Von Sammlern, Entdeckern und Bewahrern - »The Booksellers – Aus Liebe zum Buch«
Von Sammlern, Entdeckern und Bewahrern
»The Booksellers – Aus Liebe zum Buch«
D.W. Young („The Happy House“) hat sich in seinem 2019 entstandenen Dokumentarfilm „The Booksellers – Aus Liebe zum Buch“ der spannenden New Yorker Buchhandelsszene im Besonderen angenommen. Die amerikanische Ostküstenstadt, die seit jeher ein Schmelztiegel der Kulturen und unterschiedlichsten Abstammungen war, bot noch Ende des 19. Jahrhunderts mehreren hundert Buchhandlungen und Antiquariaten Platz. Heute sind davon nur noch knapp 80 übriggeblieben. Doch diese Entwicklung betrifft natürlich nicht nur New York, sondern lässt sich weltweit verzeichnen, was in erster Linie mit dem Aufkommen des Internets zusammenhängt, wo Versandbuchhandlungen etlichen etablierten Ladenlokalen das Leben schwermachten. Auch die zunehmende Globalisierung und Monopolisierung des Buchmarktes hat in allen Ländern vielen kleinen, familiär geführten Geschäften den Todesstoß versetzt. All diese Entwicklungen kommen auch in Youngs Film mehrfach zur Sprache, wobei er sich bei der Auswahl seiner Interviewpartner noch einmal auf eine ganz spezielle Untergattung der Buchhändler konzentriert. Denn in „The Booksellers“ geht es um die Betreiber von Antiquariaten, die sich mit seltenen und alten, bereits seit langer Zeit offiziell „vergriffenen“ Büchern befassen, deren Wert mitunter im Laufe der Zeit ins schier Unermessliche angestiegen ist.
Eines der sicherlich faszinierendsten Beispiele im Film ist ein Buch aus dem Jahr 1907, das sich mit dem Fund eines im Eis eingeschlossenen Mammutkadavers befasst, und in dessen Einband jeweils Haare dieses rund 15.000 Jahre alten Geschöpfes eingearbeitet wurden! Auch die Tatsache, dass Microsoft-Gründer Bill Gates 1994 von Armand Hammer (dem Vater des aktuell unter Verruf geratenen Schauspielers Armie Hammer) ein Leonardo-Da-Vinci-Manuskript für sagenhafte 28 Millionen US-Dollar bei Christie’s ersteigerte, findet Eingang in diesen Film. Young porträtiert die Menschen, die ihr Leben ganz ins Zeichen der Bücher gestellt haben, die auf Messen und bei Nachlassversteigerungen auf die Jagd gehen nach Seltenem und Ungewöhnlichem, die ihre Privatwohnungen oder ganze Lagerräume mit tausenden von Büchern vollgestellt haben, die selbst sammeln oder als Forscher auf Entdeckungsreise gehen, um anderen Sammlern Unikate und Raritäten weiterverkaufen zu können. Einige haben sich ganz speziellen Themenfeldern verschrieben und auf diese Weise ganz besondere Sammlungen geschaffen, an deren Exklusivität und Vollständigkeit selbst Archive und Museen nicht heranreichen können. Young bringt auch die Männerlastigkeit unter Antiquaren zur Sprache (nach wie vor beträgt der Frauenanteil lediglich 15%), zeigt uns aber auch Veränderungen im Metier auf, die die jüngeren Generationen mit sich bringen, wozu auch eine größere Diversität zählt.
Jeder Buchliebhaber dürfte die Faszination, die „The Booksellers – Aus Liebe zum Buch“ durch seine sehr unterschiedlichen Protagonisten auszustrahlen versteht, sofort nachvollziehen können. Der Kamera von Peter Bolte gelingt es, die Schönheit alter Originalmanuskripte, aufwändiger Einbände oder überquellender Privatbibliotheken auf betörende Weise einzufangen. Die thematische Bandbreite, die im Film angesprochen wird, macht ihn auch für ein Publikum unterhaltsam, das vielleicht nicht ganz so leidenschaftlich in der Materie drinsteckt, aber vielleicht auch heute noch lieber zum gedruckten Buch als zum eBook greift. Die DVD-Erstveröffentlichung des Films bietet ein sehr gutes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1) und einen adäquaten Ton (Englisch in Dolby Digital 5.1, optional mit deutschen Untertiteln). Die Extras umfassen den Kinotrailer zum Film sowie drei thematisch verwandte Kurz-Dokumentarfilme mit den Protagonisten des Hauptfilms: „A Body of Language“ (5 Minuten), „The Caretaker – In the Studio with Cara Schlesinger“ (6 Minuten, hier geht es um Buchrestaurierungen) und „Some Further Thoughts from William Reese“ (7 Minuten), die allerdings alle nur in der englischen Originalfassung ohne Untertitel vorliegen.