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... Markus Heitz über Prototypen, eigene Modelle und Erlkönige

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... über Prototypen, eigene Modelle und Erlkönige

Nach der Lesung in der Kasseler Thalia Buchhandlung (hier der Bericht dazu), kommt uns Markus Heitz wenig später am Eingang entgegen. Er kommt von "hinten", aus dem Personaleingang.

Jetzt kommt der Teil des Abends, der für uns mindestens ebenso interessant werden wird: Wir haben die Möglichkeit, Markus Heitz zu einem Bier in einem nahe gelegeen Café einzuladen und ihm ein paar Fragen zu stellen.


Eigentlich hatten wir ja geplant gehabt, uns auf ein oder zwei Fragen zu beschränken und das "große" Interview dann per Mail folgen zu lassen, aber das Gespräch entwickelte sich so locker, interessant und "natürlich", dass es länger und länger wurde.

Das Gespräch dreht sich um Prototypen (Tolkien und Howard), eigene Modelle (Zwerge & Co.) und Erlkönige (neue Projekte)...

Zauberspiegel: Meiner Ansicht nach gibt es zwei Eckpfeiler der Fantasy. Howard und Tolkien. Welcher hat dich im Hinblick auf dein Schreiben mehr beeinflusst?
Markus Heitz: Ich habe beide gelesen, aber nicht in dem Sinn, dass ich schreiben wollen würde "wie". Das würde ich nie tun. Ich habe Tolkien gelesen, kenne mich dadurch in der sogenannten High Fantasy aus, wobei ich mehrere Anläufe gebraucht habe um durch den ersten Band des Herren der Ringe zu kommen, das gebe ich offen zu. Der kleine Hobbit hat mir sehr gut gefallen. Beeinflusst - hat mich keiner. Ich habe sie gelesen, aber nicht so, dass ich sagen würde, ich möchte solche Geschichten erfinden wie sie.

Zauberspiegel: Du bist ja auch Rollenspieler. Spielst du noch?
Markus Heitz: Gewesen, keine Zeit mehr! Schwarzes Auge von Schmidt Spiele war damals die "Einstiegsdroge" , war furchtbar schlecht, es gab nur vier Werte oder so. Für Anfänger allerdings ist das genau richtig. Das Schwarze Auge hat sich dann positiv weiterentwickelt. Wir haben auch andere Sachen gespielt: Von AD&D über Role Master, Traveller, Star Wars, Vampyre ... wir haben jedes mögliche Rollenspielsystem ausprobiert und geschaut, welches uns am besten gefällt.

Zauberspiegel: Wieviel Rollenspiel findet sich in deinen Romanen wieder? Hat der Spieler Markus Heitz Charaktere in seine Bücher eingebracht?
Markus Heitz: Bewusst eigentlich keine, wahrscheinlich spielt die Erfahrung mit, die man im Rollenspiel gemacht hat, wie Dialoge ablaufen können, wie Situationen schief gehen können, ohne dass man es vorher berechnet hat. Ganz viel von meinen Spielrunden ist in den Shadowrun-Romanen dabei. Da ist auch eine Figur enthalten, die ich selbst gespielt habe. Das ist eine Elbin aus dem Stadtkrieg.

Zauberspiegel: Welche Entwicklungsmöglichkeiten sieht der Autor Markus Heitz noch für die Fantasy zwischen den beiden Eckpfeilern Howard und Tolkien? Im Moment gibt es ja fast nur High Fantasy, um die Heroic Fantasy ist es eher still.
Markus Heitz: Ich denke, dass man unterscheiden sollte zwischen kommerziellen Strömen und dem, was Leute schreiben wollen, weil sie erzählen möchten. Wenn die Leute, die etwas erzählen möchten, Glück haben, kommen sie damit in die kommerzielle Sparte. Wenn sie Pech haben, stehen sie irgendwo in den Bücherregalen und laufen als Angebot. Ohne das Kommerzielle gäbe es wahrscheinlich auch viele von denen nicht, die andere Geschichten erzählen wollen. Bestes Beispiel - ich gehe da jetzt mal von mir aus - die Zwerge ist die klassische High Fantasy und läuft kommerziell sehr gut. Mächte des Feuers ist ein Projekt, das ich dem Verlag vorgeschlagen habe. 20er Jahre, Drachenmotiv, Nachfahren von Drachenheiligen, ich baue eine ganz eigene Welt - wie sieht es aus? Ich war mir bewusst, dass es ein Risiko ist. Nicht nur weil es nicht das ist, was man von Markus Heitz kennt, sondern weil es auch vom Genre her etwas Neues ist. Also ein Cross-over aus verschiedenen Sachen. Und mir war klar, dass es manchen Leser irritieren wird, aber das war mir in diesem Moment egal, weil ich es schreiben wollte, weil ich diese Geschichte erzählen wollte, weil ich das Universum toll fand und weil mir die Idee gefallen hat. So hat, wenn man so möchte, der kommerzielle Erfolg der Zwerge vieles andere mit erleichtert und möglich gemacht. Aber die Ausgangsfrage war ja, welche Möglichkeit hat Fantasy sich zu entwickeln. Im Grund alle! Es hängt nur von den Leuten ab.

Zauberspiegel: Aber natürlich auch von dem Leser, und die bevorzugen die High Fantasy.
Markus Heitz: Ja schon, das stimmt schon, und die "klassischen Fantasyleser" werden da auch immer die Oberhand haben, aber Fantasy ist so vielseitig, und es wäre sehr schade zu sagen "Okay, momentan läuft die klassische High Fantasy, deswegen schreiben wir jetzt nur noch High Fantasy".

