Ringo`s Eleven: U. L. Brich
Ringo`s Eleven: U. L. Brich
Liebe Zauberspiegler und Zauberspieglerinnen,
nach einigen Jahren Plattenkiste und eingestreuten Artikeln habe ich nun etwas Neues ausgeheckt. Die Reihe trägt den signifikanten namen "Ringo`s Eleven". Keine Sorge, ich möchte niemanden zu einem spektakulären Bankraub überreden. Ich habe lediglich 11 Fragen ausgearbeitet, die ich Schriftstellern, Malern und Musikern im In- und Ausland schicke, und sie um Beantwortung bitte. Fast so wie bei einem Interview, aber nur fast. Doch lest bitte weiter...
U.L.Brich ist das Pseudonym von Mario Ulbrich. Der Autor lebt im Erzgebirge, wo die Luft dünn zu werden beginnt und in den langen Wintern das Blut gefriert. Die Menschen dort überstehen das oft nur mit einer Prise schwarzem Humor. Er hat mehr als 100 Kurzgeschichten geschrieben. Als U.L. Brich verfasst er eine Serie von Actionthrillern um den Bogenjäger Erik Maurer, der es mit gefährlichen Kreaturen in aller Welt und außerirdischen Jägern zu tun bekommt. Als John F. Cooper schreibt er eine Reihe von Abenteuerromanen zur Zeit der Mountain Men im amerikanischen Westen. Unter seinem Klarnamen veröffentlichte er humoristische Romane und ernste Sachbücher.
Welche Art Mensch sind Sie, wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Ich denke, ich bin ein sehr strukturierter Mensch. Ich hab meistens ein Plan, beim Schreiben sowieso. Bevor es losgeht, lege ich die Handlung detailliert fest, erledige alle Hintergrundrecherchen. Beim Schreiben stellt sich natürlich oft heraus, dass doch noch das eine oder andere nachzuschlagen ist, und auch Handlungsdetails können sich ändern. Aber dass ich mich in eine Sackgasse schreibe und nur mit Tricks wieder rauskomme, kenne ich nicht. Dafür machen die Vorarbeiten im Grunde genauso viel Mühe wie das eigentliche Schreiben. Das nervt manchmal, denn ich will ja loslegen. Aber es hat sich bewährt. Selbst Kurzgeschichten schreibe ich mittlerweile nach einem „Drehbuch“.
Auf was sind Sie in Ihrem Leben besonders stolz?
In der Regel ist es das jeweils neueste Buch. Das möchte ich glatt abends mit ins Bett nehmen. Aber dann steht das nächste Projekt an und der Stolz kühlt sich rasch ab.
Was würden Sie, rückblickend, in Ihrem Leben anders machen, bzw. nicht mehr machen?
Weiß nicht. Ich hab zwei, drei immens richtige Entscheidungen getroffen, die wichtig für meinen weiteren Lebenslauf waren. Sicher waren auch schlechte darunter, aber nichts so Gravierendes, dass ich heute der verpassten Chance nachtrauern würde.
Kurz vor der Wende stand ich auf dem Sprung zum Profi-Schriftsteller. Durch das Ende der DDR wurde nichts daraus. Verflixt schade, aber das war nichts, woran ich etwas hätte ändern können. Außerdem weiß ich nicht, wo es mich hingeführt hätte. Mit der real existierenden sozialistischen Zensur wäre ich schlecht zurechtgekommen, glaube ich. Also wer weiß, wofür es gut war, dass es nicht geklappt hat.
Was denken Sie über Religion, welchen Stellenwert hat sie in Ihrem Leben?
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich bin Atheist, glaube eher an fiese Aliens als an einen liebenden Gott. Wer an Jahwe, Allah oder Odin glauben will – meinetwegen, ich hab nichts dagegen. Ich weiß ja nicht, ob ich mit meinem Atheismus recht habe. Aber Religion besitzt keinen Stellenwert in meinem Leben.
Welchen Berufswunsch hatten Sie ursprünglich, bzw. welchen Beruf übten Sie früher aus?Ich wollte mal zur Kripo gehen, was in der DDR aber nicht geklappt hat. Deshalb habe ich Schlosser gelernt und kam dann durch mein Hobby, das Geschichtenschreiben, zum Journalismus. Heute bin ich Reporter bei einer großen Tageszeitung in Sachsen.
