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Dämonenjäger Isaac Kane - Sonderband 1: Das Grauen schleicht durch Wien

Dämonenjäger Isaac Kane
Sonderband 1: Das Grauen schleicht durch Wien

Von Michael Blihall

Friedrich Aigner ist 1958 Polizist bei der Polizeidirektion in Wien. Bei der Untersuchung eines Mordfalles an einem Obdachlosen kommt er einer Organisation auf die Spur, die eine alte Gottheit wiederbeleben will. Ein geheimnisvoller Besucher aus London unterstützt ihn bei den Ermittlungen und ihm wird schnell klar, dass die Ereignisse Berührungspunkte zu seiner eigenen dunklen Vergangenheit haben.
*** Spoileralarm: Die Rezension enthält Details zur Auflösung der Geschichte.


Oberinspektor Friedrich Aigner untersucht im Jahr 1958 einen Mord an einem Obdachlosen im Wien der Nachkriegszeit. Die Hinweise auf eine okkulte Ursache verdichten sich, als Dr. Sophie Gruber sich an ihn wendet. Sie ist Mitarbeiterin im kunsthistorischen Museum und hat dort einen Sarkophag mit ihrem englischen Studenten Isaac Kane untersucht, der eine Verbindung zum Mordfall aufweist. Im Sarkophag befindet sich ein mumifiziertes Krokodil und der ermordete Obdachlose weist Bissspuren eines großen Tieres auf.

Aigner wird von Ian West kontaktiert und mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. Der Polizist ist zur Zeit des dritten Reiches Mitarbeiter der Gestapo gewesen und hatte bereits in den 30ern Kontakt zur Thule-Gesellschaft, einer Vereinigung von Okkultisten, die den Nationalsozialisten nahestand. Aigners ehemalige Kameraden haben die Überreste des ägyptischen Krokodilgottes Sobek nach Großbritannien geschafft, um das alte Wesen wiederzubeleben.

Aigner nimmt Kontakt zu seinen Freunden auf und kann in den inneren Zirkel der Okkultisten Vordringen. Dort erfährt er über deren Pläne. Mit der Hilfe Sobeks wollen sie in Österreich die Macht ergreifen und eine neue nationalsozialistische Regierung unter ihrer Führung implementieren. Zusammen mit Ian West nimmt Aigner den Kampf gegen den alten Gott und seine Kameraden auf.

In Isaac Kane Band 0 erlebt der Leser mit, wie Kanes Eltern ums Leben kommen und Ian West zum Jäger wird. Band 1 spielt viele Jahre später und Kane ist bereits ein erwachsener Mann. Zwischen diesen Bänden klafft eine Lücke von mehreren Jahrzehnten, die mit diesem Band etwas gefüllt wird.
Für diesen Sonderband hat sich Erfinder Ulrich Gilga etwas Besonderes einfallen lassen. Er schreibt die frühen Erlebnisse Ian Wests nicht selbst, sondern hat hierfür Michael Blihall gewinnen können. Den Lesern einschlägiger Heftromanserien dürfte der Autor bekannt sein. Erste Kurgeschichten veröffentlicht er in John Sinclair, bis er schließlich 2021 seinen ersten Roman für den Gespenster Krimi einreicht. Seitdem schreibt er weiter für den Gespenster Krimi, aber auch für Jerry Cotton oder Professor Zamorra. 2024 erscheint sein erstes Buch mit dem Titel "Die Brücke" beim Blitz-Verlag.

Der Roman ist flott und unterhaltsam geschrieben und mit dem Krokodilgott Sobek werden Erinnerungen an die Monster-Filme der 50er Jahre wach. Die besondere Leistung dieses Romanes besteht darin, dass Blihall nicht nur eine einfache Gruselgeschichte erzählt, sondern den Leser in das Nachkriegs-Wien der 50er Jahre eintauchen lässt. Der österreichische Autor setzt sich phasenweise kritisch mit der NS-Vergangenheit seines Landes auseinander, was für einen Heftroman nicht unbedingt üblich ist. Das macht die Geschichte spannend und hebt sie aus der Masse der Publikationen hervor.

