...Thomas A. Ruhk über Strohbär, Totenbaum und Silbermond
...Thomas A. Ruhk ...
... über Strohbär, Totenbaum und Silbermond
: In der Tat bin ich mit dem Geisterjäger John Sinclair groß geworden, dessen Abenteuer mich schon mit 9 Jahren faszinierten.
Kurz danach kam ich auch mit Perry Rhodan in Kontakt. Ich weiß es noch heute: Ich bekam einen Silberband geschenkt, zu Weihnachten. Es war Band 8: Festung Atlantis.
In dieser Zeit entstanden auch erste Kurzgeschichten von mir, weil in den Sinclair-Nachauflagen immer die "Story der Woche" enthalten war, die teilweise von enormer Qualität waren.
Zeitgleich begeisterten mich als Junge auch die "Masters of the Universe", muskelbepackte Kämpfer für Gut und Böse.
Da ich also mit Serien vertraut war, entstanden Geschichten in meinem Kopf immer im Fortsetzungskonzept. Nach den Gehversuchen mit Kurzgeschichten schrieb ich als Zwölfjähriger ein DIN-A-5 Schulheft voll (von Hand), mit Abenteuern der Masters of the Universe, im Stil von Rhodan und Sinclair. Ich gab es an Schulkameraden, und insgesamt wurde es wohl von sieben oder acht Mitschülern gelesen.
Erstaunlicherweise verlangte man Nachschub, und so entstand eine Serie von 14 dieser Schulheften, jedes mit 34 Seiten von Hand. Und so wie bei den großen Vorbildern kam bei mir auf die letzte Seite ein "Heißmacher" auf den nächsten Band. Diese 14 Hefte habe ich immer noch und hüte sie wie ein Schatz, auch wenn das Geschreibsel heute kaum erträglich ist.
Irgendwann wandte ich mich wieder Gruselkurzgeschichten zu, von denen die erste im Alter von 16 Jahren bei Sinclair veröffentlicht wurde. Damit galt ich im Freundeskreis als gestandener Autor und war stolz wie ein König.
: Ich komme aus dem phantastischen Genre und werde dort auch immer bleiben. Auch die Steinmann-Krimis bei Pandion haben einen Touch dieser literarischen Herkunft.
Ich möchte betonen, dass es trotzdem Krimis sind, aber ich kann Einflüsse aus der Phantastik eigentlich nicht verhindern. Es gibt dem Roman eine gewisse Note.
: Ich zäume das Pferd immer von hinten auf. Wenn ich einen neuen Plot plane, kenne ich das Finale, welches grundsätzlich spektakulär ausfällt. Danach stricke ich die Handlung so, dass alle Handlungsfäden auf diesen letzten Punkt hinlaufen.
Das unterscheidet meine Bücher von anderen Krimis, die sich eher auf explizite Spurensuche oder Verhörszenen konzentrieren. Ich denke, für jeden Typ gibt es einen Markt - ein Leser liest lieber die gemächliche Ermittlung, ein Anderer mag es vielleicht eher, wenn die Helden durch die Story gehetzt werden.
In dem Zusammenhang wurde der "Strohbär" von vielen Rezensenten eigentlich in die Katgorie "Thriller" eingeordnet, weil Tempo und Dramatik der reinen Ermittlungsarbeit übergeordnet sind. Gleiches gilt für den Nachfolger "Totenbaum", in welchem ich zusätzlich dem Hauptcharakter eine große Portion Tiefe und Tragik verpasst habe.
Der Verlag (Pandion), der bisher solch action- und dramatikorientierte Geschichten nicht im Programm hatte, war sehr gespannt, ob das Buch am Markt funktionieren würde. Entsprechend groß war die Freude, als nach acht Monaten (im Mai 2008) schon die dritte Auflage kommen musste. Die Mischung hatte offenbar den Nerv der Leser getroffen.
Um beim Bösewicht aus "Strohbär" zu bleiben: Ohne zuviel für interessierte Leser zu verraten - am Ende entpuppt sich der Täter als tragische Figur, erfüllt von schrecklichen Gedanken, die ihn aus dem Kreis seiner Mitmenschen eigentlich ausschließen. Dazu kommt seine überwältigende Physis, die ja am Ende auch begründet wird.
