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Mann darf öffentlich weinen? Seit wann denn das? - Juni 2013

Auf eine Mail mit Uschi ZietschMann darf öffentlich weinen?
Seit wann denn das?

Als am Ende von SKYFALL nicht alle Charaktere noch am Leben sind, da zeigt Daniel Craigs Bond ganz offen seine Gefühle. Moment mal, Daniels Bond? DER Daniel, dieser harte Bond, über den alle reden?

Ja, genau der, und keinem einzigen Journalisten waren diese Gefühlsregungen eine Zeile wert, so normal sind sie inzwischen auch für Bond. Dass das nicht immer so war, darüber spreche ich heute mit Uschi.


Und so erfahren wir, dass vor dem heutigen 3-D ein viel wichtigeres 3-D, nämlich das Gefühls-3-D, sich langsam aber sicher seinen Platz erobert hat und selbstverständlich geworden ist. Und wir erfahren, warum wir Bonanza ein wenig mit anderen Augen mal wieder ansehen sollten.

Andreas: Die Helden der 60er und 70er waren die strahlenden Helden, die alles bewältigen konnten. Der James T. Kirk der damaligen Zeit hat sogar seine geliebte Edith Keeler überfahren lassen, um Hitler zu stoppen. Im neuen "Star Trek"-Film darf Kirk endlich den Tod seines Mentors Christopher Pike beweinen und Schwäche zeigen. Sein großer Gegenspieler dieses Films fragt: "Gibt es etwas, das Sie für Ihre Familie nicht tun würden?" Kirk würde Edith Keeler heute wahrscheinlich nicht mehr vom Auto überfahren lassen. Warum können wir heute mit gebrochenen Helden leben und konnten es früher nicht? Waren die Figuren früher weniger realistisch, nicht in sich stimmig? Gibt es heute keine Ben Cartwrights mehr?

