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... Michael Hetzner über sein »Prager Requiem«, Major Svátek und Eva Krásná sowie zukünftige Projekte

MIchael Hetzner… Michael Hetzner ...
… über sein »Prager Requiem«, Major Svátek und Eva Krásná sowie zukünftige Projekte

Michael Hetzners Debüt-Roman PRAGER REQUIEM weckte mein Interesse etwas mehr über den Autor in Erfahrung zu bringen. Nachdem ich Kontakt mit dem Abacus Verlag aufgenommen hatte, folgte kurze Zeit später eine Mail von Michael Hetzner. Daraus entwickelte sich ein kleiner Schriftverkehr per Email   woraus nachfolgendes Interview entstand.  


Zauberspiegel: Herr Hetzner, können Sie den Lesern des Zauberspiegels kurz etwas über Ihre Person erzählen? Wann und wo wurden Sie geboren, wo gingen Sie zur Schule was machen Sie beruflich etc.?
Michael Hetzner: Ich wurde 1955 in Heilbronn am Neckar geboren. Nach der Mittleren Reife absolvierte ich eine Lehre zum Technischen Zeichner.
Danach arbeitete ich, anstatt zur Bundeswehr zu gehen, drei Jahre in einem Krankenhaus. Anschließend kam das Abi, dann ein Lehramtsstudium (Germanistik, Musik, Pädagogik).
Auf das Zweite Staatsexamen hatte ich keinen Lust, stattdessen machte ich den Magister. Dann fing ich bei einer großen deutschen Bank als Berater an, später arbeitete ich als Trainer und Coach. In dieser Zeit promovierte ich.
Zuerst zum Dr. phil., dann zum Dr. paed. Seit Dezember 2011 bin ich freigestellter Mitarbeiter. So habe ich auch mehr Zeit zum Schreiben.

Zauberspiegel: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Michael Hetzner: Das begann mit dem wissenschaftlichen Schreiben. Zuerst mit meiner Magisterarbeit, dann mit meinen beiden Dissertationen. Dann folgten einige wissenschaftliche Essays sowie die ersten Erzählungen.
Eine überraschende Erkenntnis für mich war, dass man als ausgebildeter Germanist vom ästhetischen und belletristischen Schreiben so gut wie keine Ahnung hat.

Zauberspiegel: Hatten Sie Vorbilder aus Ihrer Kinder- oder Jugendzeit an denen Sie sich beim Schreiben Ihrer Werke orientieren?
Michael Hetzner: Nein.

Zauberspiegel: 2011 gaben Sie mit „PRAGER REQUIEM“ Ihr Debüt als Kriminalschriftsteller. Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Roman? Und warum ein Kriminalroman, der in Prag spielt?
Michael Hetzner: Seit 1991 lebe ich jeweils ein paar Monate im Jahr im Westböhmen. Von dort ist es nicht weit nach Prag und ich fahre regelmäßig dorthin. So kam mir, auch unter dem Eindruck von MilošUrbans Roman „Die Rache der Baumeister“ die Idee, einen Prag-Krimi zu schreiben.

Zauberspiegel: Können Sie den Lesern des Zauberspiegels kurz etwas zum Inhalt des Romans verraten?
Michael Hetzner: Prag, Frühjahr 1996. Eine Mordserie erschüttert die Goldene Stadt. Der Täter mordet immer an Jahrestagen von Heiligen und liebt grausame Inszenierungen. Der ermittelnde Major Svátek und seine Assistentin Eva Krásná stehen vor einem Rätsel. Welche Rolle spielt der reiche Geschäftsmann Jan Fajn, der als Spätberufener kurz vor seiner Priesterweihe steht?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden seiner Pflegetochter und den Morden? Der Fall nimmt eine dramatische Wendung, als Eva entführt wird. Svátek muss nun schnell und unkonventionell handeln, um das Geheimnis des Prager Requiems zu lüften.

Zauberspiegel: Gehen Sie in ihrem Debüt-Roman auch etwas auf die tschechische Vergangenheit ein?
Michael Hetzner: Absolut! Die Vergangenheit einiger Figuren spielt deutlich in die Gegenwart hinein. Das gilt sowohl für Svátek als auch für Eva und Eduard Rath, einen steinalten Juden. Einer von Sváteks Gegenspielern, Abbé Fajn, ist mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart zu Hause.
Sowohl die Nazizeit als auch die Herrschaft der Kommunisten,und der Umbruch von 1989 sind für die Handlung bedeutsam.
Mir ging es auch darum, zu zeigen, wie Täter und Opfer unter den drei großen totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts, dem Dritten Reich, dem Kommunismus und der katholischen Kirche, gelebt und gelitten haben.

