... Oliver Fröhlich über das Perryversum, Atlan, das »Perryrhodansystem« und was Eigenes
: Nach mir gesucht hat man ganz sicher nicht. Erstens mal hätte man ja gewusst, wie man mich finden kann, und zweitens bin ich nicht so vermessen zu glauben, dass die Redaktion von Perry Rhodan und Atlan nur auf jemanden wie mich gewartet hat. Ich bin halt einfach einer, den man mal ausprobieren wollte. Eines Tages hat mich Sabine Kropp, die Atlan-Redakteurin, angerufen und gefragt ob ich Lust darauf hätte, mich an einem Atlan-Taschenbuch zu versuchen. Ich habe ja gesagt. Meinen Namen haben ihr unabhängig voneinander offenbar zwei Autoren des Perryversums genannt. Und nein, ich musste keinen von ihnen auf Knien anflehen, mich ins Spiel zu bringen. Ehrlich gesagt wusste ich von einem nicht einmal, dass er es getan hat, was mich natürlich umso mehr freut.
: Nein, ein Auftrag wie jeder andere war es sicher nicht. Mir ging schon etwas die Muffe, schon alleine wegen des Umfangs. Etwas in dieser Länge hatte ich zuvor noch nie geschrieben. Außerdem hatte ich - für meine Verhältnisse - vergleichsweise wenig Zeit. Insofern war da schon ein bisschen Angst vor der eigenen Courage im Spiel.
Ein Bubentraum ging für mich damit allerdings nicht in Erfüllung, da ich den Weg als Leser ins Perryversum erst recht spät im Erwachsenenalter gefunden habe. Perry Rhodan waren für mich früher die bunten Heftchen, die immer in der Nähe von den Sinclairs lagen. Mehr wusste ich darüber nicht. Ach ja, außer dass ich eine Zeitlang der Meinung war, diese große farbige Tafel, die in jedem Chemiesaal hing, heiße "Perry-Rhodan-System der Elemente". Das klang der wirklichen Bezeichnung aber auch so ähnlich, dass man das leicht verwechseln konnte.
Ein Erwachsenentraum hingegen ging schon in Erfüllung, denn in der Tat ist es eine große Ehre, zu diesem inzwischen riesigen und komplexen Universum etwas beisteuern zu dürfen.
: So etwas wie eine Lieblingsfigur habe ich eigentlich gar nicht. Die Unsterblichen beispielsweise existieren jetzt alle schon so lange, dass ihre Charaktere bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet sind. Ob einzelne Figuren aus dem Perryversum in bestimmten Phasen der Serie für mich interessant sind oder nicht, hängt davon ab, wie interessant die Geschichten sind, die um sie herum gestrickt werden. Spannend finde ich häufig neue Nebencharaktere, da man sie erst kennenlernen darf und weil es bei ihnen oft noch viel zu entdecken gibt. Dass die Figuren im PR/Atlan-Kosmos schon so bekannt sind, war für mein Taschenbuch auf der einen Seite zwar reizvoll, birgt auf der anderen Seite aber die Gefahr, dass man die Figur nicht so trifft, wie der Großteil der Leser sie sieht. Dieses Problem hat man ja immer, wenn man zum ersten Mal für eine Serie schreibt. Ich muss aber gestehen, dass mir die Szenen mit Atlan himself besonders viel Spaß gemacht haben.
: Freut mich, dass dir diese Szenen gefallen haben. Dass Atlan nur eine Nebenrolle spielte, fand ich nicht so tragisch, auch wenn ich ihn aus der Heftserie besser kannte als zum Beispiel Tekener, weil er einfach mehr Auftritte hatte. Decaree Farou war in der Tat bis auf einige wenige Auftritte in den Taschenbüchern zuvor noch ein unbeschriebenes Blatt. Eine Hauptrolle hatte sie bisher noch nie, wenn ich mich nicht irre. Insofern war es natürlich auch eine Ehre, dass ausgerechnet ich ihr erstes größeres Abenteuer beschreiben durfte.
