Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Hendrick Arnold?
Wie war das mit Hendrick Arnold?
: Am 9. November 1849 starb in Texas ein Mann namens HENDRICK ARNOLD. Er war der erste schwarze Texas Ranger der Geschichte.
In meinem Buch DIE TEXAS RANGERS habe ich u. a. darauf hingewiesen, dass Lee Roy Young 1988 der erste afro-amerikanische Ranger war. Das gilt für unsere Zeit, für das 20. Jahrhundert. Tatsächlich hatte mir der Direktor der RANGER HALL OF FAME gesagt, dass es schon im frühen 19. Jahrhundert Rangers mit unterschiedlichem ethnischem Hintergrund gab.
Jetzt hat das Ranger-Museum in Waco nachgewiesen, dass HENDRICK ARNOLD der erste dokumentierte afro-amerikanische Texas Ranger war. Dieser Nachweis war schwierig, weil in den frühen Protokollen über die Verpflichtung von Rangers die Hautfarbe nicht genannt wurde. Hendrick Arnold war aber auch Mitglied der provisorischen Armee der Republik Texas. Über diese Linie wurde seine Herkunft geklärt.
Ich habe nach diesen Angaben weiter recherchiert und aus verschiedenen Quellen die folgenden Daten sammeln können.
Hendrick Arnold wurde 1804 in Kentucky geboren. (Das genaue Geburtsdatum ist unbekannt.) Sein Vater, Daniel Arnold, war ein weißer Pflanzer und seine Mutter, Rachel Arnold, eine Sklavin. Daniel Arnold hatte mehrere Sklaven, sah Rachel und seine Söhne mit ihr aber offenbar als frei an. Er zog mit seiner Familie Anfang der 1820er Jahre in die Kolonie von Stephen Austin in Texas. Das Gebiet befand sich im Besitz von Mexiko. Hier war Sklaverei verboten, aber kaum einer der amerikanischen Siedler hielt sich daran. Hendrick und sein Bruder Holly wuchsen frei auf. Arnold wurde 1826 erstmals amtlich erwähnt, und zwar als „freier schwarzer Mann aus San Antonio.“
Hendrick Arnold war selbst Sklavenhalter. Es war – auch wenn es selten erwähnt wird – nicht ganz ungewöhnlich, dass freie schwarze Farmer selbst Sklaven kauften. Mit einer seiner Sklavinnen hatte er ein Verhältnis. Im Juli oder August 1827 wurde eine gemeinsame Tochter namens Harriet geboren.
Im Herbst 1831 heiratete Hendrick Arnold in San Antonio eine mexikanische Frau namens Maria Ignacia Saucedo. Es war die Stieftochter von Erastus (Deaf) Smith, einem der legendären ersten Kämpfer für die texanische Unabhängigkeit und ebenfalls ein früher Texas Ranger. Beide hatten 3 Kinder: Mary Ann, Margaret und Napolean.
Arnold und sein Schwiegervater waren auf Bisonjagd im Norden von Texas, als mexikanische Truppen unter General Marin Perfecto de Cos 1835 San Antonio besetzten. Als sie sich auf dem Heimweg befanden, stießen sie auf ein Lager von Stephen Austin am Salado Creek und erfuhren, dass die mexikanische Armee die texanische Revolution zerschlagen wollte. Da seine Frau Mexikanerin war, wollte Hendrick Arnold zunächst neutral bleiben, bot Austin aber seine Dienste als Scout an. Im Oktober 1835 war er am Kampf von Conception beteiligt.
Als die texanische Armee San Antonio wieder besetzte, war Arnold nicht anwesend. Aber er diente als Scout unter Benjamin Milam während der Belagerung von Bexar. (Milam wurde im Dezember bei der Belagerung von Bexar von einem Scharfschützen erschossen.) Einer der Kommandeure, Francis Johnson, erwähnte Arnold in seinem offiziellen Bericht über die Belagerung namentlich und dankte für „seinen wichtigten Dienst.“
Am 3. Januar 1836 traf Arnold mit seiner Familie und der Familie von Erastus Smith in San Felipe de Austin ein. Am nächsten Tag beantragte er beim „General Council“, dem provisorischen Parlament von Texas, Unterstützung für seine Familie und verwies auf die Dienste von Erastus Smith für die Revolution. In dieser Zeit war er in der Scout-Kompanie unter Smith gelistet und nahm an der Schlacht von San Jacinto teil, mit der die texanische Unabhängigkeit besiegelt wurde.
Wie alle Veteranen der Revolution, wurde Arnold nach Gründung der Republik Texas mit Landzuteilungen belohnt. Er erhielt ein großes Areal – allerdings in einem Wildnisgebiet in der Nähe der heutigen Stadt Bandera. Man vermutet, dass ihm diese unwirtliche Parzelle gegeben wurde, weil er schwarz war, aber er beklagte sich nicht. Es gelang ihm, auch Landzuteilungen für seinen Vater Daniel und seinen Bruder Holly zu erlangen.
Hendrick Arnold errichtete mit seiner Familie ein Haus am Medina River und eröffnete eine Sägemühle in San Antonio, von der sich noch heute Überreste unweit der Mission San Juan befinden.
1839 starb Arnolds erste Frau. Er heiratete danach die Mexikanerin Martina Fuentes, mit der er ebenfalls mehrere Kinder zeugte.
Im Juni 1839 meldete sich Arnold zu den Mounted Volunteers (Berittene Freiwillige) unter Louis Frank. Das war eine Ranger-Truppe. 1842 trat er in die Kompanie der „Bexar County Rangers“ unter dem legendären Captain John Coffee Hays ein.
Bei Ausbruch des Krieges zwischen den USA und Mexiko 1846 meldete er sich zu den „Texas Mounted Volunteers“ und diente für ein Jahr in Bell’s Regiment, das für Scoutdienste, Spionage und als irreguläre Kavallerie eingesetzt wurde. Es bestand im Wesentlichen aus ehemaligen Rangers.
1849 grassierte eine Cholera-Epidemie im Bexar County, der Hendrick Arnold am 9. November erlag. Er wurde auf dem Medina-Ranch-Friedhof bestattet.
Hendrick Arnolds erstaunliche Geschichte ist u. a. dokumentiert in dem 1975 erschienenen Werk „The Afro-American Texans“ vom „Institute of Texan Cultures“ und in dem Artikel „The Free Negro in the Republic of Texas“ von Harold Schoen in „The Southwestern Historical Quarterly”, Vol. 40, No. 1 (Jul., 1936).
2011, am 175. Jahrestag der Unabhängigkeit von Texas, verabschiedete das texanische Parlament eine offizielle Erklärung zum Gedenken an Hendrick Arnold, in der es hieß:
„Hendrick Arnold wurde von den Männern, die mit ihm dienten, in hohem Ansehen gehalten. Somit verdient er unsere Anerkennung für die vitale Rolle, die er im Kampf um unsere Unabhängigkeit gespielt hat. Die 82. Versammlung des Repräsentantenhauses zollt hiermit dem Leben von Hendrick Arnold für seinen bemerkenswerten Dienst für die texanische Freiheit und für seinen Beitrag zur Gründung unserer Republik und des Lone-Star-Staates Tribut.“
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de