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...Kai Blasberg über kreative Prozesse, das Publikum und »Wiederentdeckungen«

Kai Blasberg ...Kai Blasberg ...
... über kreative Prozesse, das Publikum und »Wiederentdeckungen«

Kai Blasberg ist ein profilierter Mann im TV-Geschäft, zu dessen Stationen das Deutsche Sportfernsehen (DSF, seit kurzem Sport1) und Kabel1 gehören. Inzwischen ist er Chef bei Tele5, ein kleiner Sender mit den »Claim«: »Wir lieben Kino«.

Dort laufen Filme und Serien(klassiker), die auch und gerade fürs Zauberspiegelpublikum interessant waren und noch sind, wie AKTE X und andere.

Darüber hinaus ist er Kolumnist (Blasberg!) für DWDL.de. Kai Blasberg setzt sich in pointierter, lesenswerter, durchaus provokanter aber stets kompetenter Form mit der Deutschen liebstem Massenmedium auseinander. Und nun haben wir ihn mal ein paar Fragen gestellt.

Zauberspiegel: Herr Blasberg, die Stationen Ihrer Karriere im TV Management umfassen Kabel1, das DSF (seit kurzem Sport1) und nun Tele5. Wie hat sich das deutsche Free-TV im Laufe ihrer Karriere verändert? Sind die Jahre des Aufbruchs, des Ausprobierens vorbei und ist Fernsehmachen in Deutschland in Händen von Marktforschung, Verwaltung und Marketing?
Kai Blasberg: Alles ändert sich, immer. Und das muss auch so sein. Es gibt heute mehr Sender denn je, das Fernsehen steht heute in der Wahrnehmung auch viel stärker im Fokus der Wirtschaftlichkeit, aber das ist nicht gleichbedeutend mit Stagnation. In unserer Auffassung ist Programmgestaltung immer ein kreativer Prozess, den Marketing und Marktforschung stützen und begleiten, nicht umgekehrt. Wir sind mit TELE 5 darin allerdings in unsrem Tun viel freier, als andere Sender, weil wir unabhängig von großen Sendergruppen oder Börsenkursen agieren. „A class of it’s own“, sozusagen.

Zauberspiegel
: Tele5 hat sich unter den kleinen Sendern etabliert. In Programm finden sich Erfolgsserien (mit phantastischem oder Action-Einschlag) der Achtziger und Neunziger. Darüber hinaus viele Spielfilme derselben Ausrichtung. An wen wendet sich Tele5 mit dieser Ausrichtung?
Kai Blasberg: Als Free TV Programm öffnen wir uns dem gesamten Publikum. Das soll auch so bleiben. Natürlich ist es so, dass man ausprobiert, was ankommt und etwas ändert, wenn man feststellt, dass das Publikum nicht zusieht. Und dabei kristallisiert durchaus etwas heraus, von dem man ursprünglich nicht vermutet hätte, dass es funktioniert. In der Tat sind Fantasy und Action Genres, die bei TELE 5 eine treue Zuschauerschaft haben, - in diesem Segment bieten wir etwas, was es so woanders nicht gibt. Und legen auch Wert darauf, das durch gezielte Zukäufe immer wieder einmal stärker zu akzentuieren. Ein „Spezialist“ für Fantasy werden wir deshalb aber nicht werden.

Zauberspiegel: Welche Serien und Reihen wird Tele5 noch ausgraben? Welche Überraschungen harren noch der Wiederentdeckung?
Kai Blasberg: Wir prüfen immer wieder Angebote und wägen ab, was in unsere Programmstrategie passt. Jetzt konkrete Titel zu nennen, wäre verfrüht. Vor dem Herbst wird es da keine verbindlichen Neuerungen zu verkünden geben. Es ist aber, um das Wort „Wiederentdeckung“ aufzugreifen, schon auch denkbar, dass wir nicht nur auf neuere Inhalte setzen, sondern mal wieder etwas lange nicht Gesehenes ins Programm holen.

Zauberspiegel: Wann wird Tele5 den nächsten Schritt wagen und frische Serienware zeigen oder gar den übernächsten wagen und selbst Serien und Filme produzieren oder ist das auch mittel- bis langfristig gar nicht im Senderprofil vorgesehen?
Kai Blasberg: Angebot und Nachfrage müssen passen. Bestimmte Serien in der Art von CSI oder „Sex & the City“ werden als Erstausstrahlung weiter auf den großen Sendern laufen. Wenn wir mal über etwas stolpern, von dem wir glauben, das es ein gutes Nischenprodukt ist, das sich von den gängigen Serienfarben anderer Sender abhebt, sind wir dabei. „Painkiller Jane“ war zum Beispiel so eine Serie, die wir als Erstausstrahlung gezeigt haben, weil wir sie bei uns genau richtig platziert fanden. Für die Produktion ist unser Haupt-Gesellschafter, die Tele München Gruppe, zuständig. Das fangen wir nicht selbst noch an.

