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Michael's Spuk und Mitternächte: 9. Wenn die Masken tanzen

Michael's Spuk und MitternächteMichael's Spuk und Mitternächte
9. Wenn die Masken tanzen

Wieder einmal wird die große Ideen-Truhe geöffnet, in der ich Dinge aufbewahre, die ich vor Jahren mal für Romane ausgearbeitet habe.

Ob das jetzt ein Schatz-Kästlein oder eine Motten-Truhe ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Es handelt sich hier um Konzepte für richtige Grusel-Romane.


Eigentlich werden sie für Frauen geschrieben, jedoch können sie auch von Männern gelesen werden. Ursprünglich waren sie für die Serie "Mitternachts-Roman" des Bastei-Verlages bestimmt.

Vor dem ersten dieser "Mitternachts-Expos" hatte ich einen längeren Artikel über den Werdegang dieser Romane und die Motive zur Schaffung dieser Handlungsebenen geschrieben. Wer das noch nicht kennt oder noch mal lesen möchte, der soll hier drücken.

Zum Exposé zu »Wenn die Masken tanzen« ist - in aller Kürze - folgendes zu sagen:

Am Anfang war da ein Video-Clip der Sängerin "Sandra", die mit "Maria Magdalena" einen Riesen-Hit hatte. Wenn ich mich recht erinnere, hieß der Song "Hey, little Girl" und die Kulisse war Venedig mit seinen Gondeln, Männern in antiken Gewändern und Masken - und das Bild eines kleinen Mädchens in der Kleidung vor mehr als 200 Jahren. Auf ihrem Weg durch Venedig kreuzt dieses Mädchen immer wieder den Weg der Sängerin.

Dieses Video hat mich so fasziniert, dass es mir wieder in den Sinn kam,  als ich nach etwas außergewöhnlichem Stoff für einen Frauen-Grusel suchte. Ich habe dann für die in meinen Erinnerungen vorhandenen Eindrücke eine völlig andere Geschichte erfunden, die zum Schluss immer mehr Tiefgang bekam. Der sonst übliche "jugendliche Liebhaber" musste einem geweihten Priester weichen - weil hier am Schluss tatsächlich der Teufel selbst seine Hand im Spiel hat. Und so wie der ganze Roman am tragischen Schluss Verdammnis und Erlösung bringt, so bringt er auch eine andere Art der Liebe - die in diesem Fall Verzicht sein muss.

Aber lest selbst, wie ich mir das vorgestellt habe und ihr werdet mit mir übereinstimmen, das es hier besser ist, wenn die Heldin mit einer Träne in den Augen der Gondel nachsieht, mit der ein Priester von ihr scheidet, um sein Gelübde zu halten - oder das sonst übliche Happy-End mit  Heirat.

Zamorra-Leser hätten sich hier über eine Rolle Pater Aurelians als "Special Guest" freuen können ...

Wenn die Masken tanzen
Wenn die Masken tanzen...

Angelica (Angie) Lawrence, eine amerikanische Studentin, ist für ein Jahr nach Venedig gegangen. Sie soll dort im eigentlich leerstehenden Palazzo Damiano des geheimnisvollen Vicomte Ludovico di Orlino die riesige Bibliothek ordnen. Das bei den Leuten der uralte, im äußeren Erscheinungsbild heruntergekommen wirkende Bau Palazzo Damnatio (der verfluchte Palazzo) genannt wird und man sich unheimliche Dinge zuflüstert, die dort einst geschehen sind, stört Angie vorerst nicht. Jedenfalls hält sie das, was ihr der Gondoliere, der sie mit ihrem Gepäck zum Palazzo bringt, für Schauer-Geschichten.
 
Das Innere des Hauses wirkt bedrückend. Die Möbel sind hunderte von Jahren alt und haben unter der Feuchtigkeit gelitten. Ein altes Spinett ist total verstimmt. Elektrizität gibt es nicht und man ist auf Kerzen angewiesen, was der Szenerie einen schauderhaften Touch gibt. In der Bibliothek findet Angie nach grober Durchsicht hauptsächlich uralte Folianten und Bücher über schwarze Magie und Okkultismus.

In der Nacht wird Angie durch weihevolle Gesänge geweckt, die hohl im Palazzo wieder hallen. Als sie aus dem Fenster sieht, erkennt sie dreizehn Gestalten in schwarzer Kleidung vergangener Zeiten (Radmäntel und Dreispitz). Die Gesichter sind hinter venezianischen Masken verborgen. Sie besteigen eine große Gondel und fahren davon. Angie denkt sich nichts dabei. Sicher so ein Geheimbund wie die Freimaurer oder Rosenkreuzer. Da soll man sich besser nicht einmischen.

