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Immer größer und weiter

Perry Rhodan ... und wirImmer größer und weiter

Momentan bin ich bezüglich des aktuellen Zyklus' mit mir am kämpfen. Klar, er wird schwerlich als einer der Besten in die PR-Geschichte eingehen, aber gänzlich uninteressant oder schlecht ist er nun auch nicht. Aber was ist es, das bei mir einen faden Geschmack hinterlässt, wenn ich einen Roman aus dem aktuellen Zyklus lese? Die Qualität der Romane ist da für mich nicht das Problem, die bewegen sich meist auf einem guten und bekannten PR-Niveau, ohne dieses aber steigern zu können.

 

Es plätschert einfach so vor sich hin. Mir fehlen einfach die Ausreißer nach oben, die mich dann als Leser aufhorchen lassen.

Natürlich könnte man jetzt anmerken, dass dies ein Jammern auf hohem Niveau ist, aber ganz so hoch sehe ich das Niveau momentan eben nicht mehr. Die Handlung wirkt wie ein großer Flickenteppich, der mehr schlecht als recht durch einen nicht sonderlich starken Kleber zusammengehalten wird. Die Autoren schaffen es dann durch ihre Qualität, dieses Manko etwas besser in den Griff zu bekommen, aber die fehlende Kontinuität ist trotzdem schwer zu kaschieren. Es werden zu viele Handlungsebenen angerissen, die dann aufgrund der Kürze und Vielfalt nicht so ausgearbeitet werden können, wie es eigentlich nötig wäre. Oder aber es werden Romane eingeschoben, die vergangene Ereignisse thematisieren, wie z. B. die Geschehnisse um Sinnafoch, Vastrear und seiner Equarma. Sicher nicht uninteressant, aber bei der momentanen Fülle an Handlungsebenen schaden sie der Kontinuität mehr als sie ihr nützlich sind.

Klar, nach den Ereignissen um TRAITOR bin ich als Leser sehr verwöhnt gewesen. Das war schon wirklich Klasse, was dem Leser dort präsentiert wurde. Dass man dieses Niveau immer weiter steigern kann ist natürlich sehr schwer, aber dass man dann recht deutlich unter dem damaligen Niveau liegt, überrascht mich dann doch etwas. Wobei der Start noch vielversprechend gewesen ist, aber je weiter die Handlung sich entwickelt hat, desto mehr hat man sich meiner Meinung nach einfach verzettelt. Aber noch einen weiteren Punkt empfinde ich persönlich als sehr störend, auf den denn auch die Überschrift dieses Artikels zurückzuführen ist.

Fast jeder Leser wird sich sicher noch an die Hyperdepression und deren Auswirkungen erinnern. Im Jahr 1331 NGZ sahen die Galaktiker sich einer Erhöhung des hyperphysikalischen Widerstandes ausgesetzt. Dies hatte zur Folge, dass die technologischen Standards der Völker der Milchstraße drastisch reduziert wurden. So verloren Syntroniken oder Metagravtriebwerke ihre Funktionsfähigkeit, andere Technologien sind nur noch mit deutlich verringerten Leistungsparametern zu betreiben. Das führt dann natürlich dazu, dass die zur Routine gewordenen Reisen zwischen den Galaxien nicht mehr so einfach möglich waren, ebenso wie auch die Entfernungen innerhalb der Milchstraße nicht mehr ganz so einfach zu bewältigen sind. So wurde es notwendig, dass man längst veraltete Technologie wieder einsetzen musste, wie das Lineartriebwerk, welches natürlich deutlich geringere Leistungsparameter als ein Metagravtriebwerk hat. Natürlich lernten die Völker der Milchstraße sich anzupassen, aber von ihrem früheren technologischen Niveau sind sie nach wie vor weit entfernt.

Diesen Schritt habe ich damals sehr begrüßt, denn der technologische Fortschritt musste einfach mal gebremst werden. Die Hyperdepression empfand ich als sehr gelungene Lösung für diese Problematik. Gleichzeitig verband ich damit die Hoffnung, dass die Gigantomanie in PR damit auch etwas eingebremst wird, was natürlich durch TRAITOR erst einmal Geschichte war, ich aber dies auch nicht wirklich als störend empfand, wenn man sich vor Augen führt, was die Aufgaben von TRAITOR sind und wer die Fäden dahinter zieht.