Das größte Problem bestand für mich eigentlich weniger darin, wie gut ich die Figuren kannte, sondern eher darin, dass das Perryversum der Atlantaschenbücher nicht das ist, das man aus den aktuellen PR-Heften kennt, sondern eines, das ein paar Jährchen in der Vergangenheit liegt. Hinsichtlich Technik, Politik, Waffen etc. nützt es also nichts, auf das Wissen der derzeitigen Hefte zurückzugreifen. Aber da hat die Perrypedia einige Male wertvolle Dienste geleistet.
: Na ja, sooo häufig hab ich auch nicht nachgeschaut, dass ich die Pedia gleich lahmgelegt hätte. Klar habe ich die Perrypedia nicht durchgeschmökert, sondern konkret nach bestimmten Artikeln gesucht, wenn ich etwas wissen wollte, z.B. über Ronald Tekener oder Arkon. Da wird man dann ziemlich schnell fündig. Dass das Taschenbuch nicht alleine steht, liegt meines Erachtens weniger am Schauplatz, sondern daran, dass an einem fremden Schauplatz bekannte Figuren agieren, Technik benutzen, die man kennt, Dinge sagen, die man von ihnen erwarten würde. Atlan plaudert mit seinem Extrasinn, man benutzt Transmitter, Deflektoren, Translatoren und sonstige -oren. Das macht für mich ja auch den Reiz der Serie aus, dass es immer wieder Neues zu entdecken gibt, dass aber genügend vertraute Elemente dabei sind, dass man sich nicht jedes Mal völlig neu reinfieseln muss. Mit der aktuellen Handlung bin ich so vertraut, wie man nach einigen Jahren laufender Lektüre der Erstauflage halt sein kann. Parallel dazu schmökere ich auch alte Bände, aus Zeitmangel allerdings nicht so regelmäßig. Die kurze Passage mit "A hard day's night" entstand zum Beispiel so, dass ich mich ganz dumpf daran erinnern konnte, in einem der ersten PR-Bände gelesen zu haben, dass Perry nicht allzu viel von den Beatles hielt. Eine Ansicht, die ihm vermutlich der damalige Autor (ich glaube, entweder Scheer oder Darlton) aus seinem eigenen Empfinden mitgegeben hat.
: Es war eine hervorragende Mischung aus beidem. Zunächst bekam ich das Expose mit ein paar zusätzlichen allgemeinen Hinweisen technischer Natur. Dann durfte ich mich wild austoben, wobei ich auf Fragen jeglicher Art immer schnellstmögliche Antworten verbunden mit weiteren guten Anregungen erhalten habe. Das war richtig super. Nach Manuskriptabgabe gab's dann noch eine Manöverkritik: Was war gut, was war nicht so gut, an welchen Stellen musste was und warum geändert werden. Das Ganze war für mich auch sehr lehrreich.
: Selbstverständlich bin ich stolz wie Bolle! Immerhin ist es das erste Buch, auf dem alleine mein Name steht. Na ja, wenn man mal von dem von Atlan absieht. Wie schon erwähnt, haben mir die Szenen mit Atlan riesigen Spaß gemacht, aber auch die anderen Figuren, ja selbst die Nebenfiguren, von denen man womöglich nie mehr etwas hören wird, sind mir ans Herz gewachsen. Wie gut es mir gelungen ist, sie zum Leben erwecken, müssen letztlich andere beurteilen, nämlich die, die das Buch lesen.
: Nein, anders fühle ich mich eigentlich nicht. Das wäre ja auch den anderen Helden gegenüber unfair, wenn ich mir mit ihnen nicht dieselbe Mühe geben würde.
