... Jens Lossau und Jens Schumacher über »Der Elbenschlächter«, Teamarbeit, Krimis und Fantasy
... Jens Lossau und Jens Schumacher ...
... über »Der Elbenschlächter«, Teamarbeit, Krimis und Fantasy
... über »Der Elbenschlächter«, Teamarbeit, Krimis und Fantasy
: Phantastische Themen waren eigentlich schon immer unser Ding: Unsere ersten beiden gemeinsam publizierten Storybände, »Kanon der Melancholie« und »Entitäten«, enthielten jede Menge Horror- und SF-Geschichten. Reinrassige Fantasy war damals aber noch nicht vertreten, das stimmt. Es folgten einige gemeinsame Krimis, sowie bei mir diverse Kinder- und Jugendtitel, darunter dann auch schon mehrere Fantasy-Stoffe
: mit denen du Milliarden gemacht hast! Logisch, dass ich extrem heiß darauf war, auf diesem lukrativen Gebiet auch mal etwas gemeinsam zu machen. [lacht] Nein, im Ernst: Vor etwa einem halben Jahr kam uns während eines längeren Telefonats mehr oder weniger ungeplant die Idee für eine unkonventionelle Fantasyserie. Möglicherweise wurde der Prozess angeschubst durch die mediale Allgegenwart des Themas in den letzten Jahren
: oder durch den Umstand, dass es innerhalb der zeitgenössischen Fantasy so wenig gibt, das uns gefällt. Wie dem auch sei, wir fassten unsere Gedanken in Worte, LYX kauften das Konzept, der Rest ist Geschichte.
: Wir kennen uns quasi seit unserer Geburt und arbeiten schon seit Anfang der 90er literarisch zusammen. Das gemeinsame Ausdenken von Geschichten entwickelte sich lange vor dem Entschluss, als Autoren unsere Brötchen zu verdienen. Als Folge sind die Abläufe zwischen uns seit Jahrzehnten sehr eingefahren. Die meisten Bücher so auch den »Elbenschlächter« denken wir uns während langer gemeinsamer Spaziergänge aus. Anschließend wird zunächst ein knapper inhaltlichen Abriss erstellt, auf Basis dessen das Projekt verkauft wird, gefolgt von einem weitaus detaillierteren Verlaufsexposé. Und irgendwann setzen wir uns dann hin und schreiben das Buch spätestens, wenn der Vorschuss verprasst und die nächste Miete fällig ist.
: Uneinigkeiten, also unterschiedliche Ansichten zum Handlungsverlauf, werden bereits vor der ersten Verschriftung ausdiskutiert, meist unter Zuhilfenahme des besten aller Problemlöser: Alkohol. Ab dem Zeitpunkt des erwähnten Verlaufsexposés gibt es dann keine Diskussionen mehr: Jeder weiß, was in welchem Kapitel, in welcher Zeile des Buches passiert. Dies wird von vorne nach hinten abgearbeitet, nicht viel anders, als es ein einzelner Autor tut mit dem Unterschied, dass jeder von uns nur die halbe Arbeit hat! [lacht]
: In all unseren Kollaborationen kommen wir um die Themen Humor, Gewalt und Schrecken nicht herum. Wahrscheinlich ist das einfach unsere gemeinsame Schnittmenge. So sind die Romane um unser Krimi-Ermittlerduo Grosch & Passfeller stilistisch wie auch inhaltlich nicht allzu weit entfernt von Jorge & Hippolit in »Der Elbenschlächter«. Das liegt vor allem daran, dass uns beide eine ganz bestimmte Personenkonstellation besonders reizt: von Grund auf gegensätzliche Figuren aufeinandertreffen und gemeinsam agieren zu lassen. Das bietet Raum für charakterliche Spannungen und nicht zuletzt etwas Klamauk. Neben einer schlüssigen Story legen wir den meisten Wert auf die Charaktere am liebsten solche, die etwas außerhalb der Norm stehen.
: Bei genauerer Betrachtung stelle ich gerade fest, dass es abgesehen vom Vorhandensein von Magie in den Romanen um das IAIT [das Institut für angewandte investigative Thaumaturgie, eine Art Polizeiorganisation, die kriminelle magische Machenschaften untersucht; Anm. d. Red.] eigentlich überhaupt keine Unterschiede zwischen unseren Krimis und unserer Fantasy-Thrillern gibt! In beiden Fällen pfeifen wir auf die Konventionen des jeweiligen Genres und machen, worauf wir Lust haben.
: Es wird letztendlich schwerer, weil ja auch innerhalb eines fiktiven Kosmos immer noch alles schlüssig und durchdacht sein muss. Besondere Beachtung verlangte z.B. die Legitimation eines kriminologischen Instituts in einer von Magie durchsetzten Welt. Oder, um es einfach auszudrücken: Wozu überhaupt Ermittler, wenn jeder einfach die Lösung des Falls herbeizaubern könnte? Das ist zuweilen etwas knifflig, vor allem Schumacher verbringt damit schlaflose Nächte: Einmal rief er mich morgens um vier Uhr an, um über die exakte Wirkungsweise eines ganz bestimmten Zaubers zu diskutieren. Der Mann ist fraglos krank, aber einem Buch tut so was gut.