Zauberspiegel: Also heißt das: Je kommerziell erfolgreicher ein Autor ist mit einer Sache, desto eher kann er dem Leser neue Fantasywelten zeigen, weil sie ihm schon folgen werden.
Markus Heitz: Zum einen, weil er dann schon einen gewissen Ruf hat, kann er davon ausgehen, dass die Leute zumindest da schon mal reinschauen. Hätte das gleiche Buch jemand anderes geschrieben, ein Noname, stehen die Chancen natürlich sehr gut, dass er überhaupt nicht wahrgenommen wird. Insofern kann man durchaus sagen, dass bekannte Autoren viel für alternative Fantasyszenarien tun können.

Zauberspiegel: Ich habe einige Rollenspielerromane gelesen, ich habe einiges von dir gelesen. Was ich interessant finde: Viele dieser Romane lesen sich wie eine Kampagne. Bei manchen konnte man sogar sagen "Da hat der Autor gewürfelt". Bei dir ist das nicht so. Warum?
Markus Heitz: Keine Ahnung (lacht). Kann ich dir nicht sagen. Ich habe aber nicht gewürfelt, das kann ich hoch und heilig versichern.

Zauberspiegel: Teilweise kann man es ja tatsächlich verfolgen: Der Zwerg steht da vor der Mauer, kommt er da rüber oder nicht. Man kann den Würfel förmlich spüren. Ich denke da zum Beispiel an Joel Rosenberg, der hier in Deutschland bei Bastei erschienen ist.
Markus Heitz: Keine Ahnung. Ich plane meine Romane ja. Das heißt, der Zwerg würde vor der Mauer stehen und ich wüsste schon, dass er rüberkommt. Also muss ich nicht würfeln. Vielleicht ist das der Unterschied.

Zauberspiegel: Also werden deine Romane vorher durchgeplant?
Markus Heitz: Ja, nicht in dem Sinn, dass ich Exposes erstelle, die sind ja furchtbar umfangreich. Aber ich habe etwa 3, 4 oder 5 DinA4-Seiten mit Stichworten, was in dem Roman los sein wird.

Zauberspiegel: Welche deiner Figuren hat dich denn dabei überrascht, dass sie etwas ganz anderes gemacht hat?
Markus Heitz: Das tut fast jede Figur, wenn man sie an der langen Leine lässt. Bei manchen weiß man, wie sie reagieren werden, bei anderen wartet man ab, was passiert. Wobei ich meine Figuren allerdings immer an recht kurzen Leinen halte, damit mein Roman auch so wird, wie ich ihn mir vorgestellt habe.

Zauberspiegel: Wenn du schreibst, entsteht da Ausschuss? Wieviel deines Textes wirfst du wieder um oder weg?
Markus Heitz: Es gibt Szenen, die verändern sich, im Nachgang fliegt auch schon mal eine Szene raus. Am Text selbst kann sich auch nochmal etwas verändern, aber der Ausschuss an sich ist gering. Dass ich zum Beispiel sage "Seiten 20-40 komplett neu", nein, das gibt es nicht.

Zauberspiegel: Also wird es nicht - wie bei Tolkien - nachdem du das Zeitliche gesegnet hast, für zwanzig bis dreißig Bände Alternativszenen geben?
Markus Heitz: Nein, es gibt Outtakes bei mir auf dem Rechner, die stelle ich irgendwann einmal ins Internet, oder kleine Zusatzthemen, die rausgefallen sind. Aber richtig große alternative Szenarien mit 30-40 Seiten gibt es nicht. Bei mir sind die Texte, die rausfallen, in so einem Fall vielleicht mal zwei oder drei DinA4-Seiten.

Zauberspiegel: Du entscheidest dann also ziemlich klar, dass eine Szene beendet ist und überarbeitest diese dann nicht noch mehrmals?
Markus Heitz: Ich schreibe die Szene normalerweise in einem Rutsch runter. Das ist die Version 1,0 wenn man so möchte. Ich gehe danach noch zwei bis drei Mal über das Gesamtbuch, um Feinarbeiten zu machen, nochmal an den Stellrädern zu drehen. Dabei können sich Szenen leicht ändern, aber niemals im Großen.

Zauberspiegel: Wer darfst als Erstes deine Sachen lesen?
Markus Heitz: Es gibt einen festen Stammltestleserkreis bei mir im Freundeskreis und logischerweise der Verlagslektor.

Zauberspiegel: Und wer ist dein schärfster Kritiker?
Markus Heitz: Es gibt nicht DEN schärfsten Kritiker, Gott sei Dank. Wichtig ist, dass man es streut und möglichst viele Rückmeldungen bekommt.

Es ging an dem Abend beim Bier noch ein bisschen weiter, ein kleines bisschen, denn Markus Heitz zog es in sein Hotel. In der noch folgenden Unterhaltung ging es auch um den Markus Heitz jenseits von Zwergen und Vampiren. Dabei erwähnte er jene Geschichte, eine "novellistisch-satirische Streitschrift", wie er sie selbst nennt, mit dem Titel "Flächenbrand" (Der Link führt zu der Geschichte auf seiner Seite, Hinweis: Es handelt sich um ein Word-Dokument).

Inzwischen war die Wahl in Hessen ja, Markus ... aber ich finde, wir sind nicht viel schlauer :-).

Danke für das Interview und die interessante Begegnung.

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