Dieses Charakterkonzept gab mir die Gelegenheit, praktisch ein Ungeheuer zu erschaffen, einen Jäger, und somit fühlte ich mich während des Schreibens äußerst wohl. Er ist ein Analogon zu dem SILBERMOND-Bösewicht.
: Finn Steinmann ist ein Norddeutscher, den die Polizeiarbeit nach Trier verschlagen hat. Das spiegelt im Kern meine eigenen Wurzeln, denn meine Familie kam im Krieg aus dem Norden in den Hunsrück, dem größten Gebirge von Rheinland-Pfalz, zwischen Trier und Mainz.
Ich wählte ganz bewusst einen Außenseiter, um die Eigenheiten und Skurrilitäten dieser Region auch für Leser aus Berlin oder Hamburg schildern zu können.
Hätte ich einen Einheimischen gewählt, würde dieser Stil aufgesetzt, wie eine Werbebroschüre, wirken, aber mir war es sehr wichtig, einen eigentlichen Regionalkrimi bundesweit lesbar zu machen.
An dieser Stelle führe ich immer Henning Mankell an, dessen Wallander-Bücher in einem kleinen Bezirk namens "Schonen" spielen.
Das sind letztlich ebenfalls Regionalkrimis, die aufgrund Mankells geschickter Dramaturgie aber weltweit bekannt wurden.
"Gewürzt" habe ich den Hauptcharakter mit seiner verstorbenen Großmutter, bei welcher er als Vollwaise aufwuchs.
Diese schräge alte Lady lebte mit ihm zurückgezogen, eine Art Kräuterfrau, und von ihr hat er auch die Kenntnisse über Sagen und Legenden, über Bräuche und lokale Begebenheiten.
Er erinnert sich im "Strohbär" oft an sie und an das, was sie ihn lehrte. Hier möchte ich nicht zu viel verraten, denn Steinmanns Großmutter nimmt eine zentrale Rolle im zweiten Teil "Totenbaum" ein.
Ich baue die Charaktere also weiter aus und versuche die Leser zu überraschen - das Konzept der Serie, welches ich wohl nie aus meinen Geschichten heraushalten kann.
: Auch hier bleibt letztlich alles auf dem Teppich und wird schlüssig erklärt. Dennoch packte ich weit mehr Elemente aus der Phantastik in den Roman, wofür ich ausgiebig recherchieren musste, um dem Roman die Bodenhaftung zu lassen.
Als Schlagwörter nenne ich Kelten und Druiden. Druiden gelten im Volksmund als Zauberer, in Wahrheit jedoch gibt es noch heute Zirkel, die sogar als Vereine eingetragen sind.
Mit einem solchen Druiden bekommt es Finn Steinmann, der Held meiner Reihe, zu tun.
Aber, ich möchte es noch mal betonen, meine Bücher sind keine Krimi-Märchen oder Horrorstorys, sondern werden in ihrem Aufbau nur beeinflusst von meinem angestammten Genre. Es gibt den Geschichten einen gewissen Rythmus.
TOTENBAUM ist ein besonderer Fall. Während eines Spaziergangs mit meinem Sohn an einem sehr regnerischen Tag stieß ich im Wald auf eine abseits gelegene, riesige Fichte, unter welcher irgendjemand ein geliebtes, verstorbenes Tier vergraben hatte.
Von weitem sah ich jedoch zuerst nur das Kreuz unter der Fichte (es ist das Motiv vom "Totenbaum"-Cover geworden).
Ich kann Ihnen verraten, dass es mir sehr mulmig wurde beim Anblick dieses Baumgiganten mit seinem Geheimnis. Das war die Initialzündung für das Storykonzept für TOTENBAUM.
Was wäre, wenn jemand vergraben wird, unter einer solchen Riesenfichte? Warum? Wer hat das getan? War es Rache, oder etwas anderes?
Bei der ersten Grundrecherche stieß ich auf die Verbindung Fichte/Kelten/Druiden und, und, und...
