Datenklau verhindern - »Alles ist eins. Außer der 0.«
Datenklau verhindern
»Alles ist eins. Außer der 0.«
Dreh- und Angelpunkt des „Chaos Computer Clubs“ war über etliche Jahre hinweg dessen Mitbegründer Wau Holland (1951-2001), der diesen im Jahr 1981 ins Leben rief. Auch im 2020 realisierten Dokumentarfilm „Alles ist eins. Außer der 0.“ von Klaus Maeck und Tanja Schwerdorf wird dementsprechend ein Schwerpunkt auf Hollands Wirken und Ansichten gelegt, was dem Film auch den Untertitel „Dr. Waus Chaos Computer Film“ einbrachte. Der charismatische Journalist und Computer-Aktivist kommt oft in Archivaufnahmen zu Wort, die dessen Weitsicht und klugen Verstand offenbaren, zumal er einige Entwicklungen und Tendenzen voraussah, die selbst vor 20 Jahren, als er jung verstarb, in dieser Form noch nicht eingetreten waren. Für Wau Holland war zunächst das Aufkommen von Personal-Computern und die damit verbundene Digitalisierung von Informationen Fluch und Segen zugleich, weil er bereits die Gefahren erkannte, die ein zunehmend gläserner Verbraucher für den Bürger mit sich brachte. Auch hinsichtlich des Internets und der damit verbundenen Globalisierung, die die ganze Welt zu einem Dorf machte, war Holland zwiegespalten. Für ihn war es wichtig, dass diese technischen Errungenschaften den Menschen zugutekamen und nicht die Macht der Großkonzerne festigten.
In Maecks und Schwerdorfs Film wird immer wieder herausgestellt, dass es dem „Chaos Computer Club“ in erster Linie immer um die Menschen, und erst danach um die Maschinen ging. Die Hackervereinigung nutzte ihr Können nicht, um sich wissentlich zu bereichern oder Unternehmen oder Länder zu gefährden, sondern vielmehr auf die Gefahren hinzuweisen, die durch mangelhafte Sicherheitssysteme heraufbeschworen wurden. Ihr Film bietet Computer-Historie im Schnelldurchlauf und macht deutlich, wie wichtig die deutsche Vereinigung auch auf der internationalen Bühne war. Mitstreiter von Holland wie Peter Glaser und Andy Müller-Maguhn sind in aktuellen Interviews zu sehen und reflektieren die Hochphase des CCCs in den 1980er Jahren. Abgerundet werden diese historischen und heutigen Meinungen durch eine Vielzahl an weiteren Archivschnipseln, Musikvideos, Filmausschnitten und Zeitungsschlagzeilen. In der Gesamtheit entsteht damit ein an Informationen reichhaltiges Kaleidoskop der nerdigen Computerszene und ihrer vielfältigen Einflüsse auf die Gesellschaft. Zu den Filmclips zählen Ausschnitte aus Hans-Christian Schmids Hackerdrama „23 – Nichts ist wie es scheint“ aus dem Jahr 1998 und Baran bo Odars „WhoAmI – Kein System ist sicher“, der sich im Jahr 2014 mit einer aktuellen Form subversiver Hacker auseinandersetzte. Da es ideologisch naheliegt, schlägt der Film am Ende schließlich auch den Bogen zu Whistleblowern der jüngeren Zeit wie Julian Assange, Edward Snowdon und Chelsea Manning, die mit ihren Ansichten und Aktionen im Prinzip fortsetzten, was einige Jahrzehnte zuvor bereits beim CCC als Grundsatz postuliert worden war.
„Alles ist eins. Außer der 0.“ ist ein gelungenes Dokument über die Computer- und Hackerszene der zurückliegenden 40 Jahre, das mit seinem Wust an Originalmaterialien einen anschaulichen Schnelldurchlauf durch die Ereignisse bietet, dem Neulinge folgen können, und der den Nerds und Insidern darüber hinaus jede Menge Details vor Augen führt, die zum Amüsement beitragen, Staunen machen oder nostalgische Erinnerungen wecken. Der dramaturgische Bogen in die Gegenwart ist gelungen und nachvollziehbar und unterstreicht noch einmal den Stellenwert der deutschen Computer-Vordenker, die in einer Zeit aktiv wurden, als auch junge Menschen noch politisch dachten und mit ihren Meinungen nicht hinterm Berg hielten. Ein bisschen was von diesem Geist wird in der derzeitigen jungen Generation ebenfalls wieder spürbar. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein akzeptables Bild (im Widescreen-Format 16:9), das aufgrund der großen Fülle historischer Aufnahmen in der Qualität natürlich merklich schwankt. Der deutsch-englische Originalton (in Dolby Digital 5.1, optional mit englischen Untertiteln, mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte und als Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte) geht ebenfalls in Ordnung. Witzig ist die Gestaltung des DVD-Menüs, das im Design an den C64-Startbildschirm angelehnt ist. Das umfangreiche Bonusmaterial umfasst ein Interview mit den Filmemachern (26 Minuten), ein Interview mit Dr. Wau aus dem Jahr 1990 (14 Minuten), die Specials „Komplexität und Management“ von und mit Wau Holland aus dem Jahr 2000 (22 Minuten) und „Die Geschichte des CCC“ von 1999 (22 Minuten) sowie eine Zitatsammlung in Texttafelform.