Zauberspiegel: Mit Major Svátek und dessen Kollegin Eva Krásná agieren im Roman zwei ziemlich unterschiedliche Charaktere. Nicht nur was den Altersunterschied betrifft. War diese Konstellation von junger Polizistin und einem eher einzelgängerischen und abgeklärten Polizisten von Anfang an so geplant? Oder wurden vor und während des Schreibens an diesem Konzept noch einige Änderungen vorgenommen?
Michael Hetzner: Das war so geplant. Denn aus dem Altersunterschied ergibt sich einer der zentralen Konflikte des Romans. Svátek liebt Eva, aber er wagt es nicht, ihr seine Liebe zu gestehen.
Eva verkörpert für ihn Eigenschaften, die er bei sich aufgrund seiner Vergangenheit schmerzlich vermisst: innere Ruhe und Gelassenheit. Eva liebt Svátek auch, aber in diesem Punkt ist die sonst so moderne und aufgeschlossene Frau sehr traditionell. Svátek muss den Anfang machen.

Zauberspiegel: Wie würden Sie die Charaktere der beiden Polizisten beschreiben. Warum tun sie das, was sie tun?
Michael Hetzner: Was beide auszeichnet, ist Mitgefühl und tiefe Empathie mit den Armen und Schwachen. Aufgrund ihrer Lebensumstände, Svátek wurde als Kind von den Nazis nach Berlin verschleppt, Eva hat einen behinderten Sohn, wissen sie, was es heißt, Opfer zu sein.
Das ist auch der Grund, weshalb sie sich gegen alle äußeren Widerstände so in den Fall verbeißen. Für beide ist ihre Arbeit auch der Versuch, diese Welt ein wenig besser und gerechter zu machen. Am Ende gelingt ihnen das ja ein Stück weit.

Zauberspiegel: Warum wird Major Václav Svátek von seinen Kollegen der Heilige genannt? Hat der Name etwas mit seiner Vergangenheit zu tun?
Michael Hetzner: Svátek hat in seinem Leben viel gelitten. Das hat ihn zwar nicht verbittert, aber er wurde zum Einzelgänger. Hier gibt es deutliche Parallelen zu vielen Heiligenlegenden. Dann ist da natürlich sein Name. Svátek bedeutet wörtlich „Der Heilige“. Dazu kommt, dass er auf Hierarchien und Machtverhältnisse keine Rücksicht nimmt.

Zauberspiegel: Die Kollegen scheinen zu Svátek zudem ein gespaltenes Verhältnis zu haben? Beruht das auf Abneigung, Neid oder doch Respekt oder weil der Major seinen Beruf - im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen – noch ernst nimmt?
Michael Hetzner: Von einem Onkel hat Svátek viel Geld und wertvolle Immobilien in Prag geerbt. Das macht ihn finanziell unabhängig. Er kann sich nicht nur Designerkleidung, sondern auch eine Prager Luxuswohnung leisten. Außerdem hat er sich seinen Traumwagen gekauft: einen Cadillac Sixty Two.
So etwas weckt natürlich Neid. Andererseits wird Svátek wegen seiner Integrität und Geradlinigkeit respektiert. Baloun, einer der Ermittler, der vor fast nichts und niemand Respekt hat, empfindet für Svátek fast schon so etwas wie Verehrung.

Zauberspiegel: Svátek scheint ein einsamer Mann zu sein und insgeheim in seine Kollegin Eva Krásnáverliebt zu sein.Wie sind Evas Gefühle zu Svátek?
Michael Hetzner: Das ist richtig: Svátek liebt Eva und Eva liebt Svátek ebenfalls. Aber bei ihr wird deutlich, dass diese Liebe auch etwas mit ihrer Lebenssituation und ihrer Rolle als besorgte Mutter zu tun hat.
Mit dem reichen Svátek als Mann könnte sie sich voll und ganz ihrem behinderten Sohn Robin widmen und könnte sich die teuerste medizinische Behandlung leisten. Aber bei Eva spielt nicht allein die Vernunft eine Rolle. Sie liebt Svátek auch wegen seiner Verlässlichkeit und Integrität.

Zauberspiegel: Warum trinken die Protagonisten eigentlich so viel?
Michael Hetzner: Bei Svátek ist das sicher durch seine Unruhe und Einsamkeit bestimmt. Evas gelegentliches Trinken ist sicher auch durch ihre persönliche Situation, vor allem durch ihren behinderten Sohn Robin, zu erklären.
Aber auch durch den Wunsch nach Geborgenheit. Baloun ist der klassische Bier- und Knödeltscheche, da gehört das Tinken einfach zum Leben und der kulturellen Tadition. Nach wie vor sind die Tschen unter den größten Trinkern Europas, das ist statistisch erwiesen.

Zauberspiegel: Sind weitere Romane mit dem Ermittler-Team geplant?
Michael Hetzner: Das hängt in erster Linie von den Lesern und damit vom Erfolg des Romans ab. Die Hauptfiguren eigenen sich auf jeden Fall für eine Fortsetzung.

Zauberspiegel: Welche weiteren Bücher können die Leser in naher Zukunft von Ihnen erwarten?
Michael Hetzner: Ich habe bereits eine Krimi-Groteske in der Tradition von Wolf Hass und dem „Schwejk“ fertig, die ebenfalls in Prag spielt. Außerdem einen Lokalkrimi, der sowohl in meiner Heimatstadt Heilbronn, als auch in Leipzig und in Prag spielt.

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