Dann endete dieser Zyklus und ich habe eigentlich fest damit gerechnet, dass die Milchstraße und deren Machtblöcke wieder mehr in den Vordergrund rücken. Denn das technologische Niveau der Milchstraße ließ ja einfach nicht mehr zu, dass man an verschiedensten Orten des Universums aktiv werden kann. Auch die Polyporthöfe haben mich erst mal nicht so sehr gestört, da diese allein noch keinen Rückfall in die Gigantomanie bedeuten. Auch die Raumschlachten gegen die Frequenz-Monarchie empfand ich nicht als übertrieben oder störend, da diese gegenüber TRAITOR ja noch recht überschaubar ausgefallen sind.

Wunder in GEfahrAber dann ging es wieder los. Auf die Polyporthöfe, die wieder Reisen in weit entfernte Galaxien ermöglichten, folgten dann die Handelssterne. Diese durchmessen Hunderte von Kilometern und übertreffen auch noch die gewaltigen KOLONNEN-Maschinen der Terminalen Kolonne. Aber damit noch nicht genug. Dann gibt es noch das Wunder von Anthuresta, TALIN ANTHURESTA. Hierbei handelt es sich um einen Handelstern mit einem Durchmesser von 3000 Kilometern. Alleine diese Zahl ist schon schwer vorstellbar, aber dann wird noch so richtig was draufgesetzt. Der Handelstern wird von 20.000 Scheibenwelten umkreist, die in einer Kugelschale verankert sind. So entsteht dann eine künstlich erzeugte Hohlwelt/Dyson-Sphäre mit einem Durchmesser von 230 Millionen Kilometern. Das ist dann natürlich eine Größenordnung, die kaum mehr nachvollziehbar ist. Die Handelssterne und Polyporthöfe sind dann noch in ein Polyport-Netz integriert, das mehrere Galaxien umfasst. Die gesamte Größe ist noch gar nicht überschaubar.

Hinzu kommen dann neue Raumschiff Typen, die natürlich auch alles übertreffen, was den Galaktikern zur Verfügung steht. Vor allem die Silberkugeln und Sektorknospen sind hier zu nennen. Dazu kommen dann die aus Psi-Materie bestehenden Feueraugen der Frequenz-Monarchie, die ganze Sonnensysteme vernichten können. Und über allem schwebt die scheinbar ultimative Waffe des Universums: das PARALOX-ARSENAL. Hierbei handelt es sich um eine gewaltige Ansammlung von Psi-Materie. Überhaupt scheint ja die Psi-Materie mittlerweile das Allheilmittel in Perry Rhodan zu sein. Ohne sie geht scheinbar nichts mehr. Psi-Materie hat sicher in ihrer Form als Hyperenergie einen hohen Stellenwert, aber mittlerweile wird das meiner Meinung nach doch etwas überstrapaziert.

Gefangene des HandelssternsMomentan stelle ich mir die Frage, was die Hyperdepression eigentlich bewirken sollte, wenn man den Terranern doch wieder so mächtige Instrumente in die Hand gibt, dass sie die Auswirkungen der Hyperdepression mit der Technologie anderer Völker mehr oder weniger kompensieren können. Wenn man doch schon deren Möglichkeiten so stark begrenzt, dann empfinde ich es eher als kontraproduktiv, eine solche Gigantomanie auszuleben. Wie will man denn überhaupt sicherstellen, dass diese Möglichkeiten nicht über den Zyklus hinaus genutzt werden?

Ich gebe zu, ich bin auch etwas enttäuscht, dass die Handlung durch diese Gigantomanie wieder von der Milchstraße in andere Galaxien verlagert wird. Gerade durch die Hyperdepression hatte ich die Hoffnung, dass die Handlung sich wieder mehr auf die Milchstraße besinnt, da man eben nicht mehr einfach so durch das Universum reisen kann. Vor allem wäre schön zu lesen, wenn die Terraner vorhandene Probleme mal wieder mit ihren eigenen Möglichkeiten lösen, statt immer wieder auf die Technologie anderer Völker angewiesen zu sein. Oder aber nicht auf diese gigantischen Hinterlassenschaften Zugriff zu haben. Aber momentan wird halt der Weg verfolgt, die Handlung und Machtmittel immer gigantischer werden zu lassen. Aber genau dadurch geht auch der Reiz verloren. Außergewöhnliches ist eben nicht mehr außergewöhnlich, wenn es zum Standard wird. Dies dann zu steigern geht dann nur, wenn man wieder einen oben draufsetzt. Irgendwann haben wir dann Hohlwelten, die eine ganze Galaxie umspannen oder Ähnliches.

