... Olaf Spittel übers Verlegen, Doyle nebst seines Holmes und wer denn Minna Canth ist
: Die Gewerbe-Anmeldung datiert vom 30.12.2003. Das beantwortet wann und wie - warum, ist nicht so einfach zu sagen. Ich versuche es mit: aus Freude an der Arbeit.
: Ich gestatte mir, das erste Buch zu überspringen und auf die beiden nächsten Bände zu verweisen - die Neuausgabe der satirischen Erzählungen von Hermann Harry Schmitz, die sehr gut eine Grundstimmung des Verlages illustrieren...
: Das Spektrum ist größer - aber die Frage ist berechtigt. Die einzige wirkliche Gemeinsamkeit zwischen allen Publikationen besteht in meinem Wunsch, diese Werke dem Leser zu präsentieren. Ich verlege, was ich mag, und das ausschließlich.
: Für den Kenner skandinavischer Kultur ist Minna Canth ein literarisches Schwergewicht. Sie ist bereits 1897 gestorben.
Ihre Dramen und Romane sind bestes erzählerisches Handwerk (sie ist ein begnadete Dramatikerin, deren Dialoge kurz, zielsicher und flüssig lesbar sind) und kämpferische Sozialkritik.
Einige ihrer Texte wurden zu Lebzeiten der Autorin verboten, und ihr Roman "Agnes" erschien erst 14 Jahre nach ihrem Tode. Brisante Literatur also für diese Epoche - und ein interessanter Blick in die europäische Geschichte für uns heute. Und mir will schienen: nicht alle Gegenstände ihrer moralischen Dispute sind schon veraltet.
Sie ist die wichtigste Frauenrechtlerin in Finnland, und ihr Geburtstag wird in Finnland als Tag der Gleichberechtigung gefeiert.
Und in Deutschland gab es nur eine kleine und längst vergriffene und vergessene Übersetzung - der Rest war völlig unbekannt. Ich brauchte wenige Seiten der Lektüre, um zu erkennen, dass hier ein Stück Weltliteratur zu entdecken ist. Mehr kann sich kein Verleger wünschen. Das wollte ich drucken.
Ich würde es gern vergleichen mit der Situation in einem Land, das die deutsche Literatur nicht kennt, und dort kommt jemand mit der ersten Schiller-Übersetzung an ... Ich übertreibe ein wenig - aber nicht viel.
: Die Frage verlangt nach einem längeren Aufsatz. Faszination ist das richtige Wort. Am erstaunlichsten ist vielleicht die Tatsache, dass mit jedem Buch Conan Doyles, mit dem ich mich näher beschäftige, mein Respekt vor dem Autor wuchs. Er ist erstaunlich vielseitig und er beeindruckt auf vielen Gebieten.
Mit Sherlock Holmes hat er in der Welt der Literatur Bedeutung erlangt - und verdiente es doch, wenigstens ebenso gerühmt zu werden für seine historischen Werke, und noch einmal für seine Abenteuerromane, und noch einmal für sein erzählerisches Werk habe ich jetzt seine satirisch-humoristischen (!) Geschichten um den Brigadier Gérard vergessen?
Und schließlich sollte man - wieder ein neues Gebiet - sein politisches Engagement würdigen, das er in seinem "Congoverbrechen" wohl am deutlichsten werden lässt.
Mit "Ein Duett" schrieb er einen zarten, leicht ironischen Liebesroman einer Ehe, den man dem Schöpfer des Frauenverächters Holmes sicher nicht zutrauen würde.
Und ob nun auf den Schlachtfeldern des Mittelalters oder den amerikanischen Kolonien - immer sind seine Geschichten unterhaltend, wie das Spektrum seiner Themen abwechslungsreich ist.
Meist versteht er es, durch eine ironische Distanz eine allzu große Nähe zu seinen Abenteuergeschichten zu vermeiden, und immer wieder gelingt es ihm auf erstaunliche Weise, Themen aufzugreifen, die heute immer noch oder wieder brandaktuell sind - ich denke vor allem an "Ein gefährlicher Ausflug".