: Im Moment stricke ich die Handlung für Band 3, der den vorläufigen Titel "Zonenkrieger" trägt und nächsten Oktober erscheinen soll.
: Noch vor den Steinmann-Krimis schrieb ich meinen ersten Roman, der, wie sollte es anders sein, als Trilogie geplant war/ist. Eine reine Fantasy-Story mit dem Titel SILBERMOND.
Ich habe diesen Roman bis heute nicht aufgegeben. Seinerzeit bot ich ihn sechzehn Verlagen an.
PIPER hat damals Interesse wegen der guten Geschichte (intelligente Katzen im Krieg gegen Ratten) bekundet, den Band aufgrund Stilmängeln in der Textprobe aber nicht angenommen.
Heute weiß ich, was daran falsch ist, nur fehlt mir für eine ausgiebige Überarbeitung im Moment die Zeit.
Aber ich glaube an die Geschichte, und eines Tages wird sie auf den Markt kommen. Für Silbermond entwickelte ich einen "Was wäre wenn"-Plot.
Der Roman beginnt in einem englischen Dorf mit dem Mord an einem Kater. Getötet wird das Tier von einem silbern funkelnden, schäferhundgroßen Ungeheuer, enorm schnell und mit überragender Kraft ausgestattet.
In dieses Dorf kommt nun ein neuer Tierarzt, der sich von einem nahe gelegenen
Bauernhof zwei junge Katzen, ein Geschwisterpaar, ins Haus holt.
Hier stellen sich die Katzen schon die große Frage, warum sie die Menschen verstehen können, sich sogar in der gleichen Sprache unterhalten, aber nicht wahrgenommen werden bei diesem Vorgang. Natürlich kommen die beiden Katzen mit dem silbernen Ungeheuer in Kontakt.
Ab diesem Punkt startet bei Silbermond die Epik. Die männliche der beiden Katzen, Tom Little, beginnt in unglaublicher Rasanz zu wachsen, so schnell, das sein Besitzer, der Tierarzt, misstrauisch wird. Er kastriert die beiden, und stellt bei einer späteren Überprüfung wegen des Riesenwuchses fest, das die von ihm entnommenen Geschlechtsorgane nachgewachsen sind.
Und das Weibchen, Luzy Fea, muss erkennen, dass sie offenbar von den Menschen verstanden wird...
Tom und Luzy lernen die Katzengesellschaft des Dorfes kennen, die von einem Problem geplagt wird: das silberne Monster hat nicht zum ersten Mal gemordet.
Niemand überlebt eine Begegnung mit diesem Ding. Doch Tom ist schon der größte und stärkste Kater des Dorfes. Er ist so groß geworden, das der Tierarzt bei seinen Nachbarn die Gemüter beruhigen muss.
Die Katzengemeinschaft entscheidet, dass Tom das silberne Ding jagen soll, der junge Kater, der einfach nicht aufhören will zu wachsen...
Ab hier möchte ich jetzt nix mehr verraten, wer weiß, ob der Roman nicht doch noch erscheint. Auf jeden Fall mixte ich noch einen gehörigen Schuss ägyptischer Mythologie in die Story, einen Verrat am Vatikan im Mittelalter, Tiermedizin der Moderne und eine geheime Rattenarmee, die auf ihren Einsatz in einer riesigen Schlacht lauert...
: Die Grundidee zu dieser epischen Geschichte, die letztlich eine ganz klassische Heldenstory ist, kam mir in der Tat nach der Kastration meiner beiden Katzen.
Die beiden armen Viecher torkelten derart unbeholfen durch mein Haus, das ich mir wünschte, den Vorgang ungeschehen machen zu können. Klick !, machte es in meinem Kopf.
Was wäre, wenn es Katzen gäbe, die über eine enorme Wundheilung verfügen, vielleicht sogar das Nachwachsen verlorener Organe?
Wie könnte ich diese Superkatzen erklären, und mit welchem Gegner könnten solche Tiere konfrontiert werden? Sie sehen, Herr Löchel, ich spinne den ganzen Tag an so was rum.
: Vielen Dank nochmals für Ihr Interesse.