»Charlotte Link - Die Suche« - Der ARD - Zweiteiler nach dem Roman
»Charlotte Link - Die Suche«
Der ARD - Zweiteiler nach dem Roman
“Das Haus der Schwestern” etwa darf als eines ihrer besseren Werke gewertet werden, weil die Autorin hier ihre Stärken und ihr Potential voll zur Geltung bringen konnte. Familiengeheimnisse, die sich über mehrere Generationen erstrecken, eine wildromantische Kulisse, eine gute Story mit gut charakterisierten Figuren und ein Spannungsbogen, der sich bis zum Finale hält, welches nicht durch konstruierte Wendungen enttäuscht.
Alles Aspekte, welche die Vorlage zum jüngst ausgestrahlten ARD -Zweiteiler nur ansatzweise bieten kann. Zwar beginnt diese noch sehr spannend und interessant, aber spätestens in der zweiten Hälfte des rund 600 Seiten umfassenden Wälzers beginnen sich leider viele der scheinbar so sorgsam durchdachten Handlungsfäden zu verknoten, das Handlungsgerüst beginnt hörbar zu knirschen und zu wackeln. Ein ganzer Abschnitt, der den Leser für einige Stunden beschäftigt hat und den Löwenanteil des Romans ausmacht, stellt sich als falsche Fährte heraus, was weit weniger ärgerlich wäre, wenn diese sich sinnvoll in die Handlung einfügen würde, dementsprechend entpuppt sich das Verhalten, die Aussagen usw. einiger Figuren im Nachhinein als unlogisch und nicht nachvollziehbar, vor allem aber wirkt die Story plötzlich künstlich in die Länge gezogen. Immerhin ist die Lösung am Ende dann nicht unbedingt vorhersehbar, was die Leser, die den Roman noch nicht vorzeitig zur Seite legten, etwas versöhnt haben dürfte.
Die Verfilmung macht ein paar Sachen anders, vieles sogar besser als die Autorin, die sich über frühere Verfilmungen ja immer sehr kritisch äußerte, aber sie macht auch manches falsch. So wird die Hauptfigur Kate Linville im Roman nicht ohne Grund als unscheinbar und unauffällig vor allem für die Männerwelt beschrieben und dargestellt. Das ist ihr Charakter, das macht sie aus und das hat auch Einfluss auf den Verlauf der Handlung. In der Verfilmung hat man sich für eine zwar nicht mehr ganz junge, aber dennoch unbestreitbar attraktive Schauspielerin entschieden, welche der Figur leider nicht ganz gerecht wird, was sie aber auch nicht kann, weil das Drehbuch ihr dafür gar keinen Raum bietet, bzw. weil alles, was die Figur des Romans ausgemacht hat, weggelassen wird.
Ob es nun der Stalker aus dem Dating - Portal ist, der sich ihr unbedingt nähern muss, nicht weil er auf sie steht, sondern, weil sie ihn ablehnt, was in der Verfilmung gar nicht glaubwürdig wäre, also hat man hier den dümmlichen Schönling aus dem Buch in einen untersetzten unattraktiven Trottel umgeschrieben. Oder die Figur des Ermittlers Caleb Hale, im Buch ein trockener Alkoholiker, der durch den ganzen Stress immer wieder rückfällig zu werden droht, während er in der Verfilmung einfach ein Säufer ist. Immerhin hat die Filmversion mehr Ecken und Kanten, und steht auch mehr im Vordergrund, während die Buchfigur doch sehr im Schatten der weiblichen Hauptfigur steht.
Ansonsten wirkt die filmische Umsetzung kompakter, weist trotz der zwei Folgen in Spielfilmlänge weniger Längen auf. Abgesehen von der Relevanz des introvertierten Charakters der Hauptfigur für die Geschichte und dem zu einfach dargestellten Alkoholproblem des Ermittlers hat man hier doch so einiges ausgebügelt oder schlicht weggelassen, was im Buch entweder nicht funktionierte, wie z. B die viel zu sehr in die Länge gezogene Beziehung zwischen der entführten Mandy Allard und dem Komplizen des Täters. Wer den Roman nicht kennt, wird auch die Mitarbeiterin des Jugendamts nicht vermissen, weil diese zwar die Familienverhältnisse der Ausreißerin näher beleuchtet, letzten Endes aber die Handlung nur in die Länge zieht.
Zugute halten muss man der Vorlage dann wieder, dass der Leser hier mehr Zeit und Raum für eigene Spekulationen hat, während in der Verfilmung wiederum der Kreis der Verdächtigen doch wesentlich kleiner erscheint, einfach weil hier die letztlich Unschuldigen, wie etwa der Vater des zu Anfang verschwundenen Mädchens kaum in Erscheinung treten, während sie im Roman viel mehr im Fokus der Ermittlung stehen. Dennoch ist das Ende wie gesagt auch in der Verfilmung relativ unvorhersehbar, weshalb dieser Aspekt nicht groß ins Gewicht fällt. Allerdings, und das ist wiederum allein der Autorin geschuldet, lässt sich ein unvorhersehbares Ende natürlich sehr gut bzw. eben schlecht konstruieren, was nicht wenige Leser auch bemängelt haben. Aber ob nun konstruiert oder nicht, zumindest führt die Autorin den Leser hier doch ganz schön an der Nase herum, man könnte auch sagen, dass sie mit dem Klischee der typischen Erwartung des Lesers spielt (SPOILER: Nämlich, dass jemand, der Mädchen entführt, mit absoluter Sicherheit männlichen Geschlechts sein muss) was für mich als Leser dann wieder das Konstrukt rechtfertigt.
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