Am nächsten Tag untersucht Angie den Palazzo genauer. In einer Abstellkammer findet sie ein Bild aus dem achtzehnten Jahrhundert (die Zeit Casanovas, Cagliostros etc.).Es stellt ein Mädchen von ungefähr zehn Jahren dar. Angie ist von dem Bild fasziniert und hängt es in der Bibliothek auf. Als sie es einige Zeit später betrachtet, sieht sie auf den Wangen des Mädchens Tränen, die vorher nicht da waren. Sie reibt sich die Augen. Tatsächlich - das Bild weint.

Entsetzt flieht Angie aus dem Haus und taucht in das Gewimmel auf der Piazza San Marco. Doch da taucht das kleine Mädchen leibhaftig vor ihr mitten in der Menschenmenge auf und winkt ihr zu. Niemand außer Angie scheint das Kind zu bemerken. Sie geht auf das Mädchen zu und versucht sie an der Hand zu nehmen. Doch es ist, als greife ihre Hand durch eine Holographie. Das Mädchen lächelt geheimnisvoll und winkt. Jetzt gerät Angie in Panik und flieht kreuz und quer durch Venedig. Doch das Mädchen ist ihr immer auf den Fersen. So rasch sie kann läuft Angie in eine Kirche. Das Mädchen folgt ihr, bleibt jedoch mit tieftraurigem Gesicht vor der Kirchentür stehen.
 
Obwohl Angie nicht sonderlich religiös ist, vertraut sie sich einem Priester an. Der sieht zwar das Kind nicht, nimmt Angies Worte aber sehr ernst. Pater Dominic selbst kann nicht helfen, doch Angie soll versuchen, dem Geist des Mädchens zu folgen und mit ihm in Kontakt zu kommen. Sicher lag in der Vergangenheit ein Verbrechen vor. Pater Dominic vermutet, dass das Kind ermordet und in ungeweihter Erde begraben wurde. Manchmal suchen sich Geister zu medial veranlagten Personen Kontakt, damit sie den ewigen Frieden finden. Pater Dominic gibt Angie ein geweihtes Kreuz. Das soll sie vor allen Mächten des Unheimlichen schützen.

Als Angie die Kirche verlässt, ist das kleine Mädchen verschwunden. Auch im Palazzo zeigt sie sich nicht. Dreizehn Tage geschieht überhaupt nichts und Angie versucht schon, die ganze Angelegenheit zu vergessen. Doch Pater Dominic, der sie im Palazzo besucht, hat im Dogenpalast alte Chroniken studiert und einen ganz bestimmten Verdacht.

Angie verliebt sich in den gutaussehenden, jungen Priester, der ihr gegenüber zwar sehr freundlich, aber wie es seinem geistlichen Stand zukommt, sehr zurückhaltend ist (Keine Dornenvögel- sonst schimpft die klerikale Zensur. Am Schluss des Romans gehen Angie und Pater Dominic in Freundschaft auseinander. Eine normale Love-Story würde jedoch die düstere Tragik des Stoffes zerstören).

In der dreizehnten Nacht hört Angie das Wasser des Kanals plätschern. Die geheimnisvolle Gondel mit den schwarzen Masken naht sich wieder. Aus ihren schauerlichen Chorälen in lateinischer Sprache glaubt Angie, einige Namen zu erkennen, unter denen der Teufel verehrt wird. Angie verlässt ihr Zimmer beobachtet, wie der gespenstischen Zug hinter einer Tür verschwindet, die fest verschlossen ist. Der Vicomte hat ihr auch ausdrücklich verboten, den dahinter liegenden Raum zu betreten. Wenn sie gegen das Verbot verstößt, wird sie sofort entlassen.

Da erscheint das kleine Mädchen mit den traurigen Augen. Sie macht Angie Zeichen, dass sie zurück gehen soll. Angie versteht nicht. Da kommt das Mädchen auf sie zu und Grabeskälte weht Angie entgegen. Entsetzt flieht Angie ins Zimmer und springt ins Bett. Von unten her rumort es laut. Schritte hasten durch den Palazzo. Dann wird es wieder still. Am nächsten Tag stellt Angie fest, dass das Bild des kleinen Mädchens verschwunden ist. Pater Dominic hilft ihr beim Suchen und gemeinsam finden sie es.

