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Der Heftroman: »Die Nr. 1« - Tombstone - Die Gebrüder Kane

Der Heftroman - Die Nr. 1Tombstone - Die Brüder Kane

Jede neue Serie muss sich an den Verkaufsständen beweisen. Ein Schlüsselroman - wahrscheinlich der Schlüsselroman schlechthin - dürfte bei einem Serienneustart der jeweilige Auftaktband sein.

Bereits mit Band 1 muss die neue Serie den potenziellen Käufer am Kiosk ansprechen. Der Roman muss überzeugen, eine zweite Chance wird vom Leser nur selten gewährt. Das Konzept muss stimmen, die Optik muss passen und nicht zuletzt muss der Roman unterhalten.

 

Und er muss Lust auf eine Fortsetzung machen. Wenn der Leser den Folgeband schlicht haben will, dann hat es funktioniert.

In unregelmäßigen Abständen möchte ich einige Nr.-1-Bände der Vergangenheit nun näher betrachten.

Die letzte Kugel trifftDie letzte Kugel trifft
Tombstone - Die Brüder Kane
Sie waren Brüder - Jim, der eiskalte Vulkan, Amos, der bullige Kleiderschrank, Johnny, der hitzige Linkshänder.
Western von Peter Burnett (= Peter Dubina)
Moewig, 1967

Der Rancher Aaron Kane lässt Jim Kane, Amos Pratt und Johnny Pratt zu sich nach Tombstone, Arizona, kommen und klärt die drei auf, dass sie seine Söhne seien. Zwischen Aaron und Jim Kane kommt es zum Konflikt - Jim verlässt die Ranch und lässt sich von Aaron Kanes größtem Konkurrenten John Haynes kaufen.

Obwohl er in Haynes Diensten steht, beschützt Jim Kane seine Brüder. Zudem wirft er ein Auge auf Jim Haynes Schwester, die jedoch bereits von Haynes' rechter Hand Keir McDonald umworben wird.

Doch selbst als Aaron Kane hinterrücks erschossen aufgefunden wird, kann Jim Kane den Hass auf seinen Vater nicht überwinden und bleibt in Colonel Haynes Diensten. Erst als auch auf ihn ein Attentat verübt wird, beginnt er umzudenken, will Tombstone mit Abbe Haynes verlassen.
Dann erfährt er, dass Abbe ihn nur aus Tombstone weghaben will, da seine Brüder hier in eine Falle gelockt werden sollen. Es kommt zur Schießerei - die drei Kane-Brüder gegen Colonel Haynes mit seinen Männern.

Der Roman wirkt sehr distanziert zu der Hauptfigur Jim Kane. Obwohl der älteste der Kane-Brüder im Zentrum der Handlung steht, gewährt Peter Burnett dem Leser nur sehr selten einen tieferen Einblick in dessen Gedankenwelt. Fast bekommt man den Eindruck, die Handlung wäre im falschen Medium angesiedelt: Der Autor nutzt die Stärken des Films, vernachlässigt darüber aber leider auch die Stärken der Schrift. Manchmal wirkt dadurch die erzeugte Spannung etwas gekünstelt, da sie nur deswegen entstand, weil man die Figur nur von außen betrachten darf und erklärende Gedankengänge nicht aufgezeigt werden.

Die großen Konflikte in diesem Auftaktroman wirken gut herausgearbeitet. Zwei Rancher, die sich um ein großes Territorium streiten, zudem einige Siedler, die zwischen die Mahlsteine kommen. Klassisch, nicht wirklich neu, aber die Mischung gefällt.

Bei den kleineren Konflikten hingegen 'menschelt' es mitunter zu sehr. Als Beispiel sei nur der Vorwurf an Jim Kane genannt, für Quantrill geritten zu sein, nur weil er für die Konföderierten gekämpft hat. Hier rächt es sich, dass der Autor seine Charaktere, wie oben bereits ausgeführt, zu sehr aus der Distanz schildert.

Pluspunkte kann der Autor zusätzlich zur sehr gelungenen Gesamthandlung durch mehrere Nebenschauplätze sammeln: Der angedeutete Nord-Süd-Konflikt der Brüder erzeugt durchaus latente Spannung, die mehrmalig geschilderten Pokerrunden wirken sehr eindringlich und sind sehr gut in die Gesamthandlung eingebettet.

Mit den detaillierten Schilderungen der Waffen und dem Alltäglichen hebt der Roman sich zudem positiv aus der Masse der Westernromane hervor.

Fazit: Insgesamt ein sehr gelungener Auftaktband. Peter Burnett hat sich für eine distanzierte Erzählweise entschieden, die das Geschehen mit kleinen Abstrichen gut vermittelt.

Tombstone im Serienprofil:

Seriencharakter: Vorhanden: Die in Band 1 begonnene Handlung wird in den Folgebänden fortgesetzt. Die Romane bauen (zumindest in der Anfangszeit) aufeinander auf. Kurzzyklen von etwa 5 Bänden werden die Regel werden.

Cliffhanger: Nein. Band 1 hat zumindest einen vorübergehenden Abschluss. Der Roman steht für sich, allerdings wie ein Kapitel in einem längerem Buch.