Conan Doyle ist ein literarisches Universum in sich, das ich dem deutschen Lesepublikum gern näher ans Herz legen möchte.
: Ich denke zunächst einmal bis zum Band 34 - soeben ist Band 28 erschienen. Es werden aber immer "Ausgewählte Werke" bleiben - eine vollständige Werkausgabe ist kaum vorstellbar angesichts der Fülle des vorliegenden Materials. Allerdings hoffe ich tatsächlich, wenigstens das erzählerische Werk komplett vorlegen zu können.
Viel hängt hier von der Mitarbeit mehrere Übersetzer ab, die bereit sind, ihre Honorarhöhe von der Zahl der tatsächlich verkauften Bände abhängig zu machen.
Ich versuche das Projekt auf möglichst viele Schultern zu verteilen, suche also immer Übersetzer für die eine oder andere Erzählung - lege aber auch großen Wert auf literarische Qualität.
: Falls ein Übersetzer sich an die knapp 300 Seiten wagen will, werde ich das drucken - sollten die Originalrechte finanzierbar sein.
Aber immerhin kann ich auf die gerade vor wenigen Wochen erschienene Übersetzung der Biographie von Daniel Stashower ("Teller of Tales" unter dem deutschen Titel "Sir Arthur Conan Doyle") verweisen - gute 500 Seiten bei Baskerville Bücher, Köln. Eine lohnenswerte Lektüre.
: Buchstäblich heute habe ich den kompletten Sherlock Holmes auf den Markt bringen können, kurz davor auch die beiden Sachbücher "Das Congoverbrechen" und "Der Krieg in Südafrika", zwei Doyle-Titel, die ich für sehr wichtig halte, auch wenn sie naturgemäß an das Leserecho der Holmes-Bände nicht heranreichen werden.
Damit habe ich kurz vor dem 150. Geburtstag Conan Doyles meine Pläne zu diesem Jubiläum verwirklichen können.
Auch neue Autoren sollen hinzukommen - wieder im Bereich der satirischen Gegenwartsliteratur. Und danach werde ich hoffentlich noch durch das eine oder andere Manuskript überrascht ...
Das erinnert mich an die stehende Redewendung eines Freundes: "Die Bücher, die ich noch lesen will, schreibe ich selber." Ich wollte ohnehin wieder einmal in die Schublade schauen, in die ich meine Ideen werfe.
: Darf ich darauf die Antwort schuldig bleiben?
: Ich versuche, die Welt der Literatur nicht auf einige Genre einzuengen, um mich dann nur innerhalb einer kleinen Schublade zu bewegen. Überhaupt macht diese literaturtheoretische Grenzziehung nur Sinn für den Literaturtheoretiker (und leider auch für das Marketing) - nicht für Autoren und nicht für Leser.
Ich habe mich in den Bereichen der Science Fiction und der Kriminalliteratur bewegt und festgestellt, dass sich bereits in diesen Genres die gesamte Breite der Belletristik widerspiegelt - wie auch Texte außerhalb dieser Grenzen immer wieder Anleihen übernommen haben.
Meine Veröffentlichungen sind schwer nebeneinander in ein Regal zu stellen, da ich vor allem kleinere Formen bevorzugte.
Auch Hörspiele werden nicht in Metern gemessen. dafür habe ich, wenn ich es recht bedenke, mich fast überall einmal versucht, auch als Kritiker, Literaturtheoretiker und Herausgeber.
Meine soeben erschienene Sammlung historischer Kinderrätsel fällt mir ein, die kaum zu allem anderen passt.
Danach wird ein Band mit Texten fertig werden, die ich selbst kaum einordnen kann - als Autor muss ich das auch nicht, als Verleger aber wird mir dazu wohl noch etwas einfallen müssen ...