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... Gerhard Acktun über sein Lehrgeld, kulturelle Vielfalt und die Begegnung mit Goldfinger

Gerhard Acktun … ... Gerhard Acktun ...
... über sein Lehrgeld, kulturelle Vielfalt und die Begegnung mit Goldfinger
 
Gerhard Acktun, 1955 geboren ist ein Schauspieler, der bereits als Kind Filmluft geschnuppert hat. Er stand schon früh mit Stars wie Theo Lingen, Georg Thomalla und Erik Ode vor der Kamera. In deutschen Krimiserien spielte er neben Siegfried Lowitz (Der Alte) und Horst Tappert (Derrick). Auch im Hörspiel ist Gerhard Acktun sehr beschäftigt und hatte bereits viele Rollen beim Dortmunder Label MARITIM übernommen (u.a. in Sherlock Holmes).
Im Hörbuchmarkt sah er seine Chance als Unternehmer und gründete 2008 einen eigenen Verlag. Darüber und über noch viel mehr habe ich mit ihm gesprochen.

Zauberspiegel: Hallo Herr Acktun. Vielen Dank für die Zeit die Sie uns für das folgende Interview spenden wollen.
Gerhard Acktun: Hat leider etwas gedauert, da ich jetzt erst von Dreharbeiten zurückgekommen bin. Denn wie Sie wissen, verdiene ich meine Brötchen als Schauspieler und Sprecher. Gerade hat auch wieder eine neue Staffel von Pokemon angefangen, die wir synchronisieren. Ich spreche da ja seit über 11 Jahren die Figur Mauzi. Von den Verlagseinnahmen allein kann ich noch nicht leben, ich hoffe das ändert sich.

Zauberspiegel: Sie haben 2008 den Hörbuchverlag Alogino gegründet. Wie kam die Idee dazu zustande?
Gerhard Acktun: Seit Jahren bin ich selbst als Sprecher für diverse Hörspielproduktionen tätig. Und da kam mir die Idee mit meinem Zwicky, der Wolpertinger. Obwohl die Produktion wirklich mit Herzblut produziert wurde, fand ich keinen Verlag der es herausbringen wollte. „Unbekannte Kindergeschichten sind schwierig in der Vermarktung“ usw., bekam ich bei meinen Anfragen zu hören. Die großen Verlage wollen halt so genannte „Selbstläufer“ d.h. Serien die man aus dem TV oder Kino Bereich her kennt. Und unbekannte Geschichten sind mit Arbeit verbunden. Und so entschloss ich mich, meinen eigenen Verlag zu gründen.  Und ich hab da einiges an Lehrgeld bezahlt.  Aber ich bin froh, dass mir da auch viele Menschen geholfen haben, die mir auch jetzt noch mit Rat und Tat  zur Seite stehen. Denn mein Hauptberuf ist ja der des Schauspielers.

Zauberspiegel: Welche Zielgruppe sprechen Sie mit ihren Produkten an?
Gerhard Acktun: Eigentlich alle, die gute Hörspiele lieben. Und darum will ich meine Produktpalette stetig erweitern. Aber das dauert eben alles seine Zeit. Und ich will nichts überstürzen und dadurch Kompromisse eingehen. An erster Stelle soll wirklich die Qualität stehen. Es gibt viele Hörspiele auf dem Markt, die wirken auf mich lieblos produziert. Vielleicht ist es wirklich so, je größer der Betrieb umso schneller verliert man den Bezug zu den eigenen Produktionen. Und das möchte ich vermeiden. Ich will 100% hinter den Produktionen stehen.

Zauberspiegel: Sie haben auch Hatschi Puh im Programm. Die Wiederauflage einer alten Serie aus den 80ern. Wie haben Sie diese Serie wiederentdeckt?
Gerhard Acktun: Das ist eigentlich der  Verdienst vom Sebastian Kuboth, eines Freundes von mir.   Klar, kannte ich Hatschipuh, hab selbst damals in den 80ern in einigen Folgen gesprochen. Und mit Uli König verbindet mich eine lange Freundschaft. Er hat ja neben Hatschipuh u.a. auch maßgeblich an der Pumuckl-Serie mitgearbeitet. Und ich kenne ihn noch aus der Zeit, in der er Regieassistent war. Der Sebastian Kuboth kam jedenfalls eines Tages zu mir, mit der Hatschipuh Idee. Ob wir nicht die Serie gemeinsam wieder herausbringen? Und ich wusste von der Qualität der Serie. Auch der Uli König war von der Idee begeistert.  