Charaktere: Der Untertitel lautet: "Die Brüder Kane". Beim Auftaktband wurde einer davon herausgehoben - es muss sich zeigen, ob Jim Kane die Serienhauptfigur ist oder ob die Brüder abwechselnd im Vordergrund stehen.
Es scheint, dass Amos und Johnny auf die Ranch festgelegt werden, während Jim Kane die Abenteuer darum herum erleben darf. Tatsächlich bringen es Jims Brüder auf nur eine einzige namentliche Nennung bei den Untertiteln, während Jim Kane sehr häufig genannt wird.

Lust auf Fortsetzungen: Definitiv Ja!

Hintergrund:
Wie bereits einige Jahre vorher mit PERRY RHODAN in der SF beschreitet der Moewig-Verlag mit TOMBSTONE neue Wege im Western-Genre - greift dabei aber auf die Erfahrungen, die mit der SF-Serie gesammelt wurden, zurück:
In unserem Verlag erscheint seit 5 Jahren die Zukunftsroman-Serie PERRY RHODAN, die einen solch riesigen Erfolg hatte, dass sie heute die größte Zukunftsroman-Serie der Welt ist und sogar verfilmt wird. Ihre Helden - Perry Rhodan, Gucky, Bully, Atlan u. a. - kennt heute schon bald jedes Kind.
Genauso soll es mit der neuen Western-Serie TOMBSTONE - DIE BRÜDER KANE werden, deren ersten Band Sie in der Hand halten. Diese Serie wurde über ein Jahr lang vorbereitet und wieder und wieder getestet. ...
Tombstone - die Brüder Kane Nr. 1: Seite 3
 
Nicht nur bei den Arbeiten im Hintergrund stand Perry Rhodan Pate!

Bei der Optik - der Titelbildgestaltung - sollte mit Jonny Bruck sogar der Titelbildzeichner der SF-Serie für Tombstone tätig werden. Wenn man die von ihm gezeichneten Bilder näher betrachtet, lassen sich viele 'Verwandschaften' (seien es die Gesichtszüge oder die dargestellten Momentaufnahmen an sich) über die Serie hinweg feststellen.

Peter DubinaBei Tombstone habe ich den Eindruck, dass der Einsatz von Jonny Bruck immer mehr zurückging. Allerdings finde ich es bemerkenswert, dass die Bildkompositionen an sich doch immer wieder an sein Werk erinnert. Handelte es sich dabei um Teamwork?

Verwunderlich ist, dass Peter Burnett bis einschließlich Ausgabe 62 als alleiniger Autor genannt wurde. Warum der Bezug zu Perry Rhodan, wenn dann genau in dem Punkt, der Perry Rhodan von anderen Serien abhebt, abgewichen wird? Ein Autorenteam, das nach den Angaben eines Exposéautors die aufeinander aufbauenden Romane verfasst. Vielleicht ein Hinweis, dass Hauptautor Peter Dubina die Romane nach Exposé geschrieben hat?

Einige der Peter-Burnett-Romane weichen stilistisch deutlich von Peter Dubinas normaler, für den Heftromanbereich weit überdurchschnittlicher Qualität ab. Entweder ein Zeichen, dass er im Laufe des Erscheinens überlastet war, oder aber, es erschien doch der eine oder andere Roman eines weiteren Autors ebenfalls unter dem Pseudonym Peter Burnett.

Kommentare  

#1 Alfred Wallon 2012-01-10 09:07
TOMBSTONE war und ist immer noch die beste deutsche Ranchwesternserie, die es jemals gab. Ich besitze alle 104 Bände und glaube, hierzu etwas als "Experte" sagen zu können.
Nicht überall wo Peter Burnett als Autorenname stand, war auch Peter Burnett "drin". Es war ein Sammelpseudonym, das aber sehr oft von Dubina genutzt wurde.
Jim Kane stand in vielen Romanen als "Überfigur" im Vordergrund, das war bewusst so inszeniert. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass einige der Romane aus dieser Serie vorher als Einzelromane in anderen Reihen erschienen sind und nachträglich für TOMBSTONE umgearbeitet wurden. D.h. die Romane waren vorher ganz normale Western ohne jeglichen Seriencharakter.
Was ausgefeilte Charaktere, düstere zerrissene Personen und Romane ohne Happy-End angeht, so war und ist Peter Dubina auch heute noch die absolute Ausnahme unter den Western-Autoren hierzulande. Er schrieb mir einmal, dass "die Welt da draußen schlimm genug sei, er könne deshalbe keine Romane schreiben, die in einer heilen Welt spielen."
#2 Andreas Decker 2012-01-10 21:21
Interessehalber habe ich mal in die derzeitige R.F.Garner-Reprintreihe reingelesen. Ich kannte nur Dubinas paar Horrorromane. Die Western sind wirklich überdurchschnittlich erzählt. Vielleicht drucken sie ja einen der Tombstone-Romane bei Kelter nach.

Kelters übliche Rosstäuschung bei dem Autor kann ich ja sogar noch verstehen. Würde 5te Neuauflage draufstehen statt "Neu", würde die Reihe wahrscheinlich gar keiner kaufen. Trotzdem, Dubina hätte wirklich eine bessere und ehrlichere Edition verdient.
#3 Alfred Wallon 2012-01-11 08:40
Innerhalb der R.F.Garner-Reihe wurden schon mehrere TOMBSTONE-Romane veröffentlicht. Allerdings mit veränderten Namen der Titelhelden. Das wird auch weiterhin so sein. Außerdem ist es das erste mal, dass Dubina hier eine eigene separate Reihe bekommen hat.

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