Zauberspiegel: Mal den Blick über TELE5 hinaus. Wie wird sich das frei empfangbare Fernsehen entwickeln was Serien und Filme angeht?
Kai Blasberg: Serien und Spielfilme sind einer der Urpfeiler der TV Unterhaltung. Neben Show, Sport und News werden sie das auch bleiben. Die Menschen lassen sich einfach gern Geschichten erzählen.

Zauberspiegel: Es mag Ihnen als dumme Frage erscheinen, aber ich frage mich das schon seit Jahren. US-Serien haben vier in die Serie eingebaute Cliffhanger, um dort Werbung zu zeigen. Das deutsche TV nimmt diese »Sollbruchstellen« nicht wahr. Da wird Werbung scheinbar willkürlich eingeblendet und ganze Szenen wiederholt. Warum nutzt das deutsche Fernsehen nicht die von vornherein eingebauten Stellen für Werbung?
Kai Blasberg: Die Werberichtlinien in Deutschland sind andere als in den USA und demgemäß kann man da nicht einfach am Ur-Modell andocken. Wir müssen bestimmte Zeitintervalle einhalten, die mit den amerikanischen nicht übereinstimmen.

Zauberspiegel: Wie »uniform« ist das TV-Publikum weltweit? Es gibt ja Serien und TV-Formate, die sich überall durchsetzen? Andere wiederum funktionieren wie »Dr. Who« in Deutschland gar nicht oder wieder andere wie die Serie »Westwing« wurden nie nach Deutschland geholt? Und bei anderen wie vor kurzem »Flash Forward« geht es so, dass die Serie sowohl in den USA als auch Deutschland gut startet und dann kontinuierlich an Quote verliert? Also: Wie funktioniert das weltweite TV-Publikum?
Kai Blasberg: Wenn wir das wüssten, hieße es, dass wir unser Publikum bis ins letzte kennen. Es ist nicht berechenbar. Nicht national und schon gar nicht weltweit. Daher wird man immer wieder Flops erleben, wo man sicher war, den großen Coup gelandet zu haben und umgekehrt. Die Welt ist aber schon gleichförmig genug. Das muss sich nicht weiter anpassen.

Zauberspiegel: Warum hat es Ihrer Ansicht nach kein erfolgreiches deutsches Format mit phantastischem Inhalt gegeben? Alles kommt aus den USA oder dem Vereinten Königreich. Woran mag das liegen?
Kai Blasberg: Vielleicht sind die Deutschen einfach keine Phantasten, wenn es ums Erzählen geht. Der Film noir ist in Frankreich zuhause, die britische Komödie ist durch ihren schwarzen Humor geprägt, die Amerikaner sind ausgemachte Experten für wirkungsvolle Action. Auch wenn Ausnahmen die Regel bestimmen, hat wohl doch jedes Land seine Eigenheiten, die bestimmte Genres nach sich ziehen. Fantasy hat aber auch viel mit Special Effects zu tun, denn die gezeigten Welten sind ja nicht real. Und da sind die US-Studios  - kleines Wortspiel - einfach fantastisch aufgestellt, um derartiges in Szene zu setzen. Außerdem produzieren sie mit ganz anderen Budgets für den Weltmarkt, was Deutschland so nicht kann und auch nie können wird.

Zauberspiegel: Ich hätte noch tausend Fragen an den Fernsehmacher, möchte es aber gut sein lassen und sie zu einem anderen Zeitpunkt noch mal ins Gebet nehmen oder von unseren Lesern ins Gebet nehmen lassen. Bis hierhin: Vielen Dank...
Kai Blasberg: Ich danke Ihnen. Und bleiben Sie uns treu!
 
Tele5

Kommentare  

#1 G. Walt 2010-05-19 13:19
Frei empfangbare Sender? Gibt es die noch? GEZ bei den ÖR, und Kabelgebühren ala Kabel Deutschland frü die anderen. Bleibt nur die SAT-Schüssel als einiziger Ausweg sich von den Zwängen der Kabelanbieter zu befreien, aber die hat nicht jeder, darf nicht jeder.
#2 Harantor 2010-05-19 20:35
Es ist schon 'frei' empfangbar. Im Gegensatz zu "Sky" (früher Premiere) und ähnliche (zusätzlich verschlüsselte) Angebote für die Du extra zahlen sollst und die nur über spezielle Decoder zugänglich sind).
#3 G. Walt 2010-05-20 00:04
Ja ich weiß. Dennoch klingt es etwas wie Hohn bei den hohen Preisen der Kabel-Anbieter. Ich weiß was Du meist. Ich wollte nur dalegen wie absurd der Begriff ist.

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