Was inspiriert Sie?
Bücher. Ich lese unheimlich viel, Sachbücher und Romane. Das ist nicht nur ein spannender Zeitvertreib, sondern hilft mir auch beim Schreiben. Romane halten mich gewissermaßen „im Training“, was Ausdruck, Rechtschreibung und Grammatik betrifft. Meine liebe Frau, die hauptberuflich Heftromane schreibt, und ein ungleich höheres Schreibpensum absolviert als ich, nennt das auch „den Kopf mit Wörtern füllen“. Ich denke, da ist etwas dran.
Sachbücher wiederum haben mir schon mache Idee beschert und helfen, meinen Geschichten einen akkuraten Hintergrund zu geben. Meine Thrillerserie um die Wild Hunters zum Beispiel: Was darin über Aliens steht, ist nicht einfach bloß zusammenfabuliert. Es fußt auf realen Theorien. Wer die entsprechenden Bücher gelesen hat, denkt sich: Davon hab ich schon gehört. Für mich als Leser sind solche Momente kleine Aha-Erlebnisse. Es fühlt sich an, als könne ich mitreden, obwohl ich bloß eine erfundene Geschichte lese.
Dan Browns „Sakrileg“ war damals für mich ein doppeltes Vergnügen, weil ich die Theorien hinter seinem Konstrukt längst kannte und mich diebisch über das Wiedererkennen der Motive und Fakten gefreut habe.
Wie sieht ein typischer Tag bei Ihnen aus?
Früh um halb sechs aufstehen, ein kleines Frühsportprogramm absolvieren und danach beim Frühstück noch eine Stunde lesen. Das ist die einzige Zeit des Tages, wo der Kopf dafür noch frisch genug ist. Um neun fahre ich zur Arbeit, abends halb sieben bin ich wieder daheim – falls keine Abendtermine anstehen. Dann schauen meine Frau und ich uns ein paar Serienfolgen im Streaming an. Fernsehen ist uns zu unflexibel. Gegen 21 Uhr gehen wir zu Bett. Vielleicht schaffe ich dann noch ein paar Seiten in meinem Buch, ehe mir die Augen zufallen.
Seit einigen Jahren arbeite ich verkürzt, damit ich mehr Zeit für meine eigenen Schreibprojekte finde. Das heißt, ich habe pro Monat eine Woche frei. Während der ist mein Tagesablauf aber nicht viel glamouröser, bloß dass ich um neun anfange, an meinem aktuellen Buch zu arbeiten, bis ich nicht mehr mag. Das ist meistens so um 15 oder 16 Uhr der Fall. Obwohl ich mehr schreibe als auf Arbeit bin hinterher nicht ganz so ausgelaugt, weil der ganze Ärger des Redaktionsalltags fehlt, und meine Leseabende sind dann ein wenig erfreulicher.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit, wie entspannen Sie sich?
Auch in der „regulären“ Freizeit schreibe ich viel oder plane das nächste Buch. Ich versuche aber, es nicht zu übertreiben. Meine Frau und ich gehen regelmäßig wandern oder Geocachen, was aber im Prinzip auf das Gleiche hinausläuft: sich in der Natur zubbewegen.
Welchen Ort würden Sie gerne einmal persönlich besuchen?
Die Wildnis der Rocky Mountains, das Land der legendären Mountain Men. Aber nur im Norden. Im amerikanischen Südwesten ist es mir zu heiß. Auch Western, die dort spielen, mag ich weniger.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten - ganz egal welchen, was wäre das?
Mich mit einer Million auf dem Konto zur Ruhe zu setzen und mich ganz meinen Romanprojekten zu widmen. Na gut, sicherheitshalber sollten es besser fünf Millionen sein. Die Inflation und so.
Welche Persönlichkeit (historisch, fiktiv oder real) würden Sie gerne einmal persönlich treffen, und warum?
Napoleon Bonaparte. Ich würde versuchen, ihm den Russlandfeldzug auszureden. Falls das nicht klappt, würde ich ihm wenigstens noch stecken, dass Grouchy bei Waterloo zu spät kommen wird. Würde mich interessieren, ob er was draus macht.
Vielen Dank, U. L. Brich