Uschi: Ja, Männer waren damals richtig harte Kerle, und Frauen mussten gerettet werden. Gerade in den Filmen wurden Frauen auf Kreischen und Hilflosigkeit reduziert, mit Ausnahme der Komödien, wo sie durchaus wortgewandt und tough sein durften – aber eben nur da. Und die Männer in den Komödien waren oft täppische Weicheier, denen durchs Leben geholfen werden musste. Aber das war natürlich scheinbar alles nicht ernst und real, sondern eben Komödie, man hat über diese scheinbar vertauschten Rollen gelacht und sie nicht ernst genommen.
Früher, da haben sich die Männer über Resis Kragenschmutz beschwert, ein perfektes Heim erwartet und eine hingebungsvolle Ehefrau, die alles für die lieben Kindlein tat. So wurde es in der Werbung und in Benimmbüchlein vermittelt. (Ich habe übrigens auch so eines bekommen, den Titel werde ich nie vergessen: "Man wird dich lieber haben ...", einfach unglaublich war das.) Die Männer gingen nach der Arbeit in die Kneipe, ganz unter Männern, und rissen derbe Witze, das gehörte zum Mannsein dazu, wie vieles andere auch.
Die Filme (hauptsächlich TV, bei dem ja sehr strenge Regeln herrschten, was gemacht werden durfte und was nicht) spiegelten natürlich das Gesellschaftsverständnis, vor allem das Amerikanische, voll wieder. Bedeutete: Egal was Schreckliches passierte, am Ende wurde heiter gelacht und die Familie war heil und idyllisch und alles ging gut aus. Vater tot? Egal, der Hund wurde gerade von einer Biene in die Nase gestochen, wie lustig ist das doch, hahaha, Ende. Von Schmerz und Trauer keine Spur. Das wurde geleugnet, weggeputzt. Nach zwei grauenvollen Kriegen wollte niemand mehr Leid und Schwäche sehen. Angeblich.
In den 50ern, 60ern und Anfangs-70ern (nicht bis zum Ende) war es noch völlig verpönt, Gefühle in der Öffentlichkeit zu zeigen, erst recht im Film. Das Männerbild und Frauenbild war klar definiert, dazwischen gab es keine Grauzone, und so wurden natürlich auch die Filme, allen voran die TV-Serien, angelegt. Ein Mann war kein ganzer Mann, wenn er außer gerechtem Zorn und noch gerechteren Rachegelüsten noch andere Emotionen zeigen wollte. Ein Indianer kannte nicht nur keinen Schmerz, er weinte auch niemals, und das galt selbstverständlich vor allem für die Filmhelden. Gestählt bis ins Innere seines Herzens stellte Mann ein Idealbild dar, das jederzeit die Welt retten kann und dabei auch noch einen gestärkten Hemdkragen behält. Frauen waren diejenigen, die weich waren, Gefühle hatten und deswegen beschützt werden mussten. Viele Gefühle, abgesehen von hysterischer Tränendrüse, manischer Eifersucht oder Angst vor allem besaßen aber auch sie nicht. Auch wenn man die Literatur anschaut, findet man dort wenig charakterliche Tiefe; eine Liebesbeziehung war reduziert auf öde Dialoge und irgendwann einen Heiratsantrag. Oder, was schon fast einem Porno gleichkam, mal einem Kuss.
Zu meiner Jugendzeit aber, in den 70ern, hat dieses Geschlechterbild nicht mehr funktioniert, weil wir eine neue Generation nach den "Rebellen" waren. Mädchen gingen nun auch aufs Gymnasium und durften alle Berufe ergreifen, die sie wollten. Mädchen spielten Handball und Fußball und hauten in den Pausen den Jungs eins auf die Nase. Das Rollenverständnis wurde aufgeweicht. Mädchen mochten es nicht mehr, wenn die Kerle ruppig und hart waren. Sie wollten mit ihnen gemeinsam Pferde stehlen und Sachen anstellen und sich über Dinge unterhalten, von denen Frauen eigentlich aufgrund ihrer geringeren Hirnmasse keine Ahnung haben konnten.
Die von dir angesprochene ST-Folge kenne ich nicht. Als sie schließlich mal im TV gezeigt wurde, habe ich die Serie längst nicht mehr angeschaut. Gewiss würde Kirk das heutzutage nicht mehr zulassen, hat er schon im Kinofilm "Zorn des Khan" nicht getan, bzw. in dem Film danach, als er sich auf die Suche nach Spock gemacht und ihn zurückgeholt hat. Weil das Schicksal eines Einzelnen eben doch auch das Schicksal Vieler aufwiegen kann. Ab ST II ging es um Freundschaft und das „Füreinander da sein“. Die Werte hatten sich also verschoben, es ging nicht mehr um die große Sache (wie einen Weltkrieg), für die alles gegeben werden musste und kein Opfer zu groß war, sondern um das kleine Miteinander im engen Umkreis, mit dem man schließlich lebt und alles teilt.
Es ist interessant, dass du Ben Cartwright ansprichst, denn ausgerechnet der hatte tatsächlich ein Herz (also im angemessenen Rahmen). Der hätte niemals seine Söhne oder Geliebten geopfert, sondern eher sich selbst. Der hat immer offen gezeigt, wie viel ihm seine Söhne bedeuten. Große Ausnahme. Die er übrigens auch als Commander Adama auf der Galactica fortsetzte, musste also irgendwie an der Person des Schauspielers gelegen haben, denn schließlich war er da auch noch erkennbar "Papa Bonzo".
Ansonsten waren die damals gezeigten Figuren reduziert auf wenige, prägnante Charakterzüge, sie besaßen keinerlei Tiefe, keine Zweifel, keine Schuldgefühle. Sie sollten "ideal" und perfekt sein. Allesamt waren die Figuren dadurch unrealistisch und lösen heutzutage nur noch ein Kopfschütteln aus.
Spätestens 1978 fing das Filmrollenverständnis an sich zu ändern, als Star Wars in die Kinos kam. Da gab es zweifelnde Helden, mutige, selbstständige Frauen und Gefühle, jede Menge davon. Als 1981 "Outland" in die Kinos kam, gingen Sean Connerys Tränen, als er Abschied von seiner Familie via Funkverbindung nimmt, als Schlagzeile um die Welt. Ausgerechnet er, der harte James Bond, zeigt offen seinen Schmerz, seine Gefühle, seine Versagensangst, seine Sehnsucht! Einen weinenden (rührseligen) Mann auf der Leinwand – nie zuvor gesehen! Das war wie eine Befreiung und machte meine und die etwas früher geborene Generation, die viel auf Gefühle setzte (sonst wäre die Hippie-Bewegung auch nie entstanden), glücklich. Mehr davon, mehr, mehr! Auf einmal durfte Mann sein, wie er tatsächlich war – und Frau wurde von der Scream Queen zu Vasquez (bereits 1979 in Alien) und Sarah Connor, der wohl coolsten aller Heldinnen, in Terminator.

