Deutsche Fernsehkrimis im Wandel der Zeit: Teil 5 - Reinecker gegen Durbridge
Teil 5
Reinecker gegen Durbridge
Bereits im Januar 1959 hatte die ARD hervorragende Kritiken mit dem vierteiligen Krimi „Gesucht wird Mörder X“ von Harald Vock (Buch) und Volker von Collande (Regie) eingefahren. Ein Grund mehr für die Krimimacher, nun etwas mehr zu riskieren.
Auf einem Hausboot in der englischen Kleinstadt Medlow wird die Leiche eines Italieners namens Paolo Rocello gefunden. Inspektor Ford von der örtlichen Kriminalpolizei leitet die Ermittlungen und muss erschreckt feststellen, dass alle Spuren bei einem Mann zusammenlaufen: dem allseits beliebten und geschätzten Internatslehrer David Henderson, der jedoch jegliche Schuld von sich weist. Trotz aller Beteuerungen zieht sich das Netz immer enger um ihn: er war es, den eine junge Zeugin am Tattag aus dem Hausboot kommen sah, seine Handschrift findet sich auf einem anonymen Brief, der einem jungen Journalisten mit einem Hinweis auf die Vergangenheit des Toten zugeschickt wurde und als die Zeugin Billie Reynolds spurlos verschwindet, war er ihr letzter Besucher. Trotz aller Verdachtsmomente ermittelt Ford, überzeugt von der Unschuld seines Freundes, weiter in alle Richtungen und kann nicht ahnen, dass er es mit einem Spionagefall ungeahnter Größe zu tun bekommt... (1)
In den darauffolgenden Jahren folgten weitere Mehrteiler nach Drehbüchern des Briten. Alles waren Sechsteiler mit jeweils ca. 40 Minuten Spielzeit. Erst mit "Die Schlüssel" stellte man 1965 auf Dreiteiler um, die dann jeweils immer um die 70 Minuten lang waren. Das dreiteilige Konzept setzte sich durch und prägte den Krimi-Dreiteiler, bei dem 1967 -ziemlich spät - auch das ZDF einstieg.
Mit dem Dreiteiler "Der Tod läuft hinterher" wollte das ZDF natürlich der ARD etwas entgegensetzen. Konkurrenzdenken wie heute gab es damals unter den Sendern nicht; es war einfach nur so, daß man etwas Gleichwertiges wollte. Die Reinecker-Krimi-Trilogie umfasst außerdem noch die Filme "Babeck" und "11 Uhr 20". Von Film zu Film wurden die Schauplätze der Handlung südlicher: während "Der Tod läuft hinterher" in England und Frankreich spielt, ist "Babeck" in Deutschland und Italien angesiedelt. "11 Uhr 20" schließlich wurde in der Türkei und Tunesien gedreht.
Niemals zuvor hatte das ZDF eine solch positive Kritik über einen Krimi erhalten wie nach der Ausstrahlung von "Der Tod läuft hinterher". Die Einschaltquoten waren sehr gut:
Vom Meister Francis Durbridge hatte man sich nicht nur das Konzept mit den Cliffhangern und überraschenden Wendungen abgeschaut, sondern auch das Vorgehen, was die Geheimhaltung des Drehbuches betrifft. Niemand erhielt ein komplettes Drehbuch, nur Reinecker und Regisseur Becker sowie Produzent Ringelmann wußten, wer der Täter war. Dazu kommt die Tatsache, dass die Schauspieler nur Drehbuchteile bekamen und nicht wussten, in welcher Reihenfolge die Szenen, die sie spielten, im Film vorkamen. Schließlich kam noch der Coup hinzu, dass Regisseur Becker für die Finalszene auch noch das Kamerateam wechselte und in eine geheim gehaltene Gegend fuhr, um die letzten Szenen zu drehen. Ähnlich ging man in den sechziger Jahren bei den Durbridge-Verfilmungen vor. Reinecker und Ringelmann beteuerten zwar stets, nie etwas kopiert zu haben, doch die Paralellen sind hier einfach zu offensichtlich.
Da die Reinecker-Geschichte etwas temporeicher war als die Durbridge-Krimis, zumal man mit Schauplatzwechseln etwas Bewegung in die Story brachte, wollte man bei der ARD natürlich nicht tatenlos zusehen. Auch der 66er Durbridge-Krimi "Melissa" wurde temporeicher.
Im ersten Durbridge von 1959 spielten noch Albert Lieven und eine Reihe eher unbekannter Schauspieler mit. Ab 1960 setzte man auf Stars aus dem Kino. Edgar Wallace war das Vorbild. So spielten bald Siegfried Lowitz, Heinz Drache und Harals Leipnitz mit.
Auch der Reinecker-Krimi "Der Tod läuft hinterher" wartet hauptsächlich mit Wallace-Stars auf: Joachim Fuchsberger, Pinkas Braun, Gisela Uhlen und Elisabeth Flickenschildt.
1971 war mit "Das Messer" das Ende der Dreiteiler in Sachen Durbridge gekommen. Auch bei Reinecker war in diesen Sachen nun Schluss. "11 Uhr 20" hieß der dritte und letzte Reinecker-Dreiteiler.
Die Durbridge-Krimis im Fernsehen:
Jahr / Sender / Teile / Titel
Die Reinecker-Mehrteiler im ZDF:
Der Tod läuft hinterher
Babeck
11 Uhr 20
Quelle der Liste: Krimiserien.heim
(1) Krimiserien.heim
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