 den International Fantasy Award gewann. Die intelligent gewordenen Hunde haben das Erbe der Menschheit angetreten und erzählen sich Geschichten über die Zeit, als die Rasse der Menschen noch nicht ausgestorben war.

Clifford D. Simak: Zuflucht: Das ist die zweite Geschichte der City-Serie. Jerome A. Webster sitzt auf seinem Landgut und geht seinen Neigungen nach. Er ist ein bekannter Wissenschaftler, der Jahre auf dem Mars verbracht und dort Freundschaft mit der intelligenten einheimischen Spezies geschlossen hat. Als Juwain, sein marsianischer Freund, aufgrund einer Krankheit in Lebensgefahr gerät, soll Webster zum Mars fliegen, um ihn zu operieren. Doch Webster wehrt sich. Wie viele andere Menschen hat er eine Agoraphobie entwickelt und kann sein Anwesen nicht mehr verlassen. Der Anruf des Präsidenten bringt ihn dazu, es vielleicht doch zu versuchen. Doch als das Schiff kommt und Webster zum Mars mitnhmen will, werden die Gesandten von Websters robotischem Diener Jenkins weggeschickt, denn es ist doch komplett unsinnig, dass sein Herr das behagliche Zuhause verlassen wollte.

Clifford D. Simak: Flucht: Das ist der bereits vierte Teil der City-Serie. Die Jupiter-Forschungsmission hat Probleme. Vier Männer, die körperlich verwandelt wurden, damit sie in der Umwelt des Jupiter überleben können, haben nacheinander die Forschungsstation verlassen und sind nicht zurückgekehrt. Als Ken Fowler, der Leiter der Forschergruppe, einen weiteren Mann hinausschicken will, wird er beschuldigt, sie in den Tod zu schicken. Er entschließt sich trotzdem, und auch dieser Mann bleibt verschollen. Dann lässt er trotz der heftigen Proteste die Vorbereitungen für zwei weitere Auszuschleusende treffen. Er und sein Hund Towser werden hinausgehen. Die beiden erkennen draußen bald, warum die anderen nicht zurückgekehrt sind. In ihrer neuen Gestalt erkennen sie die Umgebung überwältigend schön. Towser kann sich endlich mit Fowler mühelos verständigen. Beide haben einen wesentlich schärferen Verstand bekommen, der ganz andere Blickwinkel erlaubt. Die Mühseligkeit des alten Körpers ist abgelegt, speziell für den alten Towser, der bereits gebrechlich war. Nein, sie werden nicht zurückkehren und sich wieder in einen Hund oder gar in einen Menschen zurückverwandeln lassen.

Einige aufmerksame Leser haben möglicherweise bemerkt, dass das Ende der Geschichte Der Preis des bekannten deutschen Autors William Voltz dieser Erzählung sehr ähnlich ist. Es ist durchaus möglich, dass sich Voltz von Simak beeinflussen ließ. Es ist aber durchaus keine Schande, wenn Ideen von Neuem erzählt werden, das passiert ja laufend, ohne dass man gleich „Plagiat!“ schreien muss. Aber was mich verblüfft hat, ist die generelle Stilähnlichkeit zwischen beiden Autoren – ein getragener, oft melancholischer Ton mit nur hintergründigem Humor.

Fredric Brown: Arena:
Diese Geschichte wurde bereits für einigen Wochen im Zug der Präsentation der Titan-Anthologien vorgestellt, deshalb hier nur ein Hinweis und der Link darauf.

Lester del Rey: Güte: Danny ist der letzte Homo sapiens. Es ist hart, wenn man mit seinen geistigen Kräften weit unter denen der anderen Menschen ist und als Freak zwar freundlich behandelt, aber insgeheim ausgelacht und verachtet wird. Danny entwickelt einen Plan. Er entführt das letzte von Sapiensmenschen gebaute Raumschiff, das in seinem Museum als Ausstellungsobjekt steht, und fliegt mit ihm zu einem der Asteroiden, der einst von seinen Artgenossen besiedelt wurde, um dort in Ruhe sein Leben zu Ende führen können. Was er aber nie erfährt, ist dass das Schiff extra für ihn nachgebaut worden ist. Die Supermenschen haben den ganzen Plan eingefädelt, denn sie wollten dem letzten Vormenschen in ihrer Güte einige Zeit des Glücks ermöglichen.