Andreas: Wenn die Charaktere also immer vielschichtiger werden, wie schwierig ist es für eine Autorin oder einen Autoren, in das Innenleben des jeweils anderen Geschlechts einzutauchen? Kann das ohne Klischee gelingen? Und wenn es gelingt, müsste dann diese Autorin oder dieser Autor nicht ein hervorragender Eheberater sein, da er beide Seiten gut verstehen kann?

Uschi: Damit geht jeder Autor anders um, vor allem auch je nach Genre oder Thema. Ich persönlich habe mich mein Leben lang mit der Verhaltensforschung und der Verhaltensbeobachtung beschäftigt, insofern gehört das schlichtweg zu meinem Spezialgebiet und ist zumeist der Kern meines Schaffens. Für mich ist es nicht schwierig, in eine Figur "hineinzublicken", sobald sie sich vor mir ausgebreitet hat und ich Zug um Zug erkenne, wie sie tickt und wer sie ist. Natürlich erlebe ich trotzdem noch Überraschungen. Vor allem ist es immer spannend für mich, weil keine der Figuren so ist wie ich. Sie hat vielleicht einen Wesenszug von mir, oder einen Tick, aber sie ist nicht ich. Ich würde nie so reden, mich nie so verhalten, und ich bin heilfroh, nicht das alles durchmachen zu müssen. Ich behaupte durchaus, beide Seiten gut durchleuchten und verstehen zu können. Aber deswegen ein guter Eheberater? Weia. Lieber nicht ...Wink

Andreas: Uschi, vielen Dank, das waren wieder einmal spannende Antworten!

Kommentare  

#1 joe p. 2013-06-01 14:58
Hinsichtlich der Siebziger Jahre kommen mir sofort Serien wie Lou Grant oder Family in den Sinn, auf die die oben genannten Klischees so überhaupt nicht passen wollen und in denen die Figuren doch immer kräftig einstecken mussten. Aber diese Serien stammen in der Tat aus der zweiten Hälfte der Siebziger, insofern ist Uschis Einschätzung völlig richtig. Sechziger und erste Hälfte Siebziger, das sind Sachen wie Brady Bunch. (Gerade diese Serie mit ihrer unsäglich heilen und klinisch reinen Familienwelt wurde später in mehreren Kinofilmen gekonnt parodiert.)In Sachen Bonanza (ich habe mir immerhin drei Seasons auf DVD angesehen) stimme ich ihr ebenfalls völlig zu. Ich denke, viele Leute haben von Westernserien eine klischeehafte Vorstellung.
Aus den Ausführungen des Interviewers ein Zitat:
"Kirk würde Edith Keeler heute wahrscheinlich nicht mehr vom Auto überfahren lassen."
Ganz im Gegenteil. "City on the edge of forever" ist mit der gezeigten utilitaristischen Einstellung sehr untypisch für die damalige Zeit. Damals hat man gerne einen fadenscheinigen Ausweg gesucht. Letztlich ist die Episode außerordentlich modern, ein Vorgriff auf Serien wie "24", in denen der Held geradezu rasenmäherhaft alles und jeden opfert, um das höherrangige Ziel (Rettung von Hunderttausenden oder gar Millionen) zu erreichen.
#2 Andrew P. Wolz 2013-06-01 23:49
@joe p: Du hast vollkommen recht, "City in the Edge of forever" ist eine sehr fortschrittliche Episode. Worauf ich hinaus wollte: Sie wäre noch fortschrittlicher, hätte man den Drehbuchautoren gelassen, wie er wollte. Dann nämlich hätte Spock eingegriffen, weil Kirk dazu nicht in der Lage gewesen wäre. Das aber durfte damals eben nicht sein: Ein Held, der aus Liebe handlungsunfähig war...
#3 Andreas Decker 2013-06-02 12:09
Ich frage mich auch, ob gerade für dieses Thema ausgerechnet Star Trek das beste Beispiel ist - anstelle der bahnbrechenden Spielfilme der Zeit. Gerade die alten ST-Folgen sind so melodramatisch und hohl wie jede vergleichbare Daily Soap aus der Zeit. Vielleicht sogar noch melodramatischer, wenn man Shatners berüchtigtes Overacting bedenkt. (In der Tat ist jeder Western da besser geeignet, wo man das patriarchalische Weltbild geradezu zementierte und niemand reflektiert. Nicht, dass das heute in vergleichbaren Serien anders wäre.)