Vor allem aber wird es dann auch schwierig, sich dieser Mittel plausibel zu entledigen. Solch gigantische Machtmittel verschwinden nicht einfach so.

Handelsstern im VisierMomentan habe ich das Gefühl, als würde mit der Hyperdepression eine große Chance verschenkt werden. Statt immer höher und weiter hätte man sich auf einen kleineren Rahmen besinnen können, der wieder die Terraner und die Weiterentwicklung der anderen Milchstraßenvölker thematisiert. Deswegen muss man ja nicht auf einen so gewaltigen Rahmen wie momentan verzichten, aber er sollte nicht zur Normalität werden. Statt Silberkugeln, Sektorknospen, Psi-Materie, Netzweber, Sextadimschleier,  und TALIN ANTHURESTA würde ich mir einfach mal wieder die nicht so fortschrittlichen Raumschiffe mit Lineartriebwerk, Transformkanonen und Probleme/Weiterentwicklung der Milchstraßenvölker untereinander wünschen. Die Serie verliert sich für mich momentan in dieser Gigantomanie. Der aktuelle Zweiteiler von Arndt Elmer setzt dann noch einen drauf. Da stehen sich Hunderttausende von Schlachtschiffen der Frequenz-Monarchie und der Jaranoc gegenüber. Millionen von Leben werden ausgelöscht, VATROX-VAMU vereinnahmt das Vamu von 700 Millionen Vatrox. 225 Sektorknopsen werden in den Kampf geschickt und 96 Feueraugen detonieren gleichzeitig. Auch werden die letzten zwei Hibernationswelten zerstört. Das fügt sich natürlich wunderbar in den geschaffenen Rahmen, aber als Leser wird man förmlich mit unüberschaubaren Zahlen und Daten überschwemmt.
 
Natürlich ist da auch die Handlung um ES mitverantwortlich. Wenn es um die Existenz einer Superintelligenz geht, dann werden halt alle verfügbaren Mittel aufgefahren. Aber diese verfügbaren Mittel hätten durchaus kleiner ausfallen können. Ich weiß jetzt nicht, ob ich mit meiner Sicht der Dinge allein dastehe, oder ob es vielleicht noch andere Leser gibt, die diese Ansicht teilen. Vielleicht gefällt es vielen ja auch, was bezüglich der Gigantomanie momentan in Perry Rhodan ausgelebt wird. Ich denke aber, dass weniger manchmal durchaus mehr ist.
 
Meine Hoffnung ist, dass der neue Zyklus wieder mehr den Fokus auf die Möglichkeiten der Milchstraßenvölker lenkt.

Kommentare  

#1 Yugoth 2011-04-05 08:28
Danke für diesen Artikel. Er trifft genau die Punkte, welche mich im Moment auch stören.
Eines noch, um es zu verdeutlichen: Durfte Perry vor gar nicht so vielen Wochen nur eine kleine Menge Psimaterie mit sich führen, ich glaube unter 1 Mikrogramm, da die Gefahr zu hoch war, dass das Zeug in dieser Menge schon ein Loch ins Universum sprengt, fliegen uns diese Woche 300 kg um die Ohren, ohne das was größeres passiert. Ein Wiederspruch, der exemplarisch für die Inkonsistenz der Handlung steht.
#2 Laurin 2011-04-05 10:58
Oh ja, der Artikel spricht einem aus der Seele. Gerade die Gigantomanie ließ mich ja wieder aussteigen aus dem aktuellen Zyklus. Die Anzahl von Überwesen und sogenannten "Hohen Mächten" und die Behandlung des Universums, als wäre es der Obstgarten von Tante Erna. Dabei dürfte die Milchstraße und Andromeda doch wohl mehr als genug Stoff für gute SciFi-Romane bieten, wobei mich auch etwas dieses Friede-Freude-Eierkuchen-Verhalten unter den Völkern der Milchstraße stört. Für eine SciFi-Serie sind mir da zu viele Fantasy-Elemente drin, da hätte man etwas zurückfahren können und trotzdem spannende Abenteuer kreieren können. Umsonst hatte ich mich daher nicht damals über die Serie PRA gefreud, die bodenständigere SF versprach. Wen wundert es da, dass man eben PRA eigendlich wieder haben will!

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