Lewis Padgett (Gemeinschaftspseudonym für Henry Kuttner and C. L. Moore): Wenn der Zweig bricht: Joe und Myra Calderon haben viel Freude mit ihrem eineinhalbjährigen Sohn Alexander. Das ändert sich schlagartig, als vier kleine Männlein mit riesigen Köpfen und Metallhelmen an der Wohnungstür anläuten und Einlass begehren. Sie kommen aus der Zukunft und erklären, dass Alexander der erste einer neuen Menschenrasse ist, des Homo superior. Er selbst hat die Männlein aus der Zukunft gesandt, sie sollen in die Erziehung Alexanders eingreifen, denn nur so kann er zu später vollen geistigen Kräften kommen und seine Potentiale ausschöpfen. Die Veränderungen gehen rasch, Alexander lernt früh sprechen und seinen Willen auszudrücken. Emotional bleibt er aber ein bockiges Kleinkind, und das bringt die Eltern bald an den Rand des Zusammenbruchs, denn der Kleine entwickelt auch parapsychische Kräfte, mit denen er sie herumteleportieren kann, falls sie seinen Anweisungen nicht gehorchen. Am Ende baut er einen Kasten zusammen, der ihn ins Nichts verschwinden lässt, als er ihn in Betrieb nehmen will. Also hat er in der Zukunft niemals seine Boten zu seinen Eltern zurücksenden können, alles ist nie geschehen.

Theodore Sturgeon: Killdozer! EinArbeitskommando von sechs Mann wird auf einer kleinen Pazifikinsel abgesetzt, um während des Weltkrieges eine Landepiste für die US-Luftwaffe zu bauen. Bald kommt es zu rätselhaften Vorkommnissen, denn der Caterpillar Daisy Etta funktioniert nicht richtig. Es kommt zu einem tödlichen Unfall, als der Maschinenführer Rivera abgeworfen wird. Vorarbeiter Tom wird vom intriganten Dennis beschuldigt, den Jungen ermordet zu haben. Der Caterpillar wird stillgelegt, aber nach Wiederinbetriebnahme macht sich das Gefährt selbständig und beginnt, die Arbeiter anzugreifen. Eine Wesenheit aus grauer Vorzeit wurde durch die Bauarbeiten aus seinem Schlaf erweckt, ist in das Gefährt hineingefahren und hat es zu unheilvollem Eigenleben erweckt. Nach mühevollem Kampf wird der Caterpillar mithilfe des großen Löffelbaggers unschädlich gemacht, Nur Tom und zwei weitere Kameraden haben überlebt, einer davon ist wegen der Ereignisse wahnsinnig geworden. Er hatte angefangen, das Gefährt als Gott anzubeten und wollte die Kollegen für ihn massakrieren. Tom muss keinen Bericht an seine Vorgesetzten abliefern, den ihm niemand glauben würde, denn ein Bombenangriff der Japsen hat glücklicheweise so große Schäden angerichtet, dass man keine Erklärungen mehr abgeben muss.

C. L. Moore : Nie wurde eine solche Frau geboren: Die Geschichte über eine Frau, deren Gehirn in einen Roboterkörper verpflanzt wurde, ist im Sammelband der besten Storys dieser Autorin Der Kuss des schwarzen Gottes enthalten, welcher erst vor einigen Wochen vorgestellt wurde, deshalb hier nur ein Hinweis und der Link darauf.

Ob alle Geschichten als Klassiker einzustufen sind, lasse ich einmal dahingestellt. Aber auf jeden Fall handelt es sich zum Großteil um sehr interessante Storys, welche sich gut zusammen in einem Band machen und ein Gefühl dafür geben, welch intellektuelles Feuerwerk in den vierziger Jahren in der SF abbrannte. Eine Fülle von Ideen wurde damals präsentiert. Manchmal scheint es, als habe dagegen heutzutage das Genre eine gewisse Zukunftsmüdigkeit erfasst. War die Zukunft von gestern besser als die von heute?

Mit den beiden Anthologien ist der Streifzug durch die Heyne Science Fiction Classics und einige Bände, die ich kurzerhand mitbetrachtet habe, abgeschlossen. In der kommenden letzten Folge der Artikelserie ziehe ich noch ein Resümee über die im Verlauf ziemlich genau eines Jahres vorgestellten Werke.

 

Bibliographie

Anmerkung:
Es werden die Ausgaben in den Heyne Science Fiction Classics sowie die Originalausgaben der Werke angeführt.