Natürlich hast du recht, dass ich zum Beispiel bei Zamorra mehr Spielraum habe. Aber auch dort kann ich nicht machen, was ich will, und jede Idee wird vorher besprochen. Und nur, weil beim Atlan ein Expo vorlag, heißt das nicht, dass man nicht noch genügend Freiheiten hätte. Das Expose ist ja nur das Skelett der Geschichte. Es mit Fleisch zu füllen, ist ein genauso kreativer Vorgang, als würde man sich alles selbst ausdenken. Und ganz ehrlich: Wenn man sich lange genug mit dem Expo und der Story befasst, weiß man am Schluss sowieso nicht mehr, welche Idee vorgegeben war und welche man selbst ausgebrütet hat. Natürlich ist die Kreativität "eingeschränkt" durch das Universum der Serie für die man schreibt. Das ist aber ganz normal und bei anderen Serien nicht anders.
: Es war ja nicht das erste Mal, dass ich nach Expose geschrieben habe. Die gibt es bei Dorian Hunter beispielsweise auch. Natürlich hat sich das Atlan-Expo von einem Dorian-Hunter-Expo unterschieden, was aber weniger an der Serie als am anderen Expo-Autor lag. Bei einem PR-Expo von einem anderen Autor ist es dann sicher noch einmal anders.
Ich finde es sehr angenehm nach einem Expose zu schreiben, wenn es einem noch genug Freiräume für eigene Ideen lässt. Das war bisher aber immer der Fall, auch beim Atlan. Und die Datenfülle hat sich gemessen am Umfang des Perryversums in Grenzen gehalten. Es war also nicht so, dass ich erst einmal ein Buch lesen musste, um eines schreiben zu können.
: Mir gefällt das Cover sehr gut. Arndt Drechslers Arbeiten finde ich ohnehin stark. Eine Zusammenarbeit zwischen uns gab es bei diesem Taschenbuch allerdings nicht. Das hat in der Tat alles der Verlag geregelt.
: Als ich den ersten Band geschrieben habe, kannte ich das Expose für den zweiten. Die Frage, ob ich bestimmte Figuren am Leben lassen musste, weil man sie noch braucht, kann ich natürlich nur schwer beantworten, weil ich damit ja verraten würde, ob eben bestimmte Figuren noch einmal auftauchen werden. Deshalb halte ich mich da lieber bedeckt. Aber natürlich gab es in meinem Expo schon Dinge, die ich zu beachten oder einzubauen hatte, wie zum Beispiel den Hinweis auf "Sternensplitter". Da die Trilogie so heißt, kann ich das wahrscheinlich verraten, ohne dabei zu viel Spannung rauszunehmen: Von denen wird man sicher noch was hören!
: Na ja, man deckt sich mit Projekten ja immer so ein, dass man schön ausgelastet ist. Wenn also irgendwo was Neues dazukäme, müsste man halt schauen, ob man irgendwo weniger machen könnte. Voraussetzung dafür, dass ich mir vorstellen könnte, irgendwo mitzuschreiben, ist, dass ich die Serie selbst lese und sie mag. Denn ansonsten käme ich mir mit irgendwelchen Ideen immer wie ein Eindringling vor, der eigentlich gar nicht weiß, wovon er redet. Insofern könnte ich mir das natürlich auch bei Perry vorstellen. Natürlich wäre die Riesenmenge an Daten sehr respekteinflößend, aber abschrecken würde mich das nicht.
Aber hey, ich habe gerade mal einen Beitrag zum Perryversum abgeliefert. Da halte ich die Frage nach einem Sprung in die Erstauflage doch für ein bisschen verfrüht. Wann - und ob überhaupt - haben richtigerweise andere zu entscheiden und die machen das gut. Es hängt ja nicht nur davon ab, wie jemand schreibt und ob er die Serie mag, sondern in erster Linie davon, ob er auch zur Serie passt. Das gilt natürlich nicht nur für Perry Rhodan, sondern für jede Serie. Jetzt lass uns einfach mal noch einige Zeit ins Land gehen - und was auch immer dann passiert, wird schon richtig sein.