Lösung des Rätsels: Bei den dreizehn Masken handelt es sich im Männer, die vor ungefähr 250 Jahren einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben. Zu ihnen gehört auch der geheimnisvolle Vicomte. Sie mussten ein unschuldiges Kind opfern, deren Seele in ihr Gemälde gebannt wurde. Und so starben die Männer nicht, sondern behielten ihre Jugend bis zum heutigen Tag.

Hinter der verbotenen Tür ist ein Sakralraum für Satansmessen eingerichtet. Der Pakt schreibt vor dass die Männer mit den Masken in jeder dreizehnten Nacht den Teufel anbeten müssen. Niemand darf fehlen, sonst sterben alle. In jedem dreizehnten Jahr müssen sie dem Satan eine Frau opfern.
Das soll diesmal Angie sein, denn dafür hat sie der Vicomte herkommen lassen. Bei der Anbetung und dem Opfer muss jeweils das Bild des kleinen Mädchens im Tempel aufgehängt sein. Ansonsten aber muss es gut unter Verschluß gehalten werden, weil ihre im Bild eingeschlossene Seele sonst für einige Zeit frei wird und ihr Geist wandeln kann.

Kaum ist das Bild wieder aufgehängt, erscheint das Mädchen. Obwohl Pater Dominic das Kind nicht sehen kann, erklärt er Angie, das es Christiana, die Tochter des damaligen Dogen darstellt. Sie ist im Jahre 17...(muss ich erst nachrechnen, damit die Zahl bis 1997 - heute natürlich bis 2013 - ungefähr durch 13 teilbar ist) verschwunden. Man vermutete damals, dass das Kind beim Spielen in den Kanälen ertrunken ist. Christianas Leiche wurde aber nie gefunden.

Sie folgen dem Geist Christianas, der sie zu der verbotenen Tür führt. Als sie versuchen, sie zu öffnen, brechen Flammen aus der Tür, die jedoch sofort verlöschen, als sie zurück weichen. Pater Dominic ist entsetzt. Hinter dieser Tür befindet sich also tatsächlich ein Refugium des Teufels. Da muss er sich Rat von einem Experten holen.

Dreizehn Tage aber wird Angie sicher sein. Sie soll weitermachen wie bisher, damit der Vicomte, in dem Pater Dominic den Hohepriester Satans vermutet, keinen Verdacht schöpft. Denn er ist sicher, dass Angie überwacht wird. In dieser Zeit will Pater Dominic nach Rom fahren. Im Vatikan lebt ein gewisser Pater Aurelian, der Vorsteher der geheimen Bibliotheken, der eine Art Experte ist, wie der Teufel bekämpft werden kann.

In einer Nebenhandlung wird, um die Spannung zu steigern, von Pater Dominics Rückreise aus Rom berichtet, die von unheimlichen Mächten so sabotiert wird, dass er gerade in letzter Sekunde erscheinen kann.

Als sich die dreizehnte Nacht über Venedig senkt, beginnt Angie zu zittern. Pater Dominic ist noch nicht zurück. Sie hat Christinas Bild wieder in die Kammer gestellt, damit die unheimlichen Maskenmänner nicht in die oberen Räume kommen. Sollen sie doch da unten mit dem Satan Brüderschaft trinken.

Wieder legt die schwarze Gondel an und die Masken betreten den Palazzo. Doch dann hört Angie, wie in den Gesängen ihr Name gerufen wird. "Angelica! Angelica!" klingt es mit hypnotischer Wirkung zu ihr herauf.

Von einem inneren Zwang getrieben geht Angie nach unten. Die Tür ist weit aufgetan und die junge Frau betritt den Satans-Tempel. Die anwesenden Masken finden, dass das Opfer Satans schöm und ohne Fehl und Makel ist.

Feierlich erklärt der Priester, erkenntlich an einer blutroten Stola, Angie das Geheimnis des Kreises und warum sie nun die Bluthochzeit mit Satan feiern muss. Feierlich nehmen alle die Masken ab. Darunter verbergen sich die Gesichter uralter Männer, die wie im Zeitlupen-Tempo weiter altern. Nach dem Pakt erhalten sie ihre Jugend erst wieder, wenn das Blutopfer vollbracht ist.

Der konzentrierte Wille der Masken lähmt Angies Kräfte. Sie kann sich weder wehren noch fliehen. Das Bild des Mädchens beginnt wieder zu weinen. Angie wird ausgezogen, mit einer schwarzen, durchscheinenden Robe bekleidet und auf den Altar gelegt. Dann beginnt die unheilige Litanei, mit der man den Teufel anruft.