Aber gerade "City on" fällt sehr aus dem Rahmen - verglichen mit dem Rest. Dieses eine Mal ist Kirks Entscheidung seiner (realen) Zeit weit voraus. Ein wirklich schlechtes Beispiel.
#4 Kerstin 2013-06-03 18:35
Man muss die Bücher und Filme immer auch als Zeitdokumente sehen.

Tatsächlich bemühten sich in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg alle um die Herstellung einer äußeren Ordnung, während die erlittenen Traumata des einzelnen nicht mal angesprochen, geschweige denn therapiert wurden. Männer kamen mit schrecklichen Erinnerungen aus dem Krieg, Frauen und Mädchen waren vergewaltigt worden, alle hatte große Verluste erlitten, Freunde, Angehörige, Heimat, Hab und Gut verloren. Gebetsmühlenartig haben sie sich vom Aufbau einer Zukunft in Ordnung und Wohlstand auch Linderung für ihre Seele versprochen. Da das nicht so eintraf wie erhofft, wurde weiter fleißig an der Fassade poliert.

Andere, vor allem ältere Frauen, haben bis in alle Ewigkeit gejammert über die erlittenen Verluste, meist wenn Mann, Söhne oder Brüder gefallen waren, aber bei denen wurde eben nur gejammert, aufgearbeitet haben die auch nichts. Die wussten gar nicht, wie das geht.

In den meisten Familien war damals das Gefühlsleben des einzelnen gar kein Thema. Die Kinder hatten immer noch zu parieren, so wie das vor dem Krieg auch von ihnen gefordert worden war. Nur der Familie keine Schande machen, das war wichtig. Die Frauen hatten die Küche zu organisieren und der Mann brachte eben das Geld heim. Punktum, keiner sah sich genötigt, da mühsam seinen Weg zu suchen, der war ja schon vorgegeben von der Tatsache, ob er nun mit oder ohne Pullermann auf die Welt gekommen war. So kamen erst gar keine Zweifel auf, was ein Mensch zu tun hatte. Wer sich mit seiner aufgzwungenen Rolle nicht wohl fühlte, musste wohl selber schuld sein, weil die anderen sich scheinbar so klaglos in das Schema einfügten.

Das Aufarbeiten schlimmer Erfahrungen und auch von Schuldgefühlen ist immer eine sehr schmerzhafte Angelegenheit, der sich eine ganze Generation nicht gestellt hat.

"Gefühlsduselige" Buch- oder Filmhelden hätten die Leute in dieser Zeit doch sehr irritiert, weil das dann so fernab von ihrer eigenen Lebenswirklichkeit gewesen wäre.

Bei den männlichen Helden, deren Aufgabe es ja immer war, die Welt zu retten, mag auch der Wunsch mitgespielt haben, dass es mit Hilfe solcher Männer möglich sein sollte, künftig großes Leid zu verhindern.

Aus heutiger Sicht ist es leicht, die fehlende Charaktertiefe der damaligen Helden zu reklamieren. Man darf nur nicht vergessen, dass auch heute noch Bücher und Filme, in denen die Klischees verletzt werden und einer aus der Reihe tanzt, weil er sich in der Reihe nicht mehr wohlfühlt, teilweise heftige Empörung auslösen.

Denkt an den Film mit den schwulen Cowboys zum Beispiel.

Anderer Stoff wird gar nicht erst verfilmt, weil er zu weit ab ist vom ausgetretenen Pfad, der ja auch Profit verspricht. Oder könnt ihr euch vorstellen, dass am Ende eines Actionfilms der Held und die Heldin, die zusammen unzählige gefährliche Abenteuer bestanden haben, Tschüs sagen und auseinandergehen, weil sie wissen, dass sie im Alltag nie zusammen passen würden? Oder darf gar ein Filmheld die ranke, schlanke Schönheitskönigin stehen lassen und sich statt dessen mit dem netten, lustigen Moppelchen zusammentun?

