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Das Schwarze Auge – Die neuen Hörspiele von Europa

Das Schwarze Auge bei EUROPADas Schwarze Auge - Die neuen Hörspiele
- Ein Überblick -

Nachdem Anfang des Jahres bekannt geworden war, dass der Horchposten-Verlag die Rechte für die DSA-Hörbücher verloren hatte, war das Gejammer in der Szene entsprechend groß, hatten es die Männer und Frauen um André Helfers doch geschafft, mit den von ihnen herausgebrachten Hörbüchern allgemein ein sehr positives Echo zu erhalten. Doch kaum war die Hiobsbotschaft verhallt, kündigte der Europa-Verlag, der immerhin schon seit Jahrzehnten für namhafte und qualitativ hochwertige Kinder- und Jugendhörspiele bekannt ist, eine Reihe von Hörspielen rund um „Das Schwarze Auge“ an.

Diesmal sollten jedoch nicht bereits bekannte Romane und Geschichten vertont werden, sondern eigens für die vom Studio LAUSCH aus Hamburg produzierte Serie geschriebene Storys verwendet werden. LAUSCH dürfte dem einen oder anderen durchaus ein Begriff sein, zeichnet das Studio doch für die (sehr gelungenen) Umsetzungen der „Dunkelelf-Saga“ von R.A.Salvatore ins Hörspielgenre verantwortlich.

Nun also sollte „Das Schwarze Auge“ an der Reihe sein, gerade im Zuge der enorm erfolgreichen Veröffentlichung des PC-Spiels „Drakensang“ sicherlich ein guter Schachzug, denn von der gesteigerten Medienpräsenz, die im Umfeld der Präsentation von „Drakensang“ zu verzeichnen war, sollten nun auch die Pen&Paper-Produkte, aber auch alle anderen unter dem DSA-Label veröffentlichten Produkte profitieren. Ob die Hoffnung der Szene auf gelungene Hörspiele zum erfolgreichsten deutschsprachigen Rollenspiel berechtigt war, versuche ich in den folgenden Rezensionen zu den ersten drei bei Europa erschienenen DSA-Hörspielen zu beantworten.

Geplant sind derzeit übrigens drei Zyklen mit jeweils sechs Hörspielen. Jeder Zyklus soll innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein, also sechs Folgen im Jahr. Man darf also durchaus gespannt sein, ob der Erfolg (oder Misserfolg) der ersten drei CDs die zukünftigen Pläne bestärken kann oder ob es eventuell gar nicht zu den angekündigten weiteren Veröffentlichungen kommt.


Folge 1
Das Tor in die Vergangenheit Das Tor in die Vergangenheit
Produktion: Lausch Phantastische Hörspiele
Regie, Musik, Produktion: Günter Merlau
Buch: Linda Budinger
CD, Laufzeit ca. 56 Minuten, 9,95 €
Best.-Nr. 88697 11370 2
EUROPA


Tobrien steht unter der Herrschaft des Dämonenkaisers Galotta. Der junge Devin und seine Mutter befinden sich auf der Flucht vor den Schergen des Bösen und kommen dabei in einen unheimlichen Wald.

Devins Mutter kommt schliesslich zu Tode und er muss sich alleine weiter durch ie Wildnis schlagen. Plötzlich öffnet sich ein Tor in die Vergangenheit und Devin findet sich unversehens im Frühjahr des Jahres 916 wieder – mehr als 100 Jahre in der Vergangenheit. Dort lernt er neue Gefährten kennen, mit denen er versuchen will herauszufinden, wie er zurück in seine Zeit gelangen und dort den Untergang seiner Familie rächen kann.

