... Dr. Florian Marzin über Tradition, den 2800. Roman, eBooks, Pläne und Gedankenspiele
: Ein Jubiläumsband ist immer eine besondere Herausforderung, und damit ist auch die Absprache zwischen Redakteur und Autor in diesem Fall intensiver. Das Thema habe ich vorgegeben, denn in dem Roman wird wieder Kendro Hollander, bekannt als das Phantom, auftreten. Die Spur führt diesmal nach Australien, weil meines Wissens Jerry und Phil dort noch nie waren oder zumindest nicht häufig.
: Wer Autor bei Jerry Cotton werden will, sollte eine Krimi-Geschichte gut erzählen können, sicher im Aufbau eines Spannungsbogen sein und natürlich bereit sein, sich in die Serie einzuarbeiten. Das klingt jetzt ziemlich lapidar, ist aber - wie man immer wieder an gescheiterten Versuchen sieht - doch nicht ganz so einfach. Bei der Auswahl des Autors für den Jubiläumsband geht es im Wesentlichen darum, dass der Autor die von der Redaktion in groben Zügen vorgegebene Geschichte umsetzen und mit den Figuren, z.B. Edward G. Homer, dem Phantom, etc. umgehen kann.
: Ich denke, ein wesentlicher Aspekt ist, dass Jerry Cotton das Original ist. Alle anderen waren der Versuch, Jerry Cotton in irgendeiner Form zu kopieren. Ein weiterer Grund ist, dass die Figur zwar immer die gleiche ist, aber doch dem Lauf der Zeit folgt und stets so modern ist wie die Welt um sie herum. Natürlich spielt auch die Qualität der Autoren eine große Rolle. Der jetzige Autorenstamm ist wirklich klasse und alle schreiben mit Begeisterung an der Serie, was man an der Qualität der Manuskripte sofort sieht.
: Schon die Jubiläumsbände 2600 und 2700 hatten 80 Seiten Umfang. Als auf mich zum ersten Mal (2600) ein Jubiläumsband auf mich zukam, habe ich mir überlegt, was kann man machen. 2500-2502 war eine Trilogie. Ich habe es nicht so mit Doppelbänden und Trilogien, und mein Eindruck ist, die Leser auch nicht (sieht man an den Verkaufszahlen).
Also habe ich mir gedacht, wir bieten den Lesern auch etwas für ihre Treue zur Serie. Deshalb größerer Umfang zum gleichen Preis. Dass das etwas mit meiner Geschichte bei Perry Rhodan zu tun hat, halte ich für eine böswillige Unterstellung. Wie kann man nur darauf kommen?
: Wie gerade gesagt: Ich bin kein Fan von Mehrteilern, die auch Probleme im Verkauf haben. Ich denke, der Leser will seinen abgeschlossenen Roman haben und nicht eine Woche oder gar zwei auf die Lösung warten. Trotzdem möchte ich nicht ausschließen, dass es ab und zu mal einen Mehrteiler gibt.
: Ich versuche dauernd Jerry Cotton zu verbessern, die Autoren zu motivieren und Fehler auszumerzen. Auch wenn das, wie der Autor Preyer einmal in einem Interview gesagt hat, ein durchaus schmerzlicher Prozess sein kann. Ich denke die zusätzlichen Potentiale versuchen wir gerade im e-book Bereich zu aktivieren.
: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht müssen wir den Band 3000 der Serie ja als Hardcover herausbringen, um dem Jubiläum gerecht zu werden.
: Wir sind mit der Resonanz zufrieden, allerdings ist es noch zu früh, um gesicherte Zahlen zu haben.
: Das kommt darauf an, wie sich das e-book bewährt. Grundsätzlich finden Überlegungen in alle Richtungen statt.
: Wir denken und planen beim e-book in alle Richtungen, müssen aber auch bedenken, was sich unter sinnvollem Einsatz von man-power bewerkstelligen lässt.
: Wie schon gesagt: Ein gute Story, stimmige Charaktere, ein roter Faden, der sich ein bisschen verschlingt und nicht gleich von Anfang an klar ist, wer der Täter ist. Und der Stil muss passen. Der Autor muss sicher in der Darstellung von Actionszenen sein. Ein Heftromanautor muss eine Figur mit wenigen Strichen charakterisieren können, gleiches gilt für Schauplätze etc. Wir haben im Heftroman nicht den Raum wie Karl May, erst einmal 10 Seiten Landschaft zu schildern, aus der sich dann am Horizont ein dunkler Punkt abhebt, der nach weiteren drei Seiten endlich den Satz sagt: "Ich bin dein Bruder Winnetou."
: Kann ich mir nicht vorstellen.
: Leider nein. Er war aber auch ein ganz anderes Produkt als die Romane.
: Ich glaube nicht.
Kommentare
Mir ist "in letzter Zeit" bloß aufgefallen, dass die Titelbilder wieder wesentlich besser geworden sind. Das ging soweit, dass ich mir letztens zum ersten Mal seit dem Eozän wiedermal ein Einzelheft der Erstauflage gekauft habe ("Blood Song" mit den NPV-Leichen).
Bin zwar noch nicht zum Lesen gekommen (zumal ich das Heft dummerweise irgendwo unter Stapeln anderen Zeugs verlegt habe), aber allein der Umstand, dass ich ihn gekauft habe, sagt für meine Verhältnisse extrem viel aus.
Einzig Herrn Marzins Marketingsprech in der Antwort zur dritten Frage muss natürlich ins rechte Licht gerückt werden:
Im Gegensatz zu doch einigen anderen Figuren, die echte Typen waren (Butler Parker, Fledermaus, etc.), die sich eben wenig bis gar nicht "angepasst" haben im Laufe ihrer Existenz, und so lange liefen, bis man sich an dem, was sie (wieder)erkennbar waren, satt gelesen hatte, war JC immer schon gesichtsloser Schatten, wandelnde Diawand.
Daraus eine Tugend machen zu wollen, ist gewagt.