Ist das nicht die Zensur unserer Zeit?
#5 Pisanelli 2013-06-03 19:00
Klar, die Zensur unserer Zeit ist auf jeden Fall das Hübschsein. Häßliche Helden sind eher selten. Das mag aber am Medium Film liegen, denn in Büchern existieren durchaus hääliche Helden, oft auch unschöne Existenzen. Mir fällt da z.B. Harry Hole ein, der Polizist von Jo Nesbo, ein Säufer mit einer nicht so freundlichen Visage. Oder etwa Barbara Havers, die zickige, schlecht gepflegte Assistetin vom dafür super attraktiven Inspektor Lynley. [Auf der Leinwand sieht man das aber eher rudimentär...) Dafür haben die dann das Herz auf dem rechten Fleck.
Der Film mit den schwulen Oskars bekam meines Erachtens mindestens einen Oskar, aber mit dem Thema ging man beim Film (also bei den Machern, nicht so sehr bei den Produzenten) schon immer toleranter um. Wieweit er Empörung ausgelöst hat, habe ich gar nicht mitgekriegt, aber im prüden Amerika kann das schon der Fall gewesen sein. Hier in Europa habe ich habe nichts dergleichen gehört (jedenfalls nicht im breiten Masse).

Überhaupt ist Film und Theater ja mal ein eher verrufener Beruf gewesen, da hier häufig die Skandalthemen in den Blickpunkt kamen und Gesellschaftskritik geübt wurde. Das darf man ja nicht vergessen. Klar hält sich der Mainstream mit kritischen Themen eher bedeckt, aber gerade Film und Fernsehen (und Theater) war auch immer ein Vorreiter, um der Öffentlichkeit kritische Themen zu präsentieren und sie "hoffähig" zu machen und ganz bewußt gegen Ettikette zu verstoßen (häufig war es auch der einzige Ort, wo es erlaubt oder zumindest geduldet wurde, da die Fürsten der damaligen Zeit, als das Theater entstand durchaus schnell den politischen Charakter erkannten und das auch gerne nutzten). Das tun sie bis heute. Diese Filme laufen meist in den kleineren Kinos ;-)

Vielleicht gab es ja sogar Filme, wo Männer weinten in damalige Zeit, nur sind sie vielleicht in Vergessenheit geraten oder wurden gedreht, aber nie gesendet. Ich wette, wenn man sich genau in dem damaligen Zeitraum umschaut, wird man da auch auf die ein oder andere Perle stossen.
#6 Kerstin 2013-06-05 09:49
Man kann es ja als einen Fortschritt sehen, dass Mann jetzt tatsächlich mal Gefühle zeigen darf, wenn auch längst nicht alle.

Aber was darf Frau? Oh ja, sie darf beruflich erfolgreich sein, aber nur in Berufen, für die es auch eine Barbie-Ausstattung gibt, wie Anwältin, Schönheitschirurgin, Modell oder sowas. Aber meist haben die Heldinnen doch eher typische Frauenberufe, in denen es kein nennenswertes Fortkommen gibt. Wenn sie sich einen reichen Mann an Land zieht, braucht sie ja kein eigenes Geld verdienen und kriegt dann ja sowieso Kinder, um die sie sich kümmert, während er weiter an seiner Karriere bastelt. So die kurzsichtige Logik in vielen Plots und leider auch das, was viele in der Realität gern so umgesetzt sehen.

Der Beruf ist in Romanen ohnehin meist nicht so wichtig, weil es hauptsächlich darum geht, dass sie hübsch zu sein hat und sich einen Kerl angelt. Dabei ist berufliches Engagement ohnehin hinderlich, weil man dafür eben frei verfügbare Freizeit braucht und nicht zum Flirten kommt, wenn man viel Arbeit hat. Wenn eine Frau eine Einladung zu einem Date ablehnen muss, weil sie an dem Abend berufliche Verpflichtungen hat, wird der Mann noch einen anderen Anlauf machen? Umgekehrt hat sie sich natürlich seinen Terminen unterzuordnen und auch nach der Geburt des ersten Kindes ihre eigene Berufstätigkeit aufzugeben.

Diese Priorität gilt auch, wenn einem der Traumtyp in der Firma über den Weg läuft. Und da hat Frau meist nicht alle Register in Punkto Auftakeln gezogen, was die Erfolgsaussichten scheinbar deutlich schmälert, wenn man den gängigen Filmen und Romanen glaubt. Maximale Schönheit ist einfach Grundvoraussetzung dafür, überhaupt eine nennenswerte Rolle zu spielen. Ecken und Kanten darf sie schon mal gar nicht haben, nur die spitzen, vorstehenden Knochen der ganz Dürren, an denen ein Mann sich blaue Flecken schlagen kann.