Bereits der Infotext zum ersten der neu erschienenen DSA-Hörspiele von Europa lässt erahnen, dass nicht mit DSA vertraute Hörer leichte Probleme bei der Einordnung der unterschiedlichen Orts- und Personennamen haben könnten. Tatsächlich wird der Hörer unvermittelt mit dem Einstieg in die Story konfrontiert. Leider hat Europa es versäumt zumindest im Booklet so etwas wie ein Glossar der Begriffe bzw. ein paar einleitende Worte zur Welt des Schwarzen Auges zu platzieren. Eigentlich schade, ist dies doch beispielsweise bei den DSA-Romanen seit Jahren ein fester Standard. Doch dies allein sollte einem ja nicht den Spaß an einem gut gemachten Hörspiel nehmen. Mit der Autorin Linda Budinger hat Europa eine mit dem DSA-Universum durchaus vertraute Schreiberin verpflichtet, was zumindest sicherstellen sollte, dass auch DSA-Kenner keine Angst vor Ungereimtheiten im Bezug auf die aventurische Konsistenz haben mussten. Frau Budinger hat bereits zu Heyne-Zeiten einen DSA-Roman (Der Geisterwolf) sowie zwei weitere bei Fantasy Productions (Golder Wolf bzw. Wald der Verlorenen) veröffentlicht. Leider kann der Auftakt zur DSA-Reihe trotzdem aus verschiedenen Gründen nicht vollends überzeugen. Zwar kann man grundsätzlich an der Qualität der Sprecher, Geräusche und Musik nichts nennenswertes aussetzen, was mich allerdings (neben der bereits Erwähnten fehlenden Infos zum DSA-Background) doch stört, ist die Tatsache, dass ich mir nach den sehr schönen Horchposten-Hörbüchern auch für die Hörspiele etwas „erwachsenere“ Handlungsabläufe gewünscht hätte. Klar, bei Europa konnte man sicherlich von vornherein nicht erwarten, dass es sich um Hörspiele für eine erwachsene Hörerschaft handeln würde, doch hier wird meiner Meinung nach weder Fisch noch Fleisch geboten. „Alten Hasen“ aus der DSA-Gemeinde wird es sicherlich so gehen, dass ihnen eine Geschichte wie „Das Tor in die Vergangenheit“ weder besonders viel Neues und auch nichts wirklich Spannendes zu bieten vermag. Jüngere Hörer, die vielleicht im Zusammenhang mit dem PC-Spiel „Drakensang“ zum ersten Mal etwas von DSA gehört haben, dürften die fehlenden Infos zum Gesamtzusammenhang doch  erheblich den Hörgenuss mindern und eher zur Verwirrung beitragen. Doch blenden wir diese Kritikpunkte noch einmal aus und wenden uns der technischen Seite zu: Wie oben angesprochen halte ich die (technische) Qualität des Hörspiels für doch recht ansprechend. Der Erzähler und die Sprecher der Hauptrollen sind (wenngleich mir namentlich bislang unbekannt) recht passend gewählt, Musik und Geräuscheinsatz sind auch in Ordnung und bewegen sich auf gehobenem Niveau. Nichts anderes war allerdings von einem renommierten Label wie Europa zu erwarten. Zur Story lässt sich nicht wirklich etwas Abschließendes schreiben, da es sich bei „Spur in die Vergangenheit“ nur um den Auftakt eines Zyklus handelt, der 2009 fortgesetzt werden soll. So endet die Geschichte in dem Moment, in dem man eigentlich denkt: Jetzt kann´s losgehen. Leider ist mir die Story bislang aber doch zu sehr auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten (s.o.). Doch dies wird sich ja vielleicht im weiteren Verlauf noch ändern (leichte Zweifel sind aber angebracht).

Fazit: Technisch gelungener Auftakt der Reihe mit einigen inhaltlichen Schwächen und meines Erachtens nicht geeignet, um die Altersgruppe der typischen DSA-Spieler anzusprechen (aber es gibt ja  genügend „Alleskäufer“ unter Hardcore-DSAlern).

Hier besteht Besserungsbedarf.