1983

4022
als Herausgeber gemeinsam mit Martin H. Greenberg und Charles G. Waugh:
Science Fiction Erzählungen des 19. Jahrhunderts
- Isaac Asimov: Einleitung: Die ersten hundert Jahre der Science Fiction
- E. T. A. Hoffmann: Der Sandmann
- Mary Wollstonecraft Shelley: Der sterbliche Unsterbliche
- Edgar Allan Poe: Im Strudel des Mahlstroms
- Nathaniel Hawthorne: Rapaccinis Tochter
- Edward Page Mitchell: Die Uhr, die rückwärts ging
- Robert Duncan Milne: In die Sonne
- Frank R. Stockton: Die Erzählung von der negativen Schwerkraft
- Guy de Maupassant: Der Horla
- J. H. Rosny ainé: Die Xipehux
- Edward Bellamy: Wer immer dies erreicht
- Arthur Conan Doyle: Das große Keinplatz-Experiment
- Herbert George Wells: In der Tiefe
- Grant Allen: Die Katastrophe im Themsetal
- C. J. Cutcliffe Hyne: Die Echse
- Jack London: Tausend Tode

Originalausgabe (1981):
Isaac Asimov Presents the Best Science Fiction of the 19th Century
- Isaac Asimov: Introduction: The First Century of Science Fiction (1981)
- E. T. A. Hoffmann :The Sandman (1974) (Der Sandmann, 1816)
- Mary Shelley: The Mortal Immortal (1833)
- Edgar Allan Poe :A Descent Into the Maelstrom (1852)
- Nathaniel Hawthorne: Rappaccini's Daughter (1844)
- Edward Page Mitchell: The Clock That Went Backwards (1881)
- Robert Duncan Milne: Into the Sun (1882)
- Frank R. Stockton: A Tale of Negative Gravity (1884)
- Guy de Maupassant: The Horla, or Modern Ghosts (1910) (Le Horla, 1887)
- J. H. Rosny aîné: The Shapes (1968) (Les Xipéhuz,1887)
- Edward Bellamy: To Whom This May Come (1889)
- Arthur Conan Doyle: The Great Keinplatz Experiment (1885)
- H. G. Wells: In the Abyss (1896)
- 0Grant Allen: The Thames Valley Catastrophe (1897)
- C. J. Cutcliffe Hyne: The Lizard (1898)
- Jack London: A Thousand Deaths (1899)

Anmerkung:
Die Zahlen in Klammern geben das Jahr der Erstveröffentlichung der jeweiligen Geschichte an, bei Geschichten, die aus dem Deutschen oder Französischen übersetzt wurden, das Jahr der Erstveröffentlichung in Englisch und in der Originalsprache.


1989

4600
als Herausgeber gemeinsam mit Martin H. Greenberg:
Science Fiction aus den Goldenen Jahren. Das Jahr 1944
- Martin H. Greenberg: Einleitung
- A. E. van Vogt: Ferner Centaurus
- Cleve Cartmill: In letzter Sekunde
- Leigh Brackett: Der Schleier von Astellar
- Fritz Leiber: Geistige Gesundheit
- John R. Pierce: Unveränderlich
- Clifford D. Simak; Die Stadt
- Fredric Brown: Arena
- Clifford D. Simak: Zuflucht
- Lester del Rey: Güte
- Clifford D. Simak: Flucht
- Henry Kuttner and C. L. Moore [as by Lewis Padgett]: Wenn der Zweig bricht
- Theodore Sturgeon: Killdozer!
- C. L. Moore : Nie wurde eine solche Frau geboren

Originalausgabe (1981):
Isaac Asimov Presents the Great SF Stories 6 (1944)

- Martin H. Greenberg: Introduction
- A. E. van Vogt: Far Centaurus
- Cleve Cartmill: Deadline
- Leigh Brackett: The Veil of Astellar
- Fritz Leiber: Sanity
- John R. Pierce: Invariant
- Clifford D. Simak; City
- Fredric Brown: Arena
- Clifford D. Simak: Huddling Place
- Lester del Rey: Kindness
- Clifford D. Simak: Desertion
- Henry Kuttner and C. L. Moore [as by Lewis Padgett]: When the Bough Breaks
- Theodore Sturgeon: Killdozer!
- C. L. Moore : No Woman Born


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Tags: Science Fiction and Fantasy

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