Die Folgen sind nicht nur Frust bei der Mehrheit der Leserinnen und Zuschauerinnen, die das Ideal nicht erreicht, Magersucht als Epedemie unter Mädchen und traumhafte Umsatzsteigerungen bei der Schönheitsindustrie, sondern auch langweilige, blasse und austauschbare Figuren in Büchern und Filmen, mit denen Frau sich partout identifizieren soll. Einen eigenen Charakter zu haben bringt das Prädikat "schwierig" ein, und das ist ein KO-Kriterium auf dem Paarungsmarkt.

Fazit: Der Mann darf heute Gefühle haben, Frau scheinbar nicht, es sei denn, sie erhöhen ihre Verwertbarkeit in einer Beziehung.

Ob das nun ein Fortschritt ist, bezweifele ich.

Ich für meinen Teil lese deshalb immer mehr Bücher, die eigentlich für Männer geschrieben sind und auch zunehmend Bücher von männlichen Autoren. Wenn die ihr Handwerk verstehen, sind gute, glaubhafte Charaktere mit Tiefe und Gefühl beschrieben, während bei der typischen Frauenliteratur, ganz unabhängig vom Genre der Geschichte, doch nur alles um die Suche nach einem künftigen Gatten dreht. Dafür gibt es eben nur dann Chancen, wenn frau wie ein Modell aussieht. Genau wie im richtigen Leben, könnte man sagen. Aber auch da verzichte ich dankend auf den Mann, der eigentlich nur eine lebende Barbie haben will.
#7 Pisanelli 2013-06-05 10:04
Okay, die typische Frauenliteratur folgt in großen Teilen immer noch dem Klischee, aber leider werden auch die meisten Frauen mit fortschreitendem Alter immer spießiger: sie wollen einen möglichst wohlhabendenen Mann, Kinder, Haus mit Garten etc. Vor allem Frauen mit Kindern fangen ganz schnell an mit diesen Nestbau-Allüren, von daher dürfen wir Frauen uns nicht beschweren, wenn wir immer wieder auch so behandelt werden. Ich bin aber der Meinung, dass Männer durchaus nicht immer die Barbie haben wollen. Barbies sind nämlich echt anspruchsvoll! ;-) Nee, das ist einfach zu pauschalisiert, obwohl ich denke, dass Männer eher auf das Äußere achten als Frauen bei der Partnerwahl. Nun ja, Frauen mögen auch lieber Typen wie Brad Pitt als ich sage mal Quentin Tarantino auf der Bettkante, oder? Da sollte man dann schon fair sein.
Trotzdem denke ich, muss man es schon differenzierter sehen: gewöhnliche Romane folgen längst nicht immer dem Klischee und es gibt auch schon sehr viele Heldinnen, die dem Klischee nicht mehr entsprechen. Fernsehserien mit Frauen in der Hauptrolle, die auch die "typisch männlichen" Berufe ausüben, sind auch immer häufiger zu sehen, vorzugsweise im Krimi-Bereich, auch in mancher Military-Serie. Dass die alle sehr hübsch aussehen (und deswegen manchmal sehr unsportlich), nun, wie gesagt, das mag dem Medium Film geschuldet sein, wo ja auch vorzugsweise attraktive Männer rumrennen ;-)
Im Serienbereich lese ich aber genau wie Kerstin lieber Männerliteratur oder sagen wir eher, ich meide alles, wo Frauenliteratur draufsteht.
Im Großen und Ganzen denke ich aber, dass man im Literaturbereich einfach alles finden kann an Männer- und Frauenbild, was denkbar oder unddenkbar ist, reichste Auswahl und niemand gezwungen ist, was zu lesen, was er nicht will (was immer das sein mag).
#8 Uschi Zietsch 2013-06-10 15:48
Clark Gable hat 1939 tatsächlich als Rhett Butler in "Vom Winde verweht" geweint. Und sein "Rivale", der aber eh nicht als harter Kerl galt, auch.
Was ein differenziertes Ende betrifft, so mag man "Cabin in the Woods" anschauen.
Dass Frauen heutzutage nur auf Barbie reduziert sind, bestreite ich. Klischees werden vor allem im TV (in Soaps mit purer Absicht) bedient, aber auch da gibt es sehr wohl differenzierte Charaktere. "Frauenliteratur" ist nur ein Genre einer großen Bandbreite, genauso wie im Film.

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