Doch als der Priester mit dem Opferdolch zustoßen will, ist der Geist Christinas dazwischen. Durch ihre Aura wird der Priester zurück geschleudert. Angie bekommt ihre Kräfte wieder und versucht zu fliehen. Sie wird jedoch festgehalten. Knochige Finger halten sie umkrallt und zerren sie erneut zum Altar.
    
Wieder geht Christinas Geist dazwischen. Ihre Aura bildet eine Barriere, die von den Satans-Jüngern nicht durchbrochen werden kann. Da ruft der Priester in großem Höllenzwang Astaroth selbst herbei.

In einer Flammenwand erscheint die Dämonengestalt. Christinas Geist wird ins Bild zurück geschleudert. Nun kann Angie nichts mehr retten. Sie wird vorwärts gestoßen und taumelt in die Flammenarme des Astaroth-Gebildes.

Im gleichen Augenblick wird die Tür aufgerissen und Pater Dominic erscheint. Er ruft mit feierlicher Stimme der Worte, die Angie nicht versteht. Es sind die drei geheimen Namen Gottes, die ihm Pater Aurelian in Rom genannt hat. Vor ihnen weicht Luzifer selbst zurück. Mit grausigem Geheul vergeht die Astaroth-Flamme im Nichts.

Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt. Denn die Maskenmänner leben noch. Sie ziehen altertümliche Pistolen aus ihren Gewändern und legen auf Angie und den Pater an. Doch in diesem Augenblick beginnt eine helle Mädchenstimme ein "Gloria in excelsis Deo" zu singen. Gleichzeitig schlagen Flammen aus Christinas Bild hervor. Die Masken-Männer wanken und brechen zusammen. Ihre Gesichter und Körper lösen sich auf. Der Satans-Altar stürzt zusammen und darunter ist ein halb zerfallener Sarg mit der unverwesten Leiche Christinas.

Ein Windstoß faucht von oben herab und verweht die Asche der Maskenmänner zusammen mit der Asche des Bildes. Angie sieht Christinas Geist noch einmal mit dem Ausdruck höchster Glückseligkeit im Gesicht vor sich. Das kleine Mädchen winkt ihr zu - dann ist sie erlöst. Erschüttert spricht Pater Dominic den Segen über Christinas Leiche, die danach sofort zerfällt. Vom Campanile her hört man die Glocke Ein Uhr schlagen. Die Geisterstunde ist vorbei.

In einem letzten Gespräch verabschiedet sich Pater Dominic von Angie. Er gesteht ihr, das er früher insgeheim Zweifel am Glauben hatte. Doch die unheimlichen Erlebnisse haben ihm seinen Glauben gestärkt. Er wird nach Rom gehen, um sich bei Pater Aurelian unterweisen zu lassen. Traurig sieht Angie ihre heimliche Liebe mit einer Gondel in den Kanälen verschwinden.

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Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2013-08-29 08:16
Der Song "Hey, little girl" war von Icehouse... Sandras Song hieß nur "Little Girl"... aber ich musste auch erst mal bei Youtube schauen. :)
#2 Alter Hahn 2013-08-29 11:35
Danke für den Hinweis, Michael. Ich musste ohnehin lange grübeln, wie der Song hieß. Nur das Vieo it mir nie aus dem Kopf gegangen - und "Sandra" ist eben ein Name, der sich durch eine andere "Sandra" in meinen Gehirnwindungen festgefressen hat.

Damals guckte meine damals Angetraute jede Folge von Formel Eins - und von daher war ich mehr oder weniger gezwungen, mich mit den aktuellen Charts und dem neuen Medium "Video-Clip" auseinander zu setzen. Einige davon bergen für mich faszinierende Stories - vn"Ultravox" der Song "Dancing with tears in my eyes" beispielsweise. Als ich unbedingt einen Frauen-Grusel in Venedig spielen lassen wollte, weil ich mich dort ganz gut auskenne, fiel mir sofort dieses Sandra-Video wieder ein.

Die Melodie "Hey, little girl" habe ich derzeit sogar im Kopf - vermutlich dudelt der Song immer mal im Hintergrund von "Second Life" - abe das er von "Icehouse" ist, wusste ich nicht. Abegesehen weiß ich von denen nicht mehr als den namen - wahrscheinlich muss man da auch nicht mehr wissen.

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