Terry, Mark: Das Gift des Engels

Terry, Mark: Das Gift des EngelsDas Gift des Engels
(The devil's pitchfork)
von Mark Terry
aus dem Amerikanischen von Michaela Link
Bastei-Lübbe Taschenbuch
erschienen: Herbst 2008 (Deutschland); 2006 (USA)
414 Seiten, 7,95 €
ISBN: 978-3-404-15907-9

Verlagsgruppe Lübbe

Vor einigen Monaten habe ich eine Rezension gelesen – ich glaube, sie war zu »Black Monday« von R. Scott Reiss – in welcher der Rezensent halb ernst, halb ironisch angemerkt hat, dass es in den USA wohl eine Schule gebe, in der angehende Autoren Standardmuster für das Schreiben von Thrillern erlernen. Betrachtet man sich einmal das Angebot an amerikanischen Thrillern auf dem deutschen Buchmarkt, dann ist man geneigt, dem Rezensenten zuzustimmen. Viele durchaus sehr gut geschriebene Romane sind recht einfachen Schemata verhaftet, und gäbe es nicht unterschiedliche Hauptpersonen mit unterschiedlichen Namen, man würde die Thriller kaum auseinander halten können.

Ein gutes Beispiel für den Beleg dieser These ist das Buch »Das Gift des Engels« von Mark Terry.

Chimera 13. Hinter diesem recht unscheinbaren Namen verbirgt sich das grauenvollste Virus, das jemals das Licht der Welt erblickt hat. Infizierte sterben innerhalb kürzester Zeit nach der Kontamination; die Todesrate liegt bei hundert Prozent. Ursprünglich war Chimera 13 von einigen brillanten Wissenschaftlern lediglich zu Testzwecken entwickelt worden. Dann jedoch dringen Mitglieder einer skrupellosen Terrorgruppe in das Labor ein, töten viele der hier Angestellten und verschwinden mit dem Virus. Man sollte meinen, dass es nicht schlimmer kommen könnte, doch weit gefehlt: Wie sich herausstellt, gibt es nämlich kein Gegenmittel gegen Chimera 13!

Zu diesem Zeitpunkt kommt der Spezialist für biologische und chemische Waffen und Troubleshooter Derek Stillwater ins Spiel. Im Auftrag des Heimatschutzministeriums soll er die Terroristen aufspüren und verhindern, dass das Virus an Feindnationen verkauft oder gar eingesetzt wird. Schon bald stößt Derek auf die Spur einer Gruppierung namens Fallen Angels. Doch bevor er etwas unternehmen kann, überschlagen sich die Ereignisse...

»Das Gift des Engels« ist ein Schema-F-Thriller par excellence, der direkt aus einem Kochbuch für Actionthriller zu stammen scheint: Man nehme
:

  • 1. die wohl größte Bedrohung, die die Welt jemals gesehen hat (in diesem Falle das tödlichste Virus aller Zeiten);
  • 2. eine Gruppierung mit richtig, richtig finsteren Zielen (in diesem Falle die Fallen Angels); sowie
  • 3. einen sympathischen, wenn auch leicht oberflächlich gestalteten Helden (aka Derek Stillwater) und ebenso geartete Sidekicks; gut aussehende Frauen inklusive.

Dazu gebe man dann hinzu:


  • 1. eine Menge gut inszenierter, brutaler Actionszenen;
  • 2. Verschwörungen und Verräter auf allen Ebenen und immer dann, wenn es der Handlung gerade zuträglich ist (Merke: Logik ist nebensächlich!);
  • 3. ein wenig Dramatik, insbesondere durch Bezugnahme der Handlung auf die Vergangenheit des Helden;
  • 4. gefährliche Szenen, aus denen sich der Held in letzter Sekunde und meist nicht gerade glaubwürdig herauswinden kann; und natürlich
  • 5. eine gute Portion Gewalt, Mord und Totschlag, und das nicht zu knapp.

Das Ganze wird dann gut gemischt und handlungsmäßig so weit abgespeckt, dass es auf knapp 400 Seiten passt. Gut geschrieben und flott inszeniert, ohne dem Gemisch allzu viel Tiefe andichten zu wollen, erhält man so einen leicht bekömmlichen, sehr unterhaltsamen Thriller, den man schnell gelesen und verdaut hat.

Was die Rezeptvariante »Das Gift des Engels« von anderen sehr ähnlichen Rezepten unterscheidet, ist zum einen der Verzicht auf eine einfache, allzu leicht durchschaubare und ohnehin langweilige romantische Storyline (sehr löblich!). Zum anderen ist es der bombastische Rahmen, innerhalb dessen der Koch/Autor seine Charaktere agieren lässt. Terry macht alles, aber keine halben Sachen. Er haut mit seinem Thriller mächtig auf den Putz und lässt die Fallen Angels so manche Tat ausführen, an die sich viele Schriftsteller kaum herangetraut hätten. Leider sorgen diese Elemente nicht für eine Aufwertung des Romans, sondern führen im Gegenteil immer wieder zu belustigtem Kopfschütteln und leichten Auflachen ob der Absurdität so mancher Situation.

Betrachtet man das Ergebnis des Kochvorgangs im Ganzen, so lässt sich feststellen: »Das Gift des Engels« ist ein kurzweiliger, gut geschriebener Thriller, der zwar mitunter übertrieben wirkt und nichts, aber auch gar nichts Neues zu bieten hat, dessen Lektüre aber sehr unterhaltsam ist. Wer den ersten »XXX – Triple X«-Film sowie die bei ARTE gelaufene Serie »ReGenesis« mag und sich vorstellen kann, an einem Mix aus beidem Spaß zu haben, der sollte Terrys Roman unbedingt zur Hand nehmen.

Im September 2009 erscheint unter dem Titel »Gifthauch« übrigens die Fortsetzung des Thrillers. Und auch wenn »Das Gift des Engels« bestimmt nicht der ganz große Wurf war: Spaß gemacht hat er allemal, weshalb ich wohl auch die weiteren Einsätze Derek Stillwaters verfolgen werde.

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