: Im Gegensatz zu dir mache ich mir halt Gedanken über so irrelevante Dinge wie Logik und Konsistenz! Mich haben doofe Denkfehler schon als Kind gestört. Ich meine, mal unter uns: Wieso sitzt die beste Freundin von Bibi Blocksberg immer noch im Rollstuhl, wo die Alte doch zaubern kann? Kann mir das mal einer erklären?
Jens Lossau: Die sitzt im Rollstuhl? Echt?
: Oh, dass bisher noch niemand diese beiden Genres miteinander verquickt hat, heißt nicht, dass sie potentiell nicht gut zusammenpassen würden! Im Gegenteil, als wir damals vom Horror zum Krimi wechselten, stellten wir fest, dass die grundlegenden Techniken, etwa Spannungsaufbau, Erzählperspektiven oder eben die Nutzung humoristischer Elemente in nahezu allen Sparten der Unterhaltungsliteratur ähnlich funktionieren. Und da wir beide nicht ausschließlich Fans eines einzigen Genres sind, mischen sich in dem, was wir schreiben, logischerweise all unsere unterschiedlichen Einflüsse. In der Literatur ist es doch wie in der Musik: Je mehr verschiedene Stile ein Künstler rezipiert, desto vielschichtiger, respektive: interessanter wird das, was er selbst hervorbringt.
: Schön gesagt. Dem kann und will ich nichts hinzufügen.
: Die Frage trete ich an Schumacher ab, er ist der Weltenbau-Nerd von uns beiden.
: Nophelet als Sitz der IAIT-Zentrale, also ein Ort, an den wir in den folgenden Romanen noch des Öfteren zurückzukehren gedenken, sollte in möglichst wenigen Belangen anderen Fantasy-Metropolen ähneln. Deshalb u.a. die krakenartige Anlage mit den unzähligen Armen/Stadtvierteln, deshalb die absurde, politisch motivierte Integration der verschiedenen Völker, die nicht minder absurde Regierungsform, etc. Ein aufgeweckter Journalist hat die Stadt kürzlich als Mischung aus Ankh-Morpork und Lankhmar bezeichnet. Eine treffendere Beschreibung hätten wir uns selbst nicht ausdenken können!
: Wer zum Henker ist Ankh-Morpork?
: Der Prozess der Namensfindung ist tatsächlich etwas, dass mir sowohl bei Solo-Titeln als auch bei unseren gemeinsamen Romanen um das IAIT verdammt viel Spaß macht. Ich verstehe Kollegen nicht, die das Austüfteln von Namen und deren klanglicher Implikationen nicht schätzen oder sich aus Faulheit auf sichere (und mittlerweile unsäglich ausgelutschte) Bänke wie das Klonen der Tolkienschen Phonetik zurückzuziehen. Für mich ist das definitiv einer der kreativsten Aspekte beim Schreiben. Und glücklicherweise sind ja nicht alle unsere Wortschöpfungen Anagramme
: Ich will dazu nur Folgendes sagen: Irgendwer hat mal behauptet, dass, wenn Lossau & Schumacher zusammen ein Buch schreiben, das so sei, als würden zwei große, hässliche Affen in einem Sandkasten spielen. Eine Weile dachten wir irrsinnigerweise, das wäre etwas Negatives! [lacht]
: Nun, ein Klischee kann durchaus nützlich sein, im Fantasy-Genre sind die meisten aber bis zum Erbrechen ausgereizt. Mal ehrlich: Wer will denn heute noch den zehnten Roman über Zwerge lesen? Es gab in den letzten Jahren ein Revival des Fantasy-Genres, ausgelöst durch den Boom um die »Herr der Ringe«-Filme; im Zuge dessen wurde einiges Frisches publiziert, aber leider auch verdammt viel Ödes. Was gibt es Langweiligeres, als eine Schlachtenszene über 100 Seiten, bei der man am Ende nicht mehr weiß, wer wer ist? Wir haben uns schon immer stärker für unsere Figuren als für Politik interessiert. In welchen Genre wir auch unterwegs sind, wir haben keine Lust, auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Wir wollen unterhalten, das ist das Einzige, was wir können. Und das klappt nicht mit Aufgewärmtem!
: Ich habe irgendwem mein künstlerisches Ideal als Autor mal im Zustand der Volltrunkenheit folgendermaßen erklärt: Falls ich irgendwann tatsächlich reich und berühmt werden sollte, dann möchte ich das mit etwas schaffen, das ich selbst geschaffen habe, nicht mit Dingen, die andere vor mir schon genau so gemacht haben.
: Am zweiten Band (Titel: »Der Orksammler«) arbeiten wir zur Zeit, er wird im Herbst erscheinen. Der weitere Verlauf der Serie hängt, wie so oft im Buchmarkt, von der Resonanz des Publikums ab. Im Vertrauen: Gedanklich sind wir schon bei Band sechs! Mal abwarten, wie viele es im Endeffekt werden
Einige Worte zu den Autoren:
(Vita © Lyx Verlag, 2010)