Folge 2
Die geheimnisvolle Burg Die geheimnisvolle Burg
Produktion: Lausch Phantastische Hörspiele
Regie, Musik, Produktion: Günter Merlau
Buch: Daniela Knor
CD, Laufzeit ca. 50 Minuten, 9,95 €
Best.-Nr. 88697 11371 2

Europa
 
Im aventurischen Dörfchen Sichelbronn verschwinden, seitdem ein neuer Besitzer auf der nahe gelegenen Burg eingezogen ist, spurlos Menschen. Gerüchte von seltsamen Kreaturen, die angeblich in den Wäldern ihr Unwesen treiben, sorgen für Unruhe unter der Bevölkerung. In dieser Situation kommen unabhängig voneinander Gerrick, ein Dieb oder Streuner als auch die Hexe Arba und ihr Begleiter, der Söldner Muraco in  Sichelbronn ein. Die Hexe und der Söldner wollen, genau wie Gerrick, der den im Dorf lebenden Außenseiter Jost dazu überredet, in die Burg eindringen. Während Jost glaubt, verschwundene Dorfbewohner befreien zu können, geht es Gerrick um Gold und Schätze. Die Hexe wiederum hat noch eine Rechnung mit dem Burgherren offen und der Söldner verfolgt ein ganz anderes Ziel…..

Genau wie beim ersten Teil der DSA-Reihe kann man auch bei „Die geheimnisvolle Burg“ nichts Negatives über die technische Umsetzung des Hörspiels sagen. Musik und Geräusche entsprechen dem (hohen) Standard des ersten Teils und auch die Sprecher sind gut gewählt. Vor allem Nina Müller, die die Hexe Arba spricht und Martin Wolf in der Rolle des Streuners Gerrick Treublatt geben gute Performances ab. Aber auch der Rest des Ensembles macht seine Sache gut. Die Story (und das ist positiv zu bemerken) stellt den Hörer, sofern er sich mit DSA nicht auskennt, vor weit weniger Verständnisprobleme und ist insgesamt auch etwas spannender geraten als noch bei „Tor in die Vergangenheit“. Gut gefallen hat mir persönlich die Mischung aus Spannung und Humor, welcher immer mal wieder in Zusammenhang mist Jost auftaucht, beispielsweise als er von Gerrick den Auftrag bekommt, den Torwächter abzulenken indem er ihm ein Märchen erzählt, und Jost dies so wörtlich nimmt, dass er tatsächlich beginnt eine alte Sage aus dem Herzogtum Weiden zu erzählen, in dem die Geschichte übrigens spielt.

Insgesamt ist es Daniela Knor, die auch für verschiedene DSA-Romane (Dunkle Tiefen / Roter Fluss, Blaues Licht u.a.) die Feder geschwungen (bzw. die Tastatur bearbeitet) hat, für meinen Geschmack erheblich besser gelungen, eine stimmige aventurische Geschichte abzuliefern, die weder zu spannend für Kinder noch zu langweilig für Erwachsene daherkommt.

Am Ende der 50 Minuten ist zwar auch hier lediglich der Grundstein für weitere Abenteuer der Protagonisten gelegt, aber insgesamt hat mir die Einführung dieser Abenteurergruppe erheblich mehr Hörgenuss bereitet als in „Tor in die Vergangenheit“. So kann es weitergehen.


Folge 3
Die Ruinen von Shaba´Yal Die Ruinen von Shaba´Yal
Produktion: Lausch Phantastische Hörspiele
Regie, Musik, Produktion: Günter Merlau
Buch: Chris Van Ronnen
CD, Laufzeit ca. 60 Minuten, 9,95 €
Best.-Nr. 88697 11372 2

Europa

Unheil geht von der legendären Stadt Shaba’Yal aus. Der junge Magier Vigon träumt seit frühester Kindheit davon, die verschollene Stadt und ein besonderes, magisches Buch zu finden. Das Volk der Zwerge spürt eine unheimliche Bedrohung aus dem Innern der Erde und beauftragt den Zwerg Rammox, die Ursache zu ergründen. Auch die Auelfin Allacaya macht sich auf den Weg, um die Bedrohung ausfindig zu machen.

