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Tatort- The best cases ever: Das Lederherz

tatortDas Lederherz

Es ist Freitagabend. Gert Dieckmann, freier Architekt, besessen von seinen Ideen und seiner Arbeit, sitzt in seinem selbst ausgebauten Dachboden noch an der Arbeit, um ein Projekt termingerecht abliefern zu können. Seine attraktive Frau Eva Dieckmann - sie sind inzwischen 15 Jahre, nicht gerade glücklich verheiratet - versucht ihn zu überreden, mit der Arbeit aufzuhören. Sie möchte gerade an diesem Abend ausgehen, da an den Wochenenden die Diskotheken, Bars und Lokale immer zu stark frequentiert seien.


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Darüber geraten beide in Streit. Wieder einmal brechen die latenten ehelichen Schwierigkeiten auf, übersteigen aber den üblichen verbalen Schlagabtausch. Aufgestauter Hass bringt Eva Dieckmann soweit, dass sie sich auf das Fensterbrett stellt und mit dem Sprung nach unten droht. Plötzlich stürzt sie in die Tiefe. Von misstrauischen Nachbarn wird der Ehemann beschuldigt, seine Frau aus dem Fenster gestoßen zu haben- Kriminalkommissarin Wiegand muss zum Tatort. Sie hat die schwierige Aufgabe, ohne Tatzeugen einen Mörder zu überführen - oder die Unschuld eines Ehemannes herauszufinden. (1)

Ein Kammerspiel
Dieser 1981 ausgestrahlte Tatort ist ein wenig kammerspielartig inszeniert. Dadurch wirkt er seltsam eng in der Atmosphäre, zum Teil auch bedrückend. Ein Mann und eine Frau in einer Wohnung. Dann ein Streit. Dann ein Sturz aus dem Fenster. Die Frau ist tot und der Mann irgendwie seltsam. Ist er nun schuldig? Schließlich ist die Frau selbst auf das Fensterbrett gestiegen und hinausgestiegen. Schließlich ist sie abgerutscht. Der Mann hat sie nicht mehr gehalten oder konnte es nicht mehr. Inwieweit ist er hier schuldig? Gibt es überhaupt eine strafrechtliche Relevanz. Er hat sie absichtlich losgelassen, wie sich am Ende herausstellt. Die Frage ob es nun Mord war oder unterlassene Hilfeleistung wird nicht geklärt. Aber die eifrige Kommissarin hat wenigstens einen Täter. Wie auch immer.

Der Tatort spielt meistens in der Wohnung. Und da die Wohnung auch Tatort ist, gewinnt diese Folge eine erstaunliche Direktheit zum Titel der Reihe. Alles konzentriert sich auf DEN Tatort.

Nichts für die heutige Generation
Tatort-Fans der jüngeren Generation werden mit diesem Film nicht viel anfangen können. Die heute üblicherweise zum Großteil action- und spannungsbetonten Tatorte sind gänzlich anders als dieses Kammerspiel, welches kaum spannende Höhepunkte aufzuweisen hat. Aber die Erzählweise und das Drama einer Ehe sind hier vordergründig und interessant. Eigentlich ist der Ehemann hier das Opfer. Er wird von den Eifersuchtsattacken seiner Frau dranglasiert und ist mehr als nur genervt. Ihre Selbstmordversuche treiben ihn fast in den Wahnsinn. Warum also nicht einfach loslassen, wenn sie am Fensterbrett baumelt und sich mit diesem "Loslassen" gewissermaßen zu befreien. Freilich es gibt andere Arten eine Beziehung zu beenden, aber die würden keinen Krimi hervorrufen und Kommissarin Wiegand hätte diesen Fall nicht gehabt.

Ermittler
Frau Wiegand wird von Karin Anselm gespielt. Die damals 40jährige Darstellerin war erst die zweite weibliche Kommissarin nach Nicole Heesters. Amseln hatte acht Fälle in sieben Jahren. Ermittlungsorte waren Südwest-Deutsche Städte wie Karlsruhe, Baden-Baden und Mainz. Auf diese Weise kam es dazu dass sie für zwei Sender zuständig war. Für den SWF und den WDR. Genau wie ihr Kollege Lutz hatte sie also wechselnde Einsatzorte. Warum sie die Einsatzorte wechselt ist nicht bekannt, bei Lutz war das zumindest ansatzweise etwas erklärt. Aufgrund der Einsatzwechseltätigkeit hat sie auch unterschiedliche Assistenten. Lutz nahm seine rechte Hand Wagner später immer mit (was wiederum nicht erklärt werden konnte).

In diesem ersten Fall war Wolfgang Kaven ihr Assistent, der den farblosen Ermittler Simon spielte. Kaven war eigentlich im norddeutschen Raum tätig und arbeitete später viel für den NDR. U.a. als Off-Stimme für zahlreiche Dokus. Hörspielfans kennen ihn als Erzähler vieler EUROPA-Produktionen (u.a. Larry Brent 16-19). Genauso wie er in den Hörspielen spricht spielt er hier und liest seinen Text fast dokumentarisch runter. In späteren Wiegand-Fällen kam er nicht mehr zum Einsatz.

Buch und Stil
Das Drehbuch schrieb Irene Rodrian. Sie ist auch heute noch als Autorin von Kriminalromanen bekannt und schrieb über das "Lederherz" hinaus noch drei weitere Tatort-Filme. U.a. 1996 einen, nach ihrem eigenen Roman.

Trotz dessen dass keine bekannten Gaststars diesen Krimi zierten, außer vielleicht Herbert Steinmetz in einer Minirolle, kam die Folge auf nahezu 20 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil entsprach damit 54%.
Ein überaus erfolgreicher Tatort also, der auch bei Kritikern gut ankam. Trotz der zum Teil dann aus heutiger Sicht doch lahmen Story. Das Prinzip, dass der Täter am Anfang immer bekannt war, nutzte sich in den 80er Jahren zunehmend ab. In den 70er-Jahre-Krimis war es wohl auch wegen Columbo sehr modern. Dieser Tatort ist einer der wenigen 80er-Jahre-Folgen in denen dieses Prinzip noch gilt.

Besetzung:
Hanne Wiegand - Karin Anselm
Gert Dieckmann - Peter Dirschauer
Eva Dieckmann - Margit Schulte-Tigges
Rolf Simon - Wolfgang Kaven
Erwin Brunner - Peter Pankalla
Herr Weber - Herbert Steinmetz
Frau Weber - Barbara Thummet
Angelika Kesting - Monika Schuster

Stab:
Buch - Irene Rodrian
Regie - Imo Moszkowicz
Kamera - Imo Rentz
Produktion - Peter Schulze-Rohr

(1)= Das Erste
weitere Quellen: Wikipedia

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