Mit Friedrich Aigner führt Blihall eine interessante Hauptfigur ein, die so ihre Schattenseiten hat. Er ist kein einfacher Polizist, der als Ermittler einfach nur mit übernatürlichen Phänomenen konfrontiert wird, einem Konstrukt, wie er oft im Heftroman vorzufinden ist. Aigner war Mitglied der NSDAP und hat sich als Mitarbeiter der Gestapo während der Nazi-Zeit schuldig gemacht. Der Leser erfährt nicht, um welche Verbrechen es sich handelt. Das sind gute Voraussetzungen für weitere Sonderbände, die Aigner aus dem Allerlei der Serienhelden hervorheben können. Er ist traumatisiert, obwohl er nicht an der Front als Soldat gedient hat. Demzufolge wird er als Gestapo-Mann möglicherweise schwere Verbrechen begangen haben.

Darüber hinaus ist er Mitglied der völkisch-antisemitischen Thule-Gesellschaft gewesen, die es wirklich gegeben hat. Die Organisation gründet sich in den Wirren nach dem ersten Weltkrieg und wird 1925 aufgelöst. Ihre Mitglieder organisieren sich in weiteren, dem Nationalsozialismus nahestehenden Organisationen, die einen Bezug zu okkulten Themen haben. Aus dramaturgischen Gründen lässt Blihall die Thule-Gesellschaft über 1925 hinaus bestehen und Aigner einen Kontakt zu der Gruppe herstellen.
Im Jahr 1958 ist die Besatzungszeit der russischen Armee beendet, die Folgen des Krieges sind aber immer noch sichtbar. Langsam tritt wieder Normalität in den Alltag der Wiener ein und erste Linienflüge fliegen die Hauptstadt der jungen Republik Österreich wieder an. Im historisch verbürgten ersten Flug von London nach Wien reist Ian West in die Stadt, um dort Aigner zu treffen und die Thule-Gesellschaft an deren Machtübernahme zu hindern.

Die Okkultisten planen Sobek in einer aufsehenerregenden Aktion zum Leben wiederzuerwecken. Im Jahr 1958 hat der Film „In 80 Tagen um die Welt“ mit Yul Brunner seine Leinwandpremiere und dieses Ereignis soll zur Wiederkehr des alten Gottes genutzt werden; und sogar Yul Brunner hat einen kurzen Auftritt.

Blihall lässt weitere historische Persönlichkeiten in dem Roman auftreten. Im Zuge der Ermittlungen bekommt Aigner Kontakt zu Leopold Breitenecker, dem Leiter der Gerichtsmedizin in Wien. Breitenecker ist tatsächlich seit Anfang der 30er Jahre Mitglied der NSDAP gewesen und nach 1945 aus dem Hochschuldienst entlassen worden. Im Zuge der Entnazifizierung wurde er rehabilitiert und ihm wurde die Leitung der Gerichtsmedizin anvertraut. Blihall merkt an einigen Stellen an, dass viele Männer, die im dritten Reich Verbrechen begangen haben, in der Republik Österreich wieder an wichtigen Schaltstellen sitzen. Selbst seine Hauptfigur Aigner hat Schuld auf sich geladen.

Der junge Isaac Kane ist zu dieser Zeit noch Student und absolviert ein Auslandspraktikum in Wien. Er ahnt noch nichts von seiner Bestimmung und erkennt die übernatürlichen Zusammenhänge des Falls nicht. Ian West erkennt den jungen Mann natürlich sofort wieder und umschifft sorgsam ein Zusammentreffen.

Michael Blihall legt einen spannenden Roman vor, der das Universum von Isaac Kane erweitert. Garniert mit historischen Anspielungen und der Auftritte realer Personen lässt der Autor das Wien der Nachkriegszeit auferstehen und spart nicht mit der Kritik an seinen Landsleuten, die mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet haben und nun wieder in verantwortungsvollen Positionen sind. Da hofft der Leser, dass es weitere Fälle mit Friedrich Aigner geben wird, denn das Potential dieses Charakters ist noch lange nicht ausgeschöpft.

 

Dämonenjäger Isaac Kane
Sonderband 1: Das Grauen schleicht durch Wien
Von Michael Blihall

Erscheinungsdatum: 02.02.2024
Preis EBook: 2,79€
Taschenbuch: 5,79€
Gebundene Ausgabe: 13,79€
Herausgeber: Ulrich Gilga

02/2025

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