Gleich zu Beginn der Geschichte, die aus der Feder des mir bislang völlig unbekannten Chris van Ronnen stammt, wird ein Unterschied zu den beiden ersten Folgen deutlich. Die Atmosphäre ist sowohl bei der Einführung der Bösewichte als auch auf dem Marktplatz von Al´Anfa deutlich düsterer und dichter und auch die Sprache ist um einiges rauer. So habe ich mir die Stimmung eines DSA-Hörspieles vorgestellt. Leider tritt kurze Zeit später auch der Nachteil an Van Ronnens Story zutage: Der Autor nimmt es nicht allzu genau mit der aventurischen Stimmigkeit. Immerhin zeichnet sich Aventurien durch eine in vielen Jahren erarbeitete enorme Detailfülle aus, doch weder habe ich jemals von der „legendären“ Stadt Shaba´Yal gehört, noch wird deutlich um welche Zwergenstadt es sich bei dem ersten Auftritt von Rammox, Sohn das Gandrasch handelt.  Am meisten stören jedoch die Zaubersprüche, die in dieser Form in keiner anderen DSA-Publikation erwähnt werden, sowie die Steinwürmer, die ebenso noch nirgends aufgetaucht sind, obwohl gerade in diesem Bereich sehr genaue Vorgaben existieren, an denen sich der Autor hätte orientieren können. Nun gut, diese Ungereimtheiten werden wohl in erster Linie DSA-Spezialisten bemängeln, verfolgt man allerdings die Diskussionen hierüber in den gängigen DSA-Internetforen, scheint es davon durchaus eine stattliche Anzahl zu geben. Hörer, die mit der Materie nicht so vertraut sind oder einfach keinen gesteigerten Wert auf detailgenaue Darstellung des aventurischen Backgrounds legen, werden sich daran allerdings kaum stören.

Ein Pluspunkt der Geschichte ist eindeutig, dass hier langsam deutlich wird, dass die drei ersten Folgen zu einer größer angelegten Story gehören, da hier erneut von den magischen Büchern die Rede ist, die in der zweiten Folge bereits in der Burg aufgetaucht sind. Außerdem ist sowohl die Zusammensetzung der Gruppe sehr gut gelungen, wenngleich etwas Klischeehaft geraten (Elfe, Zwerg, Magier). Die Handlung ist stets interessant, und durch den in dieser Folge stark erhöhten Actionanteil auch zu keiner Zeit langweilig. Nachdem die Qualität der Sprecher sich bereits vom ersten zum zweiten Teil steigern konnte, wird hier nochmals eine Verbesserung erzielt. Uwe Hügle als der Zwerg Rammox, Marco Reinbold als Magier Vigon und Katharina Rivilis als die Elfe Allacaya präsentieren sich in Bestform. Genau wie in den vorangegangenen Teilen sind Geräusch- und Musikuntermalung passend gewählt und vermögen die Atmosphäre der Geschichte gut zu unterstützen.

Der dritte Teil der Serie ist bislang eindeutig der gelungenste. Sollte Europa mit der konstruktiven Kritik aus der DSA-Szene sinnvoll umgehen und die Wünsche der Spieler- und Fangemeinde nach mehr Konsistenz in Zukunft berücksichtigen, denke ich, dass uns durchaus noch etliche gut gemachte und spannende DSA-Hörspiel bevorstehen. Allerdings muss Europa sich tatsächlich überlegen, für welche Zielgruppe die Hörspiele produziert werden, denn allzu kindgerechte Produktionen wird die Mehrzahl der potentiellen Käufer wohl kaum hören wollen. 

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