Zauberspiegel: Sie haben in den Hörbüchern einen wachsenden Markt entdeckt. Können Sie nun nach einigen eigenen Produktionen sagen, ob Ihnen der Anschluss an diesen Markt erfolgreich gelungen ist?
Gerhard Acktun: Es ist natürlich nicht einfach sich gegenüber den renommierten Hörbuchverlagen zu behaupten. Gerade als „Neuling“ auf dem Markt, obwohl ich seit einigen Jahren selbst für verschiedene Verlage als Sprecher tätig war und bin.  Am Anfang ist man ja noch blauäugig und denkt das schwerste ist eine gute Produktion auf die Beine zu stellen. Aber im Grunde sind die Vermarktung und das Drumherum noch schwieriger. Aber man lernt immer mehr dazu. Und das ist im Grunde auch das Reizvolle. Dazu kommt, dass ich das Glück hatte, viele Menschen zu finden, die mir, sei es als Sprecher/in oder  Tonmeister oder in anderen Bereichen mit Rat und Tat  zur Seite standen. Ich glaube ohne deren Hilfe hätte ich aufgegeben. Ich will da Daniel Crucius, der mir bei der  Tonbearbeitung hilft , meinen Sohn Andreas, der fürs Cover zuständig ist, und Sebastian Kuboth, mit dem ich neben Hatschipuh noch andere Projekte herausbringen will, hervorheben. Und jetzt ist es ein schönes Erlebnis zu sehen, wie der Alogino-Verlag wächst und gedeiht.  Ich denke es wird noch einige Zeit dauern, bis ich mich auf dem Hörspielmarkt durchsetzen kann. Aber wir sind auf dem besten Weg dorthin. Ermutigt werde ich durch das positive Feedback meiner Hörspielkäufer. Was gibt es schöneres für einen Künstler, wenn die Arbeit honoriert wird. Der finanzielle Aspekt tritt da erst einmal in den  Hintergrund. Aber das wird sich bestimmt auch ändern, wenn die Alogino Hörspiele einen breiteren Markt gefunden haben.

Zauberspiegel: Sie haben früh mit der Schauspielerei begonnen. Stimmt es, dass Sie zunächst eher zufällig zu Komparsenrollen kamen, da ihre Eltern ein Lokal hatten, das oft als Drehort verwendet wurde?
Gerhard Acktun: Das ist nur zum Teil richtig. Wahr ist, dass meine Eltern bei meiner Geburt ein kleines Lokal in München hatten. Mein Vater kam aus Ostpreußen und spielte dort in Königsberg am Theater kleinere Rollen. Bald kamen in das Münchner Lokal, das sich in der Müllerstraße befand, viele Leute aus dem Filmbusiness. Ich glaube, soweit ich weiß, wurde da nie gedreht. Und mein Vater fing dann wieder an kleinere Rollen zu spielen. Und so schnupperte ich als 5 jähriger auch die „Filmluft“.  Das hat sich dann immer weiter entwickelt. Meine Rollen wurden immer größer. 1964 war ich mit u.a Rene Deltgen, Götz George auf Tournee: „Alle meine Söhne“. Dann spielte ich in unzähligen Kino und Fernsehproduktionen mit. Dabei waren die Filme mit Roy Black und diverse Paukerfilme mit Hansi Kraus. Herausheben möchte ich da noch die Rolle des Seppl im „Räuber Hotzenplotz“ mit Gert Fröbe. Und um auch später noch den Beruf richtig auszuüben besuchte ich in München die Schauspielschule. Direkt danach führte mich mein Weg in die Schweiz ans Theater.

Zauberspiegel: Sie haben dort sicher viele bekannte Schauspielgrößen kennenlernen dürfen. Gibt es besondere Erlebnisse?
Gerhard Acktun: Ich habe im Laufe meiner Arbeit als Schauspieler festgestellt, dass gerade die Schauspieler, die sich im Laufe ihres Lebens mit guten Leistungen einen Namen gemacht haben, die unkompliziertesten  Kollegen waren und sind. Sie haben es nicht nötig einen auf Star zu machen. Das habe ich auch in Frankreich festgestellt bei den Dreharbeiten zu  Der Graf von Monte Christo.

Zauberspiegel: Früher hatten Sie auch kleinere Rollen in berühmten Krimiserien wie der Der Kommissar. Können Sie sich daran noch erinnern? Die Rolle im Kommissar zumindest war ja sehr klein.
Gerhard Acktun: Der Produzent vom Kommissar produzierte auch andere Serien, z. B. Die Polizeiinspektion 1, Derrick, Siska  oder „Der Alte“. Mal spielte man in einer Serie eine kleinere Rolle, aber dafür in der anderen eine größere. Ich weiß nur, dass Erik Ode auch ein entgegenkommender Schauspielerkollege war.

Zauberspiegel: Auch im Alten und bei Derrick hatten Sie kleinere Gastauftritte. Haben Sie Lowitz und Tappert kennengelernt und wie waren die so?
Gerhard Acktun: Das was ich über Erik Ode gesagt habe, trifft auch auf Lowitz und Tappert zu. Beide kamen ja ursprünglich vom Theater. Sie konnten ihr Handwerk und es war angenehm mit ihnen zu arbeiten.

Zauberspiegel: Später wurden die Rollen dann ja auch größer. Man denke nur an die Ganghöfer-Verfilmung Der Unfried mit Christine Neugebauer. Später auch ihre Serienrolle im Schloss am Wörthersee. Das Fernsehen kennen Sie aus frühester Zeit. Wie beurteilen Sie die deutsche TV-Landschaft im Vergleich damals zu heute?
Gerhard Acktun: Klar, auch die TV- Landschaft muss sich weiterentwickeln. Das ging ja los, als die Privatsender entstanden. Zuerst haben die öffentl. Rechtlichen Sender noch über Produktionen wie „Ein Schloss am Wörthersee“ mit Roy Black, gelächelt und es als „zweitklassiges Programm“ abgetan. Nur hat es mich dann gewundert, dass Jahre später die komplette Serie in der ARD gelaufen ist. Natürlich finde ich nicht alles Gut was ausgestrahlt wird, aber es ist auch eine Generationsfrage. Was ich als furchtbar empfinde ist gerade der Hype bei den Jugendlichen. Aber so soll es auch sein, lebt nicht gerade die Kultur von der Vielfalt? Es ist nur schade, dass sich die Arbeitsbedingungen auch sehr geändert haben.  Alles muss heutzutage schneller und dadurch „billiger“ produziert werden. Ich bin halt ein Freund anspruchsvoller TV-Produktionen, ob es Krimi oder ein anderes Format ist. Leider haben sich die öffentl. Rechtlichen Sender da den Privaten angepasst.  Aber vielleicht schlägt das Pendel auch wieder in die andere Richtung.

Zauberspiegel: Sie spielten aber auch schon früh größere Rollen, was man nicht vergessen sollte. Räuber Hotzenplotz ist so ein Beispiel. Dort standen sie neben dem großen Gert Fröbe. Wie war das?
Gerhard Acktun: Mit Gert Fröbe zu drehen war für mich ein besonderes Erlebnis. Gehörte er damals durch seine Erfolge bei „Goldfinger“ und anderen Produktionen zu den wenigen deutschen Weltstars. Aber es gab nie einen Moment, an dem er uns „Nachwuchs“ das spüren ließ. Er erzählte von seinen Anfängen am Theater. Das ging los mit Kulissenmaler. Daher konnte er ja auch so gut jonglieren. Denn sie mussten damals immer warten mit dem neuen Anstrich, bis die alte Farbe getrocknet war. An die Drehzeit mit ihm und Josef Meinrad, Lina Carsten und den anderen Kollegen denke ich noch gerne zurück. Da gibt es auch ein schönes Erlebnis: Wir drehten nachts in Wolframs Eschenbach. Es war schon etwas kalt, und Drehzeit bedeutet auch immer Wartezeit, bis alles eingeleuchtet ist u.s.w. Zu der Zeit hatten die Amerikaner gerade Manöver in der Gegend. Einige GIs marschierten über den Marktplatz und schauten zu. Fröbe, in Maske und Kostüm als  Hotzenplotz, sprach einen von Ihnen auf englisch an: Wissen Sie wer ich bin?  Goldfinger. Der GI traute seinen Augen nicht. Goldfinger stand leibhaftig vor ihm.

Zauberspiegel: Kommen wir noch einmal zurück zu den Hörspielen. Sie sind neben ihrer Arbeit als Produzent auch in vielen Hörspielen als Sprecher zu hören. Wieder sind sehr oft Krimigeschichten dabei, wie schon damals bei ihrer TV-Arbeit. Wie stehen Sie selbst zum Genre Krimi? Eine berechtigte Frage, da sie viel in dem Bereich gemacht haben…
Gerhard Acktun: Ich lese auch sehr viel, hauptsächlich Krimi. Für mich gibt es nichts Entspannenderes als ein guter Krimi. Ob als Buch, Film oder Hörspiel. Deshalb ist meine Fortsetzung von den Viktualienmarkt G´schichten auch ein Krimi: „Nachtschicht“. Kommt in einem Monat als Hörspiel auf den Markt. Lieben wir nicht alle das kribbeln das uns ein guter Krimi verschafft. Darum ist der Krimi immer noch das meist gesendete TV Format. Vielleicht noch eine gute Krankenhaus Serie. Ich denke da an die amerikanischen Formate. Da schaffen es die deutschen leider nicht mitzuhalten.

Zauberspiegel: Kaufen Sie selbst Hörspiele und wenn ja welche? Für was interessieren Sie sich da?
Gerhard Acktun: Leider schaff ich es aus Zeitgründen nicht, mir viele Hörspiele anzuhören. Wenn man den ganzen Tag im Studio war, sei es im Synchron oder Filmstudio, ist man am Abend einfach zu erledigt. Gerade im Tonstudio wird man den ganzen Tag mit Tönen bombardiert, da ist man danach nicht mehr aufnahmefähig. Wenn ich im Winter im Auto sitze, im Sommer fahre ich mit meinem Motorrad, höre ich ab und zu Hörspiele. Beeindruckt hat mich da „Der Schwarm“ oder ganz etwas anderes wie z.B. Ein Mann ein Fjord.

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