: Es kann gelegentlich vorkommen, dass ich über einen Roman nachdenke, während ich einen anderen schreibe. Das dann in der Regel aber nicht sehr intensiv, sondern mehr so auf der Suche nach Ideen. Rein vom Schreiben her möchte ich aber schon immer erst einen Text abschließen, bevor ich den nächsten anfange. Das erscheint mir für mich die richtigere Wahl, weil ich mich nicht so gut in eine Situation oder Person hineinversetzen könnte, wenn ich gleichzeitig anderes Personal durch eine andere Geschichte führe.
Gerade im Augenblick bin ich aber ausnahmsweise an zwei Sachen gleichzeitig dran, nämlich MX 296 und PZ 966. Das geht aber nur, weil der Zamorra mit einem Co-Autor entsteht.
: Der Co-Autor ist Stefan Albertsen, ich denke, das kann ich schon verraten. Ich habe ihm ganz grob gesagt, was ich als Thema für den Band haben möchte, und ihm ein paar Handlungsdetails vorgegeben. Daraus hat er dann eine Storyidee entwickelt, auf der wir dann gemeinsam so lange herumgedroschen haben, bis wir beide damit zufrieden waren.
Anschließend hat er den Roman verfasst. Ich versuche jetzt, das Ganze so zu bearbeiten, dass es irgendwie "verfröhlicht" wird, ohne das "Veralbertsende" zu entfernen.
Hätte ich mir das damals träumen lassen? Hm ... Schwer zu beantworten. Damit gerechnet habe ich natürlich nicht, aber der Wunsch war auch zu Hüter-Zeiten schon vorhanden. Ich denke, es ist normal für jeden, der schreibt, dass er damit auch irgendwann an die Öffentlichkeit gehen möchte. Das wird dir wohl nicht anders gehen. Dass es sich aber zu diesem Ausmaß entwickelt, hat mich schon beinahe ein bisschen überfahren, denn damit hätte ich niemals gerechnet. Ich war schon froh, als ich mal einen Zamorra veröffentlichen durfte und im Hinterkopf dachte: "Vielleicht darf ich irgendwann ja noch mal einen ..."
Tja, wer hätte das gedacht?
: Eine Steigerung kann es eigentlich immer geben. Das ist aber auch gut so, denn das hält einen hungrig.
Tja, was Eigenes. Als jemand, der Loriot schätzt, könnte ich jetzt sagen, ich mache mein Jodeldiplom. Da hätte ich dann was Eigenes. Aber ich glaube nicht, dass du das damit gemeint hast. Ob es jemals etwas Serienunabhängiges geben wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Den Ideen (da gäbe es schon ein paar), der Zeit (da sieht's schon schlechter aus) und vor allem dem Interesse der Verlage. Lassen wir uns einfach mal überraschen. Man soll nie nie sagen, aber mit Nachdruck verfolgen tu ich es im Augenblick nicht.
Wenn's mehr als ein Wort sein darf: Der Moment, in dem der erste Text veröffentlicht wird, ist einer voll gemischter Gefühle. Auf der einen Seite ist man mächtig stolz, freut sich wie verrückt - ist auf der anderen aber auch sehr angespannt. Wie wird der Text ankommen? Wird man gelobt? Verrissen? Oder womöglich gar nicht beachtet? Ich freue mich sehr, dass ihr es mir in den letzten zweieinhalb Jahren so leicht gemacht habt. Danke, dass ihr mich so offen aufgenommen habt.
: Ich habe zu danken.
Oliver Fröhlich über sich...
Kommentare
Von Perry weiss ich das jetzt nicht, aber in PR-Band 281 regt sich Atlan ziemlich darüber auf, als man ihn als Beatle bezeichnet:
Atlan: "Sie nannten mich einen Beatle - wegen meiner langen Haare. Ich gestehe, daß ich schockiert war. Zu dieser Zeit, ich meine zu der Zeit, als auf der Erde die Beatles in Mode waren, befand ich mich nicht im Tiefschlaf. Es ist mir also bekannt, was für Narren ..."
Egal. Der Taucher klingt